Wir haben das Landesausführungsgesetz vergangene Woche noch einmal sehr intensiv im Ausschuss für Soziales und In tegration beraten. Hier möchte ich einen besonderen Dank an das Ministerium und die dort zuständige Fachreferentin aus sprechen, die uns im Ausschuss sehr ausführlich über ihre Pra xiserfahrungen mit den derzeitigen Anmeldungen und Bera tungen von Prostituierten berichtet hat.
Wir stehen mit dieser Frage in der großen Verantwortung, wie das Land einen bestmöglichen Schutz für die in der Prostitu tion tätigen Personen gewährleisten und ihnen einen nieder schwelligen Zugang zu umfassenden Beratungs- und Hilfsan geboten ermöglichen kann.
Erstens zur Gültigkeit der Anmeldebescheinigung für Prosti tuierte: Das Land hat von der Begrenzung des Geltungsbe reichs der Anmeldebescheinigung auf Baden-Württemberg abgesehen. Dies war das Ergebnis eines breiten Anhörungs verfahrens. Insbesondere die Fachberatungsstellen P.I.N.K. in Freiburg und Amalie in Heilbronn, aber auch die Liga haben sich ausdrücklich gegen eine Begrenzung ausgesprochen, da diese nicht zielführend für den Schutz der Prostituierten sei.
Es geht vielmehr darum, die Hürden im Anmeldungsverfah ren für Prostituierte so niedrig wie möglich zu gestalten, da mit sie auch ihrer Anmeldepflicht nachkommen können und im Gespräch beim Anmeldungsverfahren ein Vertrauensver hältnis aufbauen können. Zu hohe Hürden würden die Prosti tuierten in die Illegalität abdrängen, was gemäß Gesetzesziel unbedingt zu vermeiden ist.
Das Ministerium für Soziales und Integration hat zugesagt, besonders diesen Punkt bei der Evaluierung differenziert zu überprüfen. Richtig ist aber auch: Eine Anmeldung allein ga rantiert noch keinen Schutz für die Prostituierten.
Deswegen legen wir – der zweite Punkt meiner Ausführun gen – den Fokus auf die Qualität der Gesundheitsberatung. Dabei geht es darum, die Rechte und den Schutz der Prosti tuierten durch regelmäßige niederschwellige Beratungsange bote oder Beratungsgespräche in sechs- bis zwölfmonatigen Zyklen zu stärken und dort ein Vertrauensverhältnis aufzubau en.
Die Gesundheitsberatung dient nach WHO-Standard nicht nur der Abwehr von ansteckenden Krankheiten, wie das manch mal so landläufig gemeint wird, sondern sie legt auch einen ganzheitlichen Fokus auf die psychosoziale Gesundheit der Prostituierten. Das Ministerium für Soziales und Integration wird sich hier flächendeckend für eine angemessene Quali tätssicherung einsetzen und die Gesundheitsberatungen inten siv begleiten.
Ein Leitfaden für die Gesundheitsberatung wird derzeit er stellt. Zudem findet heute eine Informationsveranstaltung für die ab dem 1. November zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden der Stadt- und Landkreise statt. Außerdem – darauf legen wir besonderen Wert – wird das Mi nisterium weitere Schulungen und Qualifizierungen auf An frage anbieten und den Kommunen jederzeit als Ansprech partner zur Verfügung stehen.
Die Qualität der gesundheitlichen Beratung entscheidet über den erfolgreichen Schutz der Prostituierten. Nur über ausrei chende Fachkenntnisse und entsprechende Sensibilisierungen können Zwangslagen aufseiten der Prostituierten erkannt und auch ein vertraulich geschützter Rahmen geschaffen werden. Auch das Ministerium hat sich hier eindeutig dem bestmög lichen Schutz der Prostituierten verpflichtet.
Mein dritter Punkt sind die Berechnung und der Ausgleich der Kosten der Kommunen. Wie bereits diskutiert, gibt es bisher auf Bundesebene keine validen Zahlen dazu und somit auch keine verlässliche Berechnungsgrundlage. Das Land hat da her eine Evaluierung und Spitzabrechnung der Kosten im Jahr 2019 vorgesehen. Die Parameter der Evaluation werden da bei in enger Abstimmung mit den kommunalen Landesver bänden erarbeitet. Diese rückwirkende Ausgleichsklausel ist ein faires Instrument und garantiert, dass keine Kommune in Baden-Württemberg auf ihren Kosten sitzen bleibt.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Dr. Rainer Balzer und Hans Peter Stauch AfD)
Zusammenfassend möchte ich festhalten: Das Land hat die Spielräume für eine praktikable Umsetzung genutzt und sich dem bestmöglichen Schutz der Prostituierten durch eine qua litativ hochwertige Gesundheitsberatung verpflichtet.
Die darüber hinausgehende Debatte über Menschenhandel und Kriminalitätsbekämpfung, die ja weiterhin im Raum steht, wird sehr ernst genommen und erfordert weitere Anstrengun gen und vor allem verschärfte Kontrollen vonseiten der Poli zei und der Ordnungsbehörden.
Ja. – Dazu kommt noch – das ist ein ganz wichtiger Punkt –, dass das Sozialministe rium einen runden Tisch unter Einbeziehung aller wichtigen Organisationen in diesem Bereich einrichten will.
In diesem Sinn werden wir Grünen die Verabschiedung des Ausführungsgesetzes zum Prostituiertenschutzgesetz befür worten.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten wir hier zum zweiten Mal über das Ausfüh rungsgesetz zum Prostituiertenschutzgesetz. Im Ausschuss ha ben wir ausführlich diskutiert, Argumente abgewogen und Stellungnahmen eingeholt. Wir haben uns die Zeit genommen, die nötig war. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass die Lan desregierung von Baden-Württemberg hier verantwortungs voll und nachhaltig gehandelt hat.
In dieser Gesetzesinitiative geht es zum ersten Mal wirklich um den Schutz der Prostituierten. Oft, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird in der Diskussion vergessen, dass es hier durchaus auch um männliche Prostituierte geht.
Automatisch denken wir hier an junge Frauen und Mädchen, was in der überwiegenden Zahl sicherlich auch stimmt. Aber wir haben hierüber bisher keine gesicherten Erkenntnisse, we der über die Zahl weiblicher noch über die Zahl männlicher Prostituierter. Auch dies ist ein Thema, bei dem ich hoffe, in den nächsten Monaten durch die Anmeldepflicht mehr Fak ten zu bekommen.
Nach langen und schwierigen Diskussionen hat der Bund im Herbst 2016 das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsge werbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Per sonen erlassen.
In Baden-Württemberg haben wir uns nun auf folgende Aus führungen geeinigt: Die Ausführung von Prostitution bleibt grundsätzlich erlaubnisfrei. Jedoch müssen sich die Prostitu ierten verpflichtend anmelden und erhalten eine Bescheini gung zur Ausübung ihres Gewerbes, die sie bei sich führen müssen. Teil dieses Anmeldeverfahrens ist ein Informations- und Beratungsgespräch sowie eine gesundheitliche Beratung. Diese Anmeldung ist für die Prostituierten kostenlos.
Bewusst haben wir dieses Verfahren niederschwellig gehal ten, was u. a. bedeutet, dass die Anmeldung für ganz Deutsch land gilt. Dafür haben wir Kritik erhalten. Es stellt sich jedoch die Frage: Glauben Sie allen Ernstes, dass auch nur e i n Menschenhändler, dessen – ich nenne es einmal so – Ge schäftsmodell daraus besteht, Mädchen und junge Frauen in ganz Europa rotieren zu lassen, sich davon abhalten lassen
(Abg. Daniel Born SPD: Was machen sie stattdessen? Was machen sie dann? – Gegenruf der Abg. Sabine Wölfle SPD: Genau das ist der Punkt!)
Natürlich müssen wir die tatsächlichen Auswirkungen im Blick behalten. Uns ging es darum, ein Verfahren zu schaffen, das den in der Prostitution tätigen Personen die Möglichkeit, wieder auszusteigen, aufzeigt.
In den Beratungsgesprächen wird auf die Ausstiegshilfe hin gewiesen. Hier besteht bereits ein Netz von Einrichtungen in Baden-Württemberg, das hervorragende Arbeit leistet. Hier wünsche ich mir eine enge Kooperation der Akteure. Dies hal te ich für einen entscheidenden Schritt in die richtige Rich tung, um Ausbeutung und Menschenhandel überhaupt be kämpfen zu können.
Besonders wichtig finde ich aber, dass wir mit diesem Gesetz auch die Betreiber von Bordellen ins Visier nehmen. Es regelt nämlich auch die Pflichten für die Gewerbetreibenden im Pro stitutionsbereich. Es wird eine Erlaubnispflicht eingeführt. Die Erlaubnis ist an die Erfüllung gesetzlicher Mindestanforde rungen und an die Zuverlässigkeit des Betreibers gekoppelt.
Uns allen ist klar: Mit der Umsetzung dieses Gesetzes sind er hebliche Kosten verbunden. Dies gilt sowohl für die Anmel de- und Beratungsverfahren als auch für den Bereich der Kon trolle und Überwachung. Das Ministerium hat ausführliche Berechnungen vorgelegt.
Für die Kostenfolgenabschätzung wurden die Zahlen für das Bundesgesetz zugrunde gelegt. Wir alle wissen – ich denke, die Beratungen der letzten Wochen haben es noch einmal ver deutlicht –: All diese Zahlen sind Schätzungen. Erst in den nächsten Monaten und Jahren werden wir sehen, wie hoch die Kosten tatsächlich sind und wo noch nachjustiert werden muss.
Die zeitnahe Evaluierung soll auch dazu dienen, zu überprü fen, ob die Maßnahmen die richtigen sind oder ob hier Kor rekturen notwendig sind.
Um dieses Gesetz zu einem Erfolg zu führen, ist gerade am Anfang eine enge Abstimmung und Kommunikation zwischen den Akteuren notwendig, um zügig reagieren zu können. Wir von der Landesseite sind zu einem offenen und fairen Dialog bereit und werden notwendige Änderungen zügig vornehmen.
Das Land hat bei diesem Gesetz einen sehr geringen Spiel raum. Wir sind dazu verpflichtet, die vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen Regelungen auf Landesebene umzusetzen. Doch bin ich davon überzeugt, dass es gelungen ist, ein Aus führungsgesetz auf den Weg zu bringen, das die Prostituier ten schützen sowie Menschenhandel und Missbrauch eindäm men wird.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! Ja, wir sprechen heute zum zweiten Mal über das Ausführungsgesetz zum Prostituierten schutzgesetz.
In der Tat haben wir im Sozialausschuss schon ausführlich da rüber diskutiert. Dort haben wir auch unseren eigenen Ände rungsantrag vorgestellt, der natürlich von allen anderen Frak tionen abgelehnt wurde. Nichtsdestotrotz haben wir ihn heu te Ihnen allen noch einmal vorgelegt, damit Sie sich nochmals damit beschäftigen können.
Der Grund für den Änderungsantrag ist, dass für uns der Schutz der Frauen im Mittelpunkt steht. Dieser kann nur durch entsprechende scharfe Kontrollen funktionieren, was schon gesagt wurde.
Ich erwähne jetzt nicht noch einmal, dass man bei den Kont rollen am besten an den Außengrenzen Deutschlands begin nen sollte. Das habe ich schon in der ersten Lesung gesagt.
In unserem Änderungsantrag fordern wir erstens, dass bei dem Anmeldungs- und Informationsgespräch bereits Polizeibeam te vor Ort sind, um schon dort bei den Frauen, bei den Pros tituierten, Vertrauen aufbauen und Angst abbauen zu können.
Zweitens fordern wir die Beschränkung des Geltungsbereichs der Anmeldung auf Kreisebene, also nicht nur – wie die SPD fordert – auf Baden-Württemberg, sondern auf Kreisebene. Auch dadurch gibt man den Frauen ein gewisses persönliches Sicherheits- und Schutzgefühl. Denn – wie schon mehrfach gesagt wurde – es ist halt kein gewöhnliches Gewerbe.