So wollen wir sicherstellen, dass Weihnachten zumindest im engsten Kreis gemeinsam gefeiert werden kann und dass nie mand durch unsere Regelungen gezwungen wird, an Weih nachten allein zu sein.
Um das zu ermöglichen, werden die nächtlichen Ausgangs beschränkungen für diesen Zweck nicht angewandt.
Aber machen wir uns nichts vor: Weihnachten wird in diesem Jahr trotzdem ganz anders als sonst. So manche Gewohnhei ten und Rituale, die uns viel bedeuten, werden in diesem Jahr nicht möglich sein. Gläubige leiden unter den Beschränkun gen in den Kirchen. Das macht uns auch alle zusammen trau rig, aber es ist, wie es ist.
Die Alternativen wären das Gegenteil einer frohen Botschaft. Ein normales Weihnachten in diesem Jahr würde kurz danach in den Gesundheitsnotstand führen. Wir sehen, was Thanks giving in den USA angerichtet hat. Deshalb sind all diese Ein schränkungen in unserem ureigenen Interesse, auch wenn sie uns alle schmerzen.
Nun zum zweiten Punkt: Der Einzelhandel wird ab dem 16. Dezember 2020 bis zum 10. Januar 2021 mit Ausnahme etwa von Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Banken und Geschäften des dringenden Alltagsbedarfs geschlossen. Eben so werden Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpfle ge wie etwa Friseursalons geschlossen. Kosmetikstudios und weitere körpernahe Dienstleistungen waren bei uns in BadenWürttemberg bereits geschlossen und bleiben es auch. Medi zinisch notwendige Behandlungen wie etwa Physio- und Er gotherapie, Logopädie oder medizinische Fußpflege bleiben weiter möglich.
Meine Damen und Herren, diese Schließungen sind ein har ter Schlag für die betroffenen Unternehmen. Das gilt ganz be sonders für den Einzelhandel, für den das Geschäft vor Weih nachten traditionell besonders wichtig ist. Deshalb kann ich die Frustration und das Ungehaltensein vieler Betroffener gut verstehen. Wir haben in dieser Lage aber keine andere Wahl. Wir müssen jetzt die Kontakte radikal herunterdrücken, um das Virus wieder unter Kontrolle zu bekommen. Denn bei so hohen Infektionszahlen – –
Nein. – Denn bei so hohen Infektionszahlen greifen auch die besten Hygiene konzepte nicht mehr. Ich versichere Ihnen aber: Wir versu chen nach Kräften, den wirtschaftlichen Schaden abzumil dern, eine Insolvenzwelle zu verhindern und Existenzen zu si chern.
Dafür wird die Überbrückungshilfe III des Bundes für die Un ternehmen, die direkt oder indirekt von den Schließungen be troffen sind, verbessert. Die Höhe des monatlichen Zuschus ses wird auf maximal 500 000 € erhöht. Zudem soll es Ab schlagszahlungen ähnlich wie bei den Novemberhilfen geben. Darüber hinaus wird es unbürokratische Teilabschreibungen von Waren geben, die durch die Schließung an Wert verlieren.
Wir stehen hinter unseren Unternehmen. Aber gesamtwirt schaftlich betrachtet ist es besser, jetzt in den Lockdown zu gehen. Wenn wir die Pandemie nicht unter Kontrolle bekom men, sind auf Dauer die wirtschaftlichen Schäden sehr viel größer.
Drittens: Die Schulen und Kitas in Baden-Württemberg wer den vorzeitig schon am 16. Dezember geschlossen. Für Schü lerinnen und Schüler der Abschlussklassen wird Fernunter richt angeboten. Für Kindergartenkinder und Schüler bis Klas se 7, deren Eltern an ihrem Arbeitsplatz unabkömmlich sind, wird es eine Notbetreuung geben, die von den Schulen bzw. den Kitaträgern organisiert wird. Wir appellieren an die El tern, auf die Notbetreuung zu verzichten, wenn das möglich ist, um die Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren.
Dabei geht es jetzt auch darum, die Lehrkräfte und Erziehe rinnen so weit wie möglich aus dem Infektionsgeschehen zu nehmen, damit sich die Kontakte reduzieren.
Viertens: Der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester wird ver boten, damit nicht durch Feuerwerk Verletzte die Kranken häuser noch zusätzlich belasten.
Natürlich gelten bei uns in Baden-Württemberg die derzeiti gen Ausgangsbeschränkungen auch in der Silvesternacht.
Fünftens: Wir appellieren eindringlich und mit Nachdruck an alle Arbeitgeber, die Betriebsstätten, soweit möglich, entwe der durch Betriebsferien oder durch großzügige HomeofficeLösungen vom 16. Dezember bis zum 10. Januar zu schlie ßen.
Sechstens: Die Lieferung und Abholung von Speisen bleiben weiter möglich. Der gemeinsame Konsum von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum wird nun bundesweit unter sagt – so, wie es in Baden-Württemberg bereits gilt.
Siebtens: Zu den Einschränkungen im religiösen Bereich wer de ich mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften weiter in engem Kontakt bleiben, um geeignete Regeln abzustim men. In jedem Fall werden für Gottesdienste und Zusammen künfte von Glaubensgemeinschaften Maskenpflicht und ein Mindestabstand von 1,5 m gelten. Der Gemeindegesang wird untersagt. Wo volle Kirchen zu erwarten sind, muss man sich vorher anmelden.
Das sind sozusagen Mindestregelungen. Weitere Einschrän kungen werden mit den Kirchen besprochen. Das habe ich im Übrigen schon gemacht, und jetzt wird dies noch einmal be sprochen, um zu sehen, was dann insgesamt das Ergebnis sein wird.
Achtens: Um den bestmöglichen Schutz in den Alten- und Pflegeheimen zu ermöglichen, werden Testungen des Pflege personals mehrmals pro Woche verpflichtend eingeführt. Das gilt auch für das Personal von mobilen Pflegediensten.
Neuntens: Bund und Länder verfolgen weiterhin eine Hot spot-Strategie, die in Baden-Württemberg aber wegen der ho hen Infektionszahlen bereits landesweit umgesetzt ist.
Zehntens: Wir appellieren eindringlich an alle, bis zum 10. Ja nuar auf nicht notwendige Reisen zu verzichten. Wer aus ei nem ausländischen Risikogebiet einreist, muss zehn Tage in Quarantäne gehen. Diese Quarantäne kann durch einen nega tiven Test, der frühestens am fünften Tag nach der Einreise gemacht wurde, beendet werden.
Meine Damen und Herren, am 5. Januar werden sich die Län derchefs erneut mit der Kanzlerin über das weitere Vorgehen im Kampf gegen das Virus beraten. Eines kann ich Ihnen heu te allerdings schon sagen: Wenn die Zahlen bis dahin nicht deutlich heruntergehen, brauchen wir auch danach drastische Einschränkungen,
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sollen wir alle wegsperren? – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: So ein Quatsch!)
um das Leben und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bür ger in unserem Land zu schützen. Die Zielmarke ist und bleibt die Sieben-Tage-Inzidenz von 50. Denn nur dann können die Gesundheitsämter die Infektionsketten wieder richtig nach verfolgen und können wir die Kontrolle über die Pandemie zurückgewinnen.
Wir müssen uns nämlich immer wieder vor Augen führen: Wenn die Infektionszahlen so hoch sind, dass die Kontakte nicht mehr umfänglich nachverfolgt werden, ist die Dunkel ziffer derer, die andere anstecken, weil sie asymptomatisch in fiziert sind,
Deswegen ist das Senken dieser Zahlen von grundlegender Bedeutung, um die Kontrolle über die Pandemie zurückzuge winnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Maßnahmen sind ein schneidend. Sie greifen tief in unseren Alltag ein, beschrän ken unsere Freiheitsrechte und beeinträchtigen Wirtschaft, Bil dung, Kultur und viele andere Bereiche der Gesellschaft.
Aber es geht in dieser bitterernsten Lage nicht anders. Das Vi rus lebt von Kontakten, und deshalb müssen wir unsere Kon takte jetzt, so gut es geht, einschränken.
Schaden vom Volk abzuwehren ist meine Pflicht als Minister präsident und ist die Pflicht aller Ministerinnen und Minister. Das haben sie und ich in einem Amtseid geschworen, und das gilt in dieser Pandemie umso mehr.
Für mich und alle anderen in dieser Regierung stehen das Le ben und die Gesundheit der Bevölkerung an erster Stelle. Ich bin überzeugt: Wir können es als aufgeklärte Gesellschaft nicht hinnehmen, dass täglich Hunderte Menschen durch das Virus sterben.
Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Menschen 40, 70 oder 85 Jahre alt sind. Der Schutz des Lebens steht über allem. Hier geht es um die Würde jedes Einzelnen, aber es geht auch um die Würde unserer Gesellschaft. Wir alle haben jetzt gemein sam die Aufgabe und die Pflicht, Gesundheit und Leben zu schützen – und ich bin überzeugt: Wir haben auch die Kraft dazu.