Baden-Württemberg scheint aber ein armes Land zu sein, zu mindest wenn man der Argumentation der Frau Ministerin Bauer zur Sanierung des Haushalts folgt. Ohne die Einfüh rung von Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EUStaaten und für das Zweitstudium könnten die Einsparaufla gen nicht erfüllt werden. Diese symbolisieren quasi das Wohl und Wehe der Haushaltskonsolidierung.
Gestatten Sie mir daher, dass ich hierauf etwas näher einge he. Im Bericht zum Einzelplan ist von einer zunehmenden Stu dienneigung junger Menschen die Rede. Dies verwundert nicht, wenn man die Ziele des Koalitionsvertrags von GrünRot aus dem Jahr 2011 in den Blick nimmt: 50 % der Schüler eines Jahrgangs sollen den Weg an die Hochschulen finden – als ob eine Gesellschaft aus Akademikern eine bessere wäre.
Aber mit der Abschaffung der Studiengebühren hat sich dann das Ministerium einen Bärendienst erwiesen, da einerseits zwar mehr Studierende an die Hochschulen drängen, anderer seits nun aber den Hochschulen die Qualitätssicherungsmit tel fehlen.
Diese liegen heute an den Hochschulen pro Studierendem bei ca. 280 € – im Vergleich zu 500 € vor der Abschaffung.
Studiengebühren würden nach deren Auffassung die Gefahr bergen, dass junge Menschen aufgrund der finanziellen Be lastung von einem Studium abgeschreckt würden.
Um es hier ganz unmissverständlich klarzumachen: Die FDP/ DVP-Fraktion teilt ganz ausdrücklich die Zielsetzung, dass ein Studium niemals von den finanziellen Möglichkeiten ei nes jungen Menschen abhängen darf.
Eine Studie widerlegte aber bereits 2011 die Aussage, dass Studiengebühren von einem Studium abschrecken. Denn trotz
Ein zweites Argument: Studiengebühren seien sozial unge recht, da hierdurch Kinder aus wohlhabenden Familien bevor zugt würden. Grün-Rot meinte, das Problem der sozialen Se lektion ließe sich durch Beitragsfreiheit lösen. Auf den ersten Blick ist die Annahme, dass die Gebührenfreiheit finanziell schwächeren Studenten hilft, natürlich nicht falsch. Bei die ser Argumentation wird aber unterschlagen, dass die Gebüh renfreiheit eben nicht nur die finanziell Schwachen subventi oniert, sondern auch diejenigen, die die Studiengebühren pro blemlos tragen könnten und damit auch benötigte finanzielle Mittel zur Qualitätssicherung beitragen könnten.
Wenn die sozial schwächeren Schichten unterstützt werden sollen – das teile ich –, dann sollte diese Unterstützung beim Individuum ansetzen und nicht bei der Bereitstellung einer kostenlosen Dienstleistung für alle.
Das von uns favorisierte Modell nachlaufender Studiengebüh ren hingegen ermöglicht, dass jeder unabhängig von der fi nanziellen Ausstattung des Elternhauses und im Rahmen der Leistungsfähigkeit und der Interessen die Möglichkeit zu ei ner akademischen Ausbildung erhält. Die Erhebung von Stu dienentgelten darf die Studierenden und ihre Familien nicht während des Studiums belasten. Wir wollen echte nachgela gerte und in der Rückzahlungsmodalität einkommensabhän gige Studiengebühren in Höhe von 500 € je Student und Se mester.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist soziale Ge rechtigkeit!)
Nach dem Einstieg in das Berufsleben beginnen die Absol venten dann ab einer Einkommensuntergrenze mit der Rück zahlung ihrer Gebühren. Diese Zahlungen fließen direkt den Hochschulen zu. Eine frühzeitige und eine einmalige Rück zahlung der Studienbeiträge ist zu ermöglichen.
Sogenannte Langzeitstudierende, die die Regelstudienzeit um vier Semester überschritten haben, wollen wir mit einem Stu dienbeitrag von ebenfalls 500 €, der unmittelbar fällig ist, an den Kosten des Studiums beteiligen.
Unmittelbar fällig, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollen auch die Gebühren für die Studierenden aus Nicht-EU-Staa ten sein, jedoch auch nur in Höhe von 500 €.
Für nachlaufende Studiengebühren spricht vor allem auch der Gedanke der sozialen Gerechtigkeit. Denn die Ausbildung de rer, die aufgrund ihres Studiums in der Regel später besser verdienen, wird so nicht ausschließlich von der Gesamtheit aller Steuerzahler finanziert, also überwiegend von den Per sonen, die nicht von einem Hochschulstudium profitieren. Der Studierende beteiligt sich mit seinen Studiengebühren an der Finanzierung seiner Ausbildung, wie es im Übrigen auch der
angehende Meister macht, der die Kosten seiner Ausbildung – je nach Fachrichtung sind dies 5 000 bis 10 000 € –
Unstreitig ist, dass durch die Abschaffung der Studiengebüh ren die Universitäten mit deutlich weniger finanziellen Mit teln auskommen müssen. Dies führt u. a. zu wunderlichen Umgehungseffekten wie dem sogenannten Franchising von einigen Studiengängen. Universitäten sind nicht mehr in der Lage, bestimmte Studiengänge aus den vorhandenen Mitteln zu finanzieren, und kooperieren deshalb mit privaten Hoch schulen. Studiengänge werden so ausgelagert. Die Studieren den der privaten Hochschulen zahlen zwischen 1 000 und 2 000 € pro Semester an die private Hochschule, welche dann wiederum Lizenzgebühren an die öffentliche Hochschule zah len muss.
Der Wissenschaftsrat hat diese Praxis in seinem aktuellen Be richt deutlich kritisiert – und ja, diese Praxis ist eine Insolvenz erklärung der Hochschulen in unserem Land.
Mit der Einführung von nachlaufenden Studiengebühren wür de den Hochschulen wieder deutlich mehr Geld zur Verfügung stehen und wäre folglich weiteres Fundraising unterbunden. Denn wohlgemerkt belegt Baden-Württemberg
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Im Studi en- oder im Weiterbildungsbereich? Kennen Sie den Unterschied?)
ausweislich der oben genannten Studie nach Nordrhein-West falen Platz 2 bei der Anzahl derartiger Fälle des Franchising.
Die jetzt von Grün-Schwarz geplanten EU-Ausländergebüh ren sind sowohl diskriminierend als auch ein Tabubruch für Sie, werte Ministerin,
die Sie sich damit nicht nur in der eigenen Partei exkludieren – dies wohl auch deshalb, da damit nicht die Studienqualität verbessert wird, sondern ausschließlich Haushaltslöcher ge stopft werden.
Unverzichtbare Studiengebühren für EU-Ausländer einerseits, Verzicht auf Eintrittsgelder in die Museen – zumindest die ernsthafte Überlegung hierzu – andererseits zeigen nach un serer Auffassung eine paradoxe Haushaltspolitik des Ministe riums, die wir so nicht goutieren können.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich verkneife mir jetzt den Ein stieg mit einer Bauernregel, so gern ich das – insbesondere in Würdigung des großen Interesses des Umweltministers – ge tan hätte.
Ich beginne mit einer anderen großen Linie, bevor ich auf die Einzelheiten des Haushalts eingehe. Wir befinden uns bekann termaßen am Beginn des großen Reformationsjahrs. Ein wirk lich spannender Aspekt der Reformation ist, dass die Glau bensreformation von Anfang an auch eine Bildungsreforma tion war, also eine Bewegung, die für mehr Selbstbestimmung und mehr Bildung für alle gekämpft und dabei auch immer sehr bewusst für kritische und selbstbewusste Wissenschaft gestritten hat.