Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Boser, Sie haben sehr zutref fend dargestellt, wo Handlungsbedarf besteht. Ich kann mich dem eigentlich anschließen. Ich möchte mich deswegen dar auf beschränken, das Thema Unterrichtsausfall differenziert zu betrachten.
Zuallererst muss aber festgehalten werden, dass wir all jenen Kolleginnen und Kollegen zu Dank verpflichtet sind, die in schwierigen Zeiten – Zeiten mit krankheitsbedingten Ausfäl len – freiwillig Vertretungsstunden übernehmen oder ihr De putat erhöhen.
Dann bin ich schon bei den Sozialdemokraten. Genau diese Möglichkeit, Deputate zu erhöhen und schulinterne Lösungen zu finden, ist eigentlich das tauglichste Instrument, um im In teresse der Schüler eine werthaltige Unterrichtsvertretung si cherzustellen. Sie haben uns das jahrelang vorgehalten, haben uns vorgeworfen, wir hätten eine Bugwelle aufgebaut. Wir ha ben damit keine Stunden vergeudet, sondern wir haben damit Unterrichtsversorgung sichergestellt. Ich bin mir sicher, dass wir uns darüber – als einen Aspekt für die Zukunft – wieder unterhalten werden.
Was sind nun eigentlich die Gründe für einen Unterrichtsaus fall? Da wären kurze Erkrankungen, längerfristige Erkrankun gen, Lehrerfortbildungen – darüber muss man ganz offen re den –, und dann kommt etwas ganz Wichtiges, nämlich die Vielzahl der Aktivitäten, die ein lebendiges Schulleben kenn
zeichnen, das wir uns doch alle gemeinsam wünschen. Leh rer betreuen Schullandheimaufenthalte, Studienfahrten, Schü leraustausche. „Jugend debattiert“ haben wir hier erlebt. Das bedarf der Betreuung durch Lehrer. Weitere Beispiele sind „Jugend forscht“, „Jugend musiziert“, „Jugend trainiert“; da mit habe ich persönlich die meiste Erfahrung. Wenn ich in ei nem Winter 20 Mannschaften betreue, dann lässt sich nicht vermeiden, dass einmal eine Unterrichtsstunde ausfällt, aber in diesem Fall ist ein klarer Gegenwert vorhanden. Wir müs sen immer nachfragen: Was kommt einer Vielzahl von Schü lern zugute, wenn andere Schüler etwas entbehren müssen.
Fazit: Wir werden – egal, wie wir versorgt sind – nie errei chen, dass generell kein Unterricht ausfällt. Es stellt sich im mer die Frage: Was kommt auf einer Seite dazu, und was geht auf der anderen Seite weg? Wir alle wollen ein lebendiges Schulleben. Deswegen akzeptieren wir das auch.
Jetzt kommen wir zu einem zweiten Punkt: Was ist zu tun, wie kann das am besten geregelt werden? Wir haben einerseits MAU-Stunden, Mehrarbeitsunterrichtsstunden, wir haben an dererseits Vertretungslehrer. Taugen diese Instrumente? In ei nem gewissen Bereich ja. Aber wie soll ich denn, bitte schön, Lehrer motivieren, wenn unter Ihrer Verantwortung dem Leh rer die Mehrarbeit nicht mehr monatlich vergütet wird, son dern am Ende des Jahres abgerechnet wird und fraglich ist, ob er überhaupt etwas bekommt?
Das heißt, wenn der Lehrer am Schuljahresende vorgerechnet bekommt, dass seine Abiturklasse drei Wochen vor dem Schul jahresende weg war, und das dann gegengerechnet wird, sage ich Ihnen: So kann man die Leute nicht motivieren. Und das ist nun einmal unter Ihrer Verantwortung so geschehen. Auch darüber müssen wir nachdenken.
Was ist nun das probateste, das geeignetste Mittel, um das schulintern regeln zu können? Ich persönlich bin ein großer Freund davon – die CDU-Fraktion sieht es ebenso –, dass wir den Schulen gute Möglichkeiten geben. Das ist das eine. Sie haben es angesprochen, Herr Kollege Kleinböck. Sie sprachen von einer 105- oder 106-prozentigen Unterrichtsversorgung. Das kann helfen. Aber leider passt es fächerspezifisch nicht immer. Es nutzt mir nichts, wenn ich eine Reserve habe, wenn deren Fächerkombinationen nicht mit denen der Lehrer zu sammenpassen, die erkrankt sind. Dann brauche ich andere Lösungen.
Deswegen plädiert unsere Fraktion für eine Flexibilisierung der Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer. Wir waren ja schon einmal auf diesem Weg und haben darüber nachgedacht, ob wir nicht ein Lebensarbeitszeitkonto einrichten. Ich glau be, wir alle sollten über dieses Faktum noch einmal nachden ken; denn das kann sehr, sehr hilfreich sein.
Nun möchte ich noch abschließend ein Wort an die Sozialde mokraten richten: Wir brauchen motivierte Lehrer. Nun ha ben Sie mit verschiedenen Maßnahmen überhaupt keinen Bei trag zur Erhöhung der Motivation der Lehrer geleistet. Ich
Ich nenne die Kürzung des Entlastungskontingents, ich nen ne die Verschiebung der Altersermäßigung und erinnere dar an: Als die Lehrer dagegen aufbegehrt haben, hat Herr Schmie del sie hier als Heulsusen bezeichnet. Das alles sind keine Bei träge, um zu erreichen, dass wir motivierte Lehrer haben, die gern bereit sind, auch freiwillig mehr zu leisten.
In diesem Sinn, Frau Boser, werden wir weiter überlegen. Sie haben das genau auf den Punkt gebracht: Es geht um die Zu kunft. Welche Instrumente können wir bieten, damit wir das abfedern können?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Kollegen Abgeordnete! Mit Erstaunen, mit großer Freude nehmen wir zur Kenntnis, dass der Unterrichtsausfall den Kollegen der SPD ein klares Sig nal zum Handeln ist. Es ist ein Antrag der SPD, wohl begrün det. Mit Freude und mit Erstaunen nehmen wir zur Kenntnis, dass offensichtlich die SPD wieder zu ihrer Basis zurück will – eine Partei für den Bürger, für die Arbeiterklasse, für die Schüler, ja für die kleinen Leute –
und wieder die politische Vertretung für das Volk sein will. Seit Jahren hat sie sich eher zu einer hippen Partei der intel lektuellen Vordenker, der abgehobenen Hipster und Städter entwickelt.
Der Bundesvorsitzende der Jusos gehört offensichtlich zu den klugen Menschen. Er hat erkannt, dass die Verliererkoalition, die GroKo, eine Sackgasse ist – eine Sackgasse mit einem Prellbock am Ende, und dort, am Ende, stehen die kleinen Leute, die Arbeitnehmer, die Schüler – nicht die Privatschul besucher. Es ist eine Sackgasse nicht nur für unser Land, son dern im Besonderen auch für Sie, die einst stolze Arbeiterpar tei. Laut INSA-Umfrage der „Bild“-Zeitung von gestern liegt die SPD knapp hinter der AfD bei 5,5
Das hat auch Frau Ministerin Wanka, sinnigerweise die Bil dungsministerin, jetzt mitgeteilt bekommen.
Nun, vernünftige Politik in unserem Land kann nur soziale Politik für den Menschen sein. Und Sie hatten Gerechtigkeit plakatiert. Deshalb freut es mich im Besonderen, dass gerade die SPD den Menschen wieder in den Mittelpunkt stellen will – den lernenden Menschen, den arbeitenden Menschen. Auf fallend und interessant ist allerdings natürlich, dass Ihnen beim Thema Einkommen – – Auf das Lehrereinkommen hat der Vorredner gerade schon Bezug genommen und hat die Ab senkung der Eingangsbesoldung angesprochen, aber bezüg lich des Einkommens der Erzieherinnen und der Lehrkräfte ist Ihnen bislang noch nicht viel eingefallen.
Auch zu der Tatsache, dass ein Polizist im mittleren Dienst – hier viel gelobt – oder ein Finanzbeamter – hier weniger ge lobt – oder ein kaufmännischer Angestellter in der Industrie seine Familie kaum von seinem Einkommen ernähren kann, fällt der Sozialdemokratie nicht viel ein.
Meine Damen und Herren, in den beruflichen Schulen hat sich von 2011 bis 2017 der Unterrichtsausfall fast verdoppelt; er ist auf 5,4 % angestiegen. Wenn ich mich recht entsinne, war das vergangene Jahr im chinesischen Kalender das Jahr der Katze. Für uns hier war es das Jahr der beruflichen Bildung. Unsere Kultusministerin war Vorsitzende der Kultusminister konferenz. Und was für ein Jahr hatten wir hier für die beruf liche Bildung? Es war vermutlich auch ein Jahr für die Katz.
Interessanterweise war auch im allgemeinbildenden Gymna sium das vergangene Jahr offensichtlich ebenfalls ein Jahr für die Katz. Dort hat sich der Unterrichtsausfall von rund 3,2 % im Jahr 2013 auf ebenfalls 5,4 % im Jahr 2017 erhöht.
Sinnigerweise fragt die SPD nach dem Verbleib der Gymna siallehrkräfte, der nicht eingestellten Gymnasiallehrer. Inter essanterweise entbehrt die Antwort der Regierung nicht einer gewissen Ironie, indem sie darauf hinweist, dass natürlich in den Fächern Deutsch, Englisch und Geschichte der Einstel lungsbedarf übererfüllt worden ist, wohingegen in den Fä chern Mathematik, Physik und Technik der Einstellungsbe darf nicht gedeckt werden kann. Wen wundertʼs? Es ist natür lich auch nicht so leicht, aus einer Deutschlehrerin einen Ma thematiklehrer zu machen.
Was das Thema Nachwuchsgewinnung betrifft, muss ich auch an meine ersten Jahre als junger Lehrer denken. Mein Schul leiter hat mich damals gefragt, was ich von einigen Kollegen
er wies auf eine Gruppe von fünf älteren Kollegen im Leh rerzimmer – wohl halte. Es ging um das Thema Alter. Er wies darauf hin, dass diese Kollegen innerhalb der nächsten drei oder vier Jahre mit Mitte 60 in den Ruhestand gehen würden, und fügte hinzu: „Das wissen jetzt wir beide. Aber es ist ein großes Geheimnis. Und ich verrate Ihnen“ – also mir gegen über – „noch ein Geheimnis: Wir wissen das nun. Aber das Regierungspräsidium und das Kultusministerium wissen das nicht. Und so werden wir in drei, vier Jahren fünf unbesetzte Stellen haben – und dafür aber keine Referendare.“
Welche Ursachen haben diese organisatorischen Mängel? Ist es der Sparzwang? – Ein kleiner Hinweis daher zum Thema Finanzen: Wir haben Haushaltsreste in Höhe von etwa 4 Mil liarden €. Seitdem die Grünen mit an der Regierung beteiligt sind, sind diese Haushaltsreste von 2 % auf 8 % angestiegen. Ich will daraus nicht einmal direkt auf Disziplinlosigkeit im Umgang mit dem Geld schließen. Aber es lässt sich sehr wohl erkennen – vielleicht ist es tatsächlich Absicht –, dass man kurz vor der Wahl 2021 Geschenke verteilen möchte.