Da wollen Sie uns erzählen, Sie machen eine zukunftsfähige Haushaltspolitik, Frau Kollegin Sitzmann? Da kann man wirk lich berechtigte Zweifel haben.
Kollege Reinhart hat vorhin schon angesprochen, wie sich seit 2011 die Steuereinnahmen entwickelt haben. Die Bruttosteu ereinnahmen sind von 23 Milliarden € auf 36,5 Milliarden € angestiegen. Dennoch haben Sie es nicht geschafft – beide Re gierungen nicht –, in den zurückliegenden Jahren die Kredit marktschulden in Höhe von insgesamt 46,3 Milliarden € zu rückzuführen. Sie zahlen Jahr für Jahr 1,6 Milliarden € Zin sen. Sie hätten die Gelegenheit gehabt – die ursprünglich gel tende Landeshaushaltsordnung hätte Sie auch gesetzlich da zu gezwungen, wenn Sie sie nicht geändert hätten –, in den Schuldenabbau einzutreten.
Man muss sich schon die Frage stellen: Wann, wenn nicht jetzt, bei derart überbordenden Steuereinnahmen? Sie hinge gen machen aber das Gegenteil: Sie freuen sich über diese Steuermehreinnahmen und blasen das Geld einfach zum Fens ter raus. Das ist die Realität.
Jetzt geht es weiter mit der entsprechenden Steuerschätzung: 2017 über 1 Milliarde € zusätzlich, 2018 700 Millionen €, 2019 über 770 Millionen € zusätzlich – in diesen drei Jahren. Gemäß der ursprünglich gültigen Landeshaushaltsordnung, meine Damen und Herren, hätten Sie die Verpflichtung ge habt, 4,22 Milliarden € an Altschulden zu tilgen, 10 % der Ge samtverschuldung des Landes Baden-Württemberg hätte man nicht tilgen können, sondern sogar tilgen müssen.
Wir können Sie nur dazu aufrufen: Halten Sie sich an das, was in Baden-Württemberg einmal Gesetz war, meine Damen und Herren, und tun Sie das.
Stattdessen gibt es weitere klammheimliche Veränderungen, beispielsweise mit § 7 Absatz 1 des Staatshaushaltsgesetzes 2018/19. Da ändert Kiwi den seit 1979 gültigen Wert für Mehrausgaben, ohne dass ein Nachtragshaushaltsgesetz not wendig wird, soeben mal hälinge von 5 auf 7,5 Millionen €, also um 50 %. So etwas haben Sie in Ihrer Haushaltsrede nicht angesprochen, Frau Ministerin. Im Übrigen ist der Entwurf an vielen Stellen in vielen Punkten vorläufig. Im Grunde miss achten Sie das Transparenzgebot, Sie missachten den Haus haltsgesetzgeber.
So kündigen Sie an, die verdeckte Verschuldung anzugehen. Wo steht das im Haushalt? Wir können den Medien entneh men: 30 Millionen € für Naturschutz, 50 Millionen € für Ha gelopfer, 200 Millionen € für Studienplätze an den PHs für angehende Grundschullehrer – nur finden wir das in diesem Haushalt zumindest momentan noch nicht.
Aber was tun Sie? Seit Sie Finanzministerin sind – innerhalb von anderthalb Jahren –, haben Sie 2 635,5 Neustellen ge schaffen. Da muss man differenzieren. Einen Teil tragen wir mit, nämlich wenn es um Polizisten, um Lehrer, auch einige Stellen im Justizbereich geht. Was wir aber nicht mittragen, sind Hunderte von neuen Stellen in den Ministerien, insbe sondere auch in der Regierungszentrale. Das ist Steuerver schwendung, meine Damen und Herren.
Der letzte Kassenprüfer vom NABU wird noch dafür belohnt, dass er im Wahlkampf für die Grünen Handzettel verteilt, und wird von Herrn Untersteller verbeamtet.
Der Hammer ist, wenn dann noch behauptet wird, es sei Wirt schaftsförderung, wenn es 235 neue Stellen in der Umwelt verwaltung gibt.
Ich bin mal gespannt, ob das Wirtschaftsförderung wird oder ob das eine zusätzliche Schwergängigkeit von Prozessen aus lösen wird. Das Letztere ist anzunehmen, meine Damen und Herren.
Und dann sagen Sie noch, in guten Zeiten wird der Haushalt ruiniert und Sie täten es nicht. Ja, diese ganzen Stellen wirken über Jahrzehnte und haben Auswirkungen auch auf die Pen sionsverpflichtungen des Landes Baden-Württemberg.
Ich sprach ja vorhin vom Rotkäppchen-Sekt, Frau Ministerin. Man hat schon den Eindruck – so, wie Sie mit diesem Haus halt umgehen –: Das Rotkäppchen irrt durch den Wald. Was passiert? Irgendwann kommt der böse Wolf, nämlich der bö se Wolf in Form von höheren Zinsen oder möglicherweise auch der böse Wolf in Form eines Konjunktureinbruchs. Was machen wir dann, wenn der böse Wolf das Rotkäppchen fres sen will? Dann steht der Wolf nicht mal im Jagdrecht.
Zum Thema Schuldentilgung erzählen Sie uns wieder die Ge schichte von der impliziten Verschuldung, Frau Ministerin. Ich wundere mich nur, weshalb Sie nicht auch noch das Zah len der Löhne für die Landesbediensteten als die Tilgung im pliziter Schulden bezeichnen
mit der Argumentation: Hätten wir es nicht bezahlt, hätten wir Schulden bei den Beamten. So könnte man auch noch argu mentieren.
Mit solchen Märchen von der impliziten Verschuldung so zu tun, als würde man solide wirtschaften, ist schon ein starkes Stück, meine Damen und Herren. Da verkleidet sich an die ser Stelle der Wolf als Großmutter.
Dann die Geschichte von den starken Kommunen. Sie haben gesagt – ich zitiere –, die starken Kommunen erhielten 2019 sogar 136 Millionen € für Sanierungen. Die Kollegen Schwarz und Reinhart
die Begeisterung der Kommunen sei noch nie so groß gewe sen wie über diese Landesregierung. Dann fragen wir mal die Kommunen selbst, wie sie das betrachten. Ich zitiere aus der „Badischen Zeitung“ vom 10. November 2017:
Kommunale Interessen bleiben im Haushaltsentwurf nun nahezu unberücksichtigt. Das wird den Herausforderun gen, vor denen Städte, Gemeinden und Landkreise stehen, nicht gerecht...
Das sagt nicht die Opposition, sondern so heißt es in einer ge meinsamen Pressemitteilung der Präsidenten von Gemeinde tag, Städtetag und Landkreistag, Roger Kehle, Dieter Salo mon und Joachim Walter. Diese drei sind nicht parteilos. Je der dieser drei gehört einer Partei an, und zwar den beiden Re gierungsparteien. Und die schreiben Ihnen das ins Stamm buch.
Und dann haben Sie noch die Stirn, sich hier hinzustellen und sich als Kommunenversteher zu präsentieren, meine Damen und Herren.
Sie nehmen den Kommunen 836 Millionen € weg – Frau Sitz mann, das haben Sie unterschlagen –, aber rühmen sich dafür, dass Sie ihnen 136 Millionen € wieder geben.
Also, meine Damen und Herren, die kommunalen Landesver bände schauen sich den an, der da im Bett liegt, und fragen: Großmutter, warum hast du einen so großen Mund?
Denn die haben den Eindruck, da wird den Kommunen das weggefressen, was ihnen eigentlich zusteht, meine Damen und Herren.