Protocol of the Session on January 24, 2018

AfD – Gesetz zur Änderung des Landesgebührengeset zes – Drucksache 16/2865

b) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Landesgebühren gesetzes – Drucksache 16/2973

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für In neres, Digitalisierung und Migration – Drucksache 16/3253

Berichterstatter: Abg. Hans-Ulrich Sckerl

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache zu den Buchstaben a und b eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich dem Kollegen Maier das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahr 2016 gab es bundesweit 35 000 Verstöße gegen das Waffen- und das Kriegs waffenkontrollgesetz. Bei gefährlicher und schwerer Körper verletzung nahm die Zahl der Fälle, in denen geschossen wur de, gegenüber dem Vorjahr um 25,4 % zu. Das geht aus dem Bericht zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2016 hervor.

In Baden-Württemberg leben 37 Rechtsextremisten mit einer waffenrechtlichen Erlaubnis. Bundesweit hat sich die Zahl be kannter Rechtsextremisten, die eine Waffenerlaubnis besitzen, seit 2014 fast verdoppelt. Hiermit wird eines deutlich: Beim Thema Waffen geht es nicht nur um Sportschützen und Jäger, und Kontrollen sind notwendig.

(Zuruf von der AfD: Bei den illegalen auch!)

Wenn wir sehen, dass Personen, die eine Gefahr für das Ge meinwohl darstellen, Waffen besitzen, müssen bei uns allen die Alarmglocken klingeln.

(Beifall bei den Grünen)

Denn Schusswaffen haben ihren historischen Ursprung in dem einen Ziel, anderen Menschen ohne großen Aufwand einen schweren Schaden zuzufügen, und sind daher immer auch ei ne potenzielle Bedrohung. Deswegen müssen Gesetze hierbei immer im Geiste gewissenhafter Sorgfaltspflicht und mit viel Verantwortungsbewusstsein erstellt werden.

Ich möchte Ihnen anhand von zwei Punkten erklären, warum meine Fraktion die Gesetzentwürfe der AfD und der FDP/DVP nicht mittragen kann:

Erstens: Wir haben, wie gesagt, ein Interesse daran, dass Waf fenkontrollen anständig und sorgfältig durchgeführt werden. Wenn die Kommunalverwaltungen davon überzeugt sind, dass die Erhebung von Gebühren dafür notwendig ist, wollen wir sie darin bestärken.

Die steigende Zahl der Waffen und die – wie die Vergangen heit gezeigt hat – notwendigen Kontrollen binden natürlich viele Ressourcen. Denn für die Durchführung der Kontrollen und die Bezahlung des Personals kommen schließlich die kommunalen Waffenbehörden auf. Sie sollten also im Rah men der Selbstverwaltung über diese Gebühren auch selbst entscheiden dürfen. Die Gemeinden sind die kleinsten demo kratischen Einheiten unseres Staatswesens. Wer das Subsidi aritätsprinzip ernst nimmt, der redet ihnen auch bei Gebüh renordnungen nicht ohne Not rein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Der zweite Punkt: Die Entscheidung, als Privatperson eine Schusswaffe zu besitzen, verursacht Kosten durch die damit einhergehende Notwendigkeit von Kontrollen.

(Zuruf von der AfD)

Warum sollte die Allgemeinheit für die Kosten dieser Kont rollen aufkommen und damit den Waffenbesitzer ein Stück weit subventionieren, obwohl die Mehrheit der Menschen in diesem Land Waffen in Privatbesitz ablehnt?

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Was ist das für ein Quatsch? – Unruhe bei der AfD – Glocke des Präsidenten)

Damit würde das Verursacherprinzip über Bord geworfen. Da können und werden wir nicht mitgehen.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Anton Ba ron AfD)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf ein aktuelles The ma aufmerksam machen, da in der Begründung eines der vor liegenden Gesetzentwürfe steht, dass der illegale Besitz von Waffen das Hauptproblem sei. Das ist zweifellos richtig, aber das ist noch lange kein Grund, beim legalen Waffenbesitz die Zügel schleifen zu lassen. Im Gegenteil: Letzte Woche wur de im Prozess gegen den Waffenhändler, der den rechtsradi kalen Attentäter aus München mit einer Schusswaffe und mit Munition ausgestattet hat,

(Zuruf von der AfD)

das Urteil gesprochen. Der Vorsitzende Richter der 12. Straf kammer des Landgerichts München, Frank Zimmer, hat da bei auf einige Punkte hingewiesen, die die Grünen im Bun destag schon lange fordern:

Erstens: Magazine für verbotene Waffen dürfen nicht frei ver käuflich für wenig Geld zu haben sein. Zweitens: Es braucht ein deutliches Signal an den Schwarzmarkt durch die Einfüh rung eines neuen Straftatbestands für illegalen Waffenhandel mit Todesfolge. Und Drittens: Theaterwaffen müssen stren geren Regeln unterliegen. Das mag natürlich nur ein kleiner Teil sein.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Aber man sieht die Notwendigkeit ganz klar bei dem OEZAttentat in München; denn dort wurde eine Waffe verwendet, die zur Theaterwaffe umgebaut wurde und anschließend mit relativ wenig Aufwand wieder scharf gemacht worden ist.

Egal, ob im Bund oder im Land: Wir Grünen werden unkon trollierter Bewaffnung von Privatpersonen nicht den Weg be reiten. Denn in unserer Gesellschaft gilt das Gewaltmonopol des Staates. Für uns ist es weder eine Frage der persönlichen Entfaltung noch eine Frage des Prestiges, eine Waffe zu be sitzen. Wer sich dennoch für den Waffenbesitz entscheidet, muss sich auch mit den unangekündigten und verdachtsunab hängigen Kontrollen arrangieren.

(Abg. Anton Baron AfD: Es geht doch nur um die Ge bühren! Haben Sie das überhaupt verstanden?)

Gerade bei so verantwortungsschweren Themen wie dem Waf fenbesitz lohnt auch der Blick ins Grundgesetz. In Artikel 14 steht: „Eigentum verpflichtet.“

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD – Glocke des Prä sidenten)

Das gilt natürlich auch für Waffenbesitzer.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Andreas Ken ner SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut! – Abg. Anton Baron AfD: Das ist unglaublich! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist für die Waffen lobby der AfD unglaublich! Das kann ich verstehen! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Herr Sckerl, da geht es doch um Gebühren!)

Das Wort für die CDUFraktion erteile ich dem Kollegen Klein.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten wir in zweiter Lesung die Gesetzent würfe der Fraktionen der FDP/DVP und der AfD

(Abg. Anton Baron AfD: Sie müssen unseren zuerst nennen!)

zur Änderung des Landesgebührengesetzes. Bereits in der ers ten Lesung wurde deutlich, warum die einbringenden Frakti onen eine entsprechende Änderung wollen, und darüber ha ben wir in diesem Haus auch schon breit diskutiert.

Eines möchte ich meinen Ausführungen voranstellen: Der CDU-Landtagsfraktion wäre es am liebsten, man brauchte sol che Waffenkontrollen in unserer Gesellschaft überhaupt nicht. Die Wahrheit ist leider – auch aufgrund der bedauernswerten Vorfälle – eine andere. Dies hat dazu geführt, dass solche Überprüfungen als notwendig erachtet werden und der Bun desgesetzgeber dies in das Gesetz geschrieben hat.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Mit der Ausführung des Gesetzes haben wir die Stadt- und Landkreise und die Großen Kreisstädte in unserem Land be auftragt. An diesen lag es, die entsprechenden Gebühren für die Kontrollen zu kalkulieren und festzusetzen. Aber es liegt auch in ihrer Entscheidung, ob und gegebenenfalls für welche Überprüfungen Gebühren erhoben werden.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Bei dieser Zuständigkeitskompetenz sollte es auch bleiben. Allerdings halten wir es schon für geboten, dass sich das Mi nisterium die unterschiedlichen und zum Teil weit auseinan derliegenden Gebührensätze im Land einmal ansieht

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

und diesbezüglich auch ein Gespräch mit den kommunalen Landesverbänden führt.

(Abg. Anton Baron AfD: Jetzt sind wir beim Gesetz!)

Wer aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit den vorliegenden Gesetzentwürfen etwas anderes will, müsste dann ehrlicherweise schon dazusagen, dass man den Großen Kreisstädten, den Stadt- und Landkreisen ausfallende Gebüh renbestandteile durch allgemeine Steuermittel ersetzt. Sofern Kontrollen notwendig sind, fallen auch Personal- und Sach kosten an. Die müssen natürlich dann auch irgendwo in Rech nung gestellt werden.

Wer sich darüber hinaus einmal eine Gebührenordnung eines Landkreises anschaut, sieht sehr schnell, dass es gefühlte 1 000 Gebührentatbestände für alle Rechtsgebiete gibt.

(Heiterkeit des Abg. Ulli Hockenberger CDU)