Protocol of the Session on September 30, 2020

Die Elternverbände haben sich vorgestern zu Wort gemeldet und ihre Bitten geäußert. Und es war kein besonders gutes Zeugnis, das der Kultusministerin hier ausgestellt wurde. Wo rum geht es? Die Elternvertreter bemängelten, dass sie nur in formiert werden, möglicherweise gehört werden, nicht jedoch in die Entscheidungen der Kultusministerin eingebunden wer den.

Die Elternvertreter haben sich explizit gegen die Verwendung von Microsoft Office 365 ausgesprochen. Warum ist das so? Die Einbindung des US-amerikanischen Softwarekonzerns Microsoft in unsere Schulsoftware wird auch von unserer Fraktion sehr kritisch gesehen. Die Gründe dafür liegen ei gentlich auf der Hand: Staatssouveränität und Datenschutz. Es darf nicht sein, dass persönliche Daten nicht datenschutz konform gespeichert werden.

Es kann nicht in unserem Interesse sein, nicht im Interesse un serer staatlichen Souveränität liegen, wenn die Produktion ele mentarer Güter wie Medikamente nicht mehr im eigenen Land erfolgt. Wir haben in den vergangenen Monaten bemerkt, dass unser Land als ehemals führende Industrienation in eine gro teske Abhängigkeit geraten ist und wir einfache Schutzmas ken im Ausland – beim Verursacher der Pandemie – kaufen müssen. Letzteres war sicherlich ein Zufall – Ironie aus.

Es ist wichtig, die Produktion lebenswichtiger Güter der Grund versorgung im eigenen Land zu behalten. Das gilt auch für das geistige Eigentum,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie haben das falsche Redemanuskript!)

nicht nur für Materielles. Die Schüler in unserem Land sind die Forscher der Zukunft, und wenn deren geistiges Eigentum

nicht mehr auf heimischen Computern gespeichert werden kann, begeben wir uns in eine Abhängigkeit, die wir, die Al ternative für Deutschland, für gefährlich halten.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der CDU)

Abgesehen davon: Die Schüler gewöhnen sich an eine be stimmte Software – ich übrigens auch –, und diese Hersteller bindung in den Schulen wollen wir ganz bestimmt nicht. Wir erwarten stattdessen eine Stärkung der heimischen Wirtschaft – gerade auch in diesen schwierigen Zeiten.

(Abg. Daniel Born SPD: Es geht um den Ganztag!)

Ich komme darauf, zur Begründung; Sie werden es noch hö ren. – Deshalb: Ebenso maßgeblich für unsere Zukunft ist al so, wo die Entscheidungen oder die Daten unserer Kinder ge speichert werden.

Ob die Kultusministerin es schaffen wird, die Schulen in un serem Land zu digitalisieren – und zwar datenschutzkonform und sicher –, wird sich noch zeigen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ich glau be, Sie halten die falsche Rede! – Zuruf der Abg. San dra Boser GRÜNE)

Zweifel sind angebracht, nicht erst seit „ella“.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ich glau be, Sie haben die falsche Rede erwischt!)

Wir fordern und fördern die Einbindung der Eltern und El ternvertreter auch bei der Entscheidung über die Frage: Ganz tag oder Halbtag mit freiwilliger Betreuung? Deshalb fordern wir Wahlfreiheit in dieser Sache.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Bezüglich des digitalen Fernunterrichts erwarten die Eltern vertreter logischerweise aufbereitete Lerninhalte, auf den Lehr plan abgestimmt. Alles andere wäre Unfug. Wir reden nicht nur über Software, sondern auch über die Inhalte. Aber häu fig bedingt das eine das andere. Dies alles sind Forderungen der Eltern, berechtigte Forderungen.

Den Ganztag, insbesondere den verpflichtenden Ganztag, lehnt unsere Partei deshalb bekanntlich ab, ebenso wie die Mehr heit der Eltern. Wir stehen hier für Freizügigkeit, für Wahl freiheit.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Freizügigkeit in der AfD!)

Offenbar wird vor Ort die verpflichtende Ganztagsschule gern von der Politik gewollt. Die Eltern bemerken dann, dass als Konsequenz daraus die Finanzierung der freiwilligen kom munalen Betreuung entfällt. Dann ist der Katzenjammer – man kann es nur so nennen – groß.

Woher kommt diese Erkenntnis bei uns? Bezüglich der Ganz tagsschule im Kreis Heilbronn wurde von uns ein Antrag ge stellt. Das war das Ergebnis. Die Eltern haben realisiert, dass das schöne rote SPD-Konzept nicht aufgeht. Viele Mütter ar beiten eben nicht, müssen dies nicht und wollen dies auch

nicht; sie arbeiten eben nicht von 8 bis 17 Uhr. Sie arbeiten möglicherweise unregelmäßig, arbeiten zu Uhrzeiten, an de nen auch die Ganztagsschule keinen Unterricht anbietet.

Frau Ministerin Eisenmann hat es ja gesagt – in der Zeitung war es nachzulesen –: „Rund 27 % der Eltern wollen das ver bindliche Ganztagsangebot“ – so wenige. Die Anmeldezah len haben es gezeigt: Die Ganztagsschule ist einfach nicht be liebt. Die Schüler und auch die Eltern merken, dass sich die Kinder nicht so gut entwickeln können wie am freien Nach mittag.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: So ein Quatsch!)

Wir fordern den freien Nachmittag zur Entfaltung des unab hängigen Geistes, des selbstständigen Individuums – ohne Be treuung und ohne Bevormundung durch den Staat, durch staat liche Institutionen.

(Beifall bei der AfD – Abg. Daniel Born SPD: Kom men Sie deshalb nicht in den Bildungsausschuss?)

SPD und Grüne lehnen diese freie Nachmittagsgestaltung, die freie Nachmittagsförderung durch das Elternhaus, wie sie jetzt monatelang erforderlich war, ab. Sie möchten stattdessen so genannte Bildungsgerechtigkeit. Gerechtigkeit klingt immer gut, wer könnte dagegen sein? Aber diese Bildungsgerechtig keit will alle Kinder auf das unterste Mittelmaß zurückstut zen.

(Abg. Daniel Born SPD: Das stimmt doch nicht!)

Das lehnen wir ab. Wir fordern und fördern eine Erziehung zum freien Bürger, gerade jetzt in Zeiten der quasi fürsorgli chen Corona-Einschränkungen, dieser angeblich aus Gesund heitsgründen erforderlichen Bevormundung. Deshalb ist dies erforderlicher denn je.

Der mangelnde Geist des Antrags bzw. dieser von Ihnen ge forderten Debatte, der mangelnde Geist, der gerade auch bei den „Fridays for Future“-Aktivisten sichtbar wird, zeigt die Notwendigkeit einer Erziehung zum freien Bürger mehr als deutlich auf.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Für die FDP/ DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Geschätzter Kollege Röhm, mir ist es schon wichtig, eines gleich zu Beginn festzustellen: Beim Ganztag gibt es kein Kernproblem, sondern nur Kernlösun gen, und diese trage ich Ihnen jetzt vor.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP und der Grünen – Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie sind auch nicht das Problem!)

In dem Wort „Geisterfahrt“ stecken ja mindestens zwei Be griffe, nämlich zum einen „Geist“ und zum anderen „Fahrt“. Spannend finde ich dabei, dass beide Begriffe inhaltlich etwas

ganz Ähnliches aussagen. Das deutsche Wort „Geist“, das he bräische „Ruach“ oder das griechische „Pneuma“ meinen, theologisch betrachtet, immer etwas, was mit Energie, mit Be wegung, mit Kraft zu tun hat.

Angesichts der grün-schwarzen Bildungspolitik in dieser Le gislaturperiode frage ich mich allerdings: Was um alles in der Welt hat dieser wichtige Politikbereich der grün-schwarzen Landesregierung eigentlich mit Kraft, Energie, Schwung oder Vorwärtsbewegung zu tun? Jetzt mal unter uns: Liebe SPD, das kann doch nicht euer Ernst sein! Diese grün-schwarze Bil dungspolitik zeichnet sich doch nicht durch kraftvolle, in die Zukunft gerichtete Entscheidungen aus, sondern diese grünschwarze,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Da sind wir uns völlig ei nig! – Zurufe der Abg. Daniel Born SPD und Sieg fried Lorek CDU)

selbst ernannte Komplementärkoalition blockiert sich seit Be ginn ihres Bestehens in ganz wesentlichen Bereichen der Bil dungspolitik gegenseitig, sodass alle am Bildungswesen Be teiligten darunter leiden – weil es keinen Zentimeter voran geht.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD)

Beispiele gefällig? Die Unverbindlichkeit der Grundschul empfehlung, das ungerechte Nebeneinander von G 8 und G 9 oder die noch immer andauernde Privilegierung der Gemein schaftsschule.

(Abg. Daniel Born SPD: Keine Zustimmung!)

Grün-Schwarz hätte wahrlich viele Möglichkeiten gehabt, kraftvolle Entscheidungen zu treffen und unser Land damit nach vorn zu bringen. Aber an diesen von mir erwähnten Bei spielen kann man klar erkennen, dass sich Grüne und Schwar ze lieber lustvoll gegenseitig blockieren, als kraftvolle Ent scheidungen in der Bildungspolitik herbeizuführen.

Der Ganztag ist ein weiteres Beispiel für diese grün-schwar ze Komplementärblockade – für mich ein weiteres beunruhi gendes Beispiel. Nicht erst seit Corona wäre doch entschie denes bildungspolitisches Handeln dringend erforderlich. Tat sächlich jedoch setzt sich die Kultusministerin und CDU-Spit zenkandidatin für die Landtagswahl weder im Bund noch ge genüber ihrem Koalitionspartner im Land durch.

Ich darf in diesem Zusammenhang an den Appell des Vorsit zenden der CDU-Landtagsfraktion, Professor Dr. Wolfgang Reinhart, an die grün-schwarze Landesregierung erinnern. In einem Beitrag für die „Heilbronner Stimme“ vom 8. März 2018 sagte Reinhart – Zitat –:

„Wir befürworten flexible, bedarfsgerechte und familien freundliche Angebote.“

Weiter schreibt die Zeitung – Zitat –:

Geht es nach der CDU-Fraktion, sollen künftig an einem Schulstandort drei Angebotsformen parallel bestehen: der klassische Halbtagsunterricht, der rhythmisierte Ganz tagsbetrieb – und eben der CDU-Vorstoß mit einem Nach mittagsunterricht, den Eltern flexibel für ihre Kinder wäh len können.

(Zuruf von der CDU: Das sagt er heute immer noch!)