Protocol of the Session on March 11, 2020

schon vor Corona waren dunkle Wolken am Horizont erkenn bar: Ein rein ideologisch motivierter Kampf gegen den Ver brennungsmotor und die irrwitzige Fokussierung auf die bat teriebetriebene Mobilität treffen die Automobilindustrie und deren Zulieferer ins Mark. Statt den Wirtschaftsstandort zu stärken, wird dieser – diesen Eindruck könnte man fast be kommen – vorsätzlich geschwächt.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: So ist es!)

Daher, Herr Dr. Reinhart, höre ich Ihre Worte wohl – allein mir fehlt der Glaube. Die Maßnahmen, die vom Bund einge

leitet wurden, sind durchaus richtig und sollten auch von uns deutlich unterstützt werden. Aber vor allem kleine und mitt lere Unternehmen stöhnen unter immer neuen Vorschriften von EU, Bund und Land, und sie stöhnen über die immer wei ter zunehmende Bürokratie. Während ihre Konkurrenten im Fernen Osten sich jeder nur denkbaren Unterstützung ihrer Regierungen sicher sein können, können sich die Unterneh men in unserem Land sicher sein, dass ihre Regierung stets zur Stelle ist, wenn es darum geht, die eigene Wirtschaft noch mehr zu gängeln und noch mehr zu behindern. Auch hier wä re eine Deaktivierung politischer Inkompetenz die beste Kri senabwehrstrategie.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Hein rich Fiechtner [fraktionslos]: So ist es!)

Während Straßen und Infrastruktur verrotten, die Deutsche Bahn mittlerweile auf Dritte-Welt-Niveau angekommen ist, stabile Mobilfunkverbindungen nur noch bei Auslandsreisen genutzt werden können, werden die dafür dringend erforder lichen Milliarden für die Versorgung von Neubürgern im Land ausgegeben. Trotz Corona steht die nächste Migrationswelle bereits vor der Tür der EU. Die Politik steht nun vor einem Dilemma, entweder in großem Umfang weitere Kostenträger aufzunehmen oder dem Diktator und Feldherrn Erdogan wei tere Milliarden in den kriegslüsternen Rachen zu schieben und damit der Erpressung nachzugeben.

Wir lernen ein ums andere Mal: Geld ist in Deutschland im mer nur dann knapp, wenn es zum Wohl der Bürger in BadenWürttemberg, in Deutschland ausgegeben werden soll.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Als wäre das alles nicht genug, folgt dem Atomausstieg in na her Zukunft noch der Kohleausstieg. Wer die Furcht vor ei nem Blackout für Verschwörungstheorie hält, der sollte die aktuelle Broschüre des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe näher ansehen. Hier wird ein Notfall kochbuch für Zeiten ohne funktionierenden Strom vorgestellt.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Hört, hört!)

Diese Rezepte sollen dann angewendet werden, wenn keine elektrischen Küchengeräte mehr verwendet werden können und das Leitungswasser fehlt.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Es bedarf eben keiner großen Fantasie, sich vorzustellen, wie es ohne Strom und ohne Leitungswasser um die Wirtschaft bestellt wäre. Aber vielleicht erarbeitet ja auch das Bundes wirtschaftsministerium oder das Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg längst ein Notfallkochbuch für die deut sche Industrie.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Meine Damen und Herren, was bedeutet das für den Wirt schaftsstandort, wenn die zuständigen politisch Verantwortli chen fast schon den Strom abdrehen und als Ausweg Notfall kochbücher ausgeben? Ich glaube, darüber müssen wir uns gar keine Gedanken machen.

Wenn zu dieser Situation auch noch eine Pandemie hinzu kommt, auf die das Land weder vorbereitet ist, noch mit der das Land professionell umzugehen weiß, dann hört man das Totenglöckchen der heimischen Industrie und des Wohlstands mehr als leise klingeln.

Das Thema der Debatte geht an der Realität weit vorbei. Es geht schon längst nicht mehr darum, den Wirtschaftsstandort zu stärken, sondern es geht darum, zu verhindern, dass er wei ter geschwächt wird.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sehr richtig!)

Die Krise ist längst da, und zwar schon vor Corona. Krisen abwehr heißt daher in erster Linie Abwehr inkompetenter, ideologisch verblendeter und wirtschaftsschädlicher Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD sowie der Abg. Dr. Heinrich Fiechtner und Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos] )

Mit ihrem Stimmzettel haben die Bürger in unserem Land im nächsten Jahr die Möglichkeit, ihre Krisenabwehrkräfte zu ak tivieren.

(Beifall bei der AfD sowie der Abg. Dr. Heinrich Fiechtner und Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos] – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktions los])

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Corona hat die Öffentlichkeit – auch die öffentliche Diskussion in der Bun desrepublik Deutschland und natürlich auch in Baden-Würt temberg – vollumfänglich erfasst. Zu Recht setzt sich die Po litik mit den Auswirkungen dieser Entwicklung auseinander. Es ist sicher richtig, dass der erste Blick auf die Gesundheits vorsorge, auf den Schutz der Bevölkerung vor dieser Entwick lung zu richten ist.

Deshalb hat dieses Haus diese Aspekte in der vergangenen Woche sehr ausführlich diskutiert. Ich glaube, auch sagen zu können, dass sowohl der Bund als auch das Land Baden-Würt temberg mit Augenmaß auf diese Entwicklung reagieren. Es ist beschämend, wenn manche jetzt versuchen, auch aus die ser Entwicklung politisches Kapital zu schlagen.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen, der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Nichtsdestotrotz haben Sie, Herr Kollege Reinhart, völlig recht damit, dass die Auswirkungen nicht nur gesundheitliche sind, sondern auch ökonomische. Wir haben ja schon in jün gerer Vergangenheit gemerkt, dass die exportorientierte Wirt schaft unseres Landes für Schwierigkeiten im Bereich des Fahrzeugbaus, für Schwierigkeiten im Bereich des Maschi nenbaus anfällig ist.

Die Prognose der Landesbank Baden-Württemberg wurde schon zitiert. Die war zu Jahresbeginn noch eine andere. Da

wurde noch ein Wachstum von 0,2 % prognostiziert. Jetzt sind wir bei einer Schrumpfung von 0,8 %. Schon die 0,2 % wa ren aber der schlechteste Wert der 16 Bundesländer.

(Abg. Klaus Dürr AfD: Ah!)

Die Schwierigkeiten gab es also schon vorher.

(Zuruf: Richtig!)

Das sind im Grunde genommen nicht gemachte Hausaufga ben, insbesondere auf der Bundesebene. Unsere Wirtschafts politik war eben nicht wetterfest. Deshalb wird uns die Krise, die jetzt über uns hereinbricht, vermutlich mit besonderer Wucht treffen.

Das Beispiel wurde bereits genannt: Im Fahrzeugbau gibt es aktuell beim chinesischen Markt einen Rückgang der Nach frage um 92 %. Da bricht praktisch alles weg. Bei der Bedeu tung der Automobilwirtschaft mit ihren vielen Zulieferern für den Standort Baden-Württemberg ist klar, was das bedeutet. Deshalb, Herr Kollege Reinhart, pflichte ich Ihnen bei, dass wir in einer solchen Situation nicht auch noch Strafzahlungen auf der europäischen Ebene brauchen können,

(Beifall der Abg. Claus Paal und Karl Zimmermann CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

die unsere Automobilwirtschaft zusätzlich belasten.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Das muss weg. Das ist völlig klar.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Wir brauchen weitere Maßnahmen. Wir brauchen Liquiditäts hilfen für Unternehmen. Da ist es aber notwendig, dass auch die Beihilferichtlinien auf europäischer Ebene geändert wer den, damit solche Liquiditätshilfen für ein Land wie BadenWürttemberg, dem Strukturstärke unterstellt wird, künftig nicht gegen das Beihilferecht verstoßen.

Es ist natürlich auch notwendig, sich die Frage zu stellen: Wie schafft man auf anderem Weg Liquidität für Unternehmen? Ich weiß, Herr Kollege Stoch: Den meisten Sozialdemokra ten sträuben sich die Nackenhaare, wenn man über Steuersen kungen redet – so auch Ihnen am heutigen Tag bei dieser De batte. Aber die Absenkung des Solidaritätszuschlags, und zwar die völlige Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist auch ein Beitrag zur Liquiditätshilfe für kleine und mittlere Unterneh men.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: 90 %!)

Diese 90 % reichen aber nicht, Herr Kollege Stoch.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die reichen sehr wohl!)

Denn diese 90 % nehmen gerade die Personengesellschaften aus, die diese Liquidität in Baden-Württemberg brauchten.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die sind nicht alle glei chermaßen betroffen! Sie wollen die Gießkanne!)

Deshalb ist es falsch, was in Berlin beschlossen worden ist.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sie wollen die Gießkanne!)

Was in Berlin beschlossen worden ist, reicht nicht aus. Sie, Ihre Genossen, haben verhindert, dass der Solidaritätszuschlag vollständig abgeschafft worden ist,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sie wollen eine Entlas tung der reichen 3,5 %!)

während die CDU erklärt hat: „Na ja, wenn wir die 90 % nicht wegbekommen, dann wollen wir gar nichts wegbekommen.“ Jetzt passiert in Berlin in diesem Bereich in diesem Jahr nichts. Das ist einfach zu wenig, meine Damen und Herren. Wir brau chen an dieser Stelle auch steuerpolitische Maßnahmen. Da sollte man als Steuererhöhungsideologe heute nicht sagen: Wer dieses heute fordert, der macht das unter dem Deckmän telchen von Corona.