Protocol of the Session on March 8, 2017

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Von Anfang an!)

an der frauenpolitischen Debatte teilnehmen. Deswegen herz lichen Dank, lieber Herr Strobl.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD sowie Abge ordneten der Grünen, der CDU und der AfD – Zuruf)

Der Sozialminister ist natürlich auch in den Dank einge schlossen, lieber Herr Lucha.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Die Frauenriege lässt auch zu wünschen übrig!)

Über 100 Jahre ist es her – 1911 –, dass auf Vorschlag der Po litikerin Clara Zetkin der erste Internationale Frauentag in Deutschland, Österreich-Ungarn, Dänemark und der Schweiz stattfand. Die Vereinten Nationen begehen den Weltfrauentag auch für den Weltfrieden. Dieser Tag hat nichts an Aktualität verloren – das zeigt uns ein Blick in die Welt –, sodass wir heute nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt den Weltfrauentag mit Sicherheit zu Recht begehen.

(Beifall der Abg. Petra Krebs GRÜNE)

1918 – Frau Neumann hat dies angesprochen – ist das Wahl recht für Frauen eingeführt worden. Viele Politikerinnen – auch Politiker – haben sich dann in kleinen Stufen für weite re Verbesserungen eingesetzt.

Ich will aus liberaler Sicht Marie-Elisabeth Lüders nennen, die 1966 – in meinem Geburtsjahr – verstorben ist, eine libe rale Sozialpolitikerin, die sich vehement für Frauenrechte ein gesetzt hat. Ich erinnere beispielsweise daran, dass sie die Zu lassung von Frauen zum juristischen Staatsexamen umgesetzt hat.

Seither wurde für die Gleichberechtigung in Deutschland viel erreicht. Das zeigt auch die Stellungnahme zu dem Antrag von Grünen und CDU.

Wir haben in der letzten Legislatur hier im Plenum zum Chan cengleichheitsgesetz den Chancengleichheitsbericht, den Bi lanzbericht 2015 für die Jahre 2009 bis 2013 debattiert. Da war das Fazit, dass schon sehr viel erreicht ist, dass der Frau enanteil in der Landesverwaltung 58,3 % beträgt und im ge hobenen Dienst bei 48 bis 73 % liegt. Wir haben noch Haus aufgaben zu machen. So erreichen wir in den obersten Lan desbehörden in der Beamtenschaft des höheren Dienstes und bei den B-Besoldungen unterdurchschnittliche Frauenanteile.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Und bei der FDP!)

Es ist jedoch viel erreicht worden. Ich denke, der Bilanzbe richt 2015 zeigt eindrucksvoll, dass man auch in Landesbe hörden bei dieser Thematik relativ viel erreicht hat.

Lieber Herr Kollege Sckerl, die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat in der letzten Legislatur durch meine Initiative einen Di versity-Antrag eingebracht, über den wir das Thema Vielfalt umfassend untersucht haben. Über diesen Antrag wurde auch im Sozialausschuss diskutiert. Er beinhaltete auch das Thema „Chancengleichheitsprogramme für Frauen“. Denn uns geht es darum, dass nicht nur in Landesbehörden gehandelt wird, sondern dass wir vonseiten der Politik auch Unternehmen mo tivieren und unterstützen, ebenfalls Diversity- und Chancen gleichheitsprogramme für Frauen einzuführen.

Ich will ein Beispiel nennen: Die Firma Porsche hat sich vor vier Jahren auf den Weg gemacht – bisher war man in dieser Richtung wenig aktiv –, und dies ganz ohne Quote. Das zeigt, dass wir hier auch ohne Quote vorankommen – in dem Be wusstsein, dass gemischte Teams und Frauen in Führungs funktionen erfolgreiche Unternehmen erfolgreicher machen.

SPIEGEL ONLINE berichtete über den Kulturwandel bei Por sche. Dort arbeiten jetzt doppelt so viele weibliche Führungs kräfte wie vor vier Jahren. Dabei setzt man insbesondere auf das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, geht aber auch in ganz neue Richtungen, beispielsweise Führungsfunk tionen in Teilzeit. Das gab es bisher nicht. Da hat man sehr gute Erfahrungen gemacht. Und beim Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ setzt man auch auf den Bau einer Kin dertagesstätte.

Für mittelständische Unternehmen wäre es viel hilfreicher, wenn statt der Einführung von Gesetzen flexiblere Standards beispielsweise bei der Kinderbetreuung, bei der Realisierung von Kindertagesstätten umgesetzt würden. Vielfach scheitert die Umsetzung dieser Dinge in kleinen und mittleren Unter

nehmen an kleinen Formalien, an Bauvorschriften. Auch da sehe ich eine wichtige politische Aufgabe, solche Maßnah men zu unterstützen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Viele weitere gute Beispiele wurden genannt. Frau Wehinger ist auf viele Beispiele eingegangen. Ich will nur das Stichwort Entgeltgleichheitsgesetz nennen.

Ich denke, es ist sinnvoller, statt politisch einzugreifen und bürokratische Hürden für Unternehmen zu errichten, bessere Chancen und Beschäftigungsmöglichkeiten – wie sie aufgrund vieler guter Beispiele schon existieren – zu schaffen.

Frau Wehinger, es gibt seit 2006 das AGG, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Da gibt es schon auch für die 60 % der Frauen, die Sie ansprechen, immer die Möglichkeit, tätig zu werden. Viele Unternehmen haben seit 2006 in diesem Be reich reagiert. Ich denke, da wurde schon ein Fortschritt er reicht.

Aber es hilft nichts, die Entlohnung – die bereinigte Lohndif ferenz liegt je nach Statistik bei 2 bis 7 % – jetzt durch ein Entgeltgleichheitsgesetz zu regulieren. Statt ein Gesetz zu er lassen, wäre es besser, geeignete Lösungen für das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und für das Thema Al tersarmut aufzuzeigen.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Abg. Haußmann.

Danke. – Das Problem der Altersarmut lösen wir eben nicht durch Bürokratie, son dern insbesondere durch die Reduzierung der Erwerbsunter brechungen.

Ich will schließen mit einem Zitat der Bundesbehindertenbe auftragten Verena Bentele, die in einem Interview mit der „VdK-Zeitung“ den Status quo mit „Zwei minus“ bewertet hat und gesagt hat:

In Deutschland kann ich als Frau selbstbestimmt leben. Das ist in vielen Regionen der Erde nicht so.

Herr Abg. Haußmann, kom men Sie bitte zum Schluss.

Letzter Satz: Mit Sor ge sieht sie aber die Gewalterfahrung von Frauen und Mäd chen mit Behinderung. Ich glaube, wir haben hier noch viele Themen wie Zwangsverheiratung, Zwangsprostitution, Geni talverstümmelung, die zeigen, warum der Weltfrauentag auch in Zukunft wichtig ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD)

Für die Landesregierung er teile ich Frau Staatssekretärin Mielich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! So ein Jubiläum, das

sich jetzt ankündigt, nämlich 100 Jahre Frauenwahlrecht, ist offensichtlich gut dazu geeignet, dass sich alle Rednerinnen und Redner darauf beziehen und das ganze Thema Frauen wahlrecht, aber auch die Frauenbewegung und diesen beson deren Tag, den Internationalen Frauentag, in den Fokus rü cken und dazu grundsätzlich Stellung nehmen. Das finde ich sehr gut, weil dies deutlich macht, dass wir hier ein Geschichts bewusstsein haben. Klar wird: Es stellt einen Wert an sich dar, dass Frauen vor gut 100 Jahren auf die Straße gegangen sind und unter Einsatz ihres Lebens für das Frauenwahlrecht ge kämpft haben. Es ist ein großartiger Erfolg, dass es 1918 ge lungen ist, das Frauenwahlrecht umzusetzen,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: In Deutschland! In England erst nach dem Zweiten Weltkrieg!)

und dass es im Januar 1919 auch das erste Mal gelungen ist, das Frauenwahlrecht bei der Wahl zur Nationalversammlung tatsächlich auszuüben.

(Beifall bei den Grünen, Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP sowie der Abg. Sabine Wölfle SPD)

Daher an die vielen Frauen, die sich dafür starkgemacht ha ben, noch einmal ein herzliches Dankeschön.

Wenn ich mir überlege und Revue passieren lasse, was in die sen 100 Jahren geschehen ist, dann muss ich sagen: Es ist schon bemerkenswert, wie Frauenrechte gestärkt worden sind und wie Frauen heute dastehen.

Ich möchte mit dem Hinweis beginnen, dass wir 1949 das Grundgesetz bekamen und dass die wenigen Frauen, die an der Erarbeitung des Grundgesetzes teilgenommen haben, in einem großen Kampf erreicht haben, dass der Satz aufgenom men wird: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Das war eine riesige Errungenschaft. Aber wir müssen natürlich selbstkritisch feststellen – das bezieht sich dann im Laufe der Jahre und Jahrzehnte auf viele Gesetze –: Das eine ist, Geset ze zu machen und zu verabschieden; das andere ist, dafür zu sorgen, dass sie auch eingehalten, umgesetzt und mit Leben gefüllt werden.

So verhält es sich auch mit dem Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Dieser Satz ist heute so aktuell, wie er auch 1949 war. Das heißt, wir sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angekommen. Wir sind noch lange nicht da, wo wir sein müssten, und an dem Punkt, dass wir sagen können: Jetzt haben wir erreicht, dass Männer und Frauen gleichbe rechtigt sind.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Sabine Wölfle SPD)

Ja, da können Sie ruhig klatschen.

Ich möchte doch noch ein paar Meilensteine nennen – einige sind ja schon genannt worden –: 1957 wurden die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemein schaft unterzeichnet. Damals ist schon festgestellt worden, dass Frauen und Männer für die gleiche Arbeit auch den glei chen Lohn bekommen sollten. Auch das ist also ein Gesetz, das schon sehr alt ist: 1957. Es ist 50 bzw. 60 Jahre alt.

(Abg. Winfried Mack CDU: 60! Diesen Monat!)

Ja. – Wir arbeiten immer noch daran, dieses Gesetz tatsäch lich umzusetzen. Angesichts dessen können wir uns ungefähr vorstellen, dass der Fortschritt in manchen Teilen dann doch eine Schnecke ist. Nach wie vor besteht der Gender Pay Gap,

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Geht das auch auf Deutsch?)

nach wie vor werden Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit unterschiedlich bezahlt.

1961 ist – auch das möchte ich hier nennen; das wurde hier heute noch nicht genannt – die Antibabypille zugelassen wor den. Auch das ist, finde ich, eine große Errungenschaft für die Selbstbestimmung der Frauen gewesen und hat auch das Frau enbewusstsein deutlich nach vorn gebracht.

1977 ist in der BRD das neue Eherecht auf den Weg gebracht worden, das die Hausfrauenehe abgeschafft hat.