Protocol of the Session on November 12, 2020

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Baum hat es ja schon sehr schön auf den Punkt gebracht, aber sie meinte, ich solle doch auch noch etwas dazu sagen.

Also: Zunächst möchte ich Herrn Lucha in Schutz nehmen. Er ist kein Einzeltäter, sondern er ist nur ein Rädchen in ei nem totalitären Netzwerk, ein kleines Rädchen, das durch be sonders radikal vorgetragene Forderungen immer gern mehr sein möchte.

Aber die Hauptverantwortung, meine Damen und Herren, ha ben wir hier im Landtag. Wir könnten Herrn Lucha sofort aus dem Verkehr ziehen – wenn wir nur wollten. Aber wir wollen nicht; der Mehrheitswille geht in die falsche Richtung. Das ist der springende Punkt bei der ganzen Sache.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wir würden lie ber Sie aus dem Verkehr ziehen!)

Herr Sckerl, Sie wollen es am allerwenigsten.

(Zuruf)

Das Zweite ist: Worin liegt der besondere Skandal bei diesen Maßnahmen? Der besondere Skandal der Quarantäne liegt da rin, dass wir gesunde Leute einsperren. Dass Kranke quaran tänisiert werden, gibt es, seitdem es die Medizin und seitdem es Krankheiten gibt. Das war normal. Aber das Besondere un serer Tage und der Regierungsmaßnahmen ist: Wir sperren to tal gesunde Menschen ein –

(Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

99 % dieser Menschen sind total gesund. Diese wollen wir jetzt auch noch in geschlossene Einrichtungen bringen, wenn sie sich nicht an die Quarantänebestimmungen halten.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die falsche Debatte!)

Das ist der Wahnsinn – der Wahnsinn! –, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Noch ein Wort zur Maske.

(Zuruf)

Es wird immer gesagt, das Tragen einer Maske sei nicht schädlich. Sie sind überhaupt nicht informiert. Wer sich nur ein bisschen informiert, weiß, dass das schädlich ist. Aber sa gen wir einmal, Sie glauben das alles nicht. Zumindest wenn Sie einen wissenschaftlichen Standard wollen, brauchen Sie eine Nutzen-Risiko-Analyse. Merken Sie sich bitte das Wort: Nutzen-Risiko-Analyse.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

Diese kann kein Drosten, kein Wieler oder sonst wer vorwei sen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Kann nur Gede on, oder was?)

Nichts haben sie. Nichts haben sie!

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wenn man die Mas ke so trägt wie Sie, nutzt das nichts!)

Herr Zimmermann, Sie sind ein netter Mann, aber Ihre Zu rufe sind nicht immer gut.

(Unruhe)

Zum Schluss noch ein Zitat von Herrn Wieler in Bezug auf die Impfungen. Er sagt allen Ernstes bei Phoenix:

Ich bin sehr optimistisch. Ein Impfstoff wird kommen. Wir wissen zwar nicht, wie er wirkt, wir wissen nicht, wie gut er wirkt,

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

wir wissen nicht, ob er überhaupt wirkt, aber ich bin sehr optimistisch.

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall – Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

So weit der Chef des RKI, meine Damen und Herren – kein Kabarettist.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Aber Unwissenheit schützt vor Strafe nicht! Das ist das Gute! – Weitere Zurufe, u. a. Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Er hat vergessen, sein Buch vorzustellen!)

Herr Minister Lucha, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ich bitte Sie, wenn Sie hier am Redepult stehen oder an Ihren Tischen sitzen, die Maske dort nirgends abzulegen, sie nicht auf offene Flächen zu legen, sondern sie immer irgend wo zu verstauen. Das ist einfach so. In Italien kämen die Ca rabinieri, Herr Kollege Strobl.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Herzlichen Dank, dass wir die Gelegenheit haben, viel leicht doch einige Punkte ein bisschen aufzuklären. Denn aus Ihren Beiträgen ist zum Teil klar geworden, dass bestimmte Arbeitssystematiken und Beschlüsse und das, was wir tun, noch nicht wirklich durchgedrungen sind. Ich nehme jetzt gern die Gelegenheit wahr, da noch einmal ein bisschen Licht in das Dunkel zu bringen.

Wie Sie alle festgestellt haben, stehen wir vor der größten He rausforderung, der größten Pandemie seit der Spanischen Grippe. Wenn Sie einmal die Gelegenheit haben – ich habe es im Sommer in der wenigen freien Zeit gemacht; Urlaub war quasi nicht möglich –, das Buch zur Spanischen Grippe von Salfellner zu lesen, dann erfahren Sie etwas von der Dynamik, von den fünf Wellen, die dabei ausgelöst wurden.

Lieber Herr Rülke, ich werde Ihnen auch noch einen Link zu den Hemmer- und Dämpfstrategien schicken, weil Sie in der letzten Woche vom Jo-Jo-Effekt gesprochen hatten, von der Herausforderung, permanent abzuwägen zwischen dem Pan demieschutz, dem Aufrechterhalten des öffentlichen Gesund heitswesens, der öffentlichen Ordnungs- und Infrastruktur, dem Schutz der Bevölkerung und gleichzeitig dem Zulassen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens.

Wir sind heute, eineinhalb Wochen nach den Maßnahmen, die von Kiel bis Lörrach einheitlich durchgesetzt wurden, bei ei ner Sieben-Tage-Inzidenz der Fälle pro 100 000 Einwohner in Baden-Württemberg von 134,4. Wir haben einen R-Wert von 0,9. Ich darf Sie daran erinnern, dass Baden-Württemberg von den großen, einwohnerstarken und vielfältigen Flächen staaten das Bundesland mit der geringsten Inzidenz ist. Wenn Sie nach Nordrhein-Westfalen, nach Bayern schauen, dann se hen Sie, dass man dort zum Teil noch ganz andere Zahlen hat.

Ich sage das deswegen, weil Sie immer so ein bisschen davon gesprochen haben – Sie wissen es eigentlich besser –, wir hät ten nichts getan. Jawohl, wir haben diesen Sommer genutzt und mit der kommunalen Familie – Herr Ministerpräsident, Herr Innenminister, Sie haben selbst zu dieser Videokonfe renz eingeladen – ein landesweites dreistufiges Pandemiepro gramm verabschiedet, eine gemeinsame Erklärung dazu, was wir dann tun, wenn – –

Natürlich ist die schnelle Dynamik mit Inzidenzen von über 50 eine große Herausforderung. Deshalb auch die Vorreakti onen in der Stufe 3 in Form der Allgemeinverfügungen der Kommunen. Natürlich war es notwendig, vor der Konfirma tionszeit zu reagieren, weil eben in diesen Kreisen der Wert von 50 bei der Sieben-Tage-Inzidenz überschritten war. Ich bin sehr froh, dass die Städte und Kreise vorbildlich gehan delt haben. Wir waren darüber permanent in Kontakt. Auch das Management der Städte – allen voran der Landeshaupt stadt –, aber auch der umgebenden Kreise war sehr gut. Da für war diese Absprache, war dieses gemeinsame Vorgehen unerlässlich.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, was haben wir gemacht? Begin nend in der ersten Welle, Herr Kollege Stoch, haben wir in der AG Corona, in drei Arbeitskreisen, die weiter existieren, mit Versorgern, also mit Krankenhäusern, mit der niedergelasse nen Ärzteschaft und der Universitätsmedizin, immer darauf geachtet, dass wir die Patientensteuerung durchbekommen. Baden-Württemberg ist – auch jetzt wieder – das Flächenland mit der besten Infrastruktur an Fieberambulanzen und Coro napraxen. Mit den Krankenhäusern haben wir eine Belegungs steuerung hinbekommen.

Ja, Kollegin Neumann-Martin, wir haben beschlossen, dass wir die Kliniken zusätzlich zu den Mitteln des Bundes mit 430 Millionen € entlasten. Dafür auch noch einmal einen großen Dank an die Vertreter der Haushaltskommission. Die Tranche 1 haben wir bereits ausbezahlt. Die Tranche 2 steht jetzt für die BWKG-Kliniken zur Rückmeldung an. Sie haben heute sicher auch das Interview mit Herrn E., der wirklich ein sehr verläss licher Partner ist, gelesen.

Ja, jetzt müssen – mit Blick zum Bundesfinanzminister – die Spielräume des Krankenhauszukunftsgesetzes, die die Spiel regeln des Krankenhausentlastungsgesetzes abgelöst haben, so genutzt werden, dass die Kliniken nicht erneut unter Druck geraten.

Wir, das Land Baden-Württemberg, haben mit der BWKG und den Ärzten die gemeinsame Vereinbarung bzw. Verlaut barung beschlossen, dass die Kliniken derzeit keine festen Freihaltequoten beachten müssen, dass das Freihalten von In tensivbetten in der eigenen Kompetenz ihrer Zugangs- und

Behandlungssteuerung liegt, damit sie weiterhin in der Lage sind, als Komplettkrankenhaus tätig zu sein. Meine Damen und Herren, bisher bekomme ich da keine Störungsanzeigen.

Was haben wir weiter gemacht? Sie haben das Thema Be schaffung angesprochen. Ja, selbstverständlich ist – das hat man vielleicht ein bisschen vergessen – keine Regierung auf dieser Welt für die Beschaffung verantwortlich gewesen. Es war immer klar: Die Bedarfsträger, die Pflegeheime, die Be hindertenhilfeeinrichtungen, die ambulanten Dienste, die Krankenhäuser haben eigene Wege.

Diese sind aus bekannten Gründen weltweit zusammengebro chen. Sie wissen, es war mehr wie Wildwest, es war krimi nell, es waren auch Betrüger unterwegs. Die Kollegen in Bay ern und Nordrhein-Westfalen mussten Millionen von Masken wieder vernichten, weil sie nicht den Schutzstatus FFP2 er füllten. Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir seinerzeit kritisiert wurden, dass wir so strenge Maßstäbe anlegen. Aber im Nachhinein gab uns unsere Vorgehensweise recht. Das Ma terial, das jetzt in Baden-Württemberg zum Einsatz gebracht wurde, entspricht tatsächlich auch den infektiologischen Richtlinien.

(Zuruf: Sie sind ja besser als der Söder, Herr Lucha!)

Ich bin sehr froh, Kollege Haußmann, dass wir, die Landes regierung, ein eigenständiges Programm zur resilienten Be schaffung von Schutzausrüstung beschlossen haben und wir jetzt sowohl für alle Landeseinrichtungen als auch gleichzei tig als stille Reserve für die Bedarfsträger im Land Schutz ausrüstung zur Verfügung haben.

Herr Minister, Frau Abg. Wölfle möchte gern eine Zwischenfrage stellen.

Frau Wölfle, bitte schön.

Vielen Dank, dass Sie die Zwi schenfrage zulassen.

Bei dem Stichwort Beschaffung war ich etwas erstaunt, dass Kollegin Krebs gerade behauptet hat, dass von uns in den vie len Ausschusssitzungen – wir haben im März und im April re gelmäßig getagt – keine Vorschläge gekommen wären. Ich weiß, dass wir uns nicht nur per E-Mail ans Ministerium ge wandt haben. Vielmehr habe ich Ihnen auch einige SMS ge schickt. Da gab es also immer wieder Vorschläge.