dann stelle ich fest, dass dieser 5,4 % höher ist als der unse re. Das hört sich zwar nicht nach viel an, über das gesamte Jahr und auf die Fallzahlen umgerechnet geht es aber um ei nen Unterschied in einem Volumen von 410 Millionen €. Das heißt, wenn die baden-württembergischen Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz stehen würden, hätten sie, ohne dass sich sonst irgendetwas ändern würde, über den Landesbasisfall wert eine um 410 Millionen € höhere Vergütung.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir müssen gemein sam etwas tun, um auf die Entwicklung der Landesbasisfall werte einzuwirken. Das kann so nicht bleiben, meine sehr ver ehrten Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP, der CDU und der AfD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Sehr richtig!)
Lieber Kollege Teufel, Sie haben das Pflegestellen-Förderpro gramm der Großen Koalition angesprochen. Der Schritt – 660 Millionen € – war wichtig. Was Sie aber nicht angesprochen haben, war, dass die Krankenhäuser nur zu 90 % refinanziert werden. Das heißt, die Kliniken, die das in Anspruch nehmen, haben sozusagen ihren Verlust noch vergrößert. Trotzdem ha ben es in Baden-Württemberg viele gemacht, auch wenn die Finanzierung nicht zu 100 % gewährleistet wird. Das muss anders werden. Wir brauchen die vollständige Refinanzierung der Betriebskosten.
Es gibt die duale Krankenhausfinanzierung. Ich komme jetzt zu den Investitionskosten im Land. Da muss man schon sa gen: Wir haben eine Entwicklung hin zu wirklich guten Steu ereinnahmen. Da halte ich es für bedenklich, im Haushalts planansatz – wir haben den Haushaltsplanentwurf noch nicht vorliegen; wir haben es aber schon gehört; der Sozialminister hat es gesagt – ausgerechnet bei den Investitionskosten unter dem Niveau des laufenden Jahres zu bleiben. Das ist ein schlechtes Signal. Wenn wir beim Bund eine höhere Betriebs kostenfinanzierung fordern, aber gleichzeitig im Land sagen: „Wir gehen bei der Finanzierung zurück“, dann ist das ein schlechtes Signal von Baden-Württemberg, lieber Sozialmi nister, auch für die Sondierungsgespräche. Da müssen Sie nachbessern.
Damit komme ich zu dem Thema Pflegemindeststandards. Ich glaube nicht, dass die baden-württembergischen Kliniken die se Mindestvorgaben brauchen, wenn es darum geht, Qualität in der Pflege, Qualität am Krankenbett zu leisten.
Wir müssen zum Ersten schon darüber nachdenken, wie es sanktioniert wird, wenn die Vorgaben in einer Station einmal nicht erfüllt werden können. Zum Zweiten muss auch darü ber nachgedacht werden, wie es mit der Bürokratie aussieht. Jeder, der immer von Bürokratieabbau spricht, muss sich auch im Klaren sein, dass wir, wenn wir Personalbemessungssys teme einführen, gleichzeitig wieder eine enorme Bürokratie schaffen. Nein, was unsere Krankenhäuser brauchen, ist eine auskömmliche Finanzierung. Die tragen die Verantwortung hier in Baden-Württemberg, dass sie auch ausreichend Pfle gepersonal zur Verfügung stellen.
Deswegen sollten wir auch vorsichtig sein mit diesen neuen Bürokratiestrukturen, die uns die Pflege wieder an den Schreib tisch bringen und bei denen die Pflegenden wieder bewerten müssen, ob sie ihre Pflegemindeststandards einhalten. Wir müssen uns mehr damit auseinandersetzen, eine auskömmli che Betriebskostenfinanzierung darzustellen.
Deswegen setzt sich die FDP auch bei den Sondierungsge sprächen für eine Beseitigung dieser ökonomischen Fehlan reize ein. Wir möchten, dass diese Fallpauschalen neu justiert werden und auch die Qualität in unserem DRG-System, in un serem Krankenhaussystem neu bewertet wird.
Herr Teufel, Sie haben die Enquetekommission „Pflege“ an gesprochen. Wir haben im Mai im Sozialausschuss die Ergeb nisse des Sozialministeriums, die Ergebnisse der Landesre gierung besprochen. Die Enquetekommission „Pflege“ hat über alle Fraktionen hinweg Folgendes gefordert – ich zitie re –:
Es muss so viel Personal in der stationären Gesundheits- und Krankenpflege zur Verfügung stehen, dass Pflegende Zeit für Patientenedukation und therapeutische Pflege ha ben.
Die Landesregierung schrieb dazu in ihrer Stellungnahme im Mai 2017 zur Umsetzung, dass dieser Forderung mit dem ak tuellen Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums nachge kommen werde.
Da sagen wir: Das springt zu kurz. Denn in diesem Entwurf geht es genau um die Personaluntergrenzen. Da steht nichts zu dieser Betriebskostenfinanzierung drin.
Deswegen nochmals: Auch da reicht es nicht aus, dass die Landesregierung sagt, das sei mit dem aktuellen Gesetzent wurf geregelt. Nein, da müssen wir mit Nachdruck das The ma Finanzierung einfordern. An dieser Stelle würde ich schon vom Sozialminister hören wollen, was für ein Impulspro gramm er für die Pflege vorhat.
Kollege Teufel hat eine Imagekampagne für die Pflege ange sprochen. Das unterstützen wir, erachten wir auch für notwen dig. Eine Landesregierung, die 16 Millionen € für eine neue Mobilitätsmarke ausgibt, obwohl die Leute sowieso mit dem Regionalzug fahren,
muss auch die Möglichkeit haben, für eine Imagekampagne für die Pflege Geld auszugeben. Sonst läuft in der Struktur dieser Landesregierung etwas schief.
Wir haben einige klare Forderungen aufgestellt. Ich will zu nächst jedoch einmal die Vorschläge des Sozialministers hö ren. Dann können wir das in der zweiten Runde gern noch ein mal besprechen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Herzlichen Dank an die SPD für diese Debatte, die sehr wichtig ist.
Lieber Kollege Hinderer, als in diesem Jahr in dem an sich sehr scheps angelegten Bundestagswahlkampf das Thema Pflege in der „Wahlarena“ aufgepoppt ist, haben wir alle, die wir in Baden-Württemberg in der Enquetekommission „Pfle ge“ aktiv waren, die wir nachher beteiligt waren und uns die Hacken abgelaufen haben, uns gefragt: Mensch, was haben wir immer geschafft? Haben wir die richtige Resonanz be kommen?
Aber ich glaube schon, dass die Arbeit, die wir in den letzten Jahren gemeinsam gemacht haben, auf dem richtigen Weg ist. Wir müssten selbstverständlich die eine oder andere Zahl noch einmal anschauen und fragen: Wo gibt es Entwicklungen? Wieso haben sie stattgefunden? Wie werden sie weiter verlau fen, und wie prägen wir sie mit?
Die Zahl der Pflegekräfte im Krankenhaus – ich bleibe jetzt erst einmal tatsächlich beim Krankenhaus –, der sogenannten Vollzeitkräfte, lag im Jahr 2010 auf dem niedrigsten Stand. Wir hatten im Jahr 1995 mit 41 126 Vollzeitkräften den Höchst stand. Im Jahr 2010 waren es 35 292 und im Jahr 2016 – es gab wieder einen Anstieg – knapp 38 000 Vollzeitkräfte.
Die Belastung des Personals ist von 2005 bis 2015 gestiegen. Dies besagen auch die Personalbelastungszahlen des Statisti schen Bundesamts nach Angaben der BWKG. Allerdings – das wurde von Vorrednern schon erwähnt – ist die Personal belastung in Baden-Württemberg sowohl im ärztlichen Dienst als auch im Pflegedienst geringer als im Bundesdurchschnitt – ich habe eine andere Messzahl gewählt als Kollege Hinde rer –: Im Jahr 2015 musste sich in Baden-Württemberg eine Pflegekraft im Gesamten durchschnittlich um 55,8 Patientin nen und Patienten kümmern; im Bundesdurchschnitt waren es knapp 59 Patientinnen und Patienten.
Baden-Württemberg hat im Ländervergleich heute den zweit höchsten Anteil an Pflegekräften. Die Kosten je Pflegekraft lagen 2015 in Baden-Württemberg um 6,9 % über dem Bun desdurchschnitt. Nach Angaben der BWKG haben mehr als die Hälfte der Krankenhausgeschäftsführer Probleme, freie Stellen – es geht um Stellen, die bereits heute frei sind; da re den wir noch nicht über die neuen Stellen, die wir gern ge meinsam schaffen und zur Verfügung stellen wollen – im Pfle gedienst und im ärztlichen Dienst zu besetzen.
Jetzt ein Blick von einer anderen Seite – Sie haben es unlängst auch den Medien entnommen, und die Fachpolitiker haben, glaube ich, auch entsprechende Gespräche geführt –: Trotz al ler Diskussionen sind Patientinnen und Patienten mit dem Pflegepersonal größtenteils zufrieden. In einer Patientenbe fragung der Techniker Krankenkasse, die immerhin 21 000 Befragte umfasste, ist der überwiegende Teil der Befragten der Meinung, dass sich das Pflegepersonal angemessen Zeit nahm und dass immer ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung stand.
Dies ist sehr interessant. Denn die Qualität und das Engage ment des Personals kommen bei den Patienten an – dies ist die Wahrnehmung von außen –, und die Betroffenen selbst re klamieren Verschleiß und Überbelastung. Aber das Ergebnis der Befragung ist – das sehen Sie – auch ein Hinweis auf die Qualität und auf das hohe Ethos, auf die hohe Moral der Be schäftigten in der Pflege.
Aus der Enquete wissen wir – ich darf das kurz einfügen –, dass die durchschnittliche Verweildauer in diesem Beruf der zeit 12,7 Jahre beträgt. Das ist natürlich deutlich zu wenig. Wir haben gemeinsam viele Maßnahmen – ich werde noch auf einige eingehen können – ergriffen, um diesen Wert zu er höhen.
Vorredner haben es richtig angesprochen: Die Zuständigkeit für die Betriebskostenfinanzierung liegt in der Tat beim Bund. Eine Verbesserung der Betriebskostenfinanzierung insbeson dere im Hinblick auf die Refinanzierung von Personalkosten war eine zentrale Forderung von Baden-Württemberg und an deren Ländern bei den Beratungen zum Krankenhausstruktur gesetz, KHSG. Dieses Gesetz enthält demnach mehrere An satzpunkte zur Verbesserung der pflegerischen Situation in den Krankenhäusern, die sich ab diesem Jahr auswirken wer den.
Das sind insbesondere – es wurde erwähnt – der Pflegezu schlag ab dem Jahr 2017, der nach Pflegepersonalkosten ver teilt wird – das Mittelvolumen beträgt immerhin 500 Millio nen € –, die anteilige Refinanzierung von Tarifsteigerungen, das sogenannte Pflegestellen-Förderprogramm – 2016 um fasste es 110 Millionen €, 2017 220 Millionen €, 2018 wird es 330 Millionen € umfassen, also nach vorn betrachtet –, die Verlängerung des Hygieneförderprogramms – die Fachleute unter Ihnen wissen, dass das nicht unwichtig ist – und – Sie haben es vorhin schon angedeutet – der Abbau von Fehlanrei zen durch Übervergütung bei sinkenden Sachkosten, sodass mittelbar personalintensive Leistungen profitieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ursprüngliche Eckpunk tepapier der Bund-Länder-AG zur Krankenhausstrukturreform sah einen Entwicklungsauftrag für ein Personalbemessungs system im DRG-System vor. Dieser Ansatz wurde im Gesetz gebungsverfahren nicht mehr aufgegriffen. Stattdessen wur de die Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ beim Bundesministerium eingerichtet – unter Beteiligung der Gewerkschaften –, die im März 2017 ihre Ergebnisse vorge legt hat.
Die wesentlichen Aspekte möchte ich noch einmal aufwerfen. Verbesserung der Abbildung eines erhöhten Pflegebedarfs im DRG-System: Dieser Punkt wurde nach Feststellung der Kom mission im Rahmen der Weiterentwicklung des DRG-Systems umgesetzt. Da reden wir darüber, wie weit es schon gilt. Da haben wir auch aus Sicht von Baden-Württemberg eine diffe renzierte Meinung.
Gesetzlicher Auftrag an die Selbstverwaltungspartner auf Bun desebene ist, geeignete Personaluntergrenzen in – jetzt kommt der Schlüsselbegriff – pflegesensitiven Bereichen festzulegen. Da kann ich Ihnen schon jetzt sagen – auch Ihnen, lieber Kol lege Hinderer, weil Sie sich ein bisschen darüber beklagt ha ben, in der Sondierung zu wenig von der Pflege zu hören –: Das ist ein gutes Zeichen; denn wir haben geschafft und nicht geschwätzt.
Wir haben uns gemeinsam – auch mit den Kollegen, in guter Zusammenarbeit z. B. auch mit der Kollegin Huml aus Bay ern – darauf verständigt, dass diese Begriffsfestsetzung „pfle gesensitiv“ natürlich in dieser Form nicht gelten kann, weil wir dann wiederum Verschiebungen zulasten anderer Berei che hätten. Das werden wir also, wenn wir uns zur Pflege kon sentieren – – Wir werden eine deutliche Stärkung der Pflege vornehmen. Das steht auf der sozial- und gesundheitspoliti schen Agenda ganz oben. Das sehen auch die Kollegen der FDP so. Wir sind da in besten Gesprächen.
Es ist in der Tat so: Die Vereinbarung soll bis zum 30. Juni 2018 erarbeitet sein und am 1. Januar 2019 in Kraft treten. Ich weiß von Gewerkschaftsseite – die hat uns auch auf der letz ten Gesundheitsministerkonferenz besucht –, dass die Frage besteht, ob wir da noch früher einsteigen können. Ich sage Ih
nen: Das Bemühen ist vorhanden, aber es geht um einen gro ßen organisatorischen und technischen Aufwand. Es gibt das beste Bemühen, das vorzuziehen, aber ob es wirklich opera tiv gelingt, kann noch nicht gesagt werden. Wir, auch die Kol legin Prüfer-Storcks in Hamburg, sind uns quer durch die Par teienfamilie einig: Wir wollen da Druck geben, aber es ist auch eine große Aufgabe. Aber es ist wieder ein Schritt in die richtige Richtung.
Die Auswirkungen der Zuschläge und die Umsetzung der Er gebnisse der Kommission müssen wir beobachten und darauf hin bewerten, ob sie auch die Erfolge haben, die wir uns wün schen.
Ich möchte an dieser Stelle sagen: Natürlich setzen wir uns für eine bessere Abbildung der Personalkosten bei der Wei terentwicklung des Vergütungssystems ein, doch man muss auch an dieser Stelle immer wieder bei der Wahrheit bleiben: Ich habe Ihnen vorhin die Daten von 1995 genannt. Sie wis sen: Krankenhäuser waren schon immer unter Druck. Unab hängig davon, von wem das jeweilige Gesundheitsministeri um geleitet wurde, gab es immer eine Kostenexplosion im Be reich Krankenhaus. Es gab auch immer den Druck, dass Kran kenhauskapazitäten abgebaut werden sollten.
Auch wir in Baden-Württemberg haben uns daran beteiligt, und auch wir in Baden-Württemberg werden uns an dem Pro zess beteiligen – wir hatten unlängst auch in der Regierungs befragung Gelegenheit, darüber Auskunft zu geben –, damit am Schluss die Krankenhäuser, die es gibt und die arbeiten und bei denen die Mittel richtig platziert sind, nicht mehr in frage gestellt werden und nicht mehr durch Dämpfungsgeset ze jedweder Art unter Druck kommen.