Protocol of the Session on April 11, 2018

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der AfD – Ver einzelt Beifall bei der CDU – Abg. Manfred Kern GRÜNE: Das ist eine Altersfrage! – Weitere Zurufe)

Der Aspekt der späten Geburt. – Aber da sich die Gelegen heit gerade bietet, spreche ich natürlich gern über Kultur und Kunst und über die Bedeutung, die Kultur und Kunst in un serer Gesellschaft und für unsere Gesellschaft haben.

Kultur, liebe Kolleginnen und Kollegen, bezeichnet im wei testen Sinn all das, was der Mensch selbst gestaltend hervor bringt, im Unterschied zu der von ihm nicht geschaffenen und

veränderten Natur. Kulturleistungen sind alle Umgestaltungen eines gegebenen Materials, wie in der Technik oder in der bil denden Kunst, aber auch geistige Gebilde wie Musik, Spra che, Moral, Religion, Recht, Wirtschaft und Wissenschaft und auch die Politik.

Unsere Kultur prägt unsere Identität. Zusammen mit der uns geschenkten und uns umgebenden Natur macht sie das aus, was wir Heimat nennen. Sie ist die Basis für gesellschaftlichen Zusammenhalt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

In einer Zeit, in der der Begriff „Heimat“ geradezu eine Re naissance erlebt

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Und ein Ministeri um kriegt!)

und viele Menschen wieder nach Identität, die verloren ging,

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

und nach Halt gebenden Werten suchen, ist die Bedeutung der Kultur für unsere Gesellschaft und ihren Zusammenhang im mens.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das müs sen Sie Herrn Seehofer mal erklären!)

Ich glaube, er weiß es. Daher ja das explizit geschaffene Mi nisterium.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Wissen Sie im Übrigen, warum mir das so wichtig ist? Weil es uns allzu oft nur allzu selbstverständlich scheint und wir deshalb in unserem Einsatz für das, was uns zusammenhält, und für das, was uns ausmacht, nachlassen –

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD)

mit möglicherweise fatalen Folgen; denken Sie an den schänd lichen Missbrauch kultureller Leistungen zu Propagandazwe cken.

Dagegen steht der Weckruf der Kunst, der intellektuelle, der geistige, der seelische Aufbruch. Kunst ist eine Art des Erken nens, der Äußerung, des Umgangs mit der Welt. Es zeichnet sie geradezu aus, Dinge infrage zu stellen, vor und über Gren zen hinaus zu denken. Kunst spiegelt die Gesellschaft und ih re Prozesse und kann sie kritisch beleuchten. In unserer plu ralistischen Gesellschaft kann Kunst die Funktion überneh men, gemeinsame Werte herauszustellen und den Zusammen halt gesellschaftlicher Gruppen zu stärken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für das, was wir Kulturpo litik nennen, leite ich – ich darf das für die CDU-Landtags fraktion bekennen – drei Folgerungen ab. Ausgangspunkt un serer Kulturpolitik ist die verfassungsrechtlich garantierte Kunstfreiheit. Wir nehmen keinen Einfluss auf die Inhalte der Kunst und erteilen der Instrumentalisierung von Kunst und Kultur eine klare Absage.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Kunst kann ihre Wirkung nur dann entfalten, wenn ihr keine politischen Zielvorstellungen aufgebürdet werden, da sie sonst ungewollt unter einem politischen Rechtfertigungsdruck ste hen würde. Politische Zielvorgaben hätten zudem zur Folge, dass die etablierten und vielschichtigen Bewertungskriterien, die jeder Künstler und jeder Kunstinteressierte nach eigenem Ermessen frei definieren kann, durch die Frage nach dem Er füllungsgrad der politischen Zielvorgabe ersetzt würden.

Kultur ist aber ein Wert an sich, und Kunst ist erst einmal sie selbst. Kunst, meine Damen und Herren, braucht Freiheit, Kunst ist Freiheit, und Freiheit braucht Kunst.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Dazu kommt, dass nachhaltige Kulturpolitik das Wechselspiel zwischen Breitenkultur und Spitzenförderung im Auge haben muss. Denn ohne Breite keine Spitze, und ohne Spitzenleistungen, die Anreize setzen, erreichen wir keine gute Breiten arbeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es wird nicht ausreichen, einzelne Prestige- oder Leuchtturm projekte zu fördern, sondern wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass möglichst viele interessierte Menschen überall im Land die Möglichkeit haben, kulturelle Angebote wahrzunehmen.

Ein Drittes kommt hinzu: Kunst und Kultur haben auf dem Gebiet unseres Landes glücklicherweise schon immer in der gesamten Fläche stattgefunden: in städtischen Ballungszen tren und in den ländlichen Räumen, im Staatstheater und auf der Freilichtbühne, im Linden-Museum und im Vogtsbauern hof, in soziokulturellen Zentren und in Musik-, Gesang- und Trachtenvereinen.

Dieses regionale Gleichgewicht unseres hochwertigen Kunst- und Kulturangebots gilt es auch in Zukunft zu bewahren und zu stärken.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zusam menfassend zur Bedeutung, zur Rolle von Kunst und Kultur in Anlehnung an Loriot wie folgt schließen:

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ein Leben ohne Kunst ist möglich, aber sinnlos.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD – Heiterkeit – Zuruf: Sehr gut!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Balzer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! „Die Rolle von Kunst und Kultur für den gesellschaftlichen Zusam menhalt“ – welch ein schöner Titel. Danke an Sie, die Grü nen, dass Sie uns Gelegenheit geben, den Blick auf das zu len ken, was wichtig ist für den Menschen, auf das, was den Men schen überhaupt erst zum Menschen macht: die Kunst und die Kultur.

Ich muss Ihnen gestehen, ich liebe diese Themen der Grünen besonders.

(Heiterkeit bei der AfD – Lachen bei Abgeordneten der CDU)

Ob es wirklich das Thema für die Menschen im Ländle, das wichtige Thema ist, das sei dahingestellt.

(Beifall bei der AfD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Dann können Sie sich ja wieder set zen!)

Kunst und Kultur dienen dem Zusammenhalt der Gesellschaft. Und wer spaltet die Gesellschaft? Richtig, die bösen Popu listen. Und wer sind die bösen Populisten hier in diesem Par lament?

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Die AfD! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie reden also am liebsten wieder über sich selber!)

Richtig, die böse AfD. Das ist also ein Thema, extra für uns entworfen.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Im Folgenden will ich untersuchen, ob das nicht etwas zu viel der Ehre für uns, für diese junge Partei ist.

Gemeinsame Werte verbinden die Menschen und schaffen Ge meinschaft. Doch es sind nicht die Populisten, die diese Ge sellschaft spalten, es sind die linken Ideologen – einer wurde ja vorhin zitiert –, die diejenigen ausgrenzen, die die gemein samen Werte weitertragen möchten, die traditionellen Werte, die vielleicht wieder neu begriffen werden müssen, neu auf unsere Zeit angepasst werden müssen, die aber weiterhin Gül tigkeit besitzen.

(Beifall bei der AfD)

Üblicherweise kann man eine solche Rede mit einem wohl klingenden Zitat beginnen, um zu zeigen, für wie wichtig man Kunst und Kultur hält. Aber ich möchte heute anders anfan gen: mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Wo spüren wir eigentlich gesellschaftlichen Zusammenhalt, wo merken wir, wenn er nicht mehr vorhanden ist? Ich denke hier an die öffentlichen Verkehrsmittel. Ich nutze diese häu fig, und ich nehme an, dass auch viele von Ihnen das tun. Dort sehen wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt ganz konkret vor uns, je nach Tageszeit, je nach Ort und Gelegenheit. In den dunklen Unterführungen unterwegs, möchte ich wissen, ob der gesellschaftliche Zusammenhalt so stark ist, dass ich mich alleine sicher dort bewegen kann, oder ob mir ein Ein zelfall entgegenkommt, der mir ans Leder oder an den Geld beutel will.

Meine Damen und Herren, was ich dort sehe, bereitet mir durchaus Sorgen. Denn von einem gesellschaftlichen Zusam menhalt ist im öffentlichen Raum nicht mehr so furchtbar viel zu sehen.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Graffiti! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Graffiti in den Unterführungen!)

Einige Vorfälle in den vergangenen Monaten und Jahren ha ben deutlich gemacht, dass es mit diesem gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht mehr allzu weit her ist. Frauen werden in Zügen, Bahnhöfen oder Unterführungen bedrängt, begrapscht oder sogar die Treppe hinuntergestoßen.