Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Fußball ist für viele Men schen ein großartiges Ereignis und die schönste Nebensache der Welt. Fußball ist aber auch auf dem besten Weg, von der schönsten zur teuersten Nebensache der Welt zu werden. Un glaubliche Summen sind im Spiel. Warum sollen sich also nicht die reichen Fußballverbände und -vereine an den enor men Kosten beteiligen, die ein Hochrisikospiel mit sich bringt? Das fragen sich inzwischen viele Steuerzahlerinnen und Steuerzahler; das fragt sich auch der Landesrechnungs hof. Ich finde, Kostenbeteiligung ist e i n e Möglichkeit, aber erst dann, wenn nichts anderes mehr greift.
In Sachen Kostenbeteiligung hat Bremen gegen die DFL in erster Instanz verloren. Die grundsätzliche rechtliche Klärung steht noch aus.
Zweitens: Das Thema ist nicht zu Ende gedacht. Das Land müsste dann auch der Stadt Stuttgart für ein Cannstatter Volks fest eine satte Rechnung schicken.
Schon jetzt formiert sich in der Ultraszene bundesweit ein Wi derstand, eine Spirale der Gewalt. Im Spiel Hansa Rostock gegen Hertha BSC waren 1 700 Polizisten plus 300 Ordner sowie Spürhunde und Kameras im Einsatz – der helle Wahn sinn.
Dass die Spiele friedlich und sicher verlaufen, ist nicht nur ei ne Frage des Polizeieinsatzes. Alle Akteure tragen Verantwor tung und müssen sich dazu bekennen: die Fans, Vereine, Spie lerinnen und Spieler, Polizei, Kommunen und auch die Medi
en. Darum stehen wir Grünen hinter dem Konzept der Stadi onallianzen. Es nimmt alle Akteure in die Verantwortung, da mit Ausschreitungen und Gewalt gar nicht erst entstehen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Und das hat sich bisher ja bewährt, oder was?)
Gerade was Dialog und Kooperation angeht, gibt es durchaus Nachholbedarf. Das haben die Gespräche gezeigt, die wir Grü nen im Laufe des Sommers geführt haben. Klare Absprachen und Zuständigkeiten waren eben nicht überall selbstverständ lich. Es gibt durchaus noch Verbesserungspotenzial.
Ein Beispiel: In Stuttgart wurde aufgrund der Gespräche und der Stadionallianzen der Zug der Fans vom Bahnhof zum Sta dion als Demonstration deklariert. Dadurch gibt es jetzt von seiten der Fans Verantwortliche und dementsprechend auch Ansprechpartner für Ordnungskräfte und Polizei.
Noch ein paar Gedanken zu den Akteuren – Vereine, Verbän de und Fans –: Wir wollen, dass die Fankultur nicht ins Ab seits läuft. Ich weiß, dass Fußballverbände das Thema Gewalt ernst nehmen. Es gibt gute Fair-Play-Konzepte und Aktionen gegen Gewalt und Rassismus. Aber: Fußball, Profifußball, ist Kommerz durch und durch. Das scheint nicht mehr umkehr bar. Diese Entwicklung sehen viele als die Wurzel des Übels. Die Verbände müssen sich fragen lassen, was die Kommerzi alisierung für die Fankultur bedeutet.
Für mich sind Fans die Basis eines Vereins, sein wichtigstes Kapital. Fans halten ihrem Verein die Treue, oft ein Leben lang. Sie tragen ihre Mannschaft durch Krisen, sie lassen sich zur Unterstützung starke Sprüche und spannende Choreogra fien einfallen. Deshalb muss jeder Verein seinen Fans Wert schätzung und Respekt entgegenbringen. Warum nicht bei spielsweise einen Fanvertreter in den Vorstand oder in den Aufsichtsrat berufen? Vereine sollen sich als Fürsprecher für die Interessen ihrer Fans verantwortlich zeigen.
Schließlich müssen wir uns alle fragen: Welche Fankultur wol len wir? Die meisten Fans wollen einfach ein gutes Spiel se hen. Hasstiraden, Häme und Spott sind grobe Fouls. Gefähr dung anderer Fans durch Pyrotechnik ist unverantwortlich. Da gibt es die Rote Karte.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist alles richtig, aber was hat das mit dem Gesetzentwurf zu tun?)
Fußball ist aus unserer Gesell schaft nicht wegzudenken. Die Regeln auf dem Spielfeld sind klar; die Regeln rund um das Spiel müssen wir jetzt aushan deln und einfordern.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Fußball – ein wun derschönes Hobby! Viele Kollegen haben als Aktive gespielt, und wir freuen uns mittlerweile sogar parteiübergreifend in den Landtags-Fanklubs über die Leistungen der Vereine aus Baden-Württemberg.
Aber leider nutzt eine Minderheit den Fußball als Deckman tel für Gewalt. Die Folge: Polizeieinsätze, die für die Polizei sehr belastend sind. Ich selbst war im Verlauf meiner Karrie re bei der Polizei oft genug
Jetzt legt die SPD, die bis zum letzten Jahr selbst den Innen minister gestellt hat, einen Maßnahmenkatalog, einen Gesetz entwurf vor.
Das ist eigentlich verwunderlich. Denn beispielsweise im Jahr 2012 gab es genügend Ereignisse, um selbst tätig zu werden. 2012 – da waren Sie seit einem Jahr im Amt, weitere vier Jah re lagen vor Ihnen – gab es das Spiel Karlsruhe gegen Regens burg: 98 Verletzte, 22 verletzte Beamte, 110 Ingewahrsam nahmen. Und jetzt, nachdem Sie nicht mehr den Innenminis ter stellen, kommen Sie mit einem Maßnahmenkatalog.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir haben eine Reihe von Maßnahmen gemacht! Das sollten gerade Sie wissen! – Gegenruf des Abg. Winfried Mack CDU: Sie ha ben keinen Gesetzentwurf vorgelegt!)
Sie verfehlen mit dem Maßnahmenkatalog und mit dem Ge setzentwurf Ihr selbst gesetztes Thema. Die Diskussion über eine Gebührenpflicht ist keine Diskussion über Maßnahmen gegen Gewalt in den Fußballstadien.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Richtig! Das sagt auch niemand! – Abg. Sascha Binder SPD: Er redet am Thema vorbei!)
Wir brauchen Sicherheit in den Stadien und um die Stadien herum und keine neuen Einnahmequellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie schaffen mit den Gebühren neue Probleme; Sie haben es teilweise auch angesprochen.
Sie lösen mit den Gebühren keine Probleme, sondern schaf fen neue. Ihr Gesetzentwurf lädt geradezu dazu ein, die Ver waltungsgerichte zu beschäftigen.
Die Veranstaltung muss, um eine Gebührenpflicht auszulösen, von voraussichtlich mehr als 5 000 Teilnehmern besucht wer den und – nach einem vorherigen Kostenvoranschlag – ge
winnorientiert sein. Was sagt die bloße Teilnehmerzahl über die zu erwartenden Probleme aus? Warum gerade diese Teil nehmerzahlgrenze? Die Problemszene bzw. -fans gibt es oft in traditionsreichen Klubs in niedrigen Spielklassen. Was ist das „übliche Maß“ eines Polizeieinsatzes? Welches sind die „erfahrungsgemäß zu erwartenden Gewalthandlungen“? – Geht es eigentlich noch unbestimmter?
Jedes Spiel ist anders: andere Örtlichkeiten, Saisonverläufe, Art des Spiels. Sie laden dazu ein, munter vor Gericht zu dis kutieren, ob zu viele Kräfte angefordert worden waren, ob die Gebühr richtig berechnet wurde. Bisher hatten wir immer Dis kussionen, wenn bei einem Spiel etwas passiert ist. Mit Ihrem Vorschlag bekommen wir zusätzliche Diskussionen, und zwar gerade dann, wenn nichts passiert ist.