Protocol of the Session on October 11, 2017

(Zuruf: Was?)

Datenschutz, Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit sind gewährleistet. Der Aussage: „Die Sicherheit muss besser or ganisiert sein als das Verbrechen“ kann ich nur zustimmen.

In diesem Sinn freuen wir uns nach der Anhörung und nach der zweiten Lesung auf eine breite Unterstützung auch über die Regierungskoalition hinaus. Das wäre auch ein gutes Si gnal nach Berlin.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich dem Kollegen Berg das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Die vorgelegten Gesetzentwürfe begleiten wir seitens der AfD-Landtagsfraktion wohlwollend, aber auch sehr kri tisch.

Wir müssen das Landesamt für Verfassungsschutz im Rahmen seiner hoheitlichen Aufgaben mit den heute notwendigen Mit teln und Werkzeugen ausstatten, um die Feinde unserer frei heitlichen demokratischen Grundordnung zu stellen. Aller dings hat das Bundesverfassungsgericht in den letzten Mona ten und auch Jahren mehrfach klar ausgedrückt, dass die Be fugnisse der Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden nicht selbst eine Gefahr für Demokratie und Bürgerrechte in unserem Land werden dürfen. Diese Sorge nehmen wir sehr ernst.

Im Detail birgt die Quellen-Telekommunikationsüberwachung – kurz Quellen-TKÜ und ähnlich dem sogenannten Staatstro janer – nach wie vor die Gefahr des Zweifels an der Rechtmä ßigkeit der erfassten Daten. Durch die invasive Art der Quel len-TKÜ können Daten auf dem Zielsystem ganz bewusst ge ändert werden, um den Zugriff zu erhalten. Niemand kann dann noch garantieren, dass die sichergestellten Daten in ih rem Ursprungszustand bleiben und damit für die Strafverfol gungsbehörden und Gerichte weiter verwertbar bleiben.

Auch der Weg, über den diese Werkzeuge auf die Zielsyste me gebracht werden, ist mitunter zweifelhaft. Von den Nach richtendiensten werden Sicherheitslücken genutzt, die alle Be nutzer – eben auch unbescholtene Bundesbürger – betreffen, und unter denen diese dann zu leiden hätten. Anstatt nun die se Sicherheitslücken mithilfe anderer Ämter offenzulegen, werden diese weiterhin geheim gehalten, um die Schwach stellen punktuell nutzen zu können. Dass unter diesen selbst aber eben mal viele Tausend Systeme unschuldig infiziert wer den, stellt – wie eingangs erwähnt – die Schattenseite der Be fugnisse dar.

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, befürworten wir die parlamentarische Kontrolle und den weiteren Ausbau des Landesamts für Verfassungsschutz. Um dies zu untermau ern, möchte ich Sie alle an einen Ausschuss in der letzten Le gislaturperiode des Deutschen Bundestags erinnern, den so genannten und viel diskutierten Geheimdienst-Untersuchungs ausschuss. Im Rahmen seiner Sitzungen wurde klar, dass sich die Nachrichtendienste mitunter nicht nur haarscharf in die Nähe der Verletzung des Rechts bewegen, sondern diese rote Linie stellenweise auch überschreiten.

Als Parlament sind wir dazu angehalten, die Prinzipien unse rer Demokratie hochzuhalten und zu schützen. Dies können

wir aber nur, wenn wir auch die effektive Kontrolle über die dem deutschen Staat zur Verfügung stehenden ausführenden Gewalten tatsächlich besitzen.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, auch nicht vergessen dürfen wir: Neben der Erweiterung der Befugnisse für den Landesverfas sungsschutz ist es wichtiger, die bereits zur Verfügung stehen den Mittel zu nutzen und sie konsequenter anzuwenden. Deut lich wurde dies in einem Fall, der uns allen sehr bekannt ist: im Fall Anis Amri. Bereits bei konsequenter Anwendung der bestehenden Regeln und Mittel wäre der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 wahrscheinlich zu verhindern gewesen. Anis Amri, der sich in der Bundesre publik Deutschland unter mindestens 14 verschiedenen Iden titäten Asyl- und Sozialleistungen erschlichen hat, war bereits seit Februar 2016 als Gefährder eingestuft und stand als sol cher unter Beobachtung. Sein Aufenthaltsort war also bekannt.

Eine zusätzliche Überwachung über die Quellen-TKÜ hätte möglicherweise keinen Mehrwert für den Verfassungsschutz – in diesem Fall das Bundesamt für Verfassungsschutz – be deutet.

Die Ergebnisse dieser Beobachtung hätten konsequent her ausgearbeitet und durch andere Behörden umgesetzt werden müssen. Wäre Anis Amri bereits lange vor seiner Tat – so, wie es die Gesetzeslage eben erlaubt hätte – abgeschoben worden und wären die Grenzen unseres Landes effektiver gegen Ter roristen wie ihn geschützt worden, dann hätte man womög lich den schrecklichen Anschlag auf den Berliner Weihnachts markt verhindern können.

(Beifall bei der AfD)

Dieses Versagen hat leider die vielen Opfer mit verursacht. Ohne die Einhaltung der bestehenden Regeln und die Anwen dung der Befugnisse hilft uns auch ein Mehr an Überwachung nicht immer weiter.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, die Quellen-TKÜ ist ein Inbegriff einer hohen Bandbreite von Werkzeugen, die, wenn sie nicht einer gründlichen gerichtlichen und parlamentarischen Kon trolle unterliegen, eine Gefahr für Demokratie und Bürger rechte darstellen kann. Wenn unser Ministerpräsident Kretsch mann sagt, dass die Landesregierung hier – ich darf zitieren – „an die Grenze des verfassungsmäßig Machbaren“ gehe, dann sollte uns das schon nachdenklich stimmen.

(Beifall bei der AfD)

Wir begrüßen, dass in Zukunft wieder jeder erwachsene Bür ger selbst entscheiden darf, zu welcher Uhrzeit er in BadenWürttemberg Alkohol einkauft. Das bisherige Gesetz hatte wenig dazu beigetragen, dass Jugendliche von nächtlichen Al koholexzessen abgehalten werden. Man kann nicht den Ein zelnen vor dem Missbrauch von Drogen schützen, indem die Selbstbestimmung aller Bürger eingeschränkt wird, vor allem nicht dadurch, dass der Kauf von legalen Alkoholika zeitlich eingeschränkt wird.

Die jungen Menschen haben sich schnell daran gewöhnt, ih re Einkäufe vor der Sperrfrist zu erledigen. Da wurde dann

auch gern einmal mehr als vorgesehen eingekauft, nur um ganz sicher zu gehen, dass es nach 22 Uhr nicht an Spirituo sen mangelt. Allein durch Verbote verhindert man nicht den Missbrauch von Drogen.

(Beifall bei der AfD)

Daher ist es wirklich zu begrüßen, dass die CDU hier ihr 2010 eingebrachtes Verbot für den flächendeckenden Alkoholver kauf zu bestimmten Zeiten in Baden-Württemberg zurückneh men will. Fehler muss und kann man ja auch einsehen –

(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

schade nur, dass es hier fast zwei Legislaturperioden gedau ert hat, diesen Fehler zu korrigieren.

Wir, die AfD-Landtagsfraktion, begrüßen deshalb ganz aus drücklich die gesetzliche Möglichkeit, zukünftig an örtlichen Brennpunkten zu bestimmten Zeitpunkten den Alkoholkon sum zu untersagen.

(Beifall bei der AfD)

Das ist ein Gesetzentwurf, der ein reales Problem aufgreift – den Alkoholmissbrauch im öffentlichen Raum und die Zusam menrottung von vor allem jungen Männern mit Alkoholisie rungs- und Aggressionspotenzial – und versucht, dieses zu un terbinden.

(Abg. Anton Baron AfD: Im Stuttgarter Schlosspark kann man gleich anfangen!)

Wenn sie sich auf einem öffentlichen Platz versammeln, wird die Situation für die Polizei schnell unübersichtlich und da durch unkontrollierbar. Das Gesetz ist deshalb auch notwen dig, um die Polizei zu unterstützen. Denn es ist in der Tat – ich verwende dieses Wort – eine Schande, dass die Polizei so weit Opfer der Sparpolitik ist, dass sie häufig nicht mehr in der Lage ist, allein mit Polizeikräften ohne Einschränkung für Ordnung und Sicherheit zu sorgen.

(Beifall bei der AfD)

Ich zitiere aus dem Gesetzentwurf: Der Alkoholkonsum kann örtlich untersagt werden,

wenn... dort mit anderen polizeilichen Maßnahmen kei ne nachhaltige Entlastung erreicht werden kann...

Wir bedauern, dass diese Regelung erforderlich geworden ist. Wir begrüßen sie aber ausdrücklich, um der Polizei in unse rem Land die notwendige Entlastung zu verschaffen. Das ist der richtige Ansatz.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, wie ich feststelle, werden nicht nur die Großen Anfragen der AfD-Fraktion mager beantwortet. Auch die SPD-Fraktion darf feststellen, dass ganze Punkte ih rer Anfrage „Umsetzung von Anti-Terror-Maßnahmen in Ba den-Württemberg“ – hier die Ziffern 1 bis 8 in Abschnitt II der Anfrage – zu einer Kurzantwort zusammengefasst wer den. Daher fragen wir uns: Weiß die Landesregierung wirk lich nicht mehr, oder will sie nur nicht mehr wissen?

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Wie auch immer, die Große Anfrage der SPD-Fraktion zeigt doch, wie hoch der Aufwand für die Überwachung einzelner Täter ist. Wir haben es bereits gehört: Rund um die Uhr, an jedem Tag des Jahres muss der Träger der Fußfessel – so ist der Antwort zu Abschnitt I Ziffer 4 zu entnehmen – von So zialarbeitern und Polizeibeamten überwacht werden. Der da durch verursachte Personalaufwand ist gigantisch. Auch hier muss die Frage erlaubt sein, ob bei Gefährdern ausländischer Herkunft eine Abschiebung nicht die bessere Lösung darstellt.

(Beifall bei der AfD)

Bei Anis Amri hätte das jedenfalls am meisten geholfen. Hier war die Überwachung gegeben, aber der politische Wille, die Tat durch Abschiebehaft zu verhindern, leider nicht.

Festzuhalten bleibt – ich komme zum Schluss –: Herr Strobl macht einiges richtig, auch wenn bei Ausnutzung der heute schon geltenden Spielräume und natürlich bei einer Sicherung der Landesgrenzen und der EU-Außengrenzen viele – nicht alle, aber viele – der Probleme jetzt schon gelöst wären und verschärfende Maßnahmen nicht diskutiert zu werden brauch ten.

Was Baden-Württemberg selbst braucht, sind eigene Regelun gen zu Fußfesseln

(Minister Thomas Strobl: Haben wir auch!)

und eine gut funktionierende, intelligente Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten.

Da wir – wie Sie, Herr Strobl – feststellen, dass heute bei uns im Land auch Terroristen aus dem islamistischen Spektrum leben, die an Kriegswaffen ausgebildet sind, Sturmgewehre handhaben können, ballistische Schutzausrüstung tragen, im Nah- und Häuserkampf ausgebildet sind, befürworten wir auch die eng gefasste Regelung, den genannten Einsatz von Explosiv- und Sprengmitteln – hier eben Handgranaten – für das SEK zu gewährleisten.

Damit komme ich zum Schluss. Woran es vor allem fehlt, ist entsprechend ausgebildetes Personal. Hier sparen Sie, Herr Strobl, nach wie vor an der Hochschule für Polizei

(Zuruf von der AfD: Ja! – Zuruf des Ministers Tho mas Strobl)

und an einer deutlichen Aufstockung des Personals über den durch Pensionierung entstehenden Bedarf hinaus.