Deswegen werden wir Ihren Antrag in jeder Hinsicht unter stützen und auch mit ganzer Kraft umsetzen.
In der heutigen Debatte habe ich viel Gutes, Wahres, Wahr haftiges und Richtiges gehört. Ich will nur wenige Aspekte ansprechen, die mir auch ganz persönlich in dieser Frage sehr am Herzen liegen.
Meine erste Dienstreise als Innenminister dieses Landes ha be ich im Herbst 2016 nach Israel gemacht –
nicht zufällig. Zwei Abgeordnete aus Ihren Reihen, Herr Abg. Stefan Teufel und Herr Abg. Sascha Binder, haben mich be gleitet.
Ich weiß, dass viele aus Ihren Reihen schon in Israel waren und Yad Vashem als zentrale Gedenkstätte der Schoah besucht haben. Ein solcher Besuch ist nicht einfach. Wer dort im Raum des Denkmals für die Kinder, von 50 spiegelnden Kerzen be leuchtet, steht und die endlose Liste der ermordeten jüdischen Kinder hört, der fühlt die schwere Last der Verantwortung und der verlässt diese Gedenkstätte anders, als er sie betreten hat. Und wer mit Überlebenden der Schoah spricht, deren Fami lien und Freunde grausam ermordet worden sind, die so viel unendliches Leid ertragen mussten, die häufig selbst nur durch einen Zufall mit ihrem eigenen Leben davongekommen sind, der weiß, warum die Erinnerung an die Schoah, an die sechs Millionen ermordeten Juden Teil unserer Staatsräson und un seres Selbstverständnisses als Deutsche und als deutsche De mokraten ist und immer bleiben wird.
Es ist gerade für uns als Nachkriegsgeneration eine der obers ten und vornehmsten Aufgaben, dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte in einer hellen Erinnerung zu bewah ren. Gerade mit dieser greifbaren Erinnerung, wie sie uns Yad Vashem ermöglicht, sind gewisse Tendenzen in unserer Ge sellschaft einfach unerträglich. Ja, sie fordern unsere Auf merksamkeit, die Debatte, auch eine klare Kante.
Das Leugnen oder Relativieren der Verbrechen des National sozialismus hat nichts mit einem angeblich unverkrampften Umgang mit unserer Geschichte zu tun, ganz im Gegenteil. Das Verbrennen der israelischen Flagge hat nichts mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu tun, ganz im Gegen teil.
(Beifall bei der CDU, Abgeordneten der Grünen, der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Klaus Dürr AfD)
Die Herabsetzung des jüdischen Glaubens hat nichts mit Re ligionsfreiheit zu tun, ganz im Gegenteil.
Unser Grundgesetz, auf das wir zu Recht sehr stolz sind, das seine Qualität nicht zuletzt den leidvollen und schrecklichen Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Unrechtsregime verdankt, schützt nicht diejenigen, die unsere jüdischen Mit bürgerinnen und Mitbürger angreifen, bedrohen, beleidigen oder verächtlich machen.
Unser Grundgesetz gebietet uns allen vielmehr, uns schützend vor unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu stel len und mit aller Kraft jeder Form von Antisemitismus entge genzutreten. Das ist der Kern unserer Verfassung und unseres Grundgesetzes.
Deswegen bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie mit diesem fraktionsübergreifenden Antrag in der heutigen Debatte ein klares Zeichen setzen.
Ich bin auch unendlich dankbar dafür, dass wir nach wie vor jüdisches Leben in Deutschland und bei uns in Baden-Würt temberg haben. Selbstverständlich ist das nicht. Deswegen ha ben wir die Verpflichtung, alles dafür zu tun, dass unsere jü dischen Mitbürger in Sicherheit und Freiheit leben können. Diese Debatte ist nicht der Ort für parteipolitische Scharmüt zel.
(Lachen und Beifall bei der AfD – Zurufe von der AfD, u. a. Abg. Anton Baron: Genau das haben Sie alle hier gemacht! Das ist eine Unverschämtheit, wirklich! Unglaublich!)
Aber einen Punkt kann ich Ihnen nicht ersparen. Im Januar dieses Jahres hat ein Mitglied dieses Landtags – ich sage be wusst: das war kein Kollege der Grünen, der CDU, der SPD, der FDP/DVP – einen Rechtsstreit gegen den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, ver loren, in dem er sich gegen die Bezeichnung als Holocaust leugner wehren wollte. Wissen Sie, wie dieser Abgeordnete auf die Gerichtsentscheidung reagiert hat?
Wie weit beeinflusst der Zionismus unsere Justiz? Wie weit ist diese noch demokratisch frei und unabhängig?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie weit beeinflusst der Zionismus unsere Justiz? Mit einer solchen Aussage macht sich dieser Abgeordnete auf perfide Weise antijüdische Hetze und Propaganda zu eigen. Das ist nichts anderes als blanker, offener Antisemitismus in seiner erschütterndsten Ausprä gung.
Dass Sie nicht die Kraft haben, sich davon zu distanzieren, dass Sie einen solchen Abgeordneten in Ihren Reihen dulden,
Herr Fraktionsvorsitzender Gögel, es ist richtig und wichtig, den zweifellos vorhandenen Antisemitismus unter Migranten ins Auge zu fassen. Da haben Sie mich auf Ihrer Seite.
Natürlich bereitet mir der Antisemitismus, den es unter mus limischen Flüchtlingen gibt, große Sorgen.
Das ist nichts anderes als die ideologisch motivierte Verschie bung der Gewichte mit dem Ziel, das immer noch größte Pro blem des rechtsextremen Antisemitismus zu verharmlosen und zu relativieren, und das geht gar nicht.
Gleichzeitig vernachlässigt im Übrigen diese Diskussion den auch im Linksextremen und leider auch in der Mitte unserer Gesellschaft vorhandenen Antisemitismus. Auf die Spitze treibt die Verharmlosung, wer im Zusammenhang mit Antise mitismus vom „importierten Antisemitismus“ spricht, so wie Sie, Herr Fraktionsvorsitzender, es heute auch getan haben.
Damit suggerieren Sie, dass ein Problem von außen zu uns kommt, das es vorher in Deutschland gar nicht gegeben hat.
(Abg. Anton Baron AfD: Nein, nein, nein! – Abg. Ste fan Räpple AfD: Das behauptet niemand! – Abg. Ca rola Wolle AfD: Das ist Ihre Interpretation!)
Dass dies nicht zutreffend ist, das zeigt der Blick in die Poli zeiliche Kriminalstatistik, das zeigt im Übrigen der Blick in unsere Geschichte, und das zeigt ein jedes Gespräch mit ei ner Mitbürgerin oder einem Mitbürger jüdischen Glaubens.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Antisemitismus kann nicht durch einen Parlamentsbeschluss beendet werden. Politik, wir alle gemeinsam, die wir in den Parlamenten und Regierungen in der Verantwortung stehen, sind aber gefordert und verpflichtet, alles, alles, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Antisemitismus entgegenzuwirken, ja, ihn auch ak tiv zu bekämpfen.
Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine gesamtgesellschaft liche Aufgabe, die wir nur mit einer gemeinsamen Kraftan strengung aller gesellschaftlicher Kräfte meistern werden. Herzlichen Dank dafür, dass vier Fraktionen in diesem Land tag ihren Beitrag zu dieser Kraftentwicklung leisten. Es ist be zeichnend, dass sich eine Fraktion daran nicht beteiligt.