Protocol of the Session on December 13, 2017

Wir sagen aber auch, dass es in einer Welt des Wandels eben nicht genügt, einfach den Status quo zu verteidigen. Wir wol len nicht nur unbeschadet über die Runden kommen ange sichts der vielen Umbrüche und Veränderungen, die wir in Wirtschaft und Gesellschaft haben, angesichts von Globali sierung, Digitalisierung und weltweiter Migration. Eine blo ße Statussicherung ist kein Konzept für die Zukunft.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Wir wollen das, was anders wird, auch als Chance und nicht nur als Bedrohung betrachten und den Wandel aktiv mitge stalten. Wir haben allen Grund für Zuversicht, meine Damen und Herren; denn das Land hat hervorragende Ausgangsbe dingungen. Wir in Baden-Württemberg sind stark, wir sind kreativ und fleißig, wir haben eine lebendige Bürgergesell schaft und ein wohlgeordnetes Gemeinwesen, und meine Lan desregierung hat einen klaren Kurs.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Deswegen gehen wir diese Aufgaben mit Entschlossenheit an. Unsere Antwort findet sich im Dreiklang, der unsere Politik leitet: Zusammenhalt der Gesellschaft, Innovation und nach haltiges Leben und Wirtschaften.

Der Haushaltsansatz, der Ihnen vorliegt, dekliniert diesen An satz durch. Er steht eben für mutiges Gestalten sowie für Ver lässlichkeit, Ordnung und Orientierung in unruhiger Zeit. Er ist damit ein gutes Fundament für das Land und seine Men schen.

Meine Damen und Herren, die Fliehkräfte haben an Wucht gewonnen – trotz der guten wirtschaftlichen Lage –, der Ton der öffentlichen Debatte ist rauer geworden, die Sehnsucht nach Halt, Orientierung und Sicherheit wächst. Dem schauen wir eben nicht tatenlos zu.

(Abg. Anton Baron AfD: Na ja!)

Im Gegenteil: Wir haben es selbst in der Hand, das Zusam menleben so zu gestalten, dass alle Menschen teilhaben kön nen, dass alle wahrgenommen und gehört werden und dass al le den Respekt erfahren, den jeder und jede verdient. Diesen Fliehkräften setzen wir die Kräfte des Zusammenhalts entge gen. Wir stärken das Miteinander und Füreinander in der of fenen Gesellschaft.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir wollen die Menschen befähigen, mit den Umbrüchen die ser Zeit umzugehen. Dafür braucht es zweierlei: Es braucht konkrete Programme und Maßnahmen – aber auch das Wie ist wichtig, der Politikstil, den wir pflegen, die Haltung, mit der wir an die Probleme herangehen, und die Art, wie wir ge sellschaftliche Konflikte austragen. Deshalb machen wir die Politik des Gehörtwerdens. Wir gehen neue Wege bei der Bür gerbeteiligung, beziehen die Menschen auf Augenhöhe mit in die politischen Entscheidungen ein.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Wir bauen Brücken zu den Menschen, die sich unverstanden und vernachlässigt fühlen. Auch für sie haben wir das Format

der Nachbarschaftsgespräche gestartet. Damit gehen wir auf Menschen zu und hören ihnen zu. Wir schaffen ihnen einen Raum, in dem zufällig ausgewählte Bürger – das ist ganz wichtig – einbringen können, was sie bewegt. Ich selbst habe an solchen Nachbarschaftsgesprächen in Pforzheim teilge nommen und gesehen, dass sich da auch Menschen äußern, die sich ansonsten eher nicht zu Wort melden. Das ist, glaube ich, ein tolles Format, das den Zusammenhalt stärkt und das Vertrauen in die Demokratie fördert.

Ganz entscheidend dafür ist auch die Integration der Flücht linge, die zu uns gekommen sind und die bei uns bleiben. Das bereitet vielen Menschen Sorge. Deshalb ist es eine der wich tigsten politischen Aufgaben der kommenden Jahre, die Neu ankömmlinge gut zu integrieren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zurufe der Abg. Anton Baron AfD und Dr. Hein rich Fiechtner [fraktionslos])

Meine Landesregierung setzt auf Fördern und Fordern.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja, ja!)

Wir unterstützen die Neuankömmlinge nach Kräften bei der Integration. Kein anderes Bundesland tut hier so viel wie wir. Aber wir verlangen auch Anstrengungen und Integrationswil len. Die Werte und Normen unserer Verfassung gelten für al le, die hier leben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Dabei arbeiten wir über Ressortgrenzen hinweg gut zusam men. Denn es geht um die Integration in Sprache und Bildung, in Arbeit und Wohnen, in unsere politische Kultur und in un ser Rechtssystem.

Herr Ministerpräsident Kretsch mann, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Räpple zu?

Nein. Jetzt re de ich erst mal ein Stück. – Diese Mammutaufgabe gehen wir im Team an. Mit unserem Pakt für Integration unterstützen wir die Kommunen in diesem und im kommenden Jahr mit 320 Millionen €. Der Fokus liegt auf individueller Betreuung und Begleitung der Flüchtlinge. Denn jeder Mensch ist an ders, hat eigene Fähigkeiten und Perspektiven. Wir finanzie ren rund 1 000 Integrationsmanager in den Kommunen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Kein Mensch weiß, was die Manager sollen!)

So sorgen wir dafür, dass jeder Neuankömmling bald auf ei genen Beinen stehen kann. Da liegt natürlich noch viel Arbeit vor uns, aber wir kommen voran. So hatten bereits Ende letz ten Jahres rund 25 000 Flüchtlinge im Land einen Arbeits platz.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Lassen Sie uns also dabei dranbleiben und gemeinsam han deln, damit die Integration gelingt.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Von Bill Clinton stammt der Spruch: „It’s the economy, stu pid!“ Damit hat er recht. Aber ebenso gilt: „It’s the education, stupid!”; denn Bildung ist nicht nur die beste Wirtschaftsför derung, sondern auch der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben. Bildung ist eine zentrale Gerechtigkeitsfrage unserer Zeit. Unsere Bildungspolitik soll faire Chancen und Aufstiegs möglichkeiten geben. Das treibt mich als ehemaligen Lehrer natürlich besonders um, aber ebenso alle anderen Mitglieder der Landesregierung.

Deshalb kann ich klipp und klar sagen, dass wir mit dem Ab schneiden bei den Schulvergleichen wirklich nicht zufrieden sind.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Mittelmaß oder gar darunter geht nicht und ist für unser Land nicht akzeptabel. Wir wollen nichts schönreden, aber manches besser machen, und alle Schulen in unserem Land müssen Spitzenleistungen erreichen. Das ist jedenfalls unser An spruch.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Sie tragen die Verantwor tung dafür!)

Deshalb haben wir etwas ganz Entscheidendes gemacht. Wir haben nämlich nach den Ursachen gesucht, und zwar sehr in tensiv

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

und ohne irgendwelche ideologischen Scheuklappen.

(Abg. Anton Baron AfD: Seit sieben Jahren suchen Sie die Ursachen!)

Wir haben mit Experten gesprochen, wir haben aber auch Praktiker gehört. Wir haben geschaut, was andere Bundeslän der machen, und darauf aufbauend hat meine Kultusministe rin im Sommer ihr neues Qualitätskonzept auf den Weg ge bracht. Das neue Institut für Bildungsanalysen sorgt für ein konsequentes Bildungsmonitoring.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Und wann wird das wir ken?)

Es unterstützt Schulen dabei, Probleme zu erkennen und zu beheben.

(Zuruf von der FDP/DVP: Noch macht das gar nichts!)

Das neue Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung sorgt dafür, dass Lehrerausbildung, -fortbildung und -beratung in einer Hand liegen. So verknüpfen wir wissenschaftliche Er kenntnisse, bildungspolitische Entscheidungen und die kon krete Praxis in der Schule.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sehr gut!)

Weitere Maßnahmen werden folgen, die sich genau aus die ser Analyse ergeben haben, etwa die Stärkung der Schulleiter. Außerdem werden wir für passgenaue Förderangebote für

schwächere und für stärkere Schüler sorgen; denn die Vielfalt der Schülerinnen und Schüler nimmt immer mehr zu.

Auch in unserem Doppelhaushalt setzen wir konsequent auf Qualität. Wir bringen die frühkindliche Bildung voran und in vestieren 900 Millionen € pro Jahr allein in die Kleinkindbe treuung, und das mit Erfolg. Wir haben im Land den besten Betreuungsschlüssel der Republik.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Aber doch nicht wegen dieser Landesregierung!)

An den Grundschulen haben wir vier Unterrichtsstunden mehr für Lesen, Schreiben und Rechnen eingeführt. Zudem schich ten wir vier weitere Wochenstunden zur Förderung dieser Grundfähigkeiten um. Den Ausbau der Ganztagsschulen, Herr Kollege Stoch, treiben wir weiter entschlossen voran. Dafür gibt es 100 zusätzliche Lehrerstellen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die verhindert Ihre Mi nisterin!)

Im kommenden Schuljahr richten wir die ersten Oberstufen an Gemeinschaftsschulen ein. Wir reformieren die Oberstufe an unseren Gymnasien. So sorgen wir für mehr Wahlmöglich keiten und mehr Förderung von Spitzenleistungen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)