Protocol of the Session on February 9, 2017

Paul Nemeth hat es angesprochen: Wir wollen beim Thema Fotovoltaik in Baden-Württemberg einiges voranbringen, bei spielsweise das Thema Mietersolarstrom. Das ist eine Chan ce insbesondere zur Urbanisierung der Energiewende, um da, wo die großen Mietshäuser stehen, die Dächer zu nutzen und den kostengünstigen Solarstrom auch Mieterinnen und Mie tern zugänglich zu machen.

Das ist nicht ganz einfach; aber – Kollege Nemeth hat es an gesprochen – wir haben mittlerweile im Bund einiges bewir ken können. Ich gehe davon aus, dass wir innerhalb der nächs ten ein bis zwei Wochen wissen, ob der Bund von den Verord nungsmöglichkeiten, die er sich im EEG geschaffen hat, in dieser Legislaturperiode selbst Gebrauch macht. Dann müs sen wir uns das angucken. Wenn nicht, werden wir hier im Land aktiv. Dafür haben wir in diesem Haushalt mit entspre chenden Mitteleinstellungen Vorsorge getroffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Ich bin auch dankbar, dass wir uns mit unserem Koalitions partner verständigt haben, die Öffnungsklausel im EEG wahr

zunehmen – auch für die größeren Flächen-PV-Anlagen. Der Bund schreibt nun mal ab diesem Jahr 600 MW an großen Freiflächen-PV-Anlagen aus. Jetzt kann man sagen: „Nein, das wollen wir nicht.“ Dann werden sich andere freuen. Die se Stellungnahmen kenne ich auch.

Wir sind zurzeit in der Anhörungsphase, aber ich finde, wir sollten die Chancen in einem überschaubaren Rahmen nutzen. Wir haben uns auf 100 MW pro Jahr verständigt, die ausge schrieben werden. Dafür sind etwa 150 bis 200 ha notwendig. Niemand muss Angst haben, dass z. B. gute Ackerböden da runterfallen, weil wir letztendlich mit sehr kostengünstigen Flächen in Ostdeutschland und in Norddeutschland – mit gro ßen Konversionsflächen – konkurrieren. Das heißt, unsere Chancen, hier überhaupt zum Zug zu kommen, werden über schaubar sein. Aber ich denke, wir sind uns einig, dass das mit ein Baustein sein sollte, um das Thema Fotovoltaik bei uns in Baden-Württemberg voranzubringen.

Ebenfalls vom Kollegen Nemeth wurde das Thema Stromnet ze angesprochen. Letztendlich: Energiewende ist mehr als nur ein Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir müssen hier na türlich schauen, dass wir die Netze ausbauen, und zwar so wohl im Bereich der Übertragungsnetze als auch im Bereich der Verteilnetze. Wir haben in diesem Haushalt auch noch mals weitere Mittel vorgesehen, um das Thema „Smart Grids“ – intelligente Netze – voranzubringen.

(Lachen der Abg. Anton Baron und Dr. Rainer Podes wa AfD)

Wir haben ein Förderprogramm für die kommenden Jahre in Höhe von insgesamt 10 Millionen €, mit dem wir pro Jahr 2 Millionen € voranbringen.

Ich will einmal ein Beispiel nennen, wo wir schon sehr erfolg reich waren. Wir haben hier in Baden-Württemberg vor drei Jahren gemeinsam mit der Industrie, mit Forschungseinrich tungen die Smart-Grid-Plattform entwickelt.

(Abg. Anton Baron AfD: Wer zahlt die?)

Letztendlich war diese Smart-Grid-Plattform sozusagen der Nukleus für ein Konsortium von 50 Unternehmen und For schungseinrichtungen, die Ende letzten Jahres mit einem 50 Millionen € schweren Antrag beim Bundeswirtschaftsminis terium erfolgreich waren und mit dem C/sells-Projekt durchge kommen sind. Das Investitionsvolumen beträgt insgesamt 100 Millionen €. Dass dafür bei der AfD kein Verständnis besteht, lasse ich einfach links liegen.

(Abg. Anton Baron AfD: Was kosten die Dinger?)

Aber ich denke, wir sind uns einig, dass das eine Chance für den Industriestandort Baden-Württemberg ist, bei diesen wichtigen Themen „Smart Grids“ – intelligente Netze – und „Digitalisierung der Energiewirtschaft“ wirklich ein Leitmarkt zu werden.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Ganz Europa lacht uns aus!)

Ein drittes Thema habe ich angesprochen – das will ich noch kurz ausführen –, nämlich das Thema Ressourceneffizienz. In Baden-Württemberg wird im technologischen Bereich sehr

vieles produziert. Baden-Württemberg ist einer der wichtigs ten Automobilstandorte, hier ist Zulieferindustrie angesiedelt, Maschinenbau, Anlagenbau, Elektrotechnik, Elektronik, IT, und Baden-Württemberg exportiert sehr viel. Aber auf der an dere Seite ist Baden-Württemberg ein sehr rohstoffarmes Land. Wir haben Steine, wir haben Holz, wir haben Kies, und wir haben Salz. Das sind die Rohstoffe, die es in diesem Land gibt. Alle anderen Rohstoffe importieren wir.

Jetzt gibt es für den Industriestandort Baden-Württemberg zwei Möglichkeiten, damit umzugehen. Die erste Möglich keit ist, dass wir immer mehr Ressourcen importieren und uns damit von den Rohstofflieferanten immer abhängiger machen, und dies in einer immer unsicherer werdenden Welt. So kann es durchaus sein, dass manche Rohstoffe für die Herkunfts länder eine strategische Bedeutung haben, weil nur diese sie exportieren. Das ist die eine Möglichkeit.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Die andere Möglichkeit – das ist die, die wir präferieren – ist, dass wir ressourceneffizient wirtschaften, dass wir bei ressour ceneffizienten Technologien Marktführer werden und uns dann als Exportregion Baden-Württemberg auf dem Welt markt mit diesen Technologien wiederum zukünftig zusätzli che Exportchancen verschaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Die Landesregierung gibt hier eine klare Antwort: Wir setzen auf das Thema Ressourceneffizienz. Wir haben hierfür im Haushalt beispielsweise für die Umsetzung der Ressourcenef fizienzstrategie nochmals 1,8 Millionen € eingestellt. Diese Strategie haben wir gemeinsam mit der Industrie, mit Wissen schaft und Forschung entwickelt. Jetzt geht es natürlich dar um, dies umzusetzen.

Wir wollen hier auch bundes- und europaweit Impuls- und Ideengeber sein. Aber letztendlich wollen wir auch das sein, was ich eben angesprochen habe, nämlich ein Leitmarkt und ein Leitanbieter von Ressourceneffizienztechnologie.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang vielleicht noch mal kurz zwei Leuchtturmprojekte nennen. Eines wurde be reits genannt, nämlich der Thinktank „Ressourceneffizienz“. Dies ist eine Art Denkfabrik, die wir hier gemeinsam mit der Industrie voranbringen wollen, übrigens auch gemeinsam fi nanzieren wollen, nämlich indem wir einen Beitrag bringen und die Industrie einen Beitrag bringt. Damit wollen wir Lö sungsstrategien und neue Impulse für eine ressourcenscho nende und wettbewerbsfähige Umwelt- und Industriepolitik entwickeln.

Das zweite Thema – auch dafür haben wir Mittel in den Haus halt eingestellt – ist das wichtige Thema Ultraeffizienzfabrik. So haben wir es überschrieben. Dies ist auch ein Leuchtturm projekt. Worum geht es? Es geht darum, die Produktionsan lagen der Zukunft zu entwickeln, sodass wir es zukünftig wie der leichter haben, Industrieanlagen in Städten zu haben, so dass Wohnen und Produzieren auch wieder besser zusammen gehen, als das heute der Fall ist. Heute bestehen immer wie der Konfliktsituationen zwischen Wohnen, Freizeit und Indus trie. Ich glaube, dass das ein ganz wichtiges Thema ist und wir in Deutschland dabei eine Leitfunktion haben. Wir wer

den deshalb digitale Effizienztechnologien erproben und die Ultraeffizienzfabrik als ein Leuchtturmprojekt in die Digita lisierungsstrategie des Landes einbringen.

Ein Beispiel, das wir ebenfalls weiter voranbringen wollen und das auch im Haushalt verankert ist, möchte ich noch nen nen. Das ist die Idee: 100 ressourceneffiziente Betriebe als Leuchttürme, mit denen wir in Baden-Württemberg zeigen, was heute bereits in den kleinen und mittleren Betrieben pas siert – beispielhaft für andere, die davon lernen können und einiges in ihren Unternehmen übernehmen können.

Einen vierten Punkt, der ebenfalls bereits angesprochen wur de, möchte ich noch ansprechen: den Naturschutz. BadenWürttemberg ist ein Land, das Gott sei Dank reich an Kultur landschaften ist. Das sind die meisten; denn manchmal spricht man ja nur von Naturschutzgebieten, aber es sind eigentlich Kulturlandschaften. Aber wir haben auch noch eine wunder schöne Natur und Landschaft zu erhalten.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Noch, noch! Wenn Sie Ihre Windräder bringen! – Heiterkeit – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Noch! – Beifall bei der AfD sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Zimmermann, ich mache Ihnen einfach ein mal eine Rechnung auf: Rechnen Sie für eine Anlage mit 1 ha, und dann machen wir eine theoretische Rechnung, wie viele Hektar für tausend Anlagen notwendig sind. Dann kommen Sie auf 1 000 ha. Überlegen Sie sich dann, wie groß BadenWürttemberg ist, dann sind Sie weit unter 1 % der Landesflä che, die Sie dafür brauchen. Daher brauchen wir uns gemein sam um die Kulturlandschaften in Baden-Württemberg

(Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD: Hinstellen tun sie die mit Hubschraubern! – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

keine Gedanken zu machen. Natur und Landschaft und die na türlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, das bedeutet auch – und das ist mir sehr ernst –: Wir erhalten die Heimat der Men schen in unserem Land. Trotz der notwendigen Haushaltskon solidierung – es ist vorhin angesprochen worden und ich wer de gleich noch darauf eingehen – konnte erreicht werden, dass im Planentwurf 2017 für den Naturschutz und die Land schaftspflege 55,5 Millionen € veranschlagt worden sind. Dies zeigt, dass der Naturschutz in Baden-Württemberg einen sehr hohen Stellenwert hat, und er hat auch für diese Koalition ei nen sehr hohen Stellenwert.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Naturschutz und Wind kraft schließen sich aus!)

Es konnten wichtige Meilensteine wie das zweite Biosphären gebiet im Südschwarzwald realisiert werden, und durch die nahezu flächendeckende Einrichtung von Landschaftserhal tungsverbänden können wir unsere attraktive Kulturlandschaft und ihre einzigartigen Schutzgebiete noch besser pflegen. Au ßerdem finanzieren wir aus dem Naturschutzetat die Natura2000-Managementpläne, mit denen das Land seiner Verant wortung für den Erhalt des europäischen Naturerbes nach kommt.

Nun gab es in den letzten Tagen einige Diskussionen um Bau ernregeln bzw. Ministerinnen, die wegen vermeintlicher Bau ernregeln zurücktreten sollten oder nicht.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sag uns etwas dazu! – Zu ruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Jetzt mal im Ernst: Ich will mich nicht an der Debatte über richtige und falsche Bauernregeln beteiligen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Schade, arg schade!)

Aber eines möchte ich sagen: Fakt ist doch, dass die Land wirtschaft Milliardenbeträge aus Brüssel, aus Berlin und aus den Ländern bekommt, und zwar zu Recht, weil sie z. B. ei nen wichtigen Beitrag zum Erhalt unserer Kulturlandschaften sowie für die Erzeugung gesunder Lebensmittel leistet.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Trotzdem muss sich – deshalb mache ich niemandem einen Vorwurf –, wie ich finde, so mancher Bauernfunktionär ein mal mit der Frage auseinandersetzen: Ist es, wenn man so vie le öffentliche Gelder bekommt, dann richtig, anschließend noch einmal die Öffentlichkeit zu belangen, und zwar, bun des- und europaweit gesehen, in Milliardenhöhe, wenn es da rum geht, mit zu hohen Nitratwerten im Boden,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! – Abg. Ga bi Rolland SPD: Im Trinkwasser!)

mit dem Rückgang der Artenvielfalt in unserer Landschaft oder auch mit zu hohen Rückständen in unseren Fließgewäs sern umzugehen? Ich weiß, wovon ich spreche, wenn ich se he, wie viele Mittel wir noch in die Hand nehmen müssen, beispielsweise bei den Themen

(Abg. Gabi Rolland SPD: Glyphosat!)

Abwasserreinigung, Wasserversorgung oder „Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie“, bei der es darum geht, einen guten chemischen und ökologischen Zustand unserer Fließgewäs ser herzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Daher muss man schon einmal sagen: „Ohne Blumen auf der Wiese geht’s der Biene richtig miese.“ Da ist schon etwas dran.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Ich glaube, deswegen muss man sich auch ernsthaft mit die sen Themen auseinandersetzen.

(Zurufe – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, Sie nähern sich allmählich dem Zeitpunkt, an dem ich einen Aufschlag erteilen muss.