Natürlich ist es ein Lockmittel für den einen oder anderen Be troffenen. Aber es gibt keinen Begriff, der in der Menschheits geschichte schon so unterschiedlich gebraucht worden ist wie der Freiheitsbegriff. Man tut also gut daran, dies zu hinterfra gen. Das tue ich an dieser Stelle, indem ich den Unterschied zwischen positiver und negativer Freiheit hinterfrage. Ich fra ge frei nach Kant: die Freiheit wozu und die Freiheit von wem oder was? Soll sich das KIT in der Praxis mit diesem oder oh ne dieses Gesetz entwickeln, und wollen wir wirklich weg von
dem humboldtschen Ideal der Bildung hin zum hayekschen Glauben – August von Hayek – an die Überlegenheit des Marktes und des Wettbewerbs in der unternehmerisch orien tierten Hochschule? Nein, wir wollen, dass sich Forschung und Lehre im Bemühen um die Wahrheit ungehindert entfal ten können. Wir wollen, dass die Hochschule der Ort bleibt, der frei von staatlichen, unternehmerischen und politischen Interessengruppierungen die Gesellschaft zum Gegenstand ih res eigenen kritischen Denkens macht.
Oder wie der amerikanische Soziologe Talcott Parsons schon sagte: Hochschulen sollen als Treuhänder der Gesellschaft fungieren. Genau dazu müssen sie unabhängig von der Ge sellschaft, auch von der ökonomischen Gesellschaft sein. Die se sollen sie auch aufklären können. Deshalb ist genau das der eigentliche Sinn der Hochschulautonomie.
In diesem Sinn können wir dem Gesetzentwurf noch nicht zu stimmen. Aber es ist auch erst die Erste Beratung. Der Ent wurf kann ja noch wachsen und reifen.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem von GrünSchwarz eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des KITGesetzes soll eine Fusion zu einem harmonischeren Gebilde gelingen, als dies bisher der Fall war.
Seit 2009 hat sich das KIT zu einem Leuchtturm für techni sche Forschung und Lehre entwickelt. Die formale Binnen trennung in einen Universitäts- und einen Großforschungsbe reich soll durch die Gesetzesnovelle aufgehoben werden. Der zu überwindende Status quo besteht beispielsweise in der Trennung des Haushalts in einen Großforschungs- und einen Universitätsbereich. Dies führte zu unterschiedlichen Rege lungen bezüglich des Vergaberechts oder bei Verwendungs nachweisen.
Für das „Zusammenwachsen“ der Lehrenden und Forschen den ist es bislang besonders hinderlich, dass auch personal wirtschaftliche Rahmenbedingungen teilweise einer völlig an deren Logik folgten. Zu nennen sind hier beispielsweise die Steuerung über einen klassischen Stellenplan im Universitäts bereich und die Vorgabe von Personalbudgets im Großfor schungsbereich.
Die Weiterentwicklung des KIT zu einer homogenen Körper schaft war bereits 2009 als Ziel vorgegeben. Mit dieser Ge setzesnovelle werden nun verschiedene Vereinfachungen und Vereinheitlichungen durchgeführt, die für einen effizienten Lehr- und Forschungsbetrieb unabdingbar sind: Finanzierung, Rechtsanwendung, Vergütungsregeln, Reisekostenrecht etc. Eigentlich alles Selbstverständlichkeiten, die aber durch die unterschiedlichen Voraussetzungen einer Landesuniversität auf der einen Seite und der Forschungszentrum Karlsruhe GmbH als Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft auf der an deren Seite zu dieser schweren Geburt geführt haben.
Da der vorliegende Entwurf durch die regierungstragenden Fraktionen eingebracht wird, fehlen leider die Erkenntnisse aus einer Expertenanhörung. Diese hätte man sich im Hin blick auf die Länge des Integrationsprozesses auch noch gön nen können, ja müssen.
Welche Schwierigkeiten auch weiterhin in diesem Konstrukt stecken, kann ich Ihnen an einem Beispiel aufzeigen. Gemäß Artikel 2 der Verwaltungsvorschrift muss im KIT zwischen finanziellen Beiträgen von Bund und Land buchhalterisch je derzeit getrennt werden können. Dies führt dazu, dass bei der Mittelverwendung wiederum zwischen Großforschungs- und Universitätsbereich unterschieden werden muss. Diese sekto renspezifische Buchführung und die zweckgebundenen Mit telzuweisungen führten in der Vergangenheit dazu, dass Wis senschaftler aus dem Großforschungsbereich die Studieren den nur mit Einschränkungen an den vorhandenen einzigarti gen Forschungsinfrastrukturen und -einrichtungen ausbilden konnten.
Artikel 6 der Verwaltungsvorschrift liefert die Indizien, dass dieses Problem auch weiterhin nicht gelöst sein könnte. Die administrativen Hemmnisse einer zweckgebundenen Mittel verwendung engen auch weiterhin derart ein, dass die büro kratischen Stolpersteine und administrativen Hemmnisse ei nen Großteil der Synergiepotenziale schlucken werden, die in der besonderen Nähe zwischen Großforschung und universi tärer Lehre eigentlich stecken.
Daran sieht man, dass auch in Zukunft noch nicht ganz zu sammenwächst, was zusammengehört. Aber man befindet sich in einem Prozess der Annäherung. Man könnte auch sagen, man befindet sich zumindest im selben Gewächshaus. Die Wurzeln sind gut, die Nährstoffe im Boden sind vorhanden, der Dünger wird zur Not bereitgestellt.
Wir von der FDP/DVP-Fraktion wünschen dem KIT eine gu te Zukunft zum Wohle der Wissenschaft und stimmen deshalb dem Gesetzentwurf zu.
Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es war im Jahr 2009, als hier im Landtag eine wegweisende Entscheidung in Sachen KIT gefällt wurde. Man hat nämlich mithilfe des KIT-Zusammenführungsgesetzes die Fusion von Universität und Forschungszentrum Karlsruhe ge setzlich begründet.
In den Jahren zuvor ist unter dem Arbeitstitel „Projekt KIT“ zwischen den beiden Einrichtungen immer enger zusammen gearbeitet worden. Dieses Projekt eines avisierten Zusammen schlusses war es auch, das sehr früh viele Forschungslorbee ren und -erfolge sozusagen mit sich nehmen konnte, weil näm lich dieses Projekt im Rahmen der ersten Exzellenzinitiative 2007 von Erfolg gekrönt war. Deswegen war das Projekt in Karlsruhe, dieses KIT in Gründung damals, eine Exzellenz universität der ersten Stunde.
Schon damals ist im Landtag festgestellt worden, dass das KIT mit dem Projekt, das man da mit angeschlossen hatte, mehr sein sollte als eine nur intensive Kooperation. Es wurde schon damals gesagt: „Das ist eine einzigartige Zusammenführung.“ Das Projekt sollte explizit die Versäulung aufheben und über winden, die ja ein besonderes Kennzeichen unserer Wissen schaftslandschaft in Deutschland ist, nämlich das Nebenein ander von außeruniversitärer Forschung und universitärer For schung in ganz Deutschland – ein Thema, mit ein Impulsge ber für die Exzellenzinitiative überhaupt –, ein Nebeneinan der, das sich auch dadurch begründet, dass die außeruniversi täre Forschung im Wesentlichen – nicht allein, aber im We sentlichen – vom Bund finanziert ist, während die universitä re Forschung in der Zuständigkeit der Länder liegt. Diese bei den Zuständigkeiten führen z. B. auch zu getrennten Prüfsi tuationen.
Die Überwindung dieses Nebeneinanders war von Anfang an das Ziel des KIT. Dies sollte eine wissenschaftspolitische Si gnalwirkung in das ganze Land hinaus haben, und das hat es auch gehabt.
Aber nachdem dieses Projekt über ein Gesetz fortan in eine Gesetzgebung Richtung Fusion überführt wurde, ist der Be griff dann in Richtung „Prozess“ getauscht worden. Auf ein mal war das Ganze ein KIT-Prozess, bei dem schon bei dem Gesetz 2009 klar war: Das kann nicht das letzte Gesetz in die ser Richtung sein, sondern dem werden weitere Schritte fol gen müssen, weil man bei der Schaffung dieser neuartigen Einrichtung nur sukzessive vorankommt.
Wir haben diesen Prozess in meiner Amtszeit tatkräftig mit angeschoben und weiter fortgeführt, haben 2012 das erste KIT-Weiterentwicklungsgesetz auf den Weg gebracht, um die Dinge weiter einander zuzuführen.
Das KIT musste 2012 einen schlimmen Rückschlag hinneh men, indem es bei der zweiten Runde der Exzellenzinitiative nicht mehr mit dabei war. Aber heute sehen wir: Das KIT hat wieder zu der Runde der Exzellenzuniversitäten aufgeschlos sen, ist eine von elf Exzellenzuniversitäten in Deutschland. Ich glaube, daran zeigt sich auch, dass es richtig war, an die sem Prozess, der sehr aufwendig und kräfteverschleißend ist, festzuhalten. Heute kann man in gewisser Weise schon Früch te von dem ernten, was vor vielen Jahren angestoßen und be harrlich vorangebracht wurde.
Ich bin mir sicher: Für die neuerliche Entscheidung, wieder Exzellenzuniversität zu werden, war genau das Festhalten an diesem überzeugenden Konzept mit ein wichtiger Grund. Und heute können wir eigentlich tagtäglich erleben, wie diese For schungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft Erfolge hervorbringt, die aus dem Zusammenwachsen dieser beiden Teile entstehen und eine ganz neue Qualität hervorbringen.
Diesen Geist der Fusion weiter zu unterstützen und ihn wirk sam werden zu lassen, das war auch das Interesse von Bun desministerin Karliczek und mir, als wir 2018 in Karlsruhe zusammen angekündigt haben, diesen Weg auf eine neue Stu fe zu heben und das Beste aus zwei Welten zu verbinden, um diese Fusion weiter voranzubringen. Wir wollen dabei das vol le Potenzial von Forschung, Lehre und Innovation ausschöp fen. Wir wollen administrative Hürden abbauen, mehr Flexi bilität für die Mittelverwendung ermöglichen. Diese gemein
samen Eckpunkte sind jetzt in eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Land, die demnächst unterschrieben wer den soll, und in das Zweite KIT-Weiterentwicklungsgesetz, das heute durch die Regierungsfraktionen eingebracht wurde, eingeflossen.
Warum erst jetzt? Das liegt wirklich daran, dass es aufwendi ge Abstimmungen gebraucht hat, die wir für unsere Landes gesetze ansonsten ja nicht machen müssen. Wir haben in der Tat aufwendigste Gespräche geführt mit dem Bund, mit dem BMBF – in all den Facetten, die dabei zu durchdenken sind –, auch mit dem Bundesfinanzministerium sowie dem Bun desrechnungshof, der mit einbezogen war. Das war kompli ziert, und das hat uns noch einmal gezeigt, wie komplex es ist, wenn man diese getrennten Regelwerke einander zuführt.
Deswegen: Die Redebeiträge der Abgeordneten, die eben schon gesprochen haben, zeigen zu Recht, dass man durchaus auch Fragen stellen darf – etwa die, wie groß denn jetzt der Schritt in die richtige Richtung ist – und dass man feststellen muss: Die Fusion ist damit nicht abgeschlossen. Vielmehr sind wir einen relevanten Schritt weiter vorangekommen.
Wir wünschen uns noch größere Schritte – ohne Zweifel. Wir wünschen uns, dass wir da weiter vorankommen. Wir sind da Seite an Seite auch mit dem Präsidium des KIT und wünschen uns durchaus noch mutigere Maßnahmen. Aber wir sind da bei nicht allein auf der Welt.
Der Bundesrechnungshof, der in letzter Zeit immer mal wie der gern von sich reden macht, der mit Argusaugen darauf schaut, was in Universitäten unter dem Label von Hochschul autonomie alles so passiert, und der gern einen Zugriff darauf hätte, kann nicht verstehen, dass es da Zuständigkeiten gibt, Bereiche, die der Forschungsfreiheit unterworfen sind. Mit ei nem solchen Rechnungshof muss man ordentlich fighten bei der Frage: Welche Spielräume eröffnen wir einer solchen Ein richtung, wenn die Haushalte zusammengeführt werden?
Das ist also ein kleiner Einblick in die Schwierigkeiten der letzten Jahre, die wir miteinander bearbeiten mussten. Ich bin überzeugt davon, dass das, was hier heute vorliegt, ein rele vanter Schritt in die richtige Richtung ist. Es ist auch ein Zei chen dafür, dass die Bundesministerin an einem Projekt dran geblieben ist, das bei den Bundesministerien sicher nicht nur Freunde hatte. Sie hat aber nicht davon abgelassen. An dieser Stelle möchte ich ihr heute auch ein ausdrückliches Danke schön dafür ausrichten, dass sie mitgeholfen hat, dabeigeblie ben ist, sodass wir heute in der Lage sind, die Verwaltungs vereinbarung und das KIT-Gesetz hier einzubringen.
Ich bin mir sicher: Bis heute ist das KIT in dieser Konstruk tion, in dieser Verschränkung von strategischer Forschung und Grundlagenforschung einer Universität eine einzigartige Ein richtung mit einem einzigartigen Potenzial. Es wird den Men schen, die dort arbeiten, einzigartige Handlungsspielräume geben und deswegen auch zum Anziehungspunkt und Mag net für Spitzenkräfte aus aller Welt werden.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch beim Präsidenten Hanselka bedanken, der immer eng mitbegleitet hat und für konstruktive Gedanken immer zu haben war. Danken möch te ich auch den Mitarbeitern meines Hauses und des Finanz ministeriums, die alle miteinander Neuland beschreiten müs
sen. Wir haben keinen Rohling für das KIT. Ich gehe aber fest davon aus, dass das, was wir hier schaffen, am Ende der Roh ling für andere Projekte ähnlichen Kalibers sein wird.
Deswegen bin ich stolz darauf, dass wir so weit gekommen sind. Ich bedanke mich noch einmal explizit bei den Regie rungsfraktionen, die dieses Vorhaben immer eng begleitet ha ben, die sich eingedacht haben und heute diesen Gesetzent wurf vorlegen.
Meine Damen und Her ren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir die Aussprache beenden und, wenn Sie ein verstanden sind, den Gesetzentwurf Drucksache 16/9420 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wissenschaft, For schung und Kunst überweisen. – Es erhebt sich kein Wider spruch. Dann ist das so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Durchführung der Verordnung über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZVODG) – Drucksache 16/9483
Hierzu ist vom Präsidium beschlossen worden, dass wir in der Ersten Beratung auf die Aussprache verzichten. Auch die Re gierung verzichtet auf die mündliche Begründung des Gesetz entwurfs.
Wir können den Gesetzentwurf Drucksache16/9483, wenn Sie einverstanden sind, gleich an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau weiterleiten. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Zweckentfremdungsverbots gesetzes – Drucksache 16/9484