Protocol of the Session on February 8, 2017

(Zurufe von der SPD: Ja! – Zuruf: Wie Herr Rülke das auch sagte!)

Bei Herrn Rülke wundert mich das nicht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Weil er recht hat!)

Bei Herrn Stoch hatte ich eigentlich mehr Niveau erwartet.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dann muss man seine Re de anders gestalten, als Sie es gemacht haben! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Nicht einmal Ih re Fraktion klatscht dabei!)

Sie verlassen mit dieser Äußerung den Boden jeglicher Dis kussionskultur

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Reinhold Gall SPD: Lesen Sie mal Ihre Rede nach!)

und beleidigen en passant – –

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sie beschimpfen uns stän dig! – Abg. Reinhold Gall SPD: Lesen Sie mal die Rede nach, die Sie gehalten haben! – Glocke des Prä sidenten)

Herr Professor Meuthen, fahren Sie fort.

Ich habe Sie nicht als „Schan de für das Parlament“ bezeichnet. Sie beleidigen en passant mehr als 800 000 Menschen, die uns und nicht Sie gewählt haben. Wieder eine Illusion weniger.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ich sage Ihnen, Herr Stoch: Eine Schande ist es, alle Anträge der AfD pauschal abzulehnen, anstatt sie inhaltlich zu prüfen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Das ist parlamentarischer Arbeit im Auftrag der Bürger un würdig – eine Schande eben, und es ist Ihre Schande, Herr Stoch. So ist das.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Sie machen da ja alle gemeinsame Sache. Das ist, ob Sie es hören wollen oder nicht, klassisches Kartellverhalten, und da rum verwende ich das Wort „Kartellparteien“.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Das stimmt schon, und Sie schäumen deswegen, weil Sie wis sen, dass es stimmt. Wissen Sie: Wenn wir Anträge stellen wie z. B., für Mehrlingsgeburten 200 000 € zu bewilligen – ein Ansatz, den Sie zunächst auf null stellen wollten –, dann kom men Sie mit einem eigenen Antrag, machen aus 200 000 € 225 000 €, und dann ist es Ihrer.

Ein kleiner Trost liegt darin: AfD wirkt eben doch; denn wenn wir diesen Antrag nicht gestellt hätten, wäre es wahrschein lich bei null geblieben.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Sabine Wölfle SPD: Den haben Sie bei uns abgeschrieben, lieber Herr Meu then!)

Nur eine kurze Anmerkung zum Herrn Ministerpräsidenten: Sie sagen, uns gehe es besser denn je, und führen das wort reich aus. Jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht würde ich Ih nen für die aktuelle Situation nicht einmal widersprechen wol len. Nur übersehen Sie dabei – ob willentlich oder nicht, kann ich nicht beurteilen –, dass wir heute hier über den Haushalt 2017 sprechen, und der betrifft nun einmal die Zukunft und nicht die aktuelle Lage.

Wenn wir uns anschauen, welche Weichen Sie für die Zukunft stellen, dann muss ich sagen: Ihren Ausführungen kann ich entgegenhalten: Ihre wohlgesetzten Worte vernehme ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Da wird mit Zahlen operiert, die mir doch einigermaßen unglaubwürdig erscheinen. Es ist be reits die dritte Zahl, was die Mittel für die Verkehrsinfrastruk tur betrifft, die ich von Ihrer Regierung höre, und wir sind et was verwirrt, welche denn nun stimmen soll. Mit den uns vor liegenden Zahlen stimmt nicht eine dieser drei Zahlen über ein. Also, das ist irritierend.

Was Sie da an Haushalt vorlegen, ist nicht zukunftsgerichtet. Wenn Sie sagen: „Uns geht es heute so gut“, dann erinnert mich das ehrlich gesagt an einen Spruch, der mir wohlvertraut ist, der lautet: „Es ging uns noch nie so gut wie heute“, sag ten die Gänse kurz vor Weihnachten.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Weichenstellungen dieses Haushalts sind falsch, und sie führen in eine Zukunft, in der Ihre heutige Euphorie nach un serer festen Überzeugung geradezu grotesk Lügen gestraft werden wird. Darum lehnen wir diesen Entwurf in toto ab.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte in dieser zweiten Runde auf eini ge Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten eingehen. Wir alle haben natürlich, Herr Ministerpräsident, überhaupt keine Probleme damit, wenn Sie die Lage bei uns in BadenWürttemberg, in Deutschland, in Europa hier als eine Situa tion beschreiben, in der Menschen trotz einer wirtschaftlich überwiegend guten Lage in Deutschland und in Baden-Würt temberg eben auch Sorge haben.

Wenn wir in Baden-Württemberg in den letzten Jahren und auch heute wirtschaftlich – und ich sage auch: gesellschaft lich – gut dastehen, dann ist das ein Verdienst der Menschen in diesem Land, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen. Wenn wir aber über die Gestaltung der Zukunft sprechen, dann reicht es nicht aus, sich nur auf diesen Lorbeeren auszuruhen, sondern dann geht es heute darum, die richtigen Entscheidungen für morgen zu treffen.

Herr Ministerpräsident, gerade dort sehen wir ein riesengro ßes Defizit, weil wir glauben, dass es eben nicht so ist, wie Sie sagen. Sie haben behauptet, diese Regierung verfüge über einen klaren Kompass. Meine sehr geehrten Damen und Her ren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich werde Ihnen im Folgenden einige Entscheidungen dieser Regierung oder auch Haltungen der Regierungsfraktionen vor die Nase halten, aus denen Sie sehen, dass von einem klaren Kompass nicht die Rede sein kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte mit dem Haushalt beginnen. Ich habe vorhin et was von einer Kulisse gesagt, die Sie aufbauen. Ihre Finanz ministerin hat im Vorfeld bei der Aufstellung des Haushalts natürlich zunächst einmal eine Kulisse gebraucht, eine Kulis se, die den Menschen vermitteln soll, vor allem auch auf der kommunalen Seite – also unseren Städten, Gemeinden und Landkreisen –, dass dieser Landeshaushalt unter einem riesi gen Konsolidierungsbedarf leide. Wir können doch feststel len, wenn wir die Entwicklungen der letzten zwölf Monate betrachten, dass einige Annahmen, die in der mittelfristigen Finanzplanung für das Jahr 2016 noch enthalten waren, z. B. in Bezug auf Kosten für Aufgaben im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe, zum Glück revidiert werden konnten, weil diese Ausgaben deutlich zurückgegangen sind – bereits im Jahr 2016 und auch in der Prognose für das Jahr 2017.

Mit Verlaub, Herr Ministerpräsident, dies ist keine Leistung dieser Landesregierung, sondern eine glückliche Fügung, über die wir alle froh sind.

(Beifall bei der SPD)

Dass Sie dann aber trotz erheblicher Steuermehreinnahmen – im Vergleich zu 2015 kam es 2016 zu Steuermehreinnahmen von 3,15 Milliarden € – immer noch mit einem Konsolidie rungsbedarf argumentieren, war nur darauf gerichtet, die Kom munen dazu zu bringen, einen ganz erheblichen Betrag gegen über dem Land abzugeben, nämlich einen Betrag in Höhe von insgesamt 321 Millionen €. Oder wenn man es auf den ein zelnen Einwohner herunterrechnet: Pro Einwohner in BadenWürttemberg fehlen den Kommunen 30 € in der Kasse –

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Sie haben dem zugestimmt!)

und dies in einer Zeit, in der unsere Kommunen in BadenWürttemberg erhebliche Aufgaben haben, gerade wenn es um das Thema Wohnen geht, gerade wenn es um das Thema Bil dung geht, und gerade wenn es um das Thema Integration geht. Das ist das völlig falsche Signal an die Menschen und das völlig falsche Signal an unsere Kommunen in BadenWürttemberg.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir über Wahrheit, Offenheit und Transparenz sprechen, wie Sie das ja regelmäßig tun, dann können Sie sich hier nicht hinstellen, Herr Ministerpräsident, und von einer Konsolidie rung im Bereich des Haushalts von gut 800 Millionen € – und insbesondere nicht von einer Konsolidierung innerhalb der Landesregierung von 370 Millionen € – sprechen. Wenn wir den Blick auf diese Beträge richten, dann stellen wir doch ganz schnell fest, dass allein gut 90 Millionen € dadurch re duziert, also eingespart werden, dass die Zinsausgaben des Landes geringer waren. Das ist keine Leistung der Landesre gierung von Baden-Württemberg, das ist eine glückliche Fü gung, über die Sie natürlich froh sein können, weil Sie zusätz liche Verfügungsmasse gewinnen.

Also, Herr Ministerpräsident, erzählen Sie den Menschen nicht, dass aus eigener Anstrengung hier Haushaltskonsoli dierung betrieben wurde. An dieser Stelle stimmt das schlicht und einfach nicht.

(Beifall bei der SPD)

Das Gleiche gilt für einen weiteren Posten in Höhe von knapp über 80 Millionen €, nämlich die globale Minderausgabe. Es stimmt auch nicht in vielen Einzeltiteln, wo Sie lediglich die Haushaltsansätze an die bisherigen, niedrigeren Ausgaben an gepasst haben.

Herr Ministerpräsident, wenn wir fragen, wo diese Landesre gierung spart, dann kommen wir leider zu dem Befund: Ge spart wird lediglich in dem Bereich, in dem es um die Zukunft des Landes geht. Gespart wird nämlich dort, wo es um Bil dung geht. Das ist die falsche Stelle, um zu sparen, Herr Mi nisterpräsident.

(Beifall bei der SPD)

Wenn es um Anspruch und Wirklichkeit geht, fällt mir eines natürlich besonders auf: Wenn wir das Hohelied auf die Digi talisierung und deren Chancen singen, dann sollten wir auch die Mittel in die Hand nehmen, um die Chancen, die in die sem Thema stecken, ausschöpfen zu können. Da ist ein klei nes, aus meiner Sicht aber sehr plakatives Beispiel eben ge nau der Informatikunterricht.

Sie haben gerade gesagt, man könne im Moment nur 60 De putate aufbringen, um am Gymnasium mit dem Informatik unterricht zu beginnen. Zu dem Konzept, das wir noch in un serer Regierungszeit beschlossen haben – nämlich 150 Depu tate, um an allen Schulen damit beginnen zu können –, fehlen ganze 90 Deputate; das sind gut 5 Millionen €. Herr Minister präsident, bei der derzeitigen Haushaltslage und angesichts der Tatsache, dass sich die Regierungsfraktionen in den Haus haltsberatungen zweistellige Millionenbeträge für verschie dene Projekte genehmigt haben, wäre es ein sinnvolles – ich sage: das einzig richtige – Zeichen, wenn die Landesregierung für den Informatikunterricht diese zusätzlichen 5 Millionen € in die Hand nehmen würde.

(Beifall bei der SPD)

Ich halte es, mit Verlaub, für gefährlich, wenn Sie die Schü lerzahlen und die Lehrerzahlen, die wir vor 15 oder 20 Jahren hatten, den heutigen Zahlen gegenüberstellen und versuchen, aus der Schüler-Lehrer-Relation Schlüsse für sinnvolle bil dungspolitische Maßnahmen zu ziehen. Ja, wir müssen an je der Stelle die Frage stellen: Wie werden die Mittel sinnvoll und effektiv eingesetzt? Aber dann reicht es nicht, Herr Mi nisterpräsident, diesen Befund zu benennen. Dann müssen Sie, dann muss die Landesregierung, dann muss die Kultusminis terin sagen, wo die angeblich zu viel im System befindlichen Lehrerstellen denn gestrichen werden sollen.

Ich behaupte, dass nicht Dutzende, Hunderte oder Tausende von Lehrkräften irgendwo darauf warten, dass ihre Stellen von der Landesregierung gestrichen werden. Diese Lehrkräfte ste hen in Unterrichtsräumen, in Klassenräumen. Diese Lehrkräf te sind diejenigen, die die Kinder in Baden-Württemberg gut auf ihre Zukunft vorbereiten wollen. Meine sehr geehrten Da men und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wenn Sie Lehrerstellen streichen, dann müssen Sie auch sagen, wo Sie das tun wollen.