Protocol of the Session on July 22, 2020

Herr Abg. Schwarz, lassen Sie jetzt Zwischenfragen zu? Ich habe zwei Zwischenfragen, zum einen von Herrn Abg. Weber und zum anderen von Herrn Abg. Hoher.

Bitte schön.

Die Fragen werden zugelas sen. – Herr Abg. Weber, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Schwarz, Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie glauben, dass die Initi atoren, die Mitinitiatoren, die Unterstützer des Volksbegeh rens „Rettet die Bienen“ zur Gruppe der Spalter gehören. So haben Sie den Fraktionsvorsitzenden Stoch bezeichnet. Das, finde ich, ist eine ein bisschen wagemutige Formulierung.

(Zuruf)

Ich frage Sie daher, ob Sie – wenn das logisch aus Ihrer Wort meldung herauszuhören ist – BUND und NABU ebenfalls als Spalter bezeichnen, weil die ja ebenfalls unterwegs waren.

(Vereinzelt Beifall – Zurufe)

Ja, Herr Kollege Weber, ich glaube, es ist nochmals ein Unterschied,

(Unruhe)

ob ein Umweltverband, ob Bürgerinnen und Bürger, ob die Zivilgesellschaft ein Anliegen ins Parlament bringen oder ob sich Abgeordnete, die hier im Parlament andere Beteiligungs formen haben, einbringen.

(Zurufe)

Liebe SPD, ihr Kollege hat eine Frage gestellt. Möchten Sie jetzt, dass ich die Frage Ihres Kollegen beantworte, oder nicht? Dann müssen Sie schon zuhören.

Ich glaube, Herr Weber, es ist ein Unterschied,

(Unruhe)

ob von außen aus der Zivilgesellschaft etwas in den Landtag gebracht wird oder ob sich politische Parteien an die Spitze einer Initiative stellen.

(Zurufe)

Wir haben ja, Herr Weber, beim § 34 gesehen, dass dieser Pa ragraf sehr bedenklich ist. Deswegen war es in meinen Augen gut, nicht die Landwirtschaft gegen den Naturschutz auszu spielen, sondern zu schauen, wie wir einen Weg finden, der zu einer Pestizidreduzierung in der Landwirtschaft führt, aber nicht die landwirtschaftlichen Betriebe vor das Aus bringt. Das meine ich, wenn ich sage: nicht spalten, sondern zusam menführen, Landwirtschaft und Naturschutz zusammen den ken.

(Beifall)

Herr Abg. Schwarz, jetzt ha be ich noch die zweite Wortmeldung. Sie ist von Herrn Abg. Hoher.

(Zuruf)

Meine Damen und Herren, Herr Abg. Hoher hat das Wort, sei ne Frage zu stellen.

Ich habe eine grundsätzliche Frage. Sie haben Schuldzuweisungen gemacht, wer die Kei le treibt und wer nicht. Ist Ihnen vielleicht bekannt, dass die Initiatoren von „Rettet die Bienen“ vielleicht ein grünes Par teibuch haben?

(Zurufe, u. a.: Die sind auch Spalter! – Unruhe)

Es gab einige Forderungen im Volksbegehren, die man so nicht hätte umsetzen können. Deswegen war es wichtig, dass die Landesregierung in einen Prozess eingestiegen ist zum einen mit den Initiatoren, den Umwelt- und Naturschutzverbänden, und zum anderen mit der Landwirtschaft. Dass man sich zusammengesetzt hat, dass man diesen runden Tisch durchgeführt hat, war in meinen Au gen wichtig, um die Dinge zusammenzubringen.

Zu Ihrer Frage, Herr Kollege: Ich kenne nicht alle Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen. Es ist für das Thema auch gar nicht relevant. Für uns, den Landtag, ist relevant, dass wir die Artenvielfalt fördern und dass wir die naturnahe Landwirt schaft voranbringen. Das haben die beiden Minister, das hat die Koalition mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz gut auf den Punkt gebracht.

(Beifall – Zuruf: Richtig!)

Ich glaube – Sie haben ja auch nach dem Prozess gefragt –, dass dieser Prozess tatsächlich als Blaupause gesehen werden kann, wie wir gesellschaftliche Konflikte lösen, bevor sie es kalieren. Es hilft, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, die Vorschläge auf den Tisch zu legen und dann darüber zu reden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ja auch über direkte Demokratie gesprochen worden. Wir müssen uns das Verfah ren für Volksbegehren und Volksanträge nochmals anschau en.

(Zurufe, u. a. Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aha!)

Wir sollten nochmals darüber nachdenken, wie eine solche Schleife der Konsultation generell angedacht werden kann.

Wie kann miteinander geredet werden, um einen eingebrach ten Volksantrag, ein eingebrachtes Volksbegehren weiterzu entwickeln? Wir sollten darüber reden, ob die Initiatorinnen und Initiatoren eines Volksbegehrens die Möglichkeit bekom men, den vorgeschlagenen Gesetzestext im Laufe des Verfah rens weiterzuentwickeln. Ich bin sehr dafür, dass wir uns mit dieser Frage nochmals befassen. Denn in diesem Fall hatten die Initiatoren gar keine Möglichkeit, an dem vorgeschlage nen Gesetzestext noch Änderungen vorzunehmen. Das war nur über die Regierung möglich. Deswegen finde ich, im Sin ne der direkten Demokratie und der Politik des Gehörtwer dens müssen wir darüber reden, wie wir das Verfahren für den Volksantrag und das Volksbegehren noch besser machen kön nen.

(Beifall)

Der Ministerpräsident hat den Gesellschaftsvertrag beschrie ben. Ich finde, bei dem Gesellschaftsvertrag zwischen Han del, Verbraucherinnen und Verbrauchern und der Landwirt schaft geht es um mehr als um faire Preise. Es geht um ein neues Verständnis, um ein neues Verhältnis untereinander. Wir müssen entlang von Wertschöpfungsketten ausloten, wie eine sozial gerechte, an Tierschutz, Natur- und Artenschutz orien tierte Landwirtschaft aussehen kann.

Auch wenn Landwirtinnen und Landwirte zahlenmäßig nur einen kleinen Teil der Bevölkerung ausmachen, so hängt doch unser tägliches Brot wortwörtlich an der Arbeit dieser Berufs gruppe. Ernährungssicherheit, gesundes und regionales Essen gibt es nur mit der Landwirtschaft, gibt es nur durch die Bäu erinnen und Bauern in unserem Land.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Deswegen will ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Begriff hier einführen, den Sie aus anderen Debatten kennen: Die Landwirtschaft ist systemrelevant. Das hat diese Debatte gezeigt, und auf dieser Basis sollten wir auch die Diskussion zum Gesellschaftsvertrag führen.

(Beifall)

Weil auch immer wieder gefragt wird, was das Land dafür tue – Sie hatten ja auch diese Frage aufgeworfen, Herr Kollege Weber –, hier meine Antwort: Die Koalition hat sich darauf vorbereitet. Wir haben in den Haushaltsplanberatungen min destens 60 Millionen € für die Umsetzung dieses Biodiversi tätsstärkungsgesetzes für die Unterstützung von Landwirtin nen und Landwirten im Haushalt verankert. Das heißt, wir sind hier in Vorleistung gegangen. Es sind nicht nur diese 60 Millionen €. Diese Koalition hat bereits vor einiger Zeit, bereits bevor das Volksbegehren an uns herangetragen wur de, ein Biodiversitätsstärkungsgesetz aufgelegt. Das heißt, dieses Thema ist von uns frühzeitig und umfassend bearbei tet worden.

(Beifall – Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch: Strategie!)

Eine Biodiversitätsstrategie.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe davon gesprochen, dass heute ein guter Tag für Baden-Württemberg ist: Land wirte und Landwirtinnen, Naturschützerinnen und Naturschüt zer gemeinsam für den Artenschutz, gemeinsam für eine re

gionale und naturnahe Landwirtschaft. Senden wir nachher das starke Signal aus, dass uns diese beiden Themen wichtig sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Nun hat noch einmal Herr Abg. Professor Dr. Reinhart für die CDU das Wort.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich teile die Meinung mei ner Vorredner, die gesagt haben: „Heute ist ein großer, ein his torischer Tag für dieses Parlament, auch für das Land BadenWürttemberg.“ Ich danke der Landesregierung, dem Minis terpräsidenten für seinen Beitrag, aber auch den beiden Mi nistern Hauk und Untersteller, dass wir diese Thematik heute hier nicht im Konflikt, nicht mit Kampfabstimmungen, son dern im Konsens mit der Gesellschaft, mit Landwirten und Naturschützern behandeln. Das ist ein großer Erfolg, und es ist wichtig, dass wir diese Thematik gemeinsam besprechen.

(Beifall)

Herr Kollege Rülke, Sie haben von einem „Totalbankrott“ ge sprochen. Ich muss Ihnen sagen: All die, die die Märkte an gesprochen haben, haben die Gesetzentwürfe nicht gelesen. Ich habe mich noch einmal versichert. Es geht darum, dass z. B. selbst die geänderten Umfänge des Ökolandbaus – – Nach dem Gesetzestext wollen wir den geplanten Umfang nur unterstützen, sofern der Markt es zulässt. Das muss man da zusagen, und darum geht es. Man sollte nicht unvollständig zitieren.

Wir wollen sehr wohl eine Veränderung, wir wollen die Bio diversität nach vorn bringen. Der Artenreichtum und die Viel falt des Lebens, verehrte Kolleginnen und Kollegen, gehören für uns zu den Schätzen unseres Planeten. Wir alle sind ge meinsam aufgerufen, diesen bedrohten Schatz zu hüten. Die Natur mit ihrer Biodiversität ist der wertvolle Dienstleister für uns Menschen, der ganz konkret auch große ökonomische Be deutung hat. Und nur eine funktionierende Natur sorgt dafür, dass wir Luft und Wasser zum Leben haben und auch Böden und Rohstoffe nutzen können.

(Beifall)

Ich bin in einem Dorf groß geworden, auf einem kleinteiligen Bauernhof. Natürlich habe ich als Kind – noch in Zeiten vor den Flurbereinigungen – erlebt, dass auf jedem kleinen Acker an der Ecke eine Hecke stand. Und ich habe hier schon ein mal darauf hingewiesen, dass in der Frühjahrs- und der Som merzeit aus jeder Hecke Rebhühner verjagt wurden, wenn nur ein Traktor oder ein Pferd vorbeigekommen ist.