Protocol of the Session on February 28, 2018

Welche Ursachen haben diese organisatorischen Mängel? Ist es der Sparzwang? – Ein kleiner Hinweis daher zum Thema Finanzen: Wir haben Haushaltsreste in Höhe von etwa 4 Mil liarden €. Seitdem die Grünen mit an der Regierung beteiligt sind, sind diese Haushaltsreste von 2 % auf 8 % angestiegen. Ich will daraus nicht einmal direkt auf Disziplinlosigkeit im Umgang mit dem Geld schließen. Aber es lässt sich sehr wohl erkennen – vielleicht ist es tatsächlich Absicht –, dass man kurz vor der Wahl 2021 Geschenke verteilen möchte.

Eine Möglichkeit wäre aber auch, an die Kommunen, die Not leiden, zu denken. Denken Sie an die erforderlichen Schulsa nierungen – da wurden auch schon entsprechende Anträge ein gebracht –, denken Sie an die Lehrkräfte, und denken Sie an die Reduktion der Schulden. Denken Sie ebenso auch an die Reduktion der Steuerlasten. Das wäre ein wirklich gutes, kla res Signal des Handelns durch die Regierung gewesen.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Kern.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es stimmt: Die Regierung Kretsch mann II hat ein echtes Problem bei der Unterrichtsversorgung. 660 Lehrerstellen waren zu Beginn dieses Schuljahrs nicht be setzt, 480 Lehrerstellen konnten gar nicht besetzt werden. Das ist vermutlich ein ebenso trauriger Höhepunkt wie der damit in Zusammenhang stehende Unterrichtsausfall gemäß Stich probe von 3,6 %.

Aber es stimmt eben auch, liebe SPD, dass die damalige grünrote Landesregierung ein erhebliches Stück Mitverantwortung für diesen Lehrermangel trägt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Denn – das ist auch zu Recht angesprochen worden – wir ha ben zurzeit keinen Mangel an Stellen, sondern einen Mangel an Lehrern. Ich habe es bereits am Ende der letzten Legisla turperiode gesagt, und ich bleibe dabei: Fünf Jahre Grün-Rot – die Regierung Kretschmann I – waren fünf Jahre gegen die Lehrerinnen und Lehrer in Baden-Württemberg, liebe Kolle ginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Das ist doch Quatsch!)

Ich kann das auch belegen: Das Schreckgespenst der Strei chung von 11 600 Lehrerstellen hielt Grün-Rot ohne die ge ringste fachliche Begründung zweieinhalb Jahre aufrecht.

(Zuruf: So ist es!)

Die Botschaft an angehende Lehrer war: Bewerbt euch lieber an der Gemeinschaftsschule, oder lasst es lieber gleich blei ben, denn alle anderen Schularten werden früher oder später abgewickelt.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP/DVP)

Grün-Rot versagte auch bei den versprochenen und dringend notwendigen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für Leh rer. Die sechswöchige Arbeitslosigkeit von Referendaren und befristet beschäftigten Lehrern blieb, und für die hinsichtlich der Besoldung relativ niedrig eingestuften Fachlehrer gab es gerade einmal eine – unzureichende – Tranche Beförderun gen. Die Eingangsbesoldung für neu eingestellte Beamte wur de sogar noch gekürzt. Keine Landesregierung in der Ge schichte Baden-Württembergs hat den Lehrern so misstraut wie die Regierung Kretschmann I, liebe Kolleginnen und Kol legen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Nach dem Regierungswechsel keimte dann bei den Lehrern des Landes zunächst Hoffnung auf. So ist die Kultusministe rin durchaus bemüht, manches zerschlagene Porzellan wieder zu kitten. Aber dies ist natürlich nur so weit möglich, wie der grüne Koalitionspartner dies auch tatsächlich zulässt.

Auch um die Unterrichtsversorgung bemühen Sie sich, Frau Eisenmann, denn Ihnen ist natürlich bewusst, dass die Schick salsfrage Ihrer Amtszeit womöglich die Lehrerversorgung werden wird. Ihren Maßnahmenkatalog tragen wir vonseiten der FDP/DVP-Fraktion mit, aber wir sind dezidiert der Auf fassung, dass die Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichen und vor allem nicht mutig genug sind. Unerlässlich sind Ver besserungen bei den Arbeitsbedingungen der Lehrer. Die Som merferienarbeitslosigkeit muss endlich angegangen werden, der Fachlehrerbeförderungsstau muss abgebaut und Schullei ter wie Lehrer müssen von bürokratischen Aufgaben entlas tet werden. Zu allen Punkten hat die FDP/DVP-Fraktion be reits Anträge eingebracht, die aber bislang bei Grün-Schwarz auf taube Ohren stießen.

Zu den neuen, mutigen Wegen gehört aus unserer Sicht ein auskömmlich, transparent und fair berechnetes Budget für je de Schule nach dem Muster: 100 % für den Pflichtunterricht plus x als Reserve gegen den Unterrichtsausfall oder für be sondere inhaltliche Schwerpunkte. Andere Bundesländer wie z. B. Hessen haben damit gute Erfahrungen gemacht. Wenn Schulen ihre Lehrer weitgehend selbst auswählen könnten und die Mittel für eine eigene Personalentwicklung erhielten, könn ten sie Bewerbern auch entsprechend attraktive Angebote ma chen.

Schließlich brauchen wir – ich weiß nicht, ob ich es an dieser Stelle schon einmal erwähnt habe – statt eines grün-schwar zen Schulkonsenses auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner einen echten Schulfrieden für unser Land.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Ger hard Kleinböck SPD: Das ist ja ganz neu!)

Kern unseres liberalen Schulfriedensvorschlags sind faire Be dingungen ohne Privilegien für alle Schulen und ein Höchst maß an Eigenverantwortung für die am Bildungswesen Be teiligten vor Ort. Darauf vertrauen zu können, dass Leistung

wertgeschätzt und dass einem etwas zugetraut wird, das ist doch ein entscheidendes Kriterium bei der Berufswahl. Das umzusetzen würde aber Mut erfordern, und den können wir zumindest bei der Kultusministerin und der CDU momentan noch nicht so erkennen, wie wir uns das wünschen.

Was haben wir heute in dieser Debatte erfahren? Die Grünen wollen Lehrer zwingen, an Grundschulen zu unterrichten. Die SPD will Lehrer zwingen, an Gemeinschaftsschulen zu unter richten. Von Zwang, liebe Kolleginnen und Kollegen, halten wir Freien Demokraten überhaupt nichts.

(Zuruf des Abg. Gerhard Kleinböck SPD)

Wir brauchen motivierte Lehrerinnen und Lehrer, und die be kommen wir nur, wenn man sie erstens wertschätzt und wenn zweitens die Arbeitsbedingungen stimmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Zuruf von den Grünen)

Für die Landesregierung er teile ich Frau Kultusministerin Dr. Eisenmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst mit einem großen Dank an die SPD-Fraktion beginnen

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Der ist vergiftet!)

das kommt von Herzen, Herr Kleinböck –,

(Heiterkeit)

dass sie die heutige Debatte beantragt hat.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Denn ich glaube, es ist sehr sinnvoll und wichtig, dass wir uns hier im Haus mit der Frage der Unterrichtsversorgung befas sen. Deshalb mein herzlicher Dank, verbunden mit einem ganz großen Respekt vor dem Mut, dass ausgerechnet Sie diese De batte beantragt haben.

(Beifall bei der CDU, Abgeordneten der Grünen und der AfD sowie des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die SPD macht sol che Sachen gerade! – Zuruf des Abg. Gerhard Klein böck SPD)

Herr Kleinböck, wenn Sie es wissen und ahnen, dann be wundere ich Ihren Mut doppelt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Gerhard Klein böck SPD: Das heißt ja nicht, dass es stimmt! – Ge genruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dass ihr mutig seid! – Vereinzelt Heiterkeit)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema ist tat sächlich eines, mit dem wir uns in dieser Aufrichtigkeit be fassen müssen. Das ist aufgrund der Situation geboten.

(Zuruf von der SPD)

Nur, klar ist auch – Herr Kleinböck, in aller Deutlichkeit –: Ich glaube, dass ich sehr offen anspreche, wie die Situation an den Schulen in unserem Land ist, wie die Situation im Pflichtunterricht ist,

(Abg. Stefan Herre AfD: Schlecht ist sie!)

und dass wir insgesamt, bezogen auf die Unterrichtsversor gung, nicht zufrieden sein können. Das ist ein Thema, mit dem wir in der grün-schwarzen Koalition offen umgehen – offe ner, als es andere getan haben.

Wenn gesagt wird – ich habe die Artikel auch gelesen; die Überschrift war, glaube ich: „Blindflug des Kultusministeri ums“ –, das Kultusministerium habe nicht einmal einen Über blick, wie viel Unterricht ausfällt – –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann ist es offen!)

Dann ist das nicht offen, aber es ist etwas, was man ändern muss.

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Ich will mich auf Folgendes beziehen. Es gab in einer Ple nardebatte im Dezember 2013 eine Mündliche Anfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger an den damals amtierenden Kultus minister Andreas Stoch. Auf die Frage, warum es keinen kon kreten Überblick gebe, wie die Unterrichtsversorgung tatsäch lich ist, antwortete der Minister:

Wir können keine genauen Angaben darüber machen, wie viele Unterrichtsstunden... ausgefallen sind. Denn... die gewünschten Detaildaten zu erheben – bezogen auf ein zelne Landkreise –

gar auf einzelne Schulen –