Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Baden-Württemberg ist geprägt von seiner ursprünglichen Natur und seinen vielfältigen Kultur landschaften. Die Streuobstwiesen im Albvorland, der Tan nenmischwald im Schwarzwald, die Moore des Oberlands und die Wacholderheiden auf der Schwäbischen Alb bieten vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum.
Diese Vielfalt macht unser Land, macht unser Baden-Würt temberg einzigartig. Sie ist Tourismusmagnet und Wirtschafts faktor zugleich.
Ohne diese bunte Vielfalt wären wir in Baden-Württemberg ein großes Stück ärmer. Wir würden ein Stück Heimat verlie ren, einen Teil unserer Identität. Da unsere Natur- und Kul turlandschaften einzigartig sind, brauchen wir sie weiter. Es lohnt sich, sich für die Natur einzusetzen. Das ist unsere Ver antwortung, auch unsere Verantwortung hier im Landtag von Baden-Württemberg.
Für uns Menschen gibt es drei gute Gründe, uns um die Na tur zu kümmern, die Natur zu schützen. Erstens: die Klugheit. Denn die Natur ernährt uns; deswegen rechnet sich Natur schutz.
Zweitens: die Gerechtigkeit. Denn wir wollen die Natur für weitere Generationen bewahren. Ihre Kinder und Ihre Enkel, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben ein Recht darauf, in einer Welt zu leben, in der es die Feldlerche und das Knaben kraut noch gibt.
Drittens: das Glück. Denn das Erleben in der Natur erzeugt nachgewiesenermaßen Glück, und eine gute Beziehung der Menschen zur Natur ist Teil eines guten Lebens.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, mich persönlich macht es glücklich, wenn ich am Wochenende mit meiner Familie in den Wald gehe, wenn ich die Vögel zwitschern höre, die Bach läufe wahrnehme, wenn ich gute Luft einatme. Ja, das macht mich glücklich, und ein solches Glück brauchen wir zu einem guten Leben in unserem Land.
Wir wollen erhalten, was wir zum Leben brauchen – Lebens mittel, Heimat, Erholung und Gesundheit –, erhalten, was uns erhält. Dafür treten wir ein. Wir rücken den Naturschutz und den Artenschutz deshalb in das Zentrum der Landespolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Natur ist Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzen arten, doch sie verändert sich zunehmend. Da brauchen Sie nicht einmal eine Statistik, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen nicht ausgewiesene Experten sein. Sie nehmen es selbst wahr, wenn Sie beispielsweise wie ich am Wochenen de in den Wald oder auf die Schwäbische Alb gehen. Es sum men weniger Bienen, Schmetterlinge machen sich rar, auf den Wiesen verschwindet die Vielfalt, Margeriten, Wiesenbocks bart oder die Glockenblumen werden seltener.
Wer es schwarz auf weiß nachlesen will: Es stand im Bericht zur Lage der Natur aus dem Jahr 2016. Jeden Tag sterben welt weit mehr als 100 Tier- und Pflanzenarten aus. In Baden-Würt temberg stehen 40 % der Tier- und Pflanzenarten auf der Ro ten Liste.
Die Bundesregierung hat es in dieser Woche dargestellt: Ro te Listen der gefährdeten Biotoptypen in Baden-Württemberg. Wichtige Lebensräume, beispielsweise Streuobstwiesen, sind bundesweit stark gefährdet – auch hier in Baden-Württem berg.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss uns, dem Landtag von Baden-Württemberg, doch Anlass geben, politisch zu han deln und dieser Verantwortung, die wir für die Natur und die Lebewesen, für die Tiere haben, gerecht zu werden. Wir ha ben die Verantwortung, hier jetzt zu handeln.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Natur- und Artenschutz ist mehr, als Bienen und Blümchen zu schützen. Biodiversi tät bedeutet viel mehr. Es gibt zahlreiche ökologische, ökono mische und soziokulturelle Gründe, die Natur zu bewahren. Letztendlich haben wir dazu die ethische Verpflichtung ge genüber unseren Kindern und Enkeln; denn auch sie haben ein Anrecht auf eine intakte Umwelt und auf eine gesunde Na tur in Baden-Württemberg.
Die Politik muss und wird schnell und konsequent handeln. Wir werden dem Artenrückgang aktiv begegnen. Um unsere einzigartigen Natur- und Kulturlandschaften zu bewahren, müssen wir alle an einem Strang ziehen – wir, das Land, die Kommunen, die Behörden, Landwirtinnen und Landwirte, Verbraucherinnen und Verbraucher, Naturschützer, Winzer, Imker, Forstwirte, Jäger und Angler.
Ein Fundament ist die Naturschutzstrategie 2020. Sie wird ge lobt. NABU-Präsident Olaf Tschimpke bezeichnet sie als die beste Naturschutzstrategie in ganz Deutschland. Ich bin froh, dass wir uns vorgenommen haben, diese unter Grün-Schwarz fortzuführen und weiterzuentwickeln.
Ich erwähne den Nationalpark im Nordschwarzwald und ganz aktuell die Auszeichnungen, die Baden-Württemberg erhal
ten hat. In der letzten Woche wurde das zweite Biosphären gebiet in Baden-Württemberg mit einer UNESCO-Auszeich nung versehen, das Biosphärengebiet im Schwarzwald offizi ell ausgezeichnet. Mein ganz herzlicher Dank gilt allen Ver antwortlichen vor Ort und den vielen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern. Chapeau, ein wichtiger Beitrag für eine gesunde Natur!
Es gab aber noch eine zweite Auszeichnung. Das UNESCOBiosphärengebiet Schwäbische Alb wurde wiederum von der Bundesregierung ausgezeichnet. Es hat sich unter 27 Bewer bungen durchgesetzt. Das ist eine richtig gute Nachricht für die Nachhaltigkeit. Baden-Württemberg haben wir somit in der Champions League des Naturschutzes erfolgreich etab liert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Auch hier im Landtag haben wir Hausaufgaben zu erledigen. Wir selbst können einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Naturschutzes leisten.
Von 2011 bis 2016 haben wir die Mittel auf über 60 Millio nen € angehoben. Weitere Schritte werden jetzt unter der grünschwarzen Landesregierung folgen. Denn die Koalition aus Grünen und CDU, die die Bewahrung der Schöpfung und die Verantwortung für unser Naturerbe in den Mittelpunkt der Po litik stellt, ist geradezu prädestiniert, dieses Thema mit Enga gement anzugehen.
Bis zum Ende der Legislaturperiode wird es einen weiteren Aufwuchs der Naturschutzmittel, und zwar auf 90 Millio nen €, geben. Das ist ein wichtiges Signal, und es ist ein un verzichtbares Signal, wenn wir dem Verlust an biologischer Vielfalt, an Tier- und Pflanzenarten, von Grünspecht und Schwarzspecht, an Streuobstwiesen und Orchideenwiesen in Baden-Württemberg erfolgreich entgegentreten wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier bereits De batten zur Verordnung zu § 18 der Landeshaushaltsordnung geführt. Wir sind uns alle einig, dass wir die Infrastruktur im Hochbau, bei Gebäuden, bei den Landesstraßen, bei den Brü cken erhalten und sanieren müssen. Wir sind uns darüber hi naus einig, dass die Sanierung notwendig ist, da ein späterer Ersatzneubau viel teurer ist. Deswegen stellen wir Gelder für den Abbau der impliziten Schulden zur Verfügung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns muss klar sein: Wenn Moore entwässert sind und zu CO2-Schleudern werden, wenn wir Millionenbeträge ausgeben müssen, um in unseren Klär anlagen Pestizide, Arzneimittel und andere Rückstände aus dem Wasser herauszufiltern, oder wenn unsere Landschaften so zerschnitten sind, dass Honigbienen und Wildbienen, an dere Insekten und Tiere diese Landschaften kaum oder nicht mehr überfliegen oder überqueren können, dann wird deut
lich: Biotopzerstörung, Umweltbelastung, Artenschwund ha ben ökologische und ökonomische Auswirkungen von unge ahnter Tragweite. Sie führen zu massiven Folgekosten und zu Schulden auf dem Rücken künftiger Generationen.
Deswegen müssen wir uns klar vor Augen führen: Auch öko logische Schulden sind implizite Schulden. Wenn wir Ökolo gie und Ökonomie zusammenführen wollen, wie es sich die grün-schwarze Landesregierung vorgenommen hat,
dann benötigen wir eine Offensive für eine grüne Infrastruk tur. Wir benötigen eine Offensive für den Abbau der ökologi schen Verschuldung unseres Landes.
Wir sind vereint im Ziel. Wir wollen und werden der nächs ten Generation eine intakte Natur hinterlassen.
Denn wir wollen und werden erhalten, was uns erhält. Alle Menschen haben das Recht auf ein Stück Natur. Das wollen wir behalten, bewahren; das wollen wir erhalten. Denn letzt endlich erhält uns die Natur.
(Der Redner fährt das Rednerpult nach unten. – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Du kannst auch den Knopf oben benutzen, um das Pult herunterfahren zu lassen!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte der grü nen Fraktion danken, dass sie das Thema „Biodiversität und Naturschutz“ in diesem Haus immer wieder auf die Tagesord nung bringt. Denn es ist in der Tat ein Problem, das wir aner kennen und angehen müssen. Aktuelle Debatten sind dazu ge eignet, dies auch einer breiten Öffentlichkeit kundzutun.