Protocol of the Session on December 21, 2016

(Zuruf der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch)

Da haben Sie vielleicht die Finanzministerin und deren Haus haltsrede aus der vergangenen Woche gemeint.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Denn diese Haushaltsrede, Frau Sitzmann, war – da hat Kol lege Reinhart recht mit dem „Buddenbrooks“-Vergleich – ly risch. Es gab einige Gemeinplätze, die Ankündigung: „Wir halten die Schuldenbremse ein.“ Aha! Nur, dazu sind Sie rechtlich verpflichtet. Dann haben Sie sich dafür gerühmt – ich zitiere –, auf Steuererhöhungen zu verzichten. Wie war denn das mit den geheimen Nebenabreden, die Kollege Stoch schon angesprochen hat? Da stand drin: „Wir wollen die Grund erwerbsteuer erhöhen.“ Jetzt sind Sie ertappt worden, weil diese geheimen Nebenabreden in die Öffentlichkeit kamen, und Sie stellen sich hier hin und sagen mit unschuldigem Au genaufschlag: „Wir wollen auf Steuererhöhungen verzichten.“ Wie eine ertappte Sünderin!

(Lachen des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

By the way, Frau Sitzmann: Ist das, was Sie jetzt hier vorge legt haben, der offizielle Haushalt, der tatsächliche Haushalt? Oder gibt es noch einen geheimen Nebenhaushalt dieser Lan desregierung?

(Vereinzelt Heiterkeit)

Das hätten wir gern gewusst.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich habe schon ge dacht, er redet von schwarzen Kassen!)

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie reden aber nicht von schwarzen Kassen?)

Nein, nicht von schwarzen Kassen. Aber vielleicht, Herr Kollege Zimmermann, wissen Sie ja mehr als ich.

(Heiterkeit – Beifall bei der FDP/DVP und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich bedanke mich für den Hinweis. Wir werden dem nachge hen.

(Unruhe)

In Bezug auf den offiziellen Haushalt – also den, den Sie vor gelegt haben, Frau Sitzmann; was es mit einem geheimen Ne benhaushalt, mit schwarzen Kassen auf sich hat, werden wir

sehen – schrieb die „Stuttgarter Zeitung“ am 14. Dezember dieses Jahres – ich zitiere –:

Der Etat ist nicht wetterfest, sondern ein Sommerkind, das auf den Winter nicht vorbereitet ist.

In der Tat: Sie haben einen Schönwetterhaushalt vorgelegt. Was aber kommt später? Frau Kollegin Sitzmann, was pas siert, wenn die Zinsen irgendwann einmal steigen? Was pas siert, wenn eine Rezession kommt?

(Zuruf: Weil die FDP an die Regierung kommt!)

Was passiert, wenn die Situation insgesamt schwieriger wird, Frau Kollegin Sitzmann? Oder um es mit einem friesischen Sprichwort zu sagen: Wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer ohne Hose badet.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der AfD sowie Ab geordneten der CDU – Beifall bei Abgeordneten al ler Fraktionen)

Also: Auf diese Entwicklung sind wir gespannt.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Der größte Unfug bei Ihrer Argumentation ist das Geschwätz von den niedrigen Zinsen. Herr Ministerpräsident, auch Sie machen sich das ja zu eigen. Sie erklären: Jetzt sind die Zin sen niedrig; jetzt muss man keine Schulden tilgen. Das ist ei ne wohlfeile Argumentation. Wenn die Zinsen dann irgend wann einmal steigen, werden Sie wahrscheinlich behaupten: Jetzt können wir nicht tilgen, weil wir so viele Zinsen zahlen müssen. Vor diesem Hintergrund werden dann nie Schulden getilgt, meine Damen und Herren.

Bei einer Gesamtverschuldung des Landes von 47 Milliar den € verursacht ein Zinsanstieg um einen Prozentpunkt 470 Millionen € mehr an Belastungen für das Land Baden-Würt temberg, und zwar Jahr für Jahr. Vor diesem Hintergrund müs sen Sie doch irgendwann einmal anfangen, den Schuldenberg abzubauen.

Jetzt einmal ganz unter uns, Herr Ministerpräsident: Wann, wenn nicht in dieser Situation, wollen Sie denn noch Schul den tilgen? Wann überhaupt?

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Kuhn AfD)

Das hätten wir schon gern von Ihnen erfahren. Wollen Sie vielleicht in einer Situation, in der die Zinsen wieder steigen, in der die Steuereinnahmen wegbrechen, in der wir eine Re zession haben, Schulden tilgen? Wollen Sie uns das ernsthaft erzählen?

Da wird die Lehre von Keynes immer nur halb vollzogen. Auf Keynes beruft man sich und sagt, man solle antizyklisch agie ren und in der Krise investieren, damit die Situation besser wird. Aber Keynes sagte auch: In guten Zeiten muss man die Schulden wieder zurückzahlen. Denn sonst drohen irgend wann Entwicklungen wie in Griechenland. Das ist doch der Punkt.

Wir würden schon gern von Ihnen wissen: Wie muss denn die wirtschaftliche Situation in diesem Land sein, wie muss die Haushaltssituation sein, wie müssen die Steuereinnahmen

sein, damit Sie einmal tilgen? Das hätten wir gern gewusst, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen sollte man sich über diese niedrigen Zinsen auch nicht freuen. Denn es gibt Opfer dieser niedrigen Zinsen, die ser Politik von Mario Draghi: Das sind die Bürger, die Sparer in diesem Land,

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Kuhn AfD)

die mit ihrem Sparvermögen und mit ihrer Altersvorsorge für diese Politik zahlen. Das ist nämlich eine Umfinanzierung vom Sparer hin zu den Finanzministern, und das sollten wir auch sehr klar benennen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Schauen Sie sich doch die Entwicklung der Steuereinnahmen in den letzten Jahren einmal an: 2013 30,1 Milliarden €, 2014 31,8 Milliarden €, 2015 33,0 Milliarden €, 2016 voraussicht lich 35,75 Milliarden € an Steuereinnahmen. Sie liegen in je dem Jahr deutlich über dem realen Zuwachs des Bruttoin landsprodukts. Ich frage noch einmal: Wann wollen Sie til gen, wenn nicht jetzt?

Im Übrigen haben Sie 3,2 Milliarden € an Reserven, es kom men weniger Flüchtlinge, das Zinsniveau ist gering, Sie ha ben Steuermehreinnahmen, und Sie haben auch noch den Ju liusturm von Nils Schmid geerbt. – Wo ist er denn? Er macht wahrscheinlich schon Quartier in Berlin. – Sie erben diesen Juliusturm, Sie nehmen die anderen Windfall-Profits locker mit und können natürlich auf diese Art und Weise ohne Ein sparungen die Schuldenbremse im Jahr 2020 einhalten. Da für wollen Sie dann gelobt werden, ohne sich anzustrengen.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Wir treffen Vor sorge!)

Meine Damen und Herren, die CSU will ja einen Straftatbe stand „Fake News“ einführen. Ich empfehle Ihnen: Wehren Sie sich im Bundesrat, wenn das auf die Tagesordnung kommt. Denn wenn das beschlossen wird, dann drohen dieser Landes regierung für die Behauptung, es handle sich um einen soli den Haushalt, schwere Strafen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD)

Ich würde das ernst nehmen.

Der Fleiß der Bürger beschert dem Land Rekordeinnahmen. Es gibt gewaltige Rücklagen im Haushalt. Ich habe den Juli usturm von Nils Schmid erwähnt. Da, liebe Kollegen von der SPD-Fraktion, haben Sie wirklich ein Eigentor geschossen. Da hat Nils Schmid über Jahre im Haushalt Rücklagen gebun kert, damit es hinterher gut aussieht.

(Zuruf des Abg. Karl Klein CDU)

Jetzt ist man unglückseligerweise bei der Wahl aus der Regie rung geflogen, und das Schatzkästlein geht jetzt an die nach folgende Landesregierung. Dumm gelaufen!

(Abg. Andreas Stoch SPD: Nein, vorausschauend!)

Kennen Sie die Krimikomödie „Den Letzten beißen die Hun de“? Da geht es um ein Gaunerpärchen, das eine Bank über fällt und anschließend die Beute versteckt. Der eine von bei den wird geschnappt und sitzt im Knast, und der andere ver partnert sich neu, und die heben dann den Schatz und verju beln das Geld. So ist es Nils Schmid gegangen. Ich kann Sie aber beruhigen: Das geht gut aus. Am Schluss wandern die zwei, das neue Pärchen, dann auch in den Knast.

(Vereinzelt Heiterkeit)

So entwickelt es sich dann auch wieder.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Er hat aber 3 Milliarden € mehr Schulden gemacht!)