Protocol of the Session on October 14, 2020

von ideologischen Gegensätzen, die mehr oder weniger Glau bensfragen sind, die aber nicht erkennen lassen, dass wir die se Veränderungen, in denen sich unsere Wirtschaft befindet, als Prozess begreifen müssen, dass wir in Baden-Württem berg alles dafür tun müssen, dass durch politisches Handeln keine Strukturbrüche verursacht werden, sondern wir einen Strukturwandel für Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze in Ba den-Württemberg hinbekommen.

(Beifall bei der SPD)

Eine ideologisch aufgeladene Debatte wird dem eben nicht gerecht. Das gilt zum einen für jene, die einfach den Kopf in den Sand stecken oder in den letzten Jahren in den Sand ge steckt haben und so tun, als sei es eine Option, auf immer und ewig einfach nur auf Verbrennungstechnologie und auf fossi le Kraftstoffe zu setzen. Dies ist falsch, denn diese Menschen haben die Notwendigkeit der Dekarbonisierung nicht verstan den,

(Lachen des Abg. Anton Baron AfD – Abg. Anton Baron AfD: Ogottogott!)

sie haben die gewaltige Bedrohung durch den Klimawandel nicht verstanden, und sie haben auch unsere Automobilindu strie nicht verstanden.

(Abg. Anton Baron AfD: Oh Gott! Das sagt die SPD!)

Denn auf die weltweiten Märkte haben die Entscheidungen deutscher oder baden-württembergischer Regierungen relativ wenig Einfluss. Es nützt nichts, wenn „automobile Querden ker“ sagen, sie wollten bis in alle Ewigkeit „weiterdieseln“. Wenn es die Märkte nicht wollen, dann wird es so auch nicht funktionieren.

Deswegen nützt es auch nichts, Debatten zu führen, in denen z. B. Frau Eisenmann verkündet, sie wolle auch in 30 Jahren noch Verbrenner haben. Vielleicht hört man sie an den Stamm tischen, um die es ihr geht, aber in China, meine sehr geehr ten Damen und Herren, hört man sie nicht. Die internationa len Märkte sind für die baden-württembergische Automobil industrie extrem wichtig, und für diese Märkte müssen Autos in Baden-Württemberg gebaut werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich darauf hinweise: In Ba den-Württemberg hängen über 470 000 Arbeitsplätze direkt

und indirekt am Auto. Wenn unsere Automobilbranche wei ter Weltspitze bleiben will, muss sie sich diesem Wandel stel len. In der Branche ist dies doch längst kein Thema mehr – nur noch in der Politik, und das wirkt bisweilen ganz schön weltfremd.

Genauso weltfremd ist aber das andere Extrem. Eine sinnvol le klimaneutrale Mobilität der Zukunft wird eben nicht allein mit batteriebasierten E-Mobilen betrieben werden können, die wir heute kaufen können;

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

sie kann gar nicht nur mit ihnen betrieben werden.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Heutige E-Mobile sind eine notwendige Übergangstechnolo gie, die aber in dieser Form gar nicht so skalierbar wäre, wie es der ganze Markt bräuchte. Woher kommen die Rohstoffe für die Akkus, unter welchen Umständen werden sie gewon nen usw.?

(Abg. Bernd Gögel AfD: Aha!)

Wir können das lösen, wenn wir gerade in diesem wichtigen technologischen Bereich der Batteriezellenforschung in Ba den-Württemberg Marksteine setzen. Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, weise ich nochmals darauf hin: Die Entscheidung der Bundesforschungsministerin, Frau Kar liczek,

(Abg. Anton Baron AfD: Oh Gott!)

die Gelder für die Batteriezellenforschung nicht an den bes ten Standort, den Standort in Baden-Württemberg, zu geben, ist ein Schaden für das Land Baden-Württemberg und für ganz Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grü nen)

Wir müssen gemeinsam versuchen – das wurde auch in der Rede des Kollegen Mack deutlich –, diese Alternativen zu fin den, die uns weg von fossilen Brennstoffen bringen. Wir brau chen Alternativen. Das kann für bestimmte Einsatzbereiche die Wasserstofftechnologie sein, das kann die Brennstoffzel lentechnologie sein, und das können auch E-Fuels sein.

Gerade hier ist aber auch der Staat gefordert. Denn die Fir men – das sagen sie selbst, wenn wir mit ihnen sprechen – schaffen es nicht aus eigener Kraft, diesen Wandel zu stem men. Deswegen muss der Staat, müssen wir alle dafür sorgen, dass die technologische Innovation so schnell stattfinden kann, dass wir in Baden-Württemberg konkurrenzfähig und wettbe werbsfähig sind und dass wir vor allem beim Erhalt der Ar beitsplätze gut unterwegs sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn die Autobranche in Baden-Württemberg Zukunft haben will, dann darf sie eben nicht die Augen verschließen und auf dem bisherigen Kurs bleiben. Mit dem Zwölfzylindermotor mit 600 PS kam man bisher auf die Weltmärkte, in Zukunft kommt man damit, so glaube ich, nur noch ins Technikmuse

um – und das wird keine 30 Jahre dauern, Frau Eisenmann. So wie bisher geht es nicht weiter, auch nicht mit dem Ver brenner.

Das heißt aber nicht, dass wir unsere Automobilwirtschaft an die Wand fahren dürfen, weil sie dann nämlich am schnells ten zum Stillstand kommt. Unsere Automobilwirtschaft muss die Kurve kriegen. Wir müssen begreifen, dass dieser Umbau prozess ein Prozess ist, in dem wir sowohl die technologische Innovation schaffen als auch die Beschäftigten mitnehmen müssen. Wer die Augen verschließt und glaubt, er könne end los geradeaus weiterfahren, der landet zwangsläufig im Gra ben. Wer aber die Kurve mit viel zu viel Karacho nimmt, der landet eben auch im Graben. Das müssen sich sowohl Grüne als auch CDU hinter die Ohren schreiben.

Was heißt „die Kurve kriegen“? Das heißt, dass wir techno logische Innovationen, Brückentechnologien haben, die uns in diese klimaneutrale Mobilität verhelfen. Das können Kon zepte wie z. B. ein Hybridantrieb sein,

(Abg. Anton Baron AfD: Oje, oje, oje!)

bei dem man auch die Verbrennungstechnologie braucht. Das können aber auch Verbrennungsmotoren sein, die hoch effek tiv sind,

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

wenn sie mit erneuerbaren Kraftstoffen betankt werden; Kol lege Mack hat das gerade ausgeführt. Es ist eine Zeit, in der wir die Stärken der E-Mobilität nutzen und die Schwächen, die sie noch hat, ausgleichen können. Es sind wenige, aber wichtige Jahre, in denen wir Autos haben, die vielleicht 40 oder 50 km elektrisch zurücklegen können und das Schad stoffproblem in den Innenstädten lösen können, Autos, die aber auch schnell am Markt verfügbar sind und die die Auto firmen verkaufen können, weil die Verbraucher Sicherheit ha ben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Frage, ob Fahr zeuge – Fahrzeuge mit batteriebetriebener Antriebstechnik, Hybridfahrzeug und Verbrenner – verkauft werden, hängt ganz wesentlich davon ab, ob die Menschen das Vertrauen haben, dass sie mit diesen Fahrzeugen auch in den nächsten Jahren noch in Baden-Württemberg, in Deutschland fahren dürfen. Die Diskussion über die Fahrverbote war – Herr Kollege Dr. Rülke, Sie haben Herrn Kretschmann zitiert – von der Dikti on her anders als noch vor zwei Jahren, als es um die Fahr verbote hier in Stuttgart ging. Damals wurde in einer SchwarzWeiß-Diskussion von schlechter Mobilität und von guter Mo bilität geredet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer eine solche De batte so ideologisch auflädt, der braucht sich über eine Ver braucherverunsicherung und damit ein zurückhaltendes Kauf verhalten nicht zu wundern.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass die Fahrzeuge, die in Baden-Württemberg gebaut werden, am Markt – nicht nur in Deutschland, sondern auch weit darüber hinaus – auch nachgefragt werden. Das heißt, wir brauchen eine Autotech

nik, die wir zukünftig auf den Märkten verkaufen können, Au tos, die der Elektromobilität über wichtige Hürden helfen, Hürden wie z. B. die Reichweitenangst oder der hohe Kauf preis für reine E-Mobile. Diese Sicherheit ist wesentlich wich tiger als die Diskussion über Kaufprämien. Viele saubere Hy bride tragen mehr zum Klimaschutz bei als wenige teure oder gar superteure E-Mobile.

Die Hälfte aller Pkws in Baden-Württemberg erfüllen aktuell noch nicht die Abgasnormen 5 oder 6. Das ist die Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es gibt keinen Knopf, auf den ich drücken kann, damit der Wunsch erfüllt wird, dass ab morgen nur noch batteriebetrie bene Mobilität erfolgt. Hier haben wir ein konkretes Potenzi al für deutliche Verbesserungen beim Klimaschutz, weil ich für jedes Fahrzeug entsprechender Bauart, das ich vom Markt nehme, ein effektiveres und vor allem umweltfreundlicheres Fahrzeug auf die Straße bringen kann.

Wir brauchen das Zeitfenster der aktuellen Dekade, damit die Automobilbranche die Kurve bekommen kann, auch finanzi ell. Mit den reinen E-Mobilen wird wenig bis gar kein Geld verdient. E-Mobile sichern im Moment noch nicht genügend Arbeitsplätze.

Wir müssen aber – das kommt mir in der Debatte viel zu kurz – die Beschäftigung sichern, wenn unsere Autobranche wei terhin den Stellenwert haben soll, den wir gewohnt sind und auf dem ein Gutteil des Wohlstands in diesem Land basiert.

Durch die Coronakrise, meine sehr geehrten Damen und Her ren, haben sich diese Prozesse beschleunigt. Ich war vor Kur zem z. B. bei Mahle in Gaildorf. Die 300 Menschen, die dort arbeiten, stehen vor dem beruflichen Aus, weil Mahle die Schließung dieses Standorts angekündigt hat. Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie in die Gesichter dieser Menschen gucken, dann sehen Sie nichts als pure Zukunftsangst. Diese Menschen brauchen eine Perspektive.

Für uns muss gelten, dass wir für jeden Industriearbeitsplatz in Baden-Württemberg kämpfen; denn die Maschinen und Au tos der Zukunft müssen in Baden-Württemberg gebaut wer den, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Um es noch einmal klar zu sagen: Ich will nicht, dass die Au tomobilfirmen in Baden-Württemberg in 30 Jahren allein auf Verbrennungsmotoren setzen – und das tun sie auch nicht. Ich will, dass es in 30 Jahren längst alternative und klimaneutra le Antriebe gibt.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Das Thema Technologieoffenheit ist ein zentraler Schlüssel. Aber hinter dem Begriff „Technologieoffenheit“ darf sich nicht ein Verharren in bisherigen Zuständen verstecken. Es muss klar sein, dass wir dies danach beurteilen, wie die effek tivste Mobilität mit dem geringsten Ressourceneinsatz orga nisiert werden kann, wie wir es also schaffen, dass Mobilität in Deutschland und Baden-Württemberg gewährleistet ist und gleichzeitig die Produkte der Zukunft in Baden-Württemberg

gebaut werden. Das sind wir den Beschäftigten in dieser Bran che schuldig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Aber nicht erst in 30 Jahren! Dann sind wir bald 50!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Baron das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich zitiere zu An fang – mit Erlaubnis der Präsidentin –: