Protocol of the Session on July 23, 2020

Jetzt wird versucht, einen Teil des Käferholzes über Contai nerverladung nach China zu verschiffen. Und die Fuhrunter nehmer werden permanent von der Polizei kontrolliert, weil es hier keine Regelung gibt. Es wird behauptet, die Ladung könne innerhalb der Container verrutschen, obwohl die Holz stämme wirklich bündig komplett in die Container passen. Da kann überhaupt nichts passieren. Gerade am letzten Samstag ist wieder ein Holzunternehmer kontrolliert worden und hat 5 000 € Strafe gezahlt.

Es soll ein Gutachten geben, auch vom TÜV. Und es gibt, wie gesagt, mehrere Gutachten, die bestätigen, dass das in Ord nung ist.

Setzen Sie sich bitte für eine Regelung ein, denn wir bekom men das Holz nicht aus dem Wald heraus. Das ist einfach nicht möglich. Ich bin selbst Waldbesitzerin. Wir haben nicht genü gend – –

(Heiterkeit – Zurufe, u. a.: Wie viele Hektar?)

Ja, ja. Da haben Sie wieder etwas Neues erfahren. Ich möch te einfach appellieren, dass hier – –

(Heiterkeit – Zurufe – Unruhe)

Ich wollte nicht zur Erheiterung beitragen.

(Zurufe – Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, Frau Abg. Wölfle hat das Wort.

Also ich weiß, wovon ich spreche, und ich möchte hier für die Holzwirtschaft ein Wort bei Ihnen einlegen, dass hier dringend eine Lösung gefunden werden muss. Andernfalls bleibt das Käferholz im Wald liegen, und Sie als zuständiger Fachminister wissen, was dann passiert:

Es wird noch schlimmer. Das Holz muss aus dem Wald, und zwar schnell. Wir müssen da eine Lösung finden.

(Vereinzelt Beifall)

Vielen Dank, Frau Wölfle. – Ich kann Ihnen fachlich ausdrücklich zustimmen. Aber ich kann Ihnen keine sofortige Lösung anbieten, auch weil wir sie nicht in BadenWürttemberg treffen könnten. Vielmehr muss es eine bundes weite Lösung sein.

Der Vorfall ist durch hessische Behörden ausgelöst worden, die auf eine uralte Richtlinie für die Containerbeladung zu rückgegriffen haben und feststellten, der Inhalt könne im Prin zip verrutschen und zur Instabilität des Containers auf dem Lkw führen. Daraufhin hat man Containerverkehre im Prin zip eingeschränkt bzw. untersagt.

Dann kam noch ein Unfall dazu – ich glaube, im Höllental –, bei dem ein Lkw mit einem solchen Container umgekippt ist. Dieser Unfall war nachweislich nicht auf die Ladung zurück zuführen.

(Zuruf: Richtig!)

Aber er hat natürlich dazu geführt, dass insbesondere die Po lizeibediensteten und -direktionen in Südbaden für das The ma Container sensibilisiert sind.

Wir bemühen uns, dort eine bundesweite Lösung hinzubrin gen. Es muss eine bundesweite Lösung sein. Aber Sie wissen, der behördliche Schwergang ist, wenn es sich nicht unbedingt um eine Pandemie handelt, häufig nicht so einfach zu über winden. Aber wir sind an diesem Thema dran. – Vielen Dank.

(Zuruf: Holzköpfe!)

Meine Damen und Herren, damit ist schon klar: Wir sind in mitten einer Katastrophensituation. Und wenn ich jetzt von einer Pandemiesituation gesprochen habe: Wir haben uns ein Stück weit schon an Corona gewöhnt, und die Meldungen, die uns dazu ereilen, reißen auch niemanden mehr so richtig vom Hocker. Auch die Meldungen, die uns bezüglich der Wälder ereilen, reißen niemanden mehr so richtig vom Hocker, ob wohl die Situation latent katastrophal ist.

Wir können jetzt einfach sagen: Wir wollen damit leben. Wir müssen ja dafür sorgen, dass die Wälder wieder ihrer Funkti on als Kohlenstoffspeicher gerecht werden, damit wir den Kli mawandel aktiv angehen können und ihm etwas entgegenset zen können, und zwar mit Ressourcen, über die wir selbst ver fügen. Überdies werden wir die Produkte aus den Wäldern, das Holz, in der Zukunft noch mehr brauchen als in der Ver gangenheit, wenn wir fossile durch biobasierte Rohstoffe er setzen wollen. Das ist der ganz entscheidende Punkt. Ich glau be, wir müssen auch dahin kommen, dass dies am Ende ge lingt.

Ich bin dem Landtag sehr dankbar, dass er im Herbst letzten Jahres ein großes Notpaket für den Wald beschlossen hat – 40 Millionen €, davon über 30 Millionen € direkte Hilfen für die Waldbesitzer. Das sind Hilfen für die Waldbesitzer, aber keine Entschädigungen. Ich will das immer wieder betonen. Wir können für die Vermögensverluste, so schmerzlich sie

sind, keine Entschädigung leisten. Und das sind schmerzliche Vermögensverluste. Wenn Sie 1 ha Fichte, 500 m3 Holz, mit einem Roherlös von, vor der Katastrophe, 90 € verkaufen – das sind jetzt einmal 45 000 ha, die da herumstehen – –

(Zuruf)

450 €.

(Zuruf: Hektar!)

Hektar, sorry, die dann gerade so herumstehen. – Da muss man einfach sagen: Das ist Geld, das weg ist und das nicht er setzbar ist. Aber wir sollen und wollen sie unterstützen in der Aufarbeitung, denn dort, wo Wald stand und steht, muss auch wieder Wald hin. Ich glaube, das ist das ganz Entscheidende, dass wir die Motivation der Waldbesitzer erhalten, auch wie der Wälder zu pflanzen. Wer jetzt nicht gerade schnell wach sende Baumarten anbaut, die auf Landwirtschaftsflächen in frage kämen, aber nicht in den Wäldern, der wird vermutlich den Ertrag dessen, was er pflanzt, selbst nur selten erleben – trotz steigender durchschnittlicher Lebenserwartung. Da muss man einfach festhalten, dass wir im Prinzip die Motivation der Waldbesitzer brauchen, wieder anzubauen, wieder anzupflan zen, und zwar mit Baumarten, die klimaresilient sind. Das ist der ganz entscheidende Punkt.

Wenn wir heute dort Buchen und Fichten haben, dann verjün gen die sich natürlich schon noch, bevor sie absterben. Das ist vollkommen klar. Die Samen fallen herunter, und da gibt es auch wieder junge Bäume. Die werden wir natürlich belassen, aber wenn wir sie so belassen und nichts tun, dann haben wir zwar wieder Wälder, also zumindest Jungwälder, aber diese werden nicht sonderlich stabil sein, denn es wird ja weiterge hen. Der Klimawandel zeichnet sich eben durch die Witte rungsextreme – verstärkte Trockenheit, verstärkte Hitzeperi oden, verstärkte Überschwemmungsperioden etc. – aus. Mit diesen Extremen werden die Bäume, die seit Hunderttausen den und Millionen von Jahren hier akklimatisiert sind, nicht fertig, weil der Wandel so schnell voranschreitet, dass sich langlebige Individuen darauf nicht in ihrer Lebenszeit einstel len können. Das ist das Geheimnis.

Deshalb werden wir klimaresilientere Baumarten zusätzlich künstlich, also per Hand, mit einbringen müssen. Da beißt die Maus überhaupt keinen Faden ab. Das sind Baumarten, die im Prinzip die Verhältnisse in Mitteleuropa gewöhnt sind; denn wir werden ja auch Frostereignisse nicht ausschließen können. Man kann nicht einfach sagen: Jetzt nehmen wir mal Baumarten von Italien und vom Mittelmeer, und dann wäre alles gut. Ich sage, an der Küste gibt es keine Fröste, und in sofern wäre das sofort zum Scheitern verurteilt.

Deshalb kann man in der Hauptsache nur mit Baumarten ar beiten, die in Deutschland bereits vorhanden und hier schon akklimatisiert sind. Das sind Baumarten in der Rheinebene wie die Nussbäume, wie beispielsweise auch die Hainbuche, die als sekundäre Baumart heute in Mischwäldern generell vorkommen. Das ist beispielsweise die Esskastanie, die bis her nur in den wärmeren Klimazonen vorkommt, die aber auch einmal einen leichten Frost erträgt. Auf diese Baumar ten werden wir verstärkt setzen müssen. Es werden aber auch solche sein, auf die wir in der Vergangenheit schon gesetzt ha ben, wie beispielsweise die Douglasie und die Roteiche.

Jetzt sage ich als einer, der fachlich in dieser Frage auch pflan zensoziologisch beleckt ist: Das sind jetzt auch Baumarten, die im Prinzip keine Verfälschung der heimischen Flora vor nehmen. Das muss man auch festhalten.

(Beifall)

Vielen Dank für den Beifall; es ist so. – Es gibt natürlich auch Baumarten, die nicht aus Deutschland stammen, die ei ne Flora verfälschen können, weil sie invasive Wirkungen aus lösen. Die wollen wir ausdrücklich nicht.

(Beifall – Zuruf: Richtig!)

Deshalb können wir da nicht einfach wahllos eingreifen und sagen: Jetzt schauen wir mal und nehmen die Atlaszeder, den Tulpenbaum und die Baumhasel. Vielmehr muss man die, die sich hier noch nicht etabliert haben, wo es noch keine Anbau versuche gibt, ausprobieren. Unter Anleitung oder Beobach tung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt muss man Versuchsflächen anlegen, um zu sehen, ob diese Baumar ten sich bewähren. Aber man muss auch mit „Fremdländern“ – in Anführungszeichen – arbeiten, weil ansonsten die Palet te der Baumarten, die zur Verfügung steht, zu gering ist. Wir brauchen eine Risikostreuung. Am Ende ist doch unser ge meinsames Ziel, Wälder zu haben und keine Steppen. Das ist doch der ganz entscheidende Punkt.

(Beifall)

Deshalb haben wir die Förderrichtlinie so ausgerichtet, dass im Zweifelsfall auch einmal ein höherer Anteil der nicht hei mischen Baumarten mitgefördert wird, weil wir davon ausge hen, dass die Naturverjüngung eh den Rest erledigt. Das heißt, die Naturverjüngung ist immer dabei, weil die Bäume sich na türlich verjüngen. Wir wollen ja die natürliche Pflanzenflora und die Gesellschaften erhalten. Diese Bäume sind eine zu sätzliche Risikoabsicherung für die Zukunft, was das Thema Klimaresilienz angeht. Das müssen wir den Waldbesitzern an die Hand geben. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Da muss Ideologie jetzt zurückstehen.

(Zurufe, u. a.: Jawohl!)

Wer Wälder erhalten will, muss Wälder erhalten, muss Wäl der wollen, und Wälder können wir nur erhalten und bekom men, wenn wir auch das ganze Spektrum, das die Natur in Mitteleuropa bietet, nehmen und anwenden.

(Beifall)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehe ich die Krokodilstränen des Kollegen Pix zu diesem Thema; es war mir schon klar, dass das für manche in dieser Frage eine Hürde ist, über die man springen muss. Aber es ist anderer seits so, dass man sich in dieser Situation überlegen muss: Was wollen wir am Ende als Oberziel erreichen? Das Oberziel ist für mich der Walderhalt, und das Oberziel heißt für mich auch Klimaschutz. Dem Klimaschutz ist manches unterzuordnen.

Ich spreche deshalb auch ganz offen – deshalb ist der Streit auch öffentlich geworden – insbesondere darüber, was die Transporte angeht. Wir sind ja bei einem anderen Thema un seres Koalitionspartners auch nicht zufrieden, was die 44-tRegelung angeht. Ich verstehe ja, dass manche Brückenbau werke unter Umständen nicht geeignet sind, manche Lasten

zu tragen, und es ist ja auch wahr, dass sich erhöhte Lasten in ihrer Wirkung auf das Brückenbauwerk potenzieren. Aber am Ende muss man sich die Frage stellen: Was ist denn wichti ger? Schützen wir jetzt in dieser dramatischen Situation die Natur, oder schützen wir Steine und Beton? Diese Frage muss man sich natürlich auch stellen

(Beifall – Zuruf)

das ist so! –, und dann muss man schon fragen: Nehme ich in Kauf, dass ich vielleicht erhöhte Sanierungskosten für Brü ckenbauwerke habe, was noch nicht geklärt ist, oder nehme ich in Kauf, dass wir jetzt – und zwar sofort! – in eine ökolo gische Katastrophe hineinlaufen, und nehme ich in Kauf, dass wir massenhaft auch Pflanzenschutzmittel ausbringen, die wir nicht ausbringen wollen, die wir aber ausbringen müssen, wenn die Hölzer nicht rechtzeitig abgefahren werden und der Käfer fliegt?

Diese Frage muss man sich sehr wohl stellen, und dafür ist auch noch keine Lösung auf dem Tisch.

(Zuruf)

Die Lösung ist noch nicht auf dem Tisch. Sie besteht darin, dass wir hoffentlich bald erfahren, welche Brückenbauwerke überhaupt betroffen sind. Das wissen wir auch nicht.

Ich bin der FDP/DVP für die Anfrage, Kollege Hoher, dank bar – nicht für Ihre Rede, aber für Ihre Anfrage dankbar –,

(Vereinzelt Heiterkeit – Unruhe)

weil wir jetzt auch wissen, dass es nur 3 % der Brückenbau werke sind – immerhin: „nur“ –, aber auch wissen, dass wir nicht wissen, welche kommunalen Brücken davon betroffen sein könnten.