wenn die andere gesellschaftliche Gruppe noch stärker die Dinge vom Staat regulieren und die Menschen drangsalieren lassen möchte, dann beraubt sie sich ihrer gesellschaftlichen Legitimation.
Dann entpuppt sich so eine Initiative als das, was sie ist: ein ideologisch motiviertes Verbandsbegehren, das die Mitglie der unserer Gesellschaft gegeneinander ausspielt.
Dem vorliegenden Volksantrag der Bauernverbände ist es zu danken, dass versucht wurde, diese Spaltung zu verhindern. Jedoch kritisieren wir hier die Regierung, die die Existenz un
serer Landwirte, was die Reduktion von Pflanzenschutzmit teln angeht, enorm bedroht und hier mit Bevormundung die Freiheit des Einzelnen untergräbt.
(Beifall – Abg. Andreas Stoch SPD: Versuchen wir mal, das, was er erzählt hat, wirtschaftlich einzuord nen: Freier Markt hinter Mauern! Geile Idee! – Ge genruf des Abg. Udo Stein AfD: Freier Markt mit gleichen Bedingungen!)
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Volks antrag haben wir es mit einem absoluten Novum in der Ge schichte unseres Landes und einem Novum für den Landtag zu tun. Der Landtag hat sich mit diesem Volksantrag zu be fassen, da die erforderliche Zahl der Unterschriften um ein Vielfaches übertroffen wurde. Für unsere Abgeordneten ist dieses Votum ein klarer Auftrag zum Handeln.
Ca. 85 000 Unterschriften hat dieser Volksantrag – eine Re aktion der Landwirte, Weinbauern, Obstbauern und weiterer Verbände auf das Volksbegehren „Pro Biene“. Der Volksan trag zeigt, wie weit die Landwirte im Land in der Lage sind, den Weg zum Artenschutz mitzugehen. Es ist ein starkes Si gnal, dass sich der erste Volksantrag im Land dem Themen bereich der Landwirtschaft und ihrer zentralen Lebensmittel versorgung zuwendet.
Die Coronapandemie hat uns gezeigt, wie wichtig eine regi onale Versorgung mit Lebensmitteln ist, wenn Lieferwege nicht mehr funktionieren. Die Krise hat aber auch zu einer neuen Wertschätzung für Landwirte geführt. Nun hätte dieses Parlament – oder besser: die Landesregierung – die Chance, diese Wertschätzung in Taten und Gesetzen zum Ausdruck zu bringen.
Der Ablauf geht vom Volksbegehren über den Volksantrag bis hin zum Eckpunktepapier. Dieses Papier soll nun die untrag bare Forderung des Volksbegehrens vernünftig abdämpfen. Über ein Jahr arbeitete man in der Landesregierung eifrig an der Frage, wie man die Belange des Artenschutzes mit den Anforderungen der Landwirte zusammenbringen kann. Nun, man könnte jetzt den Eindruck gewinnen, dass ein Kompro miss vorliegt, der für die Beteiligten passt. Doch der Eindruck trügt, dass heute ein Kompromiss gefunden worden wäre.
In der heute vorliegenden Beschlussempfehlung wird festge stellt, dass der flächendeckende Erhalt der heimischen Land wirtschaft von herausragender Bedeutung ist. Dort steht auch, dass die Rahmenbedingungen für die zumeist familiär geführ ten Betriebe stimmig sein müssen. Es wird festgestellt, dass der Artenschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. So weit kann ich auf jeden Fall dieser Sache sehr gut zustimmen.
Doch wenn man die Beschlussempfehlung weiterliest, stößt man schnell auf die erste Frage. Die Landwirtschaft fordert z. B. die Einrichtung eines Kulturlandschaftsrats. Dieses Gre mium soll die verschiedenen Interessen von Umweltschutz, Landnutzern, Wirtschaft, Handel sowie die Ergebnisse von Forschung bündeln und voranbringen. In dem von den Grü nen geprägten Dokument finden wir leider nur einen Prüfauf trag. Wer diese Landesregierung kennt, weiß: Die Prüfung könnte eine Zeit lang benötigen, und die Einrichtung könnte nicht gleich morgen stattfinden.
Schwer wiegt aber ein Satz, den man ganz am Ende der Auf zählung findet. Dort steht, dass die Anliegen des Volksantrags mit der Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirt schafts- und Landeskulturgesetzes aufgegriffen wurden und sie daher für erledigt erklärt werden können. Grün und Schwarz schreiben also selbstbewusst in die Beschlussvorlage zum Volksantrag, dass dieser Antrag hiermit erledigt wird und die Landwirte mit ihrem Anliegen nun hinreichend gehört wor den sind.
Hier kann ich überhaupt nicht zustimmen, sondern sage: Nein, dieses Anliegen hat sich auf keinem Weg erledigt.
Wir werden beim nächsten Tagesordnungspunkt dieses Ge setz diskutieren. Ich möchte dieser Diskussion hier nicht vor greifen, doch ich kann jetzt schon mal sagen, dass wir noch erhebliche Änderungsbedarfe in diesem Gesetz sehen. Die Verantwortung für den Artenschwund wird viel zu einseitig auf die Landwirte abgewälzt. Das Gesetz lässt aber auch die bisherigen Anstrengungen der Landwirte für die Artenvielfalt als Markenzeichen des Landes unbeantwortet.
Wir müssen die Landwirte vor Überforderung schützen. Lei der zwingt der Bürokratismus gerade kleinere Betriebe oft zur Aufgabe. Es ist die Sorge um die Hofnachfolge, die unsere Landwirte in Zukunftsängste drängt.
Was tut diese Landesregierung? Sie schreibt gesetzliche Zie le vor. Sie schreibt vor, wie hoch der Anteil ökologischer Landwirtschaft im Land sein soll. Sie schreibt auch vor, in welchem Maß wir die Ausbringung von Pflanzenschutzmit teln reduzieren sollen.
Bei den Landwirten wächst daher die Angst, dass sich die Deutsche Umwelthilfe in ein paar Jahren diese Ziele anschaut und feststellt, dass man diese noch nicht erreicht hat. Dann sollte die Deutsche Umwelthilfe jedenfalls nicht auf die Idee kommen dürfen, diese Ziele vor Gericht durchzusetzen. Eine solche Situation, in der sich am Ende der Landwirt rechtfer tigen müsste, wollen wir verhindern. Wir schließen uns daher dem Anliegen der Landwirte und des BLHV an, eine Klarstel lung im Gesetz zu fordern, dass diese politischen Ziele nicht von Dritten eingeklagt werden können.
Was passiert, wenn wir die Landwirte überfordern? Wir wer den sehen müssen, wie immer mehr Landwirte aufgeben, die heimische Produktion schrumpft, und am Ende werden wir noch mehr vom Import von Lebensmitteln abhängig werden.
Das darf nicht unser Ziel sein. Daher können wir die Be schlussempfehlung zum Volksantrag, wie sie auf Antrag von Grün und Schwarz im Ausschuss verabschiedet wurde, nicht mittragen. Wir stimmen zwar der Feststellung in Abschnitt I zu. Die falsche Behauptung, dass das Anliegen des Volksan trags mit der Änderung des Naturschutzgesetzes und des Land wirtschafts- und Landeskulturgesetzes erledigt ist, lehnen wir aber ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heu te mit dem Volksantrag „Gemeinsam unsere Umwelt schüt zen“ und dem Biodiversitätsstärkungsgesetz zwei Themen auf der Tagesordnung, die eng zusammengehören. Da ich nur ein mal das Wort ergreifen möchte, möchte ich mich gleich auf beide Punkte beziehen. Dafür bitte ich um Ihr Verständnis.
Unsere Beratungen heute sind alles andere als parlamentari sches Tagesgeschäft. Tatsächlich ist es ein besonderer Tag für unser Land, und zwar im doppelten Sinn: für den Schutz un serer Natur und für unsere demokratische Kultur. In meiner ersten Rede als Ministerpräsident habe ich im Mai 2011 ge sagt:
Für mich ist die Einmischung der Bürgerinnen und Bür ger keine Bedrohung..., sondern eine Bereicherung.... Gute Politik wächst von unten. Echte Führungsstärke ent springt der Fähigkeit, zuzuhören.... Diese Regierung wird deswegen eine Politik des Gehörtwerdens praktizieren.
Das, was wir heute diskutieren, ist ein Ergebnis dieser Politik des Gehörtwerdens: zum einen der Volksantrag, der erste er folgreiche Volksantrag überhaupt in der Geschichte des Lan des. Bäuerinnen und Bauern haben Unterschriften gesammelt und eine Landtagsdebatte initiiert.
Zum anderen debattieren wir über das Biodiversitätsstär kungsgesetz, das seinen Ausgang im Volksbegehren von pro Biene hatte, dem ersten Volksbegehren zu einem Gesetzent wurf in der Geschichte des Landes.
Das bürgerschaftliche Selbstbewusstsein ist in den letzten Jah ren genauso gewachsen wie die Bereitschaft der Menschen, sich in die Politik einzubringen. Das darf uns alle freuen, und es zeigt auch, dass wir mit unserer Demokratiepolitik mit niedrigeren Quoren und neuen Instrumenten richtig lagen. Auch darüber freue ich mich.
Vieles von dem, was im Bienen-Volksbegehren und im Volks antrag steht, haben wir übernommen. Das Ergebnis ist der Ge setzentwurf zur Stärkung der Biodiversität. Dieser ist eine echte Gemeinschaftsleistung – nicht nur von Regierung und Parlament; ich möchte aber den beiden Ministern Unterstel
ler und Hauk besonders danken. Es war aus meiner Sicht ei ne Meisterleistung, diesen Konflikt zu entschärfen.
Aber es war auch eine Leistung von Naturschützern, Bäuerin nen und Bauern sowie vielen Interessenvertretern. Es war ei ne Mitwirkung, bei der es gelungen ist, das Ganze und das Gemeinwohl und eben nicht nur die eigenen Spezialinteres sen im Blick zu haben.
Unsere Beratungen heute sind aber auch aus einem fachlichen Grund ein bemerkenswerter Vorgang. Die Fachöffentlichkeit weiß: Baden-Württemberg hat in Sachen Naturschutz schon heute die Nase vorn. Dennoch gehen wir weitere wichtige Schritte zum Erhalt der Biodiversität. Ich bin sicher, das, was wir heute debattieren, kann Maßstäbe setzen und für andere Parlamente und Regierungen als Blaupause fungieren. Wir liefern diese in vielen Punkten in der Verbindung von Natur schutz und Landwirtschaft. Darauf dürfen wir auch ein wenig stolz sein.