Protocol of the Session on November 8, 2017

temberg

mit den Nummern 1 bis 18.

Bevor wir in die Abstimmung eintreten, gebe ich Ihnen fol genden Hinweis: In Nummer 17, die sich auf § 77 bezieht, muss an drei Stellen anstatt des mit eckigen Klammern ge kennzeichneten Platzhalters als Datum der Tag vor dem In krafttreten dieses Gesetzes aufgenommen werden. Da dem Landtag diese Angaben nicht bekannt sind, bitte ich Sie, da mit einverstanden zu sein, dass das Ausfertigungs- und Ver kündungsorgan ermächtigt wird, diese Angaben vor der Ver kündung des Gesetzes im Gesetzblatt zu ändern. – Sie stim men dem zu.

Ich schlage Ihnen vor, dass ich Artikel 1 in der Fassung der Beschlussempfehlung insgesamt zur Abstimmung stelle und die Nummern 1 bis 18 nicht getrennt aufrufe. – Sie sind da mit einverstanden.

Wer Artikel 1 in der Fassung der Beschlussempfehlung und mit der vorhin vereinbarten Ergänzung der Fundstellenanga be durch das Ausfertigungs- und Verkündungsorgan zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Artikel 1 ist damit bei mehre ren Enthaltungen zugestimmt.

Ich rufe auf

Artikel 2

Inkrafttreten

Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Artikel 2 ist mehrheitlich zu gestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 8. November 2017 das folgende Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung für Ba den-Württemberg“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Gesetz ist bei mehreren Enthaltungen zugestimmt.

Punkt 7 der Tagesordnung, meine Damen und Herren, ist da mit erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU des Eu ropäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefähr lichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhe bung der Richtlinie 96/82/EG des Rates – Drucksache 16/2842

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache 16/2902

Berichterstatterin: Abg. Gabriele Reich-Gutjahr

(Unruhe)

Ich habe Zeit. – Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Mi nuten je Fraktion festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich dem Kollegen Dr. Murschel für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Zum Abschluss des heutigen Sitzungstags noch ein scheinbar tro ckenes Thema. Der Präsident hat gerade den Titel genannt. Es geht um ein Gesetz zur Umsetzung einer Richtlinie. Das ist eine Richtlinie, die sich mit dem Thema „Gefährliche Stoffe“ befasst und die am Ende auch von den Landesparlamenten be handelt wird.

Ich will das Ganze auch ein bisschen anders aufziehen, denn ich selbst empfinde dieses Thema eigentlich als ganz wichtig. Ich will Sie in den nächsten zwei, drei Minuten einfach auf eine Zeitreise mitnehmen und 40 Jahre zurück nach Nordita lien blicken, nämlich auf die Geschichte der Chlorchemie.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Ach so!)

Dabei geht es darum, dass Chemiker und Ingenieure im Prin zip vor 50, 60 Jahren und eigentlich schon davor sehr schnell herausgefunden hatten, dass man mit dem aromatischen Koh lenwasserstoff, dem Grundstoff der Kohlenstoffchemie, mit Benzol, dem Sechseck – C6H6 –, schön experimentieren kann. Es ist ein wunderbarer Stoff, flüssiger Kohlenwasserstoff. An den Enden dieser sechseckigen Kohlenstoffverbindung hängt überall ein Wasserstoffatom. Dann kann man durch Addition oder Subtraktion oder Zusammenfügen – wie bei Lego eigent lich – die tollsten Sachen machen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Im Grunde hat die Chlorchemie nichts anderes getan, als die sen Wasserstoff zu substituieren und mehr oder weniger vie le Chloratome dranzuhängen.

So weit vielleicht einmal als Einstieg in ein Thema, das damit zu tun hat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das war ein guter Input!)

Was ist in Seveso, dieser kleinen Stadt in Norditalien, pas siert? In einer Kleinstadt bei Mailand gab es die Chemiefab rik Icmesa. Diese Firma war eine 100-prozentige Tochter von Hoffmann-La Roche. Hoffmann-La Roche ist bis heute ein hoch angesehenes, tolles Unternehmen, mit allen Qualitäts standards.

Für diese kleine Klitsche galt genau das Gegenteil. Man kann sich natürlich fragen: Warum hat die Firma eine solche klei ne Klitsche haben müssen? Sie hatte sie deswegen, weil man dort noch in der Chlorchemie gearbeitet hat, während das an derswo schon längst verboten war und man das anderswo nicht mehr gemacht hat. Warum hat man es nicht mehr ge macht? Weil man festgestellt hat, dass das ubiquitär, auf der ganzen Welt, verteilt war, dass diese Chlorchemikalien über all vorgekommen sind.

Ich habe in dieser Zeit als Lacklaborant gearbeitet, und unse re Firma war einer der großen Abnehmer davon. In jedem Holzschutzmittel waren diese Stoffe, in die Mottenkugeln hat man sie eingebaut, in jedes Herbizid hat man sie eingebaut.

In dieser Firma in Norditalien waren die Arbeitsbedingungen schlecht. Die Mitarbeiter waren nicht sehr motiviert. Ganz im Gegensatz zum Mutterunternehmen waren dort die Bedingun gen ganz schlecht.

Was ist in diesem Juli 1976 passiert? Die nicht motivierten Mitarbeiter haben eine Reaktion, bei der es eigentlich um die Herstellung von Trichlorphenol ging – so einem Abkömmling –, schneller abbrechen und fertigstellen wollen. Deswegen ha ben sie das Rührwerk einfach abgeschaltet. Das Rührwerk war dazu da, dass die Reaktion nicht durchgeht, sondern die Tem peraturverteilung konstant bleibt. Was ist passiert? Das, was immer als Nebenprodukt dieser Reaktion herauskam, nämlich das bekannte Dioxin, ein Tetrachlordibenzodioxin, ist in ho hem Maß entstanden, und die Reaktion ist durchgegangen. Über ein Überdruckventil sind mehrere Gramm oder Kilo gramm dieses Dioxins ins Freie gelangt.

Tausende Menschen erkrankten. Schwangeren Frauen hat man geraten, ihre Kinder abzutreiben. Hunderte, Tausende Hektar Land waren verseucht. Viele, viele Tiere wurden notgeschlach tet. Was ich damit sagen will – und damit will ich es eigent lich auch bewenden lassen –, ist:

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: A wa!)

Das, was nachher in der Politik als Ergebnis herauskam, war der politische Ansatz, dass man mit gefährlichen Stoffen sorg sam umgehen muss, dass es eine Betriebsverantwortung gibt und ein Störfallmanagement geben muss, das man so gestal tet, dass die Umwelt und die Menschen nicht zu Schaden kom men.

Daraus entstanden sind die Richtlinien Seveso I bis III. Seve so III haben wir heute für den Bereich, der eigentlich gar nicht mehr so spektakulär ist, den nicht gewerblichen und nicht kommerziellen Bereich. Wir knüpfen daran aber Anforderun gen an die Störfallverordnung, an das Sicherheitsmanagement solcher Prozesse und solcher Betriebe, Unternehmen und Standorte, die mit diesen gefährlichen Stoffen umgehen.

Insofern hat es tatsächlich eine Bedeutung, was wir heute tun. Das ist eine gute Sache. Ich freue mich auch, dass wir rund 40 Jahre nach Seveso heute sagen können: Wir haben es zu einem Zustand gebracht, in dem wir gelernt haben, mit sol chen Stoffen umzugehen, und hoffentlich passiert weniger. Es passiert nämlich immer noch etwas; das hören wir auch bei uns. Aber große Störfälle, wie es sie einmal gab, und gefähr liche Stoffe werden wir nach und nach aussortieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion er teile ich Herrn Kollegen Schuler das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wie wir alle wissen – der Kollege von der Fraktion GRÜNE hat es gerade berichtet –, sind zur Umset zung der Seveso-III-Richtlinie über die bundesrechtlichen An passungen hinaus auch landesrechtliche Änderungen erfor derlich. Die CDU-Fraktion bedankt sich bei Herrn Minister Untersteller ausdrücklich für die Vorlage des Gesetzentwurfs.

Die Beratung im Wirtschaftsausschuss erfolgte während der heutigen Mittagspause, und nun liegt auch die Zustimmung des Wirtschaftsausschusses vor. Von Panik, wie in den Medi en zu lesen war, kann eigentlich keine Rede sein, auf jeden Fall nicht im Umweltausschuss. Wir haben den Entwurf gründ lich und mit der nötigen Sorgfalt beraten, übrigens auch der Kollege und die Kollegin von der FDP/DVP-Fraktion.

(Beifall der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE und Karl- Wilhelm Röhm CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Seveso-III-Richtlinie dient der Verhütung schwerer Unfälle mit gefährlichen Stof fen und zielt darauf ab, Folgen solcher Unfälle für die mensch liche Gesundheit und die Umwelt zu vermeiden und zu be grenzen. Hierbei wurde insbesondere auch eine Anpassung der Liste der gefährlichen Stoffe vorgenommen. Auch wenn das, was wir heute landesrechtlich umsetzen, mangels entspre chender Anlagen kaum praktische Relevanz hat, sollten wir diesen Gesetzesbeitrag nicht kleinreden oder als reine Forma lität betrachten; das hat auch Herr Kollege Dr. Murschel so gesehen.

Das Anliegen, die Menschen in unserem Land zu schützen und ihre Rechte zu stärken, ist auch in den Fällen sinnvoll und wertvoll, in denen zum Zeitpunkt der Verabschiedung – Gott sei Dank – noch keine konkreten Anwendungsfälle vorhan den sind. Deswegen erweitern wir den staatlichen Schutz auf Betriebe, die nicht gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwe cken dienen, und erleichtern der Öffentlichkeit bzw. den Bür gerinnen und Bürgern den Zugang zu Informationen über Ri siken, die durch in unmittelbarer Nähe befindliche Anlagen bestehen können.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte, wie der Kollege, ebenfalls daran erinnern: 1976 entwich aus einer Chemiefabrik in Norditalien hochgiftiges Dioxin, und der Wind trug die Wolke über Seveso. Der Name dieser lombar dischen Kleinstadt steht seitdem symbolisch für das Gefah renpotenzial großindustrieller Anlagen und für die skrupello se Bereitschaft der damaligen Betreiber, das Austreten des di oxinhaltigen Trichlorphenols zu verschleiern.