Protocol of the Session on November 12, 2020

Aufgrund der Pandemie besteht aktuell kein akuter Fachkräf temangel in der Industrie. Wir haben vielmehr ein anderes Problem: Viele Absolventinnen und Absolventen finden kei

ne Anstellung. Auswertungen der Arbeitsagenturen zeigen für dieses Jahr erhöhte Zahlen an Arbeitslosmeldungen von jun gen Absolventinnen und Absolventen. Das betrifft insbeson dere die Ingenieurwissenschaften und die Informatik, aber auch den Bereich Unternehmensführung.

Wie sich der Arbeitsmarkt kurz- und mittelfristig entwickelt und ob eine Fachkräftelücke auftritt, kann derzeit niemand se riös voraussagen. Mittelfristig sehen wir aber durchaus einen Mangel an Fachkräften. Wir brauchen Know-how, um die He rausforderungen der Zukunft anzugehen, die Digitalisierung in Unternehmen und in der Gesellschaft voranzubringen, die Potenziale von künstlicher Intelligenz zu nutzen und um Ant worten beispielsweise auf die Herausforderungen durch den Klimawandel, aber auch durch die Alterung unserer Gesell schaft zu geben.

Wenn gut ausgebildete Absolventinnen und Absolventen der technischen Fächer Schwierigkeiten haben, eine Arbeitsstel le zu finden, dann kann dies künftige Generationen vom Stu dium abschrecken, was die Lücke noch mehr vergrößern wür de.

Was die Lehrkräfteversorgung an Schulen angeht, haben wir bislang keine Anhaltspunkte dafür, dass Prüfungskandidatin nen und -kandidaten in den lehramtsbezogenen Studiengän gen flächendeckend ihre Abschlussprüfungen verschieben. Wie bereits ausgeführt, hat das Wissenschaftsministerium al les unternommen, damit das Sommersemester 2020 und auch das jetzige Wintersemester 2020/2021 nicht zu verlorenen Se mestern werden. Natürlich werden wir die Entwicklungen der kommenden Monate und Jahre aufmerksam beobachten.

Optimistisch stimmt mich die Tatsache, dass dem Kultusmi nisterium bei den Lehrämtern in der Grundschule, in der Se kundarstufe I und bei der Sonderpädagogik aktuell bereits et wa 700 Anmeldungen für den Beginn des Vorbereitungsdiens tes im Frühjahr 2021 im sogenannten Gasthörerstatus vorlie gen; Kultus- und Wissenschaftsministerium haben diesen Weg des nahtlosen Übergangs vom Studium in den Vorbereitungs dienst gemeinsam mit den Hochschulen entwickelt.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall)

Vielen Dank, Frau Staats sekretärin. – Gibt es noch Nachfragen? – Frau Abg. Rolland, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe noch zwei Nachfragen. Die erste Nachfrage: Wir hat ten in der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses – ich glaube, Sie waren dabei, Frau Staatssekretärin – über das The ma Freiversuche gesprochen. Sie hatten das gesagt, was Sie nun wiederholt haben, nämlich dass die Landesregierung da nicht eingreift, sondern den Hochschulen diese Entscheidun gen überlässt, die diese auch aufgrund der Hochschulautono mie zu treffen haben. Sie haben auch darauf verwiesen, dass die Hochschulen ihre Studierenden ja am besten kennen.

Ich darf Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, wie viele Freiversuche es in Baden-Württemberg so Pi mal Daumen gab?

Meine zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, dass die Studierenden in einigen Fächern wie z. B. Jura oder auch Öffentliche Ver waltung zunehmend Schwierigkeiten haben, ihre Pflichtprak tika zu bekommen? Denn Verwaltungen, Gerichte, Staatsan waltschaften oder Anwaltskanzleien sind nun verstärkt zum Homeoffice übergegangen, und deshalb ist dort keine Betreu ung und Begleitung von Praktikantinnen und Praktikanten möglich. Diese Pflichtpraktika sind in der Regel jedoch not wendig, um überhaupt zu einer Prüfung zugelassen zu wer den.

Wir hatten heute Mor gen mit der Ministerin zusammen eine Videokonferenz mit den Rektorenkonferenzen. Dabei sind diese beiden Themen nicht angesprochen worden. Ich habe die Zahlen jetzt nicht parat; wir müssten Ihnen dies nachliefern.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Gern!)

Ich meine, es leuchtet ein, was Sie in Ihrer zweiten Nachfra ge dargestellt haben; dies steht ja auch im Kontext vieler an derer Probleme, die wir im Moment beim Übergang zwischen Studium, Praktika und Berufseintritt haben. Aber ich müsste Ihnen die Detailinformationen hierzu schriftlich nachliefern.

Vielen Dank. – Gibt es zu sätzliche Fragen zu diesem Komplex? – Das ist nicht der Fall. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.

Wir schließen nun auch die Mündliche Anfrage unter Ziffer 5.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 6 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. S t e p h e n B r a u e r F D P / D V P – A u s z a h l u n g d e r a n g e k ü n d i g t e n C o r o n a p r ä m i e f ü r

s y s t e m r e l e v a n t e P f l e g e k r ä f t e i n d e n K l i n i k e n d e s L a n d k r e i s e s S c h w ä b i s c h H a l l

Herr Abgeordneter, ich darf Sie nach vorn bitten.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin! Es geht um die lang angekündigte Coronaprämie für systemrelevante Pflegekräfte. Ich frage die Landesregierung:

a) Ist gewährleistet, dass die von Bund und Land angekün

digte Prämie für die systemrelevanten Pflegekräfte noch in diesem Jahr ausbezahlt wird?

b) Ist die Landesregierung bereit, bei der lang angekündigten

Prämie, auch unabhängig von der Auszahlung des Bundes anteils, in Vorleistung zu gehen?

Der Hintergrund ist: Wir haben im Kreistag von Schwäbisch Hall bereits darüber beratschlagt, ob eventuell der Kreis in Vorleistung gehen muss. Aber wir harren der Dinge, die da kommen.

Vielen Dank.

(Zuruf: Gute Frage!)

Herr Minister Lucha, ich darf Sie nochmals nach vorn ans Redepult bitten zur Beant wortung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 6.

Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Brauer, ich beantworte Ihre Frage wie folgt. Sollen wir es kurz und knapp machen, oder wollen Sie die ganze Ausführung?

(Abg. Stephen Brauer FDP/DVP: Kurz und knapp!)

Kurz und knapp.

(Zurufe)

Die Kliniken Crailsheim und Schwäbisch Hall sind anspruchs berechtigt nach § 26 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung des Krankenhauszukunftsgesetzes. Das Kabi nett bzw. der Ministerrat wird in der Sitzung am 24. Novem ber – und danach auch Sie, der Landtag – über die Kofinan zierung der zusätzlichen 500 € für die Anspruchsberechtigten entscheiden. Bis 31. Dezember wird dann ausgezahlt.

Gibt es hierzu noch wei tere Fragen?

Jetzt so – – Alles gut.

Habe ich Sie unterbro chen?

Nein.

Gibt es noch weitere Fra gen? – Das ist nicht der Fall. – Vielen Dank, Herr Minister.

Wir können damit die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 6 und den Tagesordnungspunkt 4 insgesamt ab schließen.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜ NE, der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Land tagswahlgesetzes – Drucksache 16/9242

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses – Drucksache 16/9262

Berichterstatter: Abg. Jonas Weber

Der Landtag hat gestern für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart.

Zuerst hat Herr Abg. Sckerl für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegen den Gesetzentwurf wird das für Wahlvorschläge von nicht im Landtag vertretenen Parteien nötige Quorum von Unterstüt zungsunterschriften von bisher 150 auf 75 pro Wahlkreis hal biert.

Dieser Gesetzentwurf folgt 1 : 1 der Empfehlung im Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 9. November dieses Jahres. Entscheidend ist für uns: Das ist die schnellstmögliche Um setzung dieses Urteils. Ich finde auch, das ist gut so, weil wir

gehalten sind, es ohne schuldhaftes Zögern umzusetzen. Denn die Fristen für die Landtagswahl laufen. Sie enden – das gilt auch für die Wahlvorschläge der im Landtag vertretenen Par teien – am 14. Januar 2021 um 18:00 Uhr; bis dahin müssen die Vorschläge beim jeweiligen Kreiswahlleiter eingegangen sein.

Es gibt gute Gründe für ein Quorum – um auch das an dieser Stelle zu sagen –, unabhängig von der Höhe, die immer dis kussionswürdig ist. Ein Quorum sichert die Funktionsfähig keit und Durchführbarkeit von Wahlen und hat seine Wurzel daher auch im Demokratieprinzip, auch wenn das an anderer Stelle oft anders gesehen wird. Ich finde jedoch, wer sich an so wichtigen Wahlen wie der Landtagswahl beteiligt, sollte auch eine gewisse Legitimation durch Unterstützung aus der Bürgerschaft beibringen. Das ist, finde ich, nichts Unanstän diges, sondern das halte ich für richtig.