Protocol of the Session on April 6, 2017

Die erste Phase der Soforthilfe ist nun der Aufgabe einer län ger- und langfristigen Integration der Geflüchteten in den All tag gewichen.

Herr Minister Lucha, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Fiechtner zu?

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Nein!)

Nein. Wir sprechen nicht die gleiche Sprache, darum gibt es auch kein Sender-Empfänger-Verständnis.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Lachen bei der AfD)

Und wir haben nicht dieselben Werte.

(Zurufe von der AfD)

Man kann streiten im Kontext und auf der Basis geeinter Wer te, und da sind wir einfach zu weit auseinander.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Sie sind also kein Demokrat?)

Doch, ein großer sogar.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Sie stehen also nicht auf der Basis des Grundgesetzes? – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das ist, wie wir alle wissen, eine Mammutaufgabe für das Land und für die Kommunen. Sie erfordert Zeit und Geduld.

Kein anderes Bundesland hat so viel Geld in die Hand genom men, um die Integration in den Kommunen zu fördern.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Bundesgeld!)

Darauf will ich ganz kurz eingehen; in der zweiten Runde wird das sicher noch einmal angesprochen. – Das ist ja nur ein Teil der Gelder, die wir einsetzen. Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das mit den Kommunen bei der Un terbringung spitz abrechnet. Wir übernehmen die gesamten Kosten der UMAs mit ca. 300 Millionen €. Die Kosten der über 1 000 VABO-Lehrerinnen- und -Lehrerstellen übersteigen das, was vom Bund an Geldern kommt, um ein Mehrfaches. Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie stark sich Baden-Würt temberg hier engagiert. Die Finanzministerin hat das, glaube ich, sehr gut skizziert. Auch gegenüber dem Bund wurde gut verhandelt. Wir haben uns da also nichts vorwerfen zu lassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Frau Wölfle ist zur Finanzpolitikerin mutiert!)

Es ist doch klar, dass mit dem Pakt keine dauerhaften gesetz lichen Verpflichtungen des Landes gegenüber den Kommu nen eingegangen wurden. Vielmehr geht es darum, nun die vorübergehend entstandenen zusätzlichen Mehrbedarfe ge meinsam zu bewältigen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister Lucha, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rottmann zu?

Wer bitte?

Abg. Rottmann.

Ich werde zu diesem Thema keine Zwischenfragen aus der AfD zulassen.

(Lachen bei der AfD – Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich kann es auch erklären.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Wie brauereiaffin sind Sie? – Heiterkeit bei der AfD – Glocke der Präsidentin)

Ich erkläre es: Seit Beginn der Debatte wurde ich unfreiwil lig Zeuge von den halblauten Zwischenrufen, die von der AfD-Bank kommen. Diese waren geprägt von Aggression und Herabwürdigung aller Sprecher von den anderen Fraktionen.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: So ist es! – Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Das ist einfach nicht die Sprache, auf deren Basis hier die Fraktionen zusammenarbeiten.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Mit dem Pakt für Integration stellt das Land den Kommunen innerhalb der nächsten 24 Monate insgesamt 320 Millionen €

zur Verfügung. Mit 180 Millionen € werden die Kommunen bei den Kosten für die Anschlussunterbringung der Flüchtlin ge entlastet – auch dank der Verhandlungen von Frau Finanz ministerin Sitzmann. Weitere 140 Millionen € fließen in kon krete Integrationsförderprogramme und Maßnahmen vor Ort.

(Einige Abgeordnete der AfD verlassen den Plenar saal. – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Das Land wird dadurch erstens seiner Steuerungsverantwor tung gerecht, und zweitens gewähren wir mit den pauschalen Mitteln den Kommunen ein hohes Maß an Flexibilität vor Ort.

Dieser Pakt anerkennt und honoriert die wichtige Leistung der Kommunen in der Integrationsarbeit.

(Beifall bei den Grünen)

Der Pakt kann schon jetzt als Meilenstein in der Integrations politik bezeichnet werden.

Uns geht es darum, den Menschen, die bei uns bleiben, zu ver mitteln, wie die deutsche Gesellschaft funktioniert. Wir eröff nen ihnen Teilhabe- und Mitsprachemöglichkeiten in unserer Gesellschaft. Unser Ansporn und Ziel ist, die Menschen vor Ort zu integrieren. Aus Geflüchteten sollen Mitbürgerinnen und Mitbürger werden, aus Betroffenen Beteiligte. Das sind unsere Herausforderungen und ist zugleich auch das erklärte Ziel des Pakts für Integration mit den Kommunen.

(Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Wir wollen keine neuen Strukturen schaffen. Vielmehr sollen die bestehenden Strukturen flankiert werden, bis diese ent sprechend angenommen werden können und ausgebaut sind. Die Kommunen sollen bei der Integration der Geflüchteten in der Anschlussunterbringung unterstützt werden. Gleichzeitig werden lokale Strukturen gefördert und Standards geschaffen.

Kernstück des Pakts ist die Förderung von Integrationsmana gerinnen und Integrationsmanagern in den Städten und Ge meinden in Baden-Württemberg. Das Land stellt für die kom menden 24 Monate pro Jahr 116 Millionen € für die Integra tionsmanager in den Kommunen zur Verfügung. Das ist zur Förderung einer Maßnahme ein sehr hohes Volumen und für ein Förderprogramm eines Landes eher untypisch. Das ist uns absolut bewusst, denn außergewöhnliche Situationen erfor dern auch außergewöhnliche Maßnahmen. Wir wollen im Schulterschluss mit den kommunalen Landesverbänden mit dem Pakt kein kleinteiliges Konzept schaffen, sondern wir wollen eine große und leistungsstarke Maßnahme im Vorder grund, die auf Qualität und strukturierte Beratung aus einer Hand setzt. Das ist uns mit der Förderung der Integrationsma nager gelungen.

(Beifall bei den Grünen)

Die Aufgabe der Integrationsmanager ist die gezielte Stärkung der Selbstständigkeit und Selbstverantwortung im Sinne ei ner Hilfe zur Selbsthilfe. Dies geschieht durch eine Sozialbe gleitung durch Einzelfallhilfe, durch eine aufsuchende, nied rigschwellige Beratung zu allen Fragen des alltäglichen Le bens. Viele Geflüchtete, die sich erst kurze Zeit in Deutsch land aufhalten, finden sich im Alltag noch nicht zurecht und können ihr Leben nicht komplett eigenständig organisieren.

Das Ziel ist: Jeder geflüchtete Mensch soll möglichst bald über geeigneten Wohnraum verfügen und unabhängig von öffent lichen Leistungen sein. Um dieses Ziel zu erreichen, ist Be ratung und oftmals auch Begleitung der Geflüchteten nötig. Orientierung und ein guter Kompass sind unerlässlich, um Ge flüchtete an die Komm-Strukturen der Regelsysteme unserer bestehenden Unterstützungs- und Hilfsangebote heranzufüh ren.

Daher haben die Integrationsmanager zwei Hauptaufgaben: erstens eine Wegweiser- und Lotsenfunktion, zweitens sozia le Beratung und Begleitung. Daneben ist eine enge Verzah nung und Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Akteu ren notwendig, seien dies die kommunalen Integrationsbeauf tragten oder die in der Kommune tätigen Ehrenamtlichen. Die Integrationsmanager sollen hier als Bindeglied Vernetzungs möglichkeiten nutzen und entsprechende Zugänge schaffen.

Für diese anspruchsvolle Arbeit sollen auch nur Personen ein gesetzt werden, die hierfür ausreichend qualifiziert sind. Das wurde schon angesprochen: Damit wurde, glaube ich, ein gu ter Vorschlag auch aus der Praxis erfolgreich umgesetzt. Das können einerseits Personen mit geeignetem Hochschulab schluss sein, aber andererseits auch Menschen mit einem mitt leren Bildungsabschluss, die Erfahrung mitbringen und den Fortbildungskurs beispielsweise an der Akademie des Ge meindetags absolvieren. Die kommunalen Bedarfe und Struk turen sind hier entscheidend. Wir ermöglichen den Kommu nen hier Flexibilität.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Wichtig war uns auch – denn die Frage war ja: haben wir das Personal überhaupt? –, zu gewährleisten, dass die in der Inte grationsarbeit einschlägig tätigen Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter unter Maßgabe der vorgenannten Qualifikationsan forderung vorrangig berücksichtigt werden sollen. Das sind z. B. Beschäftigte im Bereich der Erstaufnahme und der vor läufigen Unterbringung. Gemeinsam mit den Stadt- und Land kreisen sowie den ausführenden freien Trägern sollen geeig nete Wege für eine weitere Beschäftigung in der Anschluss unterbringung gesucht werden. Das haben wir zugesichert, und das wird auch so laufen.

Ein großer Block waren und sind die Integrationsmanager. Das ist in dieser Form keine Blaupause einer Vorgängerregie rung. Ich darf nur so viel dazu sagen: Die VwV „Deutsch für Flüchtlinge“ ist aus dem Programm „Chancen gestalten – We ge der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ entstanden, das wiederum ein Ausfluss der Projektgruppe Flüchtlinge der Fraktion GRÜNE gewesen war, die sowohl mit Frau Öney als auch mit der damaligen Kollegin Altpeter immer sehr gut zu sammengearbeitet hat. Selbstverständlich würdigen wir hier die guten gemeinsamen Ergebnisse. Bloß: Wir sind an der Re gierung, und ihr seid eben in der Opposition. Aber wir führen selbstverständlich das Gute auch weiter.

Es gibt noch weitere Bereiche in dem Pakt, die sehr wichtig waren: Übergang Schule und Beruf, Spracherwerb, bürger schaftliche Strukturen und das Ehrenamt.

Beim Übergang Schule und Beruf unterstützen wir einerseits mit Mitteln des Pakts den Bildungsgang „Duale Ausbildungs vorbereitung (AV Dual)“, der Jugendliche mit Förderbedarf

so vorbereitet, dass sie eine Ausbildung erfolgreich abschlie ßen können. Die sogenannten AV-Dual-Begleiter begleiten die Schülerinnen und Schüler sowie die Betriebe insbesondere im Betriebspraktikum und beim Übergang in die Ausbildung. Hierfür stellen wir in den kommenden zwei Jahren 3 Millio nen € bereit.