Protocol of the Session on July 23, 2020

Es wird auch in dieser Debatte verschwiegen, welche Risiken die Nutzung der digitalen Ausweisfunktion mit sich bringt.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Sie ignorieren die Warnung der Experten. Es ist die Pflicht dieser Landesregierung bzw. des Innenministeriums, die Bür ger ehrlich über Sicherheitslücken im Umgang mit sensiblen Personaldaten zu informieren und vor Gefahren zu schützen.

Zum Schluss: Die EU ist nach wie vor eine Union europäi scher Staaten. Es gibt keine EU-Staatsangehörigkeit. Deshalb kann es keine EU-Identifizierungskarten geben, die in BadenWürttemberg ausgestellt würden. Daher ist dieses Gesetz mehr als verwunderlich – es sei denn, Sie von den Grünen und der CDU wollen die Nationalstaatlichkeit durch die Hintertür aus hebeln, indem Sie ID-Karten für alle EU-Bürger implemen tieren, den einheitlichen europäischen Staat vorgaukeln, den Sie gern hätten, den es aber glücklicherweise noch nicht gibt.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Wir haben unter dem vorausgegangenen Tagesordnungspunkt das Märchen vom bösen Wolf und der guten EU gehört. Die ser Gesetzentwurf ist ein Kapitel dieser Geschichte.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall – Zurufe, u. a. des Abg. Daniel Andreas Le de Abal GRÜNE – Gegenruf des Abg. Daniel Rott mann AfD: Ach, Herr Lede Abal, einfach mal die Klappe halten! Dann kann man was lernen!)

Jetzt ist es aber gut. Es geht nicht, in diesem Stil hier quer durch den Saal zu brüllen.

(Zurufe der Abg. Daniel Rottmann AfD und Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Das war an Sie beide gerichtet. Ich bitte jetzt wirklich, da mit aufzuhören.

Das Wort hat jetzt Herr Abg. Karrais von der FDP/DVP-Frak tion.

(Zurufe)

Es ist jetzt kurz davor.

(Zurufe)

Herr Abg. Karrais, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst eine Bemer kung zu meinem Vorredner: Es ist schon erstaunlich, wie die AfD immer wieder versucht, einen eigentlich relativ harmlo sen Verwaltungsvorgang, bei dem ein Bundesgesetz zur Um setzung kommt, zu einem Skandal hochzustilisieren. Das zeigt doch schon, dass der AfD nicht besonders viel an seriöser Po litik gelegen ist. Sie kommen jetzt wieder mit irgendwelchen Nationalstaatsfantasien usw. um die Ecke, als ob die Natio nalstaaten hier bedroht wären. Hören Sie sich doch mal selbst zu. Das ist wirklich unter aller Kanone.

(Beifall)

Ich komme jetzt aber zum Thema. Ich möchte es ähnlich kurz machen wie meine Vorredner. Allerdings müssen ein paar Din ge schon gesagt sein.

Die eID-Karte soll ja den Zugang zu den Onlineverwaltungs dienstleistungen, die es an der einen oder anderen Stelle gibt, ermöglichen, und das vor allem auch für die Unionsbürger. Es ist gut, dass auch die Unionsbürger, die bei uns im Land le ben, diesen Zugang erhalten sollen. Denn es ist auf jeden Fall ein wichtiger Schritt auf dem Weg in eine digitalisierte Ver waltung, den wir nun endlich gehen, und daran müssen natür lich alle Menschen, die in Deutschland leben, teilhaben kön nen.

Ich ziehe einmal den Vergleich zu dem „Smart Perso“ bzw. dem digitalen Personalausweis, der sehr viele Vorteile bietet – jedenfalls in der Theorie. Der Kollege Stickelberger hat es auch schon angesprochen: Theoretisch stand ja mal die Idee dahinter, dass man sich mit dem „Smart Perso“ oder jetzt der eID-Karte sozusagen vom Sofa aus sicher identifizieren kann und dann irgendwelche Verwaltungsdienstleistungen abrufen kann. Das ist eine sehr gute Idee. Leider fehlt es halt, wie zur zeit sehr häufig im Bereich des E-Governments, an Anwen dungsfällen, bei denen man das wirklich zum Einsatz bringen kann.

Deshalb gehe ich zwar davon aus, dass wir diese Gelegenheit für die Unionsbürger schaffen, sich online zu identifizieren, befürchte aber, dass es keinen Run auf diese eID-Karte geben wird. Denn es gibt letztlich kaum einen Anwendungsfall, für den man diese gebrauchen könnte. Da ist es wahrscheinlich einfacher, direkt ins Amt zu gehen und die Angelegenheit dort

zu erledigen, bevor man 29 € für eine Karte zahlt, die man am Schluss eigentlich nicht nutzen kann.

Das kann sich aber noch ändern. Deshalb lehnen wir es gar nicht ab, dass man das jetzt hier einführen möchte. Dass man die Karte schaffen möchte, ist ja richtig. Das halten wir auch für einen wichtigen Schritt. Allerdings muss da die Landesre gierung schon noch ein bisschen die Ärmel hochkrempeln, wenn es darum geht, Onlinedienstleistungen in der Verwal tung zur Verfügung zu stellen.

Das OZG, das Onlinezugangsgesetz, fordert, dass bis 2022 al le 575 Verwaltungsdienstleistungen auch digitalisiert bzw. on line zur Verfügung stehen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, denn einen konkreten Umsetzungsplan können wir in dieser Hinsicht nicht erkennen. Das hängt auch mit der E-Akte, über die wir eigentlich gestern gesprochen hätten, zusammen. Auch sie ist noch nicht flächendeckend verfügbar, was auch digita le Verwaltungsprozesse eher schwierig macht.

An dieser Aufzählung sieht man, dass es noch erhebliche He rausforderungen gibt, die die Landesregierung zu bewältigen hat.

Zum „Smart Perso“ hatten wir vor Kurzem den Antrag Druck sache 16/7349 eingebracht. In der Stellungnahme dazu kam eigentlich recht deutlich heraus: Das Land weiß nicht einmal, wie viele Personalausweise über die Onlinefunktion verfügen. Das Land weiß auch nicht, wie viele Dienstleistungen über haupt auf den „Smart Perso“ angewiesen sind, um durchge führt werden zu können. Es fehlt hier also an einem Monito ring. Das zeigt auch, wie ernsthaft das Ganze hier betrieben wird, bzw. man hat vermutlich die Sorge, dass man entdecken könnte, dass es für die eID-Karte oder den „Smart Perso“ ei gentlich kaum Anwendungsfälle gibt.

Abschließend bleibt mir zu sagen: An der FDP/DVP soll die elektronische ID-Karte nicht scheitern. Wir mahnen aber an: Das Land muss die Ärmel hochkrempeln, damit bei der Ver waltungsdigitalisierung etwas vorangeht. Denn sonst haben wir etwas geschaffen, was am Schluss niemand braucht. Das wäre sehr schade, da in dieser Sache sehr, sehr viel Potenzial steckt.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt gibt es, glaube ich, keine Wortmeldungen mehr. Wir können die Aussprache beenden.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/8486 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres, Digitalisie rung und Migration zu überweisen. – Damit sind Sie einver standen. Es ist so beschlossen.

Wir haben Tagesordnungspunkt 8 erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes Ba den-Württemberg und anderer Rechtsvorschriften – Drucksache 16/8487

Das Wort zur Begründung hat Frau Ministerin Edith Sitzmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute das Vergnügen, in der letzten Plenarsitzung vor der parlamen tarischen Sommerpause zum letzten Tagesordnungspunkt, zu dem eine Aussprache vorgesehen ist, Ausführungen zu ma chen. Vielleicht sind Sie gegen Ende des heutigen zweiten Sit zungstags auch damit einverstanden, dass ich mich eher kurz fasse

(Beifall – Zurufe)

und wir die weiteren Debatten in die Beratung des Finanzaus schusses und dann vielleicht auch in die Zweite Beratung hier im Plenum verlegen.

Das ist nicht ganz einfach, weil die Änderung des Landesbe soldungsgesetzes doch sehr umfänglich ausgefallen ist. Las sen Sie mich deswegen an dieser Stelle schnörkellos fünf Kernpunkte des Gesetzentwurfs nennen.

Ein wichtiger Punkt ist die Anhebung der Eingangsämter des mittleren Dienstes. Die Anforderungen an die Beschäftigten des mittleren nichttechnischen Dienstes nehmen stetig zu. Wir werden also das Eingangsamt des mittleren nichttechnischen Dienstes von Besoldungsgruppe A 6 nach Besoldungsgruppe A 7 anheben, außerdem die Eingangsämter des ehemals ein fachen Dienstes von Besoldungsgruppe A 5 nach Besoldungs gruppe A 6. Insgesamt profitieren 1 500 Beamtinnen und Be amte von dieser Anhebung.

Sie wissen, dass wir immer wieder Probleme haben, Schullei terinnen und Schulleiter zu finden. Deswegen wollen wir die Attraktivität gemäß der Gesamtverantwortung steigern. Es gibt hier Handlungsbedarf. Bei Haupt- und Werkrealschulen sollen die Schulleitungen künftig wie die von Realschulen und Gemeinschaftsschulen in Besoldungsgruppe A 14 starten, Schulleitungen von Grundschulen mit bis zu 100 Schülerin nen und Schülern in Besoldungsgruppe A 13.

Außerdem führen wir ein, dass an Schulen mit mehr als 100 Schülerinnen und Schülern die Schulleitungen auch Stellver tretungen bekommen. Das sind die Konrektoren.

Punkt drei: Wir führen eine Vertretungszulage ein, wenn Be schäftigte des Landes Baden-Württemberg kommissarisch ei ne Behördenleitung übernehmen. Ich denke, es ist richtig, dass wir die Zunahme von Verantwortung und den zeitlichen Mehr aufwand honorieren.

Viertens wird es ein Wahlrecht für die Beamtinnen und Be amten des Justiz- und Abschiebungshaftvollzugsdienstes ge ben. Sie können in Zukunft zwischen Beihilfe und freier Heil fürsorge wählen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut, Frau Mi nisterin!)

Bei diesem Punkt ist der Kollege Zimmermann sicherlich anwesend. Ich würde es aber in aller Kürze jetzt nur bei der Erwähnung

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja, es ist sonst zu kompliziert!)

dieses neuen Wahlrechts belassen.

Punkt fünf: Neufassung der Einkünftegrenze für Ehegattin nen und Ehegatten in der Beihilfe. Dazu gibt es ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Wir setzen aber nicht nur dieses Urteil um, indem wir rückwirkend zum 1. Januar 2013 den Betrag der Einkünftegrenze auf 18 000 € jährlich erhöhen, son dern wir erhöhen diese Grenze ab 1. Januar 2021 auf 20 000 € im Jahr.

In Bezug auf die Kosten lässt sich sagen, dass die vorgesehe nen Rechtsänderungen das Land rund 22 Millionen € pro Jahr kosten werden. Die Kosten sind zum größten Teil im Haus halt etatisiert. Für den Bereich der Beihilfe/Heilfürsorge schät zen wir, dass die Kosten bis zu 27 Millionen € im Jahr betra gen können. Über die Stellungnahmen der Anhörung können wir uns im Ausschuss noch austauschen.