Herr Kollege Weirauch, ich möchte Sie fragen, wie Sie Fol gendes bewerten: Schauen Sie einmal kurz nach links und nach rechts. Wie bewerten Sie es, dass in einer fundamenta len Frage, die sich mit der Rollenverteilung zwischen Regie rung und Parlament befasst, gerade einmal zwei Landesmi nister anwesend sind, dass die komplette Regierungsspitze fehlt und dass auch die Spitzen, die Fraktionsvorsitzenden von Grünen und CDU es nicht als notwendig erachten, bei diesem Tagesordnungspunkt hier im Parlament anwesend zu sein?
Das zeigt natürlich auch, welchen Stellenwert eine Regierung auf der einen Seite, aber auch die Regierungsfraktionen auf der anderen Seite diesem Thema „Stärkung des Parlaments im Rahmen des Pandemieschutzes“ beimessen. Ich muss sa gen: Das ist wirklich beschämend.
Herr Mack, ich sehe ja, dass Sie sich jetzt in die erste Reihe setzen, aber das löst das Problem natürlich nicht.
Dieser Entwurf, den Sie vorgelegt haben, könnte so, wie er geschrieben ist, auch mit diesen prosaischen Ausführungen, direkt von der Landesregierung stammen. Vielleicht – wer weiß es? – stammt er ja direkt aus der Feder der Ministerien.
Insbesondere angesichts der Ankündigung von Ihnen, Herr Mack – ich nehme Sie jetzt mal persönlich in den Blick –, ha ben wir einen selbstbewussteren Entwurf erwartet. Vom Prin zip her hätten Sie mit dem, was Sie hier vorlegen, auch ein fach mit Änderungsanträgen zu dem Gesetzentwurf der FDP/ DVP, den wir bereits in erster Lesung behandelt haben, agie ren können. Das wäre wahrscheinlich effizienter gewesen; da hätten Sie sich viel Arbeit sparen können. So hätten Sie auch eine Lösung hinbekommen – aber so, wie jetzt vorgelegt, kön nen Sie es nicht machen.
Auch CDU-Vizefraktionschef Mack spricht vom Grund gesetzartikel 80, allerdings von Absatz 4. Der besagt, dass der Landtag die Gesetzgebungsgewalt an sich ziehen kann, wenn die Landesregierung vom Bund aufgefordert wird, Verordnungen zu erlassen.
Nach Ihrem Entwurf wird der Landtag überhaupt erst drei Mo nate nach Inkrafttreten einer Verordnung in die Lage versetzt, einen eigenständigen Gesetzentwurf zu initiieren.
Lassen Sie mich kurz auf weitere Schwachstellen eingehen. Sie formulieren mehr als einmal Selbstverständlichkeiten, gel tendes Recht. Sie gehen z. B. auf die aus meiner Sicht rechts staatliche Selbstverständlichkeit ein, die Beachtung des Grund satzes der Verhältnismäßigkeit explizit aufzugreifen. Dann ha ben Sie es noch damit begründet, dass sämtliche Grundrechts eingriffe nur vorgenommen werden dürften, wenn sie unbe dingt notwendig seien. Das ist aber aus meiner Sicht gelten des Recht. Das ist deklaratorisch, wenn Sie das in den Ent wurf hineinschreiben. Das lässt aber auch erkennen, dass Sie Ihrer eigenen Landesregierung offenbar unterstellen, den Ver hältnismäßigkeitsgrundsatz in der bisher ergangenen Verord nung nicht hinreichend berücksichtigt zu haben.
Erwähnen möchte ich aber auch, dass Sie in einem Punkt auch der SPD-Fraktion zu folgen scheinen. Insofern sehen wir auch positive Aspekte in dem Gesetzentwurf. So haben Sie in § 4 – Haushaltsermächtigung – festgelegt, dass, wenn Entnahmen aus der Haushaltsrücklage – die wir Ihnen ja Mitte März ein geräumt hatten – einen Betrag von 7,5 Millionen € überschrei ten, zumindest die Zustimmung des Finanzausschusses erfor derlich ist.
Sagen wir mal so: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Insoweit ver schließen wir uns auch nicht der Bitte aus der Mitte der Re gierungsfraktionen, über einen gemeinsamen Gesetzentwurf für ein, sagen wir mal, kraftvolles Pandemiegesetz zu disku tieren, und sind da auch durchaus offen. Dabei wäre es aber aus Sicht der SPD-Fraktion eine wichtige Prämisse, dass Grü ne und CDU ihre Perspektive in Richtung auf einen souverä nen, starken, selbstbewussten Landtag ändern.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Weirauch, das war keine Bitte von uns, das war ein ernst gemeinter Vorschlag. Wir müssen das nicht tun. Wir brauchen auch nicht die Zu stimmung der Opposition für ein Pandemiegesetz –
Es war ein gut gemeinter Vorschlag. Aber wenn Sie hier so ar rogant auftreten, schwinden ein Stück weit die Möglichkei ten, da zu einer Einigung zu kommen. Das ist so.
Ich werde es auch nicht mit gleicher Münze heimzahlen. Ich könnte jetzt auch zu Ihrem Gesetzentwurf sehr, sehr viel sa gen.
Ich habe ihn gelesen. Ob Sie unseren gelesen haben, der erst vergangenen Montagabend gekommen ist, weiß ich nicht. Ich habe da gewisse Zweifel.
Mit den Möglichkeiten des Artikels 80 Absatz 4 des Grund gesetzes haben Sie sich auch nicht sehr konkret auseinander gesetzt. Dann wüssten Sie nämlich, dass wir eigentlich gar keine Gesetze brauchen würden, weil wir, der Landtag, be reits heute handeln können. Daher geht Ihre Forderung nach einem selbstbewussten Landtag völlig ins Leere. Wir sind uns auch völlig einig, dass wir das können.
Jetzt regeln wir das, was wir regeln müssen. Wir haben nicht gehandelt, weil wir es für richtig gehalten haben,
dass die Landesregierung in einer sich entwickelnden Pande mie unverzüglich handeln kann – mit Rechtsverordnungen. Das fanden wir richtig, meine Damen und Herren, und das hat sich absolut bewährt.
Jetzt haben wir zum Glück eine Situation der Entspannung. Wir wissen aber, dass die Pandemie weiter anhält, dass sie uns noch viele Monate beschäftigen wird. Und jetzt müssen wir das Verhältnis zwischen Regierung und Landtag regeln. Da zu haben wir einen Vorschlag gemacht, der im Kern – das ist der Unterschied zu Ihrem Vorschlag – in der Tat davon aus geht, dass auch bei einem vielleicht gemächlicheren Verlauf einer Pandemie – die Situation in Nordrhein-Westfalen zeigt uns das – sofort eine Situation entstehen kann, bei der wieder Gefahr im Verzug ist.