Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind also noch immer in der Volkskammer in Ost berlin; wir sprechen noch immer über Sozialismus.
Meine Damen und Herren, der Vater der sozialen Markwirt schaft, Ludwig Erhard, sagte 1963 – ich zitiere –:
Ebenso wie beim Fußballspiel der Schiedsrichter nicht mitspielen darf, hat auch der Staat nicht mitzuspielen.... Die Grundlage aller Marktwirtschaft bleibt die Freiheit des Wettbewerbs.
Mit diesem Gesetzentwurf zur Errichtung des Beteiligungs fonds in Baden-Württemberg will die Landesregierung even tuell eine neue Wirtschaftsordnung, quasi eine fröhliche Auf erstehung des utopischen Konstrukts namens Stamokap. Die älteren SPD-Mitglieder werden sich noch an ein Spätwerk von Lenin aus dem Jahr 1917 erinnern.
Wollen Sie das erschaffen? Sie streben nach einer sozialisti schen Planwirtschaft, die zentral von den Regierenden in un serem Land gesteuert werden soll.
Das Unfassbare daran, meine Damen und Herren, ist die Tat sache, dass dieser Vorschlag von einem CDU-geführten Wirt schaftsministerium kommt – unglaublich!
Wir haben es heute schon gehört: Der Staat ist nicht der bes sere Unternehmer. Wie hoch sollen denn die Staatsanteile nach der zweiten Welle oder eventuell nach der dritten Welle im Frühjahr nächsten Jahres sein? Wollen Sie sich die Unterneh men dann komplett einverleiben? Und wer prophezeit, wann die Coronapandemie unser Land wieder verlässt? Das haben wir heute auch schon gehört und uns gefragt.
Deshalb wissen wir auch nicht, wie sich die Unternehmen weiter entwickeln werden und wann sie imstande sind, unse re Einlagen zurückzuzahlen.
Das Ganze ist wieder ein kleiner Taschenspielertrick. Ich neh me eine Milliarde, muss sie nicht in die Verbindlichkeiten stel len, weil ich mir Anteile im Mittelstand dazukaufe. Damit muss ich sie nicht als Schulden in diesem Nachtragshaushalt aufführen.
Sie können den Mittelständlern direkt helfen. Das tun Sie auch; das müssen wir mit Sicherheit auch. Sie können auch akzeptieren oder ihnen anbieten, dass sie endlich ihre Entschä digungen verlangen. Denn diese Probleme sind ja nicht vom Himmel gefallen, sondern Sie haben sie über Ihre Verord nungspolitik herbeigeführt.
Ich habe den Eindruck, die CDU will hier im Land die Wirt schaftspolitik im Sinne der Altsozialisten umsetzen.
Diese geplante Einführung der Planwirtschaft hat auch schon im letzten Jahr – – Daran muss man sich einmal erinnern. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, Herr Kühnert, sagte gegenüber der ZEIT – ich zitiere –:
Mir ist weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klingel schild von BMW „Staatlicher Automobilbetrieb“ steht oder „Genossenschaftlicher Automobilbetrieb“ oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in dieser Form nicht mehr braucht.
Meine Damen und Herren, wir sehen also genau, in welche Richtung – – Bei den Sozialisten ist das ja für uns nichts Neu es. Aber wenn die CDU da hinterhermarschiert, dann Ach tung,
(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir haben eine soziale Marktwirtschaft! Ihnen fehlen ganz einfach ein paar Grundbegriffe!)
Die VEB-Betriebe in der DDR sind uns allen noch sehr gut bekannt, aber nicht als sehr erfolgreiche Unternehmen. Und Holzmann ist sicherlich auch noch – speziell den SPD-Genos sen – in guter Erinnerung.
Ihr Herr Schröder hat dort 140 Millionen € mit Bereitstellun gen und Bürgschaften versenkt, und drei Jahre später hat der Konzern die Insolvenz verkündet.
Ich frage: Warum wollen Sie sich nur an Mittelständlern mit 50 bis 250 Mitarbeitern beteiligen? Warum erst ab 50? Wenn schon, dann frage ich Sie: Was ist denn mit den Soloselbst ständigen, den kleineren Unternehmen, den Hoteliers, den Schaustellern, den Gastronomen?
Wir halten den von Ihnen eingeschlagenen Weg für falsch und eventuell auch für rechtlich bedenklich.
Ich komme zum Schluss. Ich kann es nur immer wieder wie derholen: Alle durch die Corona-Verordnung betroffenen Un ternehmen in diesem Land haben einen berechtigten Anspruch auf Entschädigung und nicht auf Almosen. Diese Unterneh men brauchen Ihre Almosen nicht, und sie brauchen keine Staatsbeteiligung. Deshalb werden wir diesen Entwurf, soll te er nicht entschieden verbessert werden können, ablehnen.
Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute das Beteili gungsfondsgesetz. Das Land Baden-Württemberg will die Möglichkeit haben, sich mit einem Gesamtvolumen von 1 Mil liarde € an kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern in der Realwirtschaft zu beteiligen. Mir als über zeugtem Liberalen fällt es schwer, dies nicht von vornherein komplett abzulehnen. Denn es gibt für alles positive und ne gative Aspekte.
Wenn Sie sich die Literatur dazu durchlesen, stellen Sie fest: Es ist klar, dass eine zeitlich begrenzte und befristete Beteili gung sinnvoll sein kann, wenn dadurch Arbeitsplätze und Strukturen gerettet werden – solange das Ganze tatsächlich aufgrund der Pandemie getan wird. Aber der Staat ist defini tiv nicht der bessere Unternehmer und wird das auch niemals sein.
Also kann es nur strenge Auflagen geben. Jetzt muss die Fra ge gestellt werden: Wie sehen diese Auflagen aus? Klare Kri terien wären beispielsweise bei der Frage wichtig, wann und wo das Land sich an Unternehmen beteiligen kann.
Meine Damen und Herren, da ist der Gesetzentwurf leider sehr schwammig. Er spricht von „klarer Fortführungsperspektive“, von der „Bedeutung für die Stabilität der Wirtschaft“ oder ei ner „soliden und umsichtigen Geschäftspolitik“. Was das ge nau bedeutet, bleibt aber unklar.