Das Land Baden-Württemberg wird deswegen umfassend an dem Weißbuch Junckers mitarbeiten und seine Ideen einbrin gen. Es gibt viele Angelegenheiten, die wir auf kommunaler Ebene besser regeln können als auf der europäischen. Aber im Bereich der Sicherheitspolitik, der Klimapolitik, der Wirt schafts- und Steuerpolitik, der Flüchtlingspolitik, aber auch bei der ökologischen Transformation der Wirtschaft werden
wir nur europäisch Lösungen finden. In diesem Diskussions prozess für das gesamte Europa werden wir gemeinsam mit Frankreich Hand in Hand gehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abge ordnete! Frankreich hat gewählt. Emmanuel Macron ist neu er Präsident.
Ich bin erstaunt über die hier angestimmten Jubelarien infol ge dieses Wahlsiegs Macrons, und ich bin es auch wieder nicht,
denn Jubelarien erscheinen mir hier reichlich deplatziert, auch wenn einigen hier im Plenum vielleicht nicht bewusst sein sollte, warum. Es ist bei der Mehrheit, so scheint es mir, wohl eher ein – mir zu Teilen durchaus nachvollziehbarer – Jubel darüber, dass Le Pen nicht gewählt wurde, als eine echte Freu de darüber, dass Macron gewählt wurde.
Beschäftigen wir uns zunächst mit Macron. Mit Macron als Steigbügelhalter der Brüsseler Nomenklatura wird der Zent ralisierungswahn der Eurokraten noch weiter intensiviert wer den. Macron steht – das hat er explizit gesagt – nicht für De zentralisierung, wie Sie gesagt haben, Herr Stächele. Macron steht explizit für einen Eurozonenfinanzminister,
für einen gemeinsamen Eurozonenhaushalt, für gemeinsame Anleihen der Euroländer, sprich für noch mehr Schuldenum verteilung, für Eurobonds – kurzum für alles, was wir Deut schen von der EU eben nicht wollen sollten.
Macron ist jetzt EU-Zentralisator par excellence. Dass sich die schon länger hier Regierenden daran nicht wirklich stö ren, zeigt nur, dass sie dem Subsidiaritätsprinzip trotz verba ler Bekenntnisse kaum einen Wert beimessen.
Herr Kollege Reinhart, Sie haben mit Ihrer Fraktion das The ma eingebracht, und Sie haben hier vor ein paar Wochen ge meinsam mit vielen anderen das Hohelied der Subsidiarität intoniert, und zwar, als wir die Debatte über 60 Jahre Römi sche Verträge hatten.
Ich habe Ihnen damals schon gesagt, ich glaube nicht daran, dass diese Subsidiarität mehr ist als ein Lippenbekenntnis. Mit Macron, mit Verlaub, können wir das Subsidiaritätsprinzip ge trost vergessen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Wolf gang Reinhart CDU: „Europa der Regionen“, habe ich gesagt!)
Aber Sie haben – ich bin da ja ganz bei Ihnen – das Subsi diaritätsprinzip hochgehalten. Das tun wir doch miteinander.
Wenn Sie mir jetzt erzählen wollen, Macron stünde für Sub sidiarität, dann schauen Sie sich mal das Programm an, und Sie werden das Gegenteil entdecken.
Für uns Deutsche als Zahlmeister der Europäischen Union verheißt all dies jedenfalls nichts Gutes. Schon jetzt leisten wir regelrechte Frondienste für die leistungsschwachen Volks wirtschaften aus den Rotweinstaaten.
Unbedankt und unbezahlt, das ist dieses ganze Target „Lug und Trug“. Wir haben hier inzwischen einen Targetsaldo von über 860 Milliarden € – und ganz egal, welchen Weg wir ge hen: Die sind weg, egal, was wir tun. Das Geld ist à fonds per du.
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Publizist? Der arbeitet doch für Ihre Partei! Das ist doch Ihr Presseberater!)
wenn er sinngemäß schreibt, dass der erste Satz der EU-Ver fassung lauten sollte: „Alle Solidarität geht von Deutschland aus“,
und außerdem schreibt, dass die europäische Idee in Wirklich keit kaum etwas anderes ist als die Übertragung des Länder finanzausgleichs auf einen Kontinent –
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Winfried Mack CDU: Schauen Sie doch einmal, wie viele Flüchtlinge Italien aufgenommen hat! Da können Sie doch nicht sagen, alle Solidarität gehe von Deutsch land aus!)
ein Gedanke übrigens, auf den auch Wolfgang Schäuble schon gekommen ist, freilich ohne daraus die naheliegenden Kon sequenzen zu ziehen. Genau das ist letztlich das, was Macron will: kontinentale Umverteilung, die Leistung bestraft und Müßiggang belohnt.
Doch wenn Leistung bestraft und Müßiggang belohnt wird, dann hat man am Ende weniger Leistung und mehr Müßig gang. So bewirkt man eine Nivellierung nach unten, Wohl standsverluste vorprogrammiert.
Das, meine Damen und Herren, ist leider inzwischen – ich be daure das wirklich sehr – das französische Verständnis von Fraternité und Egalité. Von der CDU und der FDP/DVP gibt es hiergegen immerhin symbolischen Widerstand; vermutlich ist das aber nur Wahltaktik. Nach der Bundestagswahl dürfte es mit Volldampf weiter in die europäische Schuldenunion ge hen und die politische Union samt Eurobonds unwiderruflich forciert werden. Das ist für uns ein gruseliges Szenario.
Der Ex-EU-Apparatschik Martin Schulz macht sich nicht ein mal die Mühe, sich kritisch zu all dem zu äußern; ganz im Ge genteil. Er besteht ja schon seit jeher auf kontinentaleuropäi scher Solidarität und hat gerade gestern auch die macronschen Gedanken zu einem europäischen Finanzminister und einem gemeinsamen Haushalt begrüßt.
Meine Damen und Herren, das lebt von deutschen Steuergel dern, und Macron unterstützt damit – das ist das Fatale an die ser Geschichte – einen Weg weg von einem Europa der Vater länder, wie es Adenauer und de Gaulle im Sinn hatten, hin zu den Vereinigten Staaten von Europa.
Herr Frey, wenn Sie sagen: „Wir wollen das, was die Bürger in Europa wollen“, dann fragen Sie doch einmal die Bürger, ob sie die Vereinigten Staaten von Europa wollen. Die wollen sie nämlich nicht! Die wollen ein Europa der Vaterländer ha ben.
Den hart arbeitenden deutschen Steuerzahlern dürfte das we niger gefallen. Wenn Macrons Agenda europapolitisch umge setzt werden sollte, dann dürften sie noch mehr als bisher mit ihren Steuergeldern und Spareinlagen die Schuldenparty der europäischen Rotweinstaaten finanzieren. Das, meine Damen und Herren, hat aus unserer Sicht der deutsche Steuerzahler nicht verdient.
Bei genauerer Betrachtung ist es noch äußerst zweifelhaft, dass der Sieg Macrons, wie der Titel der Aktuellen Debatte es insinuiert, ein Sieg für Europa und ein Gewinn für BadenWürttemberg ist. Im Gegenteil: Macrons Politik wird eine Ge fahr für die Zukunft der Europäischen Union sein. Seine Wahl zeigt letztlich auch, dass die Botschaft des Brexits nicht ver standen wurde.
Meine Damen und Herren, mit einem „Weiter so!“ in Rich tung Zentralisierung und Vereinigte Staaten von Europa ermu tigt man genau die Geister, die Sie aus gutem Grund – ich bin da bei Ihnen – verhindern wollen. Adenauers und de Gaulles Europa der Vaterländer geht genau so den Bach runter. Das ist die Gefahr an der Geschichte.