Protocol of the Session on June 25, 2020

(Zuruf: „Ihnen“!)

Nein, die sage ich jetzt. – Die Wahrheit kam in der Anhö rung zum Ausdruck: Ihre Politik bedeutet für alle landwirt schaftlichen Betriebe in unserem Land Mehrkosten. Das ha ben wir in der Anhörung gehört. Durch die Reduktion des Ein satzes von Pflanzenschutzmitteln steigen die Kosten für die Betriebe in unserem Land um zwei Drittel – wenn man das umsetzt, was Sie hier wollen. Eine Kostensteigerung um zwei Drittel: Die müssen Sie erst einmal ausgleichen. Zu den hö heren Kosten kommt auch noch ein Ertragsverlust in Höhe von 40 % dazu.

Das waren die Punkte, die hier in der Anhörung angesprochen wurden. Und Sie sagen hier, Sie wollten das ausgleichen, Sie möchten das hier zukunftsfähig machen. Diejenigen, die die se Politik von Ihnen bezahlen werden, sind die familiären Landwirtschaftsbetriebe, die übrig geblieben sind und die wir noch haben. Das ist nämlich der Rest, der bei dem übrig blieb, was schon von Ihrer Politik kaputt gemacht wurde. Die Be triebe in unserem Land wollt ihr dann in einen globalen Exis tenzkampf zwingen – mit höheren Auflagen, mit einer Reduk tion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln –, und da sollen die dann überleben können?

(Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Wie soll denn das funktionieren? Das geht nicht, und wenn Sie Ihre Politik so weiterführen, ist das ein weiterer Sargna gel für den Untergang der bäuerlichen Familienbetriebe in un serem Land.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf)

Aber ich möchte nicht nur schimpfen. Vielmehr sagen Sie al le, Sie würden sich zu den Familienbetrieben in unserem Land bekennen. Dann erwarte ich aber auch, dass Sie hier Lösungs vorschläge bringen, dass Sie hier sagen, wie Sie die Mehrkos ten, die auf die Betriebe in unserem Land zukommen, und die geringeren Erträge ausgleichen möchten. Das ist doch das, was die Landwirte hören wollen.

Und glauben Sie doch nicht, dass die Landwirte aufhören, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren, wenn hier weiter hin mehr Bürokratie, mehr Bevormundung und mehr Eingrif fe in das Alltagsleben jedes einzelnen Landwirts stattfinden. Warum gehen die Landwirte auf die Straße? Weil sie Exis tenzängste haben, weil sie sich immer mehr überschulden. Das wollen Sie alle nicht hören. Aber genau das sind die Proble me der landwirtschaftlichen Betriebe in unserem Land. Dafür haben Sie hier keinerlei Lösungen, sondern nur noch mehr Bürokratie, noch mehr Bevormundung. Das kann so nicht funktionieren.

Das wird mit uns auch so nicht kommen. Wir lehnen diese Änderung und diese Bevormundung vehement ab.

(Beifall)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Karrais.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Zunächst ein paar Worte an Herrn Minister Hauk zum Thema „Lesen bildet“. Wir haben sehr wohl die 112 Seiten des Gesetzentwurfs inklusive Begründung durch gelesen. Herr Minister, Sie selbst hätten vielleicht nicht nur

die Stellen lesen sollen, an denen die Naturschutzverbände ju beln, sondern auch die Stellen, an denen die landwirtschaftli chen Verbände Stellung beziehen und auch kritisch Stellung beziehen. Darunter befinden sich z. B. der Badische Landwirt schaftliche Hauptverband oder der Landesbauernverband. Das sind keine kleinen Fische in diesem Metier. Daraus geht her vor, dass die hiesige Urproduktion Ihre überschwängliche Zu stimmung zu diesem Gesetz nicht teilt. Man sollte also nicht nur lesen, was da steht, man sollte es auch ein Stück weit ver stehen.

(Beifall)

Welche Kritikpunkte gibt es z. B.? Vom Badischen Landwirt schaftlichen Hauptverband kommt ganz klar die Aussage, dass es bei dem Gesetzentwurf nicht um einen Gesellschaftsver trag geht, wie es im Volksantrag gefordert wurde. Das ist auch so nicht zu erkennen. Weil Artenschutz auch eine gemein schaftliche Aufgabe ist, geht es nicht an, den Landwirten al lein das Artensterben in die Schuhe zu schieben. Das wird in der ganzen Diskussion suggeriert. Immer wieder wird aber vergessen, dass es ganz viele Akteure gibt, die zum Artenster ben beitragen.

Frau Rolland, das Artensterben gibt es. Da passen wir durch aus auch auf. Wir nehmen es auch mit Besorgnis zur Kennt nis. Man kann aber nicht sagen: „Wir machen nur etwas mit der Landwirtschaft, alles andere ignorieren wir.“ Das ist doch nicht seriös. Damit ist das Problem nicht ganzheitlich erfasst.

(Zurufe)

Man muss in der Sache auch die Forschungserkenntnisse ein beziehen. Wir haben bei der Anhörung zum Volksantrag in der letzten Woche zum Teil gehört, dass nicht nur die Landwirt schaft Verursacher des Insektensterbens ist. Im Gegenteil, es gibt auch andere Ursachen, wie z. B. den Flächenverbrauch durch Wohnungsbau, den Straßenbau oder Weiteres. Diese Themen müssen hier mit einbezogen werden. Wir können nicht einseitig die Schuld auf die Landwirtschaft abladen. Vor allem wird das auch von den zuständigen Verbänden so gese hen. Sie müssen darüber nachdenken.

(Zurufe)

Wir sind der Meinung – ich habe diese Forderung auch auf geführt –, dass wir Innovation brauchen. Natürlich brauchen wir entsprechende Regeln, aber das muss alles mit Maß und Mitte verfolgt werden. Nur so können wir dem Artenschutz und vor allem auch den landwirtschaftlichen Betrieben ge recht werden. Wenn von denen eine hinreichende Zahl vor die Hunde geht – um es einmal auf Deutsch zu sagen –, bringt das für den Erhalt der Kulturlandschaft, die für die Artenvielfalt auch wichtig ist, nichts.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/8272 vor beratend an den Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbrau cherschutz und federführend an den Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen. Vielen Dank.

Die Große Anfrage ist damit ebenfalls besprochen. Punkt 5 unserer Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zu dem Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland – Drucksache 16/8173

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses – Drucksache 16/8246

Berichterstatter: Abg. Reinhold Gall

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Salomon.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Fall sagt der Titel des Gesetzes schon viel darüber aus – eine Über schrift ist in diesem Fall, glaube ich, wichtig –: Was lange währt, wird endlich zumindest ein guter Kompromiss. Ich glaube, das subsumiert das, was wir heute in diesem neuen Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutsch land thematisieren, den Kern des Gesamten. Wichtig ist, fest zuhalten, dass wir von dem alten Rundfunkbegriff – grundge setzlich ist ja gar nicht festgelegt, was Rundfunk ist, sondern das ist darüber gestaltet worden, was lange Zeit, nach der Grundgesetzgebung, als Rundfunk verstanden worden ist – abkommen.

Jetzt wird nachgeholt, was wir in den letzten Jahren weltweit, aber auch in Deutschland sehen, nämlich dass der Rundfunk nicht mehr klassisch ist – was wir mit dem öffentlich-rechtli chen Rundfunk und mit den Privaten hatten –, sondern dass der Medienstandort und die Medienentwicklung weiter vor angeschritten sind. Deswegen ist es gut, dass wir jetzt einen zwischen den Ländern vereinbarten Kompromiss vorliegen haben, den wir thematisieren, den wir besprechen können. Deshalb ist das, glaube ich, ein guter Tag für die Medienord nung in Deutschland.

Etwas Konkretes möchte ich in diesem Fall herausgreifen, und das sind die Medienintermediäre. Denn das ist, glaube ich, die am weitesten gehende Regelung, die wir in diesem Staatsver trag bzw. in diesem Gesetz haben. Da geht es, einmal ganz prägnant gesagt, um die Googles und die Facebooks dieser Welt, um die Großen, die eine Gatekeeper-Funktion haben. Was heißt das? Das sind die, die für Nachrichten und Infor mationen eine gewisse Bündelungsfunktion haben und die In formationen an die Nutzerinnen und Nutzer, also an uns, die Verbraucherinnen und Verbraucher, weitergeben und damit auch eine wichtige Rolle in dieser Medienstruktur haben und auch Einfluss nehmen können.

Ich habe letztens eine Reportage gesehen, in der es darum ging, wie Facebook anlässlich von Wahlen in den USA im Rahmen einer Studie wissenschaftlich untersucht hat, wie An zeigen in sozialen Medien das Wahlverhalten beeinflussen können. Da wurde manchen Nutzerinnen und Nutzern einfach ein „I Voted“-Button neben dem Bild von Freundinnen und

Freunden angezeigt, anderen wurde er nicht angezeigt. An geblich hat das dazu geführt – nehmen wir mal an, dass es so war –, dass mehrere Hunderttausend Nutzerinnen und Nutzer zur Wahl gegangen sind. Daran sieht man einmal die Bedeu tung.

Jetzt ist das mit den Medienintermediären in der neuen Medien ordnung auch niedergeschrieben. Meines Erachtens führt das aber zu einer grundsätzlichen Debatte. Man hat sich gewis sermaßen auf eine Basis konsolidiert, aber grundsätzlich sind die Fragen noch nicht geklärt. Da ist nur die E-CommerceRichtlinie zu nennen, die noch von der Europäischen Union kommt, da sind weitere Fragestellungen, wie man – – Gera de in diesem Fall ist das ein Stichwort, worunter man auch „Überwachungskapitalismus“ subsumiert.

Ich glaube, darüber müssen wir uns auch in den Landesparla menten stärker unterhalten. Denn der Rundfunkbegriff mit der Zuständigkeit der Länder hat sich dadurch weiterentwickelt. In diesem Fall hat man meines Erachtens die Zuständigkeiten zwischen Bund und Land noch nicht ordentlich und abschlie ßend geregelt. – Der nächste Tagesordnungspunkt wirft ein bisschen seine Schatten voraus.

Deswegen wäre es wichtig, dass wir uns gerade mit diesem wichtigen und gerade für die Demokratie essenziellen Thema – der Frage, wie Informationen gebündelt werden, wer Zugriff auf diese Informationen hat und wie diese auch demokratisch legitimierten Funktionen stattfinden können – in Zukunft noch weiter auseinandersetzen und uns weiter austauschen.

Konkret müssen wir über diesen Gesetzentwurf nicht weiter reden, weil er unter dem Strich – darüber gab es verschiede ne Debatten – meines Erachtens ein durchaus adäquater und guter Kompromiss in dieser Zeit ist.

Wie so oft gilt: Nach einem Gesetz ist vor dem nächsten Ge setz. Deswegen hoffe ich, dass wir dann auch in diese Debat te weiter einsteigen können.

Vielen Dank.

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Haser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit ein paar Bei spielen zeigen, über was wir heute mit diesem Gesetz zum Medienstaatsvertrag abstimmen.

Ihr Sohn ist 13, und er schaut sich im Internet ein gewaltver herrlichendes Video an. Das ist millionenfach geklickt wor den; das gibt es. Sie kommen in sein Zimmer und erwischen ihn dabei. Natürlich gibt es Regeln im Netz, und Sie haben ihm natürlich auch verboten, das zu tun. Aber Sie fragen sich: Wie kommt er überhaupt darauf? Wie kann ich das so regu lieren, dass er das nicht mehr tut? Warum passt man sozusa gen nicht auf diesen Computer meines Sohnes auf?

Der zweite Fall: Ihre Tochter, 16 Jahre alt, kommt nach Hau se. Sie essen zu Abend, und plötzlich fängt sie an, verstören de Dinge über den Holocaust zu sagen. Sie sagt, das sei doch alles gar nicht passiert; das habe sie im Internet gelesen. Das

stimme doch alles gar nicht. Sie fragen sich: Woher hat sie denn das? Sie hat es natürlich aus dem Internet; sie hat es von irgendeiner Website, die sehr gut aussieht und sehr gut aufge macht ist, die sogar anhand von Videos zu beweisen scheint, dass das alles nur gelogen sei.

Der dritte Fall: In Ihrer Küche steht ein lustiges kleines Gerät – ich nenne dieses Gerät jetzt Max, damit niemand beleidigt ist –, und Sie sagen: „Max, bitte spiel Radio Regenbogen für mich.“

(Zurufe)

Max sagt daraufhin: „Oh, das kenne ich gar nicht. Aber schau mal, was ich für dich gefunden habe.“ – Genau so kann man Marktmacht ausnutzen.

Damit all das nicht passiert, damit diese drei Fälle, die ich auf geführt habe, nicht eintreten, gibt es den neuen Medienstaats vertrag. Darin sind auch Teile enthalten, die schon in den Rundfunkstaatsverträgen enthalten waren. Das ist aber der Grund, warum wir uns dieser neuen Welt widmen müssen und warum das Wort „Rundfunkstaatsvertrag“ eben nicht mehr zeitgemäß ist.