Protocol of the Session on November 9, 2017

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Zukunftsaussichten sind positiv. Der ifo-Geschäftsklima index stieg im Oktober auf ein neues Rekordhoch.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute

(Abg. Emil Sänze AfD: Warnen vor Überhitzung!)

haben ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr von 1,5 auf 1,9 % deutlich angehoben. Getragen werde der Auf schwung sowohl von den Konsumausgaben als auch vom Aus landsgeschäft und den Investitionen. Der Aufschwung hat al so an Breite gewonnen, so die Experten.

Für das kommende Jahr erwarten die Institute sogar ein Wachstum von 2,0 statt bisher 1,8 %. Die Europäische Zent ralbank hob ihre Wachstumsprognose für den Euroraum eben falls an, und zwar von 1,9 % auf 2,2 % für das laufende Jahr und von 1,8 auf 1,9 % für das kommende Jahr. Der Internati onale Währungsfonds schätzt, dass die weltweite Wirtschafts

leistung 2017 um 3,6 % und im nächsten Jahr um 3,7 % stei gen wird. Von diesem globalen Aufschwung profitieren wir mit unserer breit aufgestellten und sehr exportorientierten Wirtschaft besonders stark, und das ist gut so, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Kurz: Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Reallöhne steigen, die Zukunftsaussichten sind positiv.

Wenn es den innovativen Unternehmen im Land gut geht und viele Menschen Arbeit haben, dann entwickeln sich auch die Steuereinnahmen positiv. Derzeit wachsen die Steuereinnah men deutlich stärker als im historischen Trend. Wer ist da nicht gern Finanzministerin?

(Beifall des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Aber gute Steuereinnahmen wecken auch Erwartungen

(Zuruf von der AfD: Das stimmt!)

allerorten, teilweise überbordende Erwartungen nach dem Motto: Wann, wenn nicht jetzt, das Geld mit vollen Händen ausgeben? Aber die größten Fehler werden bekanntlich in gu ten Zeiten gemacht.

(Abg. Andreas Stoch SPD: So ist es!)

Wir dagegen wollen die guten Zeiten nutzen, um für schlech tere vorzusorgen.

(Abg. Anton Baron AfD: Allerdings!)

Das macht den Unterschied.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Wir hoffen natürlich, dass die Lage gut bleibt. Der derzeitige Aufschwung hält allerdings schon außergewöhnlich lange an – und kein Aufschwung währt ewig; das dürfen wir bei aller Euphorie nicht vergessen. Deshalb legen wir heute auch kei nen Schönwetterhaushalt vor, sondern einen wetterfesten Haushalt, meine Damen und Herren. Wir sorgen für die Zu kunft vor.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Ja, denn es gibt leider auch viele Risiken: den Nordkoreakon flikt, die Katalonienkrise, die Wahl in Italien und das Risiko einer Rückkehr der Eurokrise, den Brexit – wir waren mit dem Finanzausschuss in London und Edinburgh –, die unberechen bare Handelspolitik der USA. In den G-20-Staaten gibt es der zeit die historisch höchste Verschuldung der Unternehmen so wie der privaten und öffentlichen Haushalte. Damit verbun den sind auch Risiken für die Stabilität der Finanzmärkte.

Ebenfalls groß sind die Herausforderungen, die wir angehen müssen. Damit Baden-Württemberg eine gute Zukunft hat, müssen wir z. B. den Klimawandel begrenzen, den Terroris mus bekämpfen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt stär ken, die Digitalisierung gestalten, die Mobilität voranbringen und, und, und.

Wir haben also auf der einen Seite eine richtig gute Wirt schaftslage, einen Aufschwung, der breit und dynamisch ist. Auf der anderen Seite gibt es aber auch erhebliche Risiken, Unsicherheiten und große Herausforderungen.

Da sich die Steuereinnahmen derzeit so positiv entwickeln, könnten wir jetzt einfach die Sektkorken knallen lassen, uns zurücklehnen und frohen Mutes die goldene Zukunft auf uns zukommen lassen. Wir könnten das Geld mit vollen Händen ausgeben. Denn die Steuereinnahmen steigen ja jedes Jahr kräftig. Wir könnten Risiken einfach ausblenden. Wir könn ten uns an der guten Wirtschaftslage berauschen. – Das wäre eine Variante.

Oder wir könnten die Korken in den Flaschen lassen und uns nur auf die Risiken fokussieren: Das Schlimmste erwarten; sparen, bis es quietscht; Steuern erhöhen, dass es kracht; so viele Schulden wie irgend möglich tilgen;

(Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

denn irgendwann werden die Zinsen ja wieder steigen.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Aber, meine Damen und Herren, beide Varianten sind falsch und gefährlich. Egal, ob die Flasche Schaumwein, Sekt oder Prosecco offen ist oder zu bleibt, wir verfallen weder in Eu phorie noch in Panik. Wir werden die guten Zeiten nutzen, um unser Land bestmöglich für die Zukunft aufzustellen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Wie denn?)

Wir freuen uns über die gute wirtschaftliche Lage und tun na türlich alles, damit es so bleibt. Aber wir blenden die Risiken nicht aus. Wir nutzen die guten Steuereinnahmen, um den Haushalt dauerhaft solide aufzustellen. Heute scheint viel leicht die Sonne – leider nicht, aber sie könnte heute scheinen –, morgen kann es kalt und nass sein. Wir sorgen vor, egal, wie das Wetter morgen wird. Wir werden die Schuldenbrem se nicht mit Ach und Krach einhalten, sondern souverän und verlässlich. Wir balancieren dafür die Einnahmen und die Aus gaben klug aus. Wir führen die Verschuldung zurück und sor gen für kommende Verpflichtungen vor. Wir erhöhen die In vestitionen in die Zukunft und in den gesellschaftlichen Zu sammenhalt unseres Landes deutlich.

Warum? Damit Baden-Württemberg auch morgen und über morgen noch wirtschaftlich stark, lebenswert und liebenswert bleibt. Wir machen eine Haushaltspolitik mit Maß und Mitte. Dieser Doppelhaushalt setzt Meilensteine im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie unserer Kinder und Enkelkin der.

Wir finanzieren die öffentlichen Aufgaben verlässlich. Wir schaffen Planungssicherheit. Wir machen den Haushalt robus ter, sodass er nicht gleich auseinanderfliegt, sollte die Kon junktur sich eines Tages wieder abkühlen oder ein Tief kom men. Wir verbessern die Handlungsfähigkeit des Staates. Wir wollen zeigen, liebe Bürgerinnen und Bürger: Ihr könnt uns vertrauen. Das ist mir wichtig.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Die grün-schwarze Landesregierung ist mit dem Ziel angetre ten, die Schuldenbremse souverän und verlässlich einzuhal ten und den Landeshaushalt dauerhaft solide aufzustellen. Nachhaltige Finanzen sind ein zentrales grün-schwarzes Pro jekt.

Meine Damen und Herren, wir kommen hier richtig gut vor an. Mit dem Doppelhaushalt 2018/2019 setzen wir unseren Weg zu dauerhaft soliden Finanzen des Landes fort. Dabei machen wir keine Trippelschritte, sondern einen richtig gro ßen Sprung.

Anfang der Siebzigerjahre betrug der Schuldenstand in Ba den-Württemberg etwa 2 Milliarden €. Seitdem wurden im Schnitt jedes Jahr 1 Milliarde € auf diesen Schuldenberg oben draufgepackt. Der Schuldenstand heute: rund 47 Milliarden €. Mit dieser Politik auf Pump machen wir Schluss, meine Da men und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Sie sind seit sechs Jahren an der Regie rung!)

Wir setzen den begonnenen Konsolidierungskurs fort. Im Jahr 2018 sparen wir gegenüber der Finanzplanung strukturell 300 Millionen € ein, 2019 werden es 600 Millionen € sein. Wir machen keinen Cent neue Schulden, weder 2018 noch 2019 – keinen einzigen.

Ministerpräsident Günther Oettinger ist es in der jüngeren Ver gangenheit, 2008 und 2009, erstmals wieder gelungen, einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. Dann kam die Fi nanzkrise dazwischen. Grün-Rot hat 2011, 2012 und 2015 ei nen Haushalt ohne neue Schulden erreicht.

Nun legen wir zum fünften Mal in Folge – 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 – einen Haushalt ohne neue Schulden vor. Das war in der Geschichte unseres Landes noch nie gelungen. Das ist eine echte Premiere, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Erstmals in der Geschichte unseres Landes werden wir 2,4 Milliarden € Schulden tilgen – implizite und explizite. 1,25 Milliarden € werden wir allein für den Abbau des Sanierungs staus bereitstellen, und wir tilgen erstmals 0,5 Milliarden € Kreditmarktschulden.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Dann dauert es ja nur 100 Jahre!)

Meine Damen und Herren, das ist eine echte Trendwende. Da rauf können und dürfen wir stolz sein.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Die Konsolidierungsanstrengungen zahlen sich heute aus. Morgen zahlen sie sich noch mehr aus. Es lohnt sich, in lan gen Linien zu denken, beharrlich und konsequent zu sein. Mal eben so bekommt man das Ruder nicht herumgerissen.

Einige Beispiele aus der Vergangenheit dokumentieren dies anschaulich: die Verwaltungsreform mit erheblichen Stellen kürzungen unter Ministerpräsident Erwin Teufel...

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)