Protocol of the Session on July 19, 2017

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: „Null Toleranz bei Vergehen“! – Gegen ruf der Abg. Nicole Razavi CDU: Was heißt „Verge hen“?)

Wir werden mit komplexer Sensortechnik und auch mit voll automatisiertem Fahren konfrontiert sein. Das bedeutet, Di gitalisierung, Big-Data-Technologien, neue Technik werden uns vielleicht dazu bringen, dass wir im Gegensatz zu den Be hauptungen der AfD seltener statt häufiger im Stau stehen müssen. Das muss in diesem Zusammenhang unser aller In teresse sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vom Ministerpräsidenten und auch vom Kollegen Schwarz wurden zu Recht neue Entwicklungen, Carsharing und neue Mobilitätsplattformen angesprochen. Es geht doch darum, dass wir in diesem Transformationsprozess – darüber reden wir heute in dieser Aktuellen Debatte; ich meine, das ist doch die Herausforderung – auch die starke Industrie, die wir ha ben, begleiten und unterstützen. Nehmen Sie als Beispiel ein mal die Firma KERN-LIEBERS. Sie ist entstanden aus der Schwarzwälder Uhrenindustrie, und heute rüstet die einstige Fabrik für Weckerfedern zwei von drei Autos mit Hightech aus. Das ist Disruption.

Wir kennen viele Beispiele, aber wir müssen eines sehen – viele sagen, die nächsten fünf Jahre verändern mehr als die letzten 50 Jahre –: Der Prozess ist viel schneller, viel dynami scher geworden. Das Wissen, das seit Aristoteles, also von vor 2 500 Jahren bis heute, angesammelt wurde, wird sich nun in nerhalb von drei Jahren verdoppeln. Wir alle erleben diese Dynamik doch täglich. Deshalb muss man diesen Wandel mit einer Innovation der Innovationskultur begleiten. Deshalb sind wir für Start-ups, deshalb sind wir für Gründerförderung. Des halb wird auch dieser Haushalt hier enorm viel dazu beitra gen, in diesem strategischen Umfeld zu bestehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Schwarz GRÜNE)

Dann wurde gesagt – lassen Sie mich das zum Abschluss auch noch sagen –, vom Kollegen Podeswa teilweise auch sehr po lemisch angesprochen,

(Abg. Anton Baron AfD: Aber richtig!)

wir hätten mit unserer Diskussion Arbeitsplätze abgeschafft. Zum einen hat der Ministerpräsident zu Recht gesagt: Die Ver trauensproblematik ist durch VW, durch die Industrie selbst geschaffen worden.

(Abg. Anton Baron AfD: Und durch die Medien!)

Das hat die Problematik hervorgerufen. Aber ich will hinzu fügen: Es ist doch ein völliger Unsinn, wenn Sie sagen, wir hätten damit sozusagen Arbeitsplätze abgeschafft. So Sie wört lich. Das Gegenteil ist der Fall.

(Lachen des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

In der Industrie, im Mittelstand in diesem Land, bei den Mit telständlern sind Arbeitsplätze aufgebaut worden. Schauen Sie doch einmal hin. Wir brauchen Fachkräfte. Wir haben Vollbe schäftigung.

(Abg. Anton Baron AfD: Das haben Sie doch nicht erreicht! – Zuruf des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

Das Problem ist doch umgekehrt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Zu Ihrer Frage nach der Rohstoffversorgung: Natürlich löst die Batterieproduktion für Elektroautos eine Nachfrageexplo sion bei Rohstoffen wie Lithium, Kobalt, Seltene Erden etc. aus. Wir sehen das übrigens an den Preissprüngen an den Roh stoffbörsen. Zwei Drittel der aktuellen jährlichen Produktion an Kobalt stammen aus der Demokratischen Republik Kon go und die Produktion Seltener Erden ist zu 97 % in chinesi scher Hand. Das ist wahr.

Deshalb müssen wir darauf achten, dass wir bei diesen kriti schen Ressourcen nicht in die Abhängigkeit von Angebots monopolisten kommen. Das werden wir nur schaffen, wenn wir mit Innovationen, mit neuer Technik sozusagen an der Spitze des Fortschritts laufen und nicht rückwärtsgewandt nur an einer Technik festhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Wir brauchen ein Sowohl-als-auch.

Ich gehe fest davon aus – es wäre tages- und abendfüllend; es ist nicht ein Mitternachtsauftritt, sondern ein Mittagsauftritt –, dass die Wirtschaftsministerin als wesentliche Treiberin in dieser Regierung noch zu uns sprechen wird. Auch der Ver kehrsminister hat zusammen mit der Wirtschaftsministerin ei ne Kabinettsvorlage mit dem Staatsministerium erarbeitet. Ich habe darauf hingewiesen.

Die CDU hat bereits 2009 zu dem ersten großen Dialog im Staatsministerium eingeladen. Deshalb werden wir in die Zu kunft schauen, das Wichtige bewahren, aber auch das Moder ne weiterentwickeln.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort für die Landes regierung erhält Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es wurde jetzt viel gesagt. Die Debatte dauert an. Sie ist wichtig, und sie war interessant. Für mich als für die Wirtschaftspolitik des Landes Baden-Württemberg verantwortliche Ministerin ist sie auch ein großes Anliegen, damit wir alle Facetten dieses kom plexen Themas beleuchten, diskutieren und offen ansprechen. Die Welt ist in Bewegung, und wir halten sie nicht auf. Wir müssen mitgehen. Das Thema „Individuelle Mobilität“ wur de genannt. Das ist eine große Errungenschaft der Gesell schaft, und das muss auch so bleiben. Das Land tut hierfür viel. Wir haben die Themen im Blick.

Ich möchte noch einmal aus wirtschaftspolitischer Sicht drei Aspekte dezidiert betonen. Erster Aspekt: Die Elektrofahrzeu ge spielen derzeit auf unseren Straßen eine untergeordnete Rolle.

(Zurufe von der AfD sowie der Abg. Gabi Rolland SPD und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Weite re Zurufe)

Das wird sich aber in absehbarer Zeit ändern.

(Zuruf von der AfD: Warum?)

Die Automobilkonzerne – nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in der ganzen Welt – treffen bereits jetzt Maßnahmen und Vorbereitungen, damit bis zu den Jahren 2023, 2025 ca. 20 % der auf den Markt gebrachten Flotte elektrisch angetrie ben werden oder über einen Plug-in-Hybridantrieb verfügen. Das sind Fakten, mit denen wir uns auseinandersetzen müs sen und auf die wir unsere Politik in Baden-Württemberg aus richten müssen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist mir ein großes Anliegen – die Batterie wurde bereits mehrfach genannt –: Wir haben hier viel Kompetenz in Ba den-Württemberg. Die Maschinen und Anlagen für die Batte rieproduktion sowie die Technologie für die Batteriezellen produktion stammen aus Baden-Württemberg. Aber wir ha ben hier keine Produktion. Die Batterie wird beim elektrisch angetriebenen Auto zukünftig einen Anteil von 30 bis 40 % zur Wertschöpfung beitragen. Allein die Batteriezelle in der Batterie hat einen Wertschöpfungsanteil von 60 bis 80 %.

(Abg. Winfried Mack CDU: So ist es!)

Deshalb setze ich mich dafür ein – mir ist auch klar: für die Batteriezellenproduktion braucht man Masse, um wirtschaft lich agieren zu können –, dass wir möglichst in Baden-Würt temberg, in Deutschland, aber zumindest in Europa eine Bat teriezellenproduktion haben,

(Abg. Emil Sänze AfD: Haben wir nicht! – Gegenruf des Abg. Winfried Mack CDU: Haben wir!)

um diese wichtige Schlüsselfunktion auch besetzen zu kön nen und diese Wertschöpfung bei uns, in unserer Region, in unserem Bundesland halten zu können.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Ich glaube, es wurde heute klar: Wir müssen den technologi schen Umstieg auf die Elektromobilität mit aller Kraft mitge stalten und voranbringen. Das bedeutet aber nicht, dass wir den Verbrennungsmotor, die Verbrennungstechnik vernach lässigen dürften. Ganz im Gegenteil.

(Zuruf: Sehr gut!)

Sie wird noch lange eine ganz wichtige Rolle spielen. Des halb vertrete ich und vertritt auch die Landesregierung – es hat mich gefreut, dass heute auch ein ganz klares Statement von verschiedenen Akteuren geäußert wurde –

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Nicht von al len!)

einen technologieoffenen Ansatz, mit dem wir die Elektromo bilität, den Verbrennungsmotor, die Batterie, die Brennstoff zelle und synthetische Kraftstoffe weiter voranbringen wer den.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Verschiedene aktuelle Studien sagen derzeit aus, dass im Jahr 2030 – diese Jahreszahl wurde bereits vielfach genannt – ca. 75 bis 85 % der Fahrzeuge einen Verbrennungsmotor beinhal ten werden. In dieser Prognose wurden Plug-in-Hybride sub sumiert.

Ein weiteres Thema: Was tut die Landesregierung, wie beglei ten wir den Prozess? Der Herr Ministerpräsident hat den Stra tegiedialog erwähnt und dazu ausgeführt, wie wir die Wirt schaft, die Gesellschaft, die Menschen, die Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmer in unserem Land ressortübergreifend auf diesem Weg mitnehmen.

Ich möchte nochmals herausgreifen: Ich habe bereits im Fe bruar Gespräche mit den Vertretern der Automobilzulieferer, mit den Vertretern der Automobilhersteller und darüber hin aus geführt. Auch mit Vertretern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bin ich in einem intensiven Austausch. Wir wer den im Rahmen des Strategiedialogs einen Transformations rat aufsetzen, den ich derzeit auf die Beine stelle und konsti tuiere, der sich gerade um diese wichtigen Themen wie Be schäftigungspotenziale in Baden-Württemberg, die kleinen und mittleren Unternehmen, den Mittelstand in unserem Land, die Wertschöpfungskette kümmert, in dem wir operativ in Ar beitsgruppen mit der Industrie, mit der Wirtschaft zusammen arbeiten und diesen Prozess in einem ganz engen Austausch sinnvoll begleiten. Denn wir dürfen hier keine Fehler machen; wir müssen ganz nah dranbleiben. Das tun wir.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Winfried Mack CDU: Sehr gut!)

Lieber Herr Stoch, Sie haben gesagt, wir würden mit den Ar beitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht reden. Ganz im Ge genteil: Das ist mir ein ganz großes Anliegen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Wann wurden Sie einge laden?)

Das haben wir in enger Abstimmung gemacht.