Protocol of the Session on November 30, 2016

was aber mit der heutigen Debatte keinesfalls gelingen wird.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Vorlage der Grundschulempfehlung schafft aus unserer Sicht die Basis für eine passende Förderung von Anfang an; Frau Boser hat es eben schon dargelegt. Aus meiner Sicht sind drei Gründe zu nennen, die das verdeutlichen.

Erstens: Dieser Verbund aus der Grundschulempfehlung und der Lernstandserhebung in Klasse 5 erlaubt eine erste, aus un serer Sicht stabilere pädagogische Einschätzung der Stärken und der Schwächen des einzelnen Kindes.

Zweitens ist für uns die Kombination aus der Vorlage der Grundschulempfehlung und der Lernstandserhebung in Klas se 5 die richtige Grundlage für eine gezielte Förderung und Unterstützung des einzelnen Kindes, und zwar von Anfang an.

Und zum Dritten: Wir wollen nicht nur, dass das Kind die ge wählte weiterführende Schule besuchen kann, wir wollen auch, dass es in einer eventuell sensiblen Lebensphase in die ser Schule auch erfolgreich sein kann. Das ist das Entschei dende.

Deswegen unser Fazit: Wir schaffen mit dieser Maßnahme ei ne Beratung von Anfang an. Im Verbund mit diesen beiden

Elementen – der Vorlage der Grundschulempfehlung und der Lernstandserhebung in Klasse 5 – schaffen wir die richtige Basis. Die Entscheidungsfreiheit der Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, wird in keiner Weise eingeschränkt. Deshalb lehnen wir im Koalitionsverbund den Beschlussteil Ihres Antrags ab.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Räpple das Wort.

Meine lieben Damen und Herren Kollegen Abgeordnete!

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: „Frau Präsiden tin!“)

Stellen Sie sich einmal eine Mutter mit ihrem Kind vor. Stel len Sie sich eine Mutter mit ihrem Kind im Arm vor, ein Neu geborenes. Zwischen der Mutter und ihrem Kind ist doch ei ne grenzenlose Liebe vorhanden.

(Zuruf von der SPD: Beim Vater auch!)

Selbst wenn dieses Kind nicht besonders schön ist – objektiv gesehen,

(Abg. Nicole Razavi CDU: Gibt es das?)

für jemand Außenstehenden –: Für die Mutter selbst ist ihr Kind das schönste Kind auf der ganzen Welt.

(Zurufe von der SPD: Für den Vater nicht? – Für Vä ter auch! – Abg. Nicole Razavi CDU: Man meint, dass er schon mal Mutter war! Waren Sie schon mal Mutter?)

Die Sache ist: Irgendwann wird die Mutter älter, und auch das Kind wird älter. Dann kommen sie in die Schule.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Die Mutter oder das Kind?)

Die Mutter liebt das Kind immer noch genauso wie bei der Geburt.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Und der Vater?)

Sie hat nicht den objektiven Blick auf das Kind, wie ihn viel leicht eine außenstehende Person haben könnte.

Meine Damen und Herren, hier geht es nicht um eine Schul wahlfreiheit, wie von der SPD so treffend oder auch nicht tref fend formuliert. Es ist nämlich kein Grundgesetz der Schul wahlfreiheit vorhanden oder gar ein anderes Recht darauf, sich die Schule auszusuchen, die man gern hätte. Denn daran sind natürlich noch andere Menschen beteiligt, insbesondere Leh rer und Mitschüler, die auch ein berechtigtes Interesse an der Qualität des Unterrichts haben. Daher geht es hier nicht um eine Schulwahlfreiheit, sondern darum, wie wir die äußere Differenzierung unserer Schulen gestalten.

Wir haben uns dazu entschlossen, neben der Grundschule, der Hauptschule, der Realschule und dem Gymnasium auch noch Gemeinschaftsschulen zu haben, sodass wir in Baden-Würt

temberg ein mehrgliedriges Schulsystem vorfinden. Wenn wir ein mehrgliedriges Schulsystem haben, muss natürlich auch ausgewählt werden, wer in das eine Glied kommt, wer ins zweite Glied und wer ins dritte Glied kommt. Anders kann es nicht gehen; anders kann es nicht funktionieren.

Die Frage ist nur: Wer entscheidet darüber? Soll darüber sub jektiv entschieden werden, wer in welche Schulart kommt? Ich kann Ihnen schon sagen: Alle Eltern wollen, dass ihr Kind einen möglichst hochwertigen Schulabschluss erwirbt. Da geht es nicht darum, dass Eltern besonders genau einschätzen könnten, wozu ihr Kind fähig ist. Sie legen eher darauf Wert, wohin ihr Kind in seinem Leben geht, wohin es sich entwi ckelt. Das ist das Wichtige.

Wir müssen aber diese äußere Differenzierung nutzen, um für ein gewisses Maß an Homogenität im Unterricht zu sorgen. Es besteht nämlich das Problem einer starken Heterogenität.

Die Binnendifferenzierung ist ein Kraftakt, den die Lehrer tag täglich leisten müssen. Bereiten Sie einmal einen Unterricht vor, der auf jeden Schüler individuell zugeschnitten ist. Dann haben Sie nämlich nicht die Möglichkeit, ins Internet zu ge hen, einfach ein Arbeitsblatt auszudrucken und es an alle zu verteilen, sondern Sie müssen wirklich dafür sorgen, die ver schiedenen Kinder, die zusammen in einem Klassenzimmer sitzen, individuell zu fördern.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Darum: Entlasten Sie bitte die Lehrer, und nehmen Sie durch die äußere Differenzierung schon eine Vorsortierung vor. Bit te behalten Sie also das gegliederte Schulsystem bei.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ich habe das Gefühl, dass mit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung ein Ziel erreicht werden sollte: das langsame Aussterben der Hauptschule und der Realschule. Ich weiß, die Hauptschule hat sich in den letzten Jahrzehnten kei nen guten Ruf erworben, was auch an den mangelnden Profi len der Hauptschulen liegt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir haben doch viele Stunden investiert!)

Aber die Zukunft zu bestreiten, indem wir die Hauptschulen jetzt ausbluten lassen, geht natürlich zulasten derer, die aktu ell in den Hauptschulen sind.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das geben aber doch die Zahlen gar nicht her! Das stimmt doch einfach nicht!)

Das ist so.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist nicht so! Die Lan desregierung hat es anders beantwortet!)

Okay. – Die Frage ist: Wohin soll es gehen?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja! – Abg. Wolfgang Drex ler SPD: Wohin? – Zuruf: Da sind wir alle gespannt!)

Wir setzen uns ein für den Erhalt des mehrgliedrigen Schul systems, sowohl für die äußere als auch für die Binnendiffe

renzierung – ganz klar – und für ein klares Profil der Haupt schule und der Realschule. Eine klare Profilierung wird dazu führen, dass die Schülerzahlen auch an diesen Schularten wie der steigen.

Wir von der AfD lehnen den Antrag der SPD entschieden ab.

(Beifall bei der AfD – Der Redner trinkt aus dem am Rednerpult bereitgestellten Wasserglas und stellt das Glas zurück.)

Sie können das Wasserglas mitnehmen.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Danke schön! – Zurufe von der SPD: Nicht verschütten! – Und nicht mit heimnehmen! – Unruhe)

Ich darf um mehr Ruhe bitten. – Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es gibt durchaus Gründe, die dafür sprachen, die ehemals verbindliche Grundschulempfehlung abzuschaffen, sodass sie nicht mehr verbindlich ist. Auch die FDP hat auf ihren Parteitagen immer leidenschaftlich darüber diskutiert, ob es – wenn man vom mündigen Bürger ausgeht – eigentlich richtig sei, den Eltern vorzuschreiben, auf wel che weiterführende Schule sie ihre Kinder zu schicken hätten.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Dann sind Sie aber nicht vom mündigen Bürger ausgegangen!)

Nur: Wenn man das macht, muss man es gut vorbereiten. Dann braucht man zahlreiche Begleitmaßnahmen, damit das nicht zu den Konsequenzen führt, die es in Baden-Württemberg durch Ihre Politik, die verbindliche Grundschulempfehlung überstürzt, unvorbereitet und ohne entsprechende Begleitmaß nahmen abzuschaffen, tatsächlich gegeben hat.

(Beifall bei der FDP/DVP)