Protocol of the Session on October 26, 2016

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Zuruf von der AfD: So ist es!)

Kein Wort zum Thema „Zukunft des Solidaritätszuschlags“. Im Gegenteil: Dieser kunstvolle Kompromiss funktioniert ein fach nur so, dass der Bund das Geld der Steuerzahler an die Länder weitergibt, und alle freuen sich. Das geschieht aber zulasten der Steuerzahler, Herr Ministerpräsident. Von einer Entlastung kann nicht die Rede sein.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Dann haben Sie damals formuliert, Sie wollten eine Entflech tung der Aufgabenstruktur und deren Finanzierung im Sozi albereich. Fehlanzeige.

Viertens war von einer Balance von Solidarität und Eigenver antwortung im Ausgleichssystem die Rede. Auch davon kann jetzt nicht die Rede sein. Wir haben immer darauf hingewie sen – das war auch das Ziel der Klage –, dass sich ordentli ches Wirtschaften lohnen muss, dass die Bundesländer, die ordentlich wirtschaften, belohnt werden, und diejenigen, die nicht ordentlich wirtschaften, die Folgen spüren.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Davon kann hier keine Rede sein, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Es wird weiter das Geld des Steuerzahlers in den Trichter rein geschmissen und unabhängig von Leistungen und unabhän gig von Haushaltssolidarität breit verteilt. Herr Ministerprä sident, das ist das Gegenteil einer Quadratur des Kreises.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Nein, Sie sind komplett an den eigenen Ansprüchen geschei tert.

Im Übrigen ist es ja schön, dass Sie nicht nur im Landtag von Baden-Württemberg reden, sondern beispielsweise auch am Montag in Reutlingen beim Landkreistag gesprochen haben. Sie hatten aber das Pech, dass einige in diesem Haus nicht nur heute Ihre Regierunginformation gehört haben, sondern auch das, was Sie am Montag den Landräten erzählt haben. Da klang das ganz anders, Herr Ministerpräsident. Da haben Sie über den Kompromiss, über dieses Brett von Max Weber, den Landräten gegenüber in erbarmungswürdiger Weise geredet und gesagt, wie schwierig doch alles ist und wie wenig bei diesem Bruttoergebnis netto herauskommt. Es ging fast so weit – ich habe darauf gewartet –, dass Präsident Walter den

Klingelbeutel herausholt, um ihn unter den Landräten für das arme Land herumgehen zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Hier bei Ihrer Regierungsinformation feiern Sie sich: brutto fast 1 Milliarde €. So steht es in Ihrem Redetext. Im Land kreistag haben Sie den Landräten vorgerechnet und geklagt, von diesen brutto 961 Millionen € blieben netto nur 366 Mil lionen € übrig, und 400 Millionen € hätten Sie schon in der mittelfristigen Finanzplanung eingeplant.

(Zuruf von der AfD)

Sie haben also ein Minusgeschäft gemacht, haben Sie den Landräten erzählt, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das ist der Grund, warum Sie die Kommunen zur Ader lassen müssen. Ist so etwas – ein Minusgeschäft – die Quadratur des Kreises, Herr Ministerpräsident? Sie haben zugestimmt, und allein deshalb hätte es sich gelohnt, diese Klage weiterzuver folgen, weil diese erkennbar grundgesetzwidrige Einwohner veredelung in diesem Länderfinanzausgleich bleibt. Ja, kann es denn die Aufgabe eines Ministerpräsidenten von BadenWürttemberg sein, zuzustimmen, dass ein Bürger in Weinheim oder in Weingarten weiterhin weniger wert ist als ein Bürger in Bremen? Diese Einwohnerveredelung muss weg. Allein da für hätte sich die Klage gelohnt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Zukunft des Solidaritätszuschlags: Fehlanzeige. Unklare Aus wirkungen des Abbaus der kalten Progression auf das Land Baden-Württemberg – auch hier, Herr Ministerpräsident, ha ben Sie den Interessen des Landes Baden-Württemberg nicht gedient. Im Jahr 2012 hat die damalige schwarz-gelbe Bun desregierung angeboten, gegen die kalte Progression eine klei ne Steuerreform zu machen, die der Bund bezahlt hätte. Der Bund war damals bereit, die Mindereinnahmen zu finanzie ren. Das Land Baden-Württemberg mit anderen rot-grün und dunkelrot regierten Ländern hat das aus ideologischen Grün den abgelehnt. Und jetzt kommt dieser Abbau der kalten Pro gression, der das Land Baden-Württemberg mutmaßlich 255 Millionen € an Steuerausfällen kosten wird; diesen Betrag können wir jedoch jetzt selbst bezahlen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

weil Sie damals nicht zugestimmt haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Wenn man das noch abzieht, dann bleiben gerade noch 150 Millionen € von dieser angeblichen Entlastung übrig, Herr Ministerpräsident. Sie haben damals aus ideologischen Grün den den Interessen des Landes Baden-Württemberg gescha det. Sieht so die Quadratur des Kreises aus?

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Nein!)

Was haben Sie alles geopfert auf dem Altar dieses Kompro misses? Stichwort Steuerverwaltung – Sie haben es ja selbst

eingeräumt –: mehr Steuerungskompetenzen des Bundes bei der Steuerverwaltung. Da hilft Ihre Protokollerklärung gar nichts.

Sie haben ermöglicht, dass Finanzhilfen im Bereich der kom munalen Bildungsinfrastruktur Herrn Schäuble noch mehr Fä den in die Hand geben. Ich darf aus Ihrem Redemanuskript zitieren:

Hier werden wir wieder hinter die durch die Föderalis muskommission I im Jahr 2006 erzielten Fortschritte zu rückfallen.

Das haben Sie selbst eingeräumt. Ist das vielleicht ein Erfolg, Herr Ministerpräsident?

(Heiterkeit des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)

Sie haben einer höheren statt einer niedrigeren Bewertung der kommunalen Finanzkraft zugestimmt. Ich darf Sie zitieren – nicht von heute, aber von Montag, aus Reutlingen; ich habe mitgeschrieben –:

Das tut richtig weh.

Das haben Sie am Montag gesagt: „Das tut richtig weh.“ Ist das vielleicht ein Erfolg? Außerdem haben Sie am Montag ge sagt:

Wir konnten keine Dynamisierung der Entflechtungsmit tel durchsetzen.

Das konnten Sie nicht durchsetzen. War das vielleicht die Quadratur des Kreises?

Im Straßenbau: weitere Kompetenzen des Bundes, weitere Zugriffsmöglichkeiten. Wir sind nun noch mehr darauf ange wiesen, dass die Bundesregierung im Bereich des Straßenbaus Baden-Württemberg mit Wohlwollen begegnet. Für dieses Wohlwollen tut ja der Verkehrsminister Hermann eine ganze Menge, indem er beispielsweise rechtswidrige Geschwindig keitsbegrenzungen auf Bundesautobahnen in Baden-Württem berg verhängt.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wo ist das pas siert?)

Auf der A 81, Herr Kollege Schwarz.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Nichts passiert!)

Ja, angeblich ein Modellversuch. Dobrindt hat gesagt, das darf er nicht, und Hermann sagt, er macht es trotzdem. Und dann wundert er sich, wenn er in Verhandlungen mit dem Bund nichts durchsetzt. Und dann geben Sie dem Bund noch mehr Kompetenzen!

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD)

Digitalisierung: Auch hier wird die Tür geöffnet für bundes politische Einflüsse auf ein wesentliches Feld der Landespo litik.

Nein, Herr Ministerpräsident: Wenn ich dieses krumme Brett aus Ihrem Hobbykeller betrachte, dann komme ich zu dem Er

gebnis: Sie wurden bei diesen Verhandlungen von Wolfgang Schäuble über den Tisch gezogen. Das ist das Ergebnis, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Für eine Erhöhung im Umfang von gerade einmal 7 % der Ge samtzuwendungen haben Sie die Bundesfernstraßenverwal tung verscherbelt und höheren Eingriffsrechten des Bundes bei Steuern, Digitalisierung und Bildungsfinanzierung zuge stimmt. Für einen Appel und ein Ei haben Sie elementare Steuerungskompetenzen des Landes veräußert und wollen uns das heute auch noch als Erfolg verkaufen, Herr Ministerprä sident.

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Nein, das Fazit ist ein anderes: Sie haben vor einem Jahr an gekündigt, Sie würden die Quadratur des Kreises schaffen. Im Endeffekt sind Sie an der Grundschul-Mengenlehre geschei tert, Herr Ministerpräsident. Das ist das Fazit. Dieser Kom promiss ist nicht im Sinne des Landes Baden-Württemberg; das ist ein schlechtes Verhandlungsergebnis.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos])