Protocol of the Session on October 25, 2017

Der VfB ist zwar auch ein Wirtschaftsunternehmen, aber er ist natürlich nicht nur ein Wirtschaftsunternehmen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Warum habe ich denn sonst im Abstiegsjahr tausendmal ge hört, er sei ein Aushängeschild für die Region? Dann kann man ihn nicht auf einen bloßen Wirtschaftsbetrieb reduzieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Da bekommen wir Schwierigkeiten.

Zu den 5 000 Personen: Regelmäßig gehen bei Veranstaltun gen die Einschätzungen von Polizei und Veranstalter darüber, wie viele Personen teilgenommen haben, weit auseinander. Auch darüber werden wir diskutieren.

Ich komme zu dem für mich entscheidenden Punkt. Aus dem Kriterium, dass eine Gebühr erhoben wird, wenn wegen er fahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen der Ein satz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten vorhersehbar erforderlich wird, schließe ich erstens: Auch dann, wenn gar nichts passiert, müssen sie die Polizei bezahlen. Das ist ein bisschen absurd: Es bleibt alles ruhig, der Verein hat alles rich tig gemacht; die Polizei muss er jedoch trotzdem bezahlen, nur weil sie vorsorglich hingeschickt wurde.

Dann kommt der kritische Punkt: Wenn das so ist, könnte so gar die fatale Neigung der Vereine entstehen: „Dann lasst doch die Polizei für die Sicherheit zuständig sein. Die bezahlen wir ja.“ Das ist der umgekehrte Effekt. Ich befürchte, dass sich die Vereine eher weniger engagieren, weil sie sagen können: „Wir bezahlen ja die Polizei. Dadurch ist die Sicherheit schon gewährleistet.“ Das wäre der krasse Fehlschluss. Denn damit ist sie gerade nicht gewährleistet.

Der zweite Punkt ist übrigens der, dass es auch naheliegend ist, dass die Veranstalter versuchen, die Kosten für die Einsät ze auf die Eintrittskarten umzulegen. Dann haben wir am Schluss das absurde Ergebnis, dass die Fans, die zu den Spie len gehen, für die Sicherheit zweimal bezahlen – einmal über die Eintrittskarte und einmal über die Steuer, mit der sie sich an den Polizeikosten beteiligen.

(Abg. Anton Baron AfD: Genau! – Abg. Daniel An dreas Lede Abal GRÜNE: Das machen sie bisher auch! Das überzeugt mich jetzt nicht so!)

Der zweite Teil des Entwurfs hat viele Haken und Ösen. Der gefällt uns nicht. Wenn es Ihnen im Ausschuss nicht mit äu ßerst überzeugenden Argumenten gelingt, diese Bedenken auszuräumen, dann werden sich diese wahrscheinlich am Schluss in der Abstimmung niederschlagen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD sowie Abge ordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Innenminister Strobl.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kolle gen! Die erste Bemerkung soll sein: Die Fußballspiele in Ba den-Württemberg – auch in der abgelaufenen Saison – sind im Wesentlichen friedlich verlaufen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir wollen, dass auch in Zukunft die fußballbegeisterte Mut ter mit ihrer bei der Jugend kickenden Tochter jedes Fußball spiel besuchen kann und der zu Hause wartende Vater sich keine Sorgen machen muss.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr realitätsbezogen! – Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch: Fußball weltmeister! – Weitere Zurufe)

Zweitens: Wahr ist auch, dass es in Einzelfällen, insbesonde re bei sogenannten Hochrisikospielen, zu Ereignissen gekom men ist, die wir nicht tolerieren dürfen und die wir auch nicht tolerieren werden.

Drittens: Es ist richtig, dass die Einsatzbelastung für die Po lizei auch im vergangenen Spieljahr weiter gestiegen ist. Zu letzt war dies etwa beim Spiel Karlsruher SC gegen Dynamo Dresden der Fall.

Ich wiederhole es gern: Diese Vorkommnisse können wir nicht tatenlos hinnehmen, und wir werden sie auch nicht tatenlos hinnehmen. Wir beschäftigen uns allerdings weniger mit Ge bührensatzungen. Wir beschäftigen uns vielmehr damit, wie wir die Ursachen für diese Gewalt in und um Stadien beseiti gen können.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Deswegen haben wir ganz bewusst darauf verzichtet, alte Vor schläge und Maßnahmen aus der Mottenkiste zu holen – nicht zuletzt, weil sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat, dass diese Maßnahmen nur sehr schwer oder zum Teil auch gar nicht umsetzbar sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, selbstverständlich ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass – erstens – Fußball spiele und vor allem die friedlich feiernden Fans und Famili en im Land sicher sind und – zweitens – wir unsere hoch be lastete Polizei entlasten, weil wir sie dringend für andere Auf gaben benötigen.

Aber weil sich diese Problemstellungen rund um den Fußball eben nicht mal so einfach lösen lassen, sind wir auf die Un terstützung aller Sicherheitsakteure rund um den Fußball an gewiesen. Deshalb verfolgen wir auch einen anderen Ansatz, nämlich einen Ansatz auf der Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse – wissenschaftlicher Erkenntnisse, die an der Fachhochschule Potsdam erarbeitet worden sind. In dieser Studie wurde das Handeln aller Sicherheitsakteure im Fußball untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass es noch erhebliche Optimierungspotenziale an den einzelnen Standorten, auch bei uns in Baden-Württemberg, gibt.

Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, neue Wege zu gehen, mutige Wege zu gehen und die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsakteuren ganz konkret vor Ort zu stärken. Wir setzen auf neue wissenschaftliche Expertise und wollen die se neuen Wege gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Die spielfreie Zeit haben wir deshalb dafür genutzt, die ent scheidungsbefugten Sicherheitsakteure aller relevanten Spiel orte in Baden-Württemberg bei einem Fachtag „Fußball“ am 24. Juni dieses Jahres in der Rhein-Neckar-Arena an einen Tisch zu bringen. Hierdurch wurde ein Grundstein für eine in tensivere Zusammenarbeit gelegt und ein Prozess angestoßen, der von allen Beteiligten begrüßt wird. Die ersten Ergebnisse

dieses Fachtags wurden bereits auf dem Sicherheitsgipfel „Fußball“ am 10. Juli von Spitzenvertretern zweier Bundes ligavereine – VfB Stuttgart und 1899 Hoffenheim – vorge stellt. Ziel ist es, im Rahmen der von mir initiierten Stadion allianzen gemeinsame tragfähige, spielortspezifische Konzep te zu entwickeln, um die Sicherheit bei Fußballspielen zu ge währleisten und die Einsatzbelastung der Einsatzkräfte durch Fußballspiele zu reduzieren.

Die bereits in der Sommerpause eingeleiteten Aktivitäten des Innenministeriums gemeinsam mit den Vereinen vor Ort soll ten in Kürze eine positive Wirkung entfalten. Wir konnten mit dem Sicherheitsgipfel „Fußball“ die Absicht einer deutlich in tensiveren Zusammenarbeit auf örtlicher Ebene anstoßen und haben eine sehr positive Resonanz erhalten.

Das Innenministerium wird diesen fortlaufenden Prozess wei ter eng begleiten, um die Potenziale an den jeweiligen Stand orten besser zu nutzen. Dieser Ansatz bietet uns nach dem jet zigen Stand die beste Chance, unser Ziel zu erreichen, näm lich das Sicherheitsniveau bei Fußballspielen zu erhöhen und gleichzeitig die Polizei bei ihrer Arbeit zu entlasten.

Die zusätzliche Einführung einer Meldeauflage, meine Da men und Herren, als Standardmaßnahme im Polizeigesetz ist nicht notwendig. Denn die Verfügung von Meldepflichten bzw. Meldeauflagen ist schon jetzt als präventiv-polizeiliche Maßnahme auf der Grundlage der §§ 1 und 3 des Polizeige setzes möglich. Eine spezialgesetzliche Grundlage ist in die sem Zusammenhang nicht erforderlich.

Grundsätzlich sind für derartige Verfügungen die Städte und Kommunen zuständig. Diese schöpfen – das mag sein – den rechtlichen Rahmen zum Teil nicht aus. Das ist dann ein klas sisches Vollzugsdefizit.

Ich möchte gern erreichen, dass dieses Instrument in Zukunft öfter zur Anwendung kommt. Darin wären wir uns einig. Des halb habe ich eine beim Fachtag „Fußball“ geäußerte Anre gung aufgegriffen und die Erstellung einer Handreichung für die Verfügung von präventiv-polizeilichen Maßnahmen für Städte und Kommunen in Auftrag gegeben. So werden auch die Behörden, die bisher wenig Erfahrung bei der Anwendung präventiv-polizeilicher Maßnahmen haben, in die Lage ver setzt, verwaltungsgerichtlich überprüfbare Verfügungen zu er lassen. Diese Maßnahme trägt dazu bei, die Handlungssicher heit bei den Kommunen zu erhöhen.

Wir haben also eine gesetzliche Grundlage für diese Maßnah men; das heißt, wir müssen nicht ein zusätzliches Gesetz ma chen. Ich möchte Ihnen einfach Montesquieu zitieren:

Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.

Das gilt auch in diesem Fall.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zudem sieht der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD die Ein führung einer gebührenrechtlichen Ermächtigungsgrundlage im Landesgebührengesetz vor, die eine Gebührenerhebung bei Veranstaltern von kommerziellen Großveranstaltungen er möglichen soll. Unabhängig davon, ob eine solche rechtlich

überhaupt zulässig wäre – das Verwaltungsgericht Bremen hat ja gerade nicht über die rechtliche Zulässigkeit als solche ent schieden –, ist dies für mich derzeit kein vorrangiges Anlie gen. Für uns ist es ein vorrangiges Anliegen, die Gewalttätig keiten im Umfeld von Fußballspielen zu beseitigen. Das ist unser Ziel: nicht Kasse zu machen, sondern die Gewalt in Fuß ballstadien und um Fußballstadien herum zu minimieren, am besten ganz zu beseitigen.

Im Übrigen wurde seinerzeit die damalige Regelung im Poli zeigesetz aufgehoben, weil sie nicht praktikabel war, jeden falls dann nicht, wenn nicht alle anderen Länder mitziehen.

Das Innenministerium wird sich darüber hinaus weiterhin da für einsetzen, auf Bundesebene gemeinsam mit allen Betei ligten nach Lösungen zu suchen, um Gewalt im Umfeld von Fußballspielen zu bekämpfen, und hierbei eine auch finanzi ell gewichtige Rolle der Fußballvereine und Fußballverbän de einfordern. DFB und Liga dürfen sich bei diesem Thema keinen schlanken Fuß machen. Das ist auch sonnenklar.

Der Vorschlag der SPD ist gut gemeint, aber insgesamt nicht zielführend. Wir sind schon weiter. Wir bekämpfen die Ursa chen der Gewalt und geben uns nicht damit zufrieden, dass wir ein paar Gebühren einnehmen, sondern es geht darum, dass wir weniger Gewalt in Fußballstadien und um Fußball stadien herum haben und unsere Polizei von dieser Aufgabe entlasten können, sodass sie sich anderen, wichtigeren Auf gaben zuwenden kann. Auf diesem Weg sind wir bereits, und wir werden ihn mit Ihrer Unterstützung weiter beschreiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort nochmals dem Kollegen Binder.

Herzlichen Dank. – Ganz so um stritten wie erwartet war es jetzt gar nicht. Zumindest haben mehrere Redner gesagt, der Gesetzentwurf sei gut gemeint, aber schlecht gemacht.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das reicht dir?)

Nein. Aber wir haben ja in diesem Gesetzgebungsverfahren mehrere Lesungen, und wenn schon einmal die Idee für gut befunden wird, dann kann man mittels Änderungsanträgen diesen Gesetzentwurf ja weiter fortentwickeln. Deshalb sind wir gespannt auf die Gesetzesberatungen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Eines möchte ich schon deutlich machen. Herr Innenminister, uns geht es gerade nicht darum, Kasse zu machen. Es gab hier immer wieder nur im Zusammenhang mit Haushaltsberatun gen Debatten über dieses Thema. Die Fraktion GRÜNE hat zweimal, ohne einen Gesetzentwurf einzubringen, Haushalts anträge gestellt, in denen sie die Einnahmesituation bei den Gebühren für Polizeieinsätze um jeweils 8 Millionen € erhöht hat, um den Ansatz zu erhöhen. Nicht jetzt, aber da ging es – da gebe ich Ihnen recht – allein darum, Kasse zu machen.