Protocol of the Session on February 5, 2020

Dass China unfähig bzw. unwillig war, mit solchen Proble men transparent und offen in der internationalen Gemeinschaft umzugehen, hat sich geändert.

Es ist in der Tat so – Entsprechendes gilt auch im internatio nalen Kontext –: Die zuständigen Minister der Bundesländer sind mit Bundesminister Spahn im Gespräch. Wir haben heu te die nächste Telefonkonferenz. Wir hatten auch schon in der letzten Woche eine. Wir haben regelmäßig auch Abstimmun gen. So haben wir z. B. beschlossen, das erweiterte Verdachts meldewesen auszulösen, damit wir immer wissen, was wir tun.

Die chinesischen Kollegen sind schlicht und ergreifend mit der aktuellen Lage, mit der Bekämpfung beschäftigt. For schungsaktivitäten stehen im Moment nicht in deren Fokus. Aber ich glaube, es war für uns sehr wichtig, dass die Chari té eine molekulare Testung für den Nachweis der Viren im La bor entwickelt hat und dass auch unsere Wissenschaftler eng zusammenarbeiten.

Tatsächlich – das ist das Entscheidende – bedeuten die vorlie genden Erkenntnisse, dass sehr weitreichende Maßnahmen notwendig sind, um eine Ausbreitung des Krankheitserregers zu verhindern. Das ist das Entscheidende für uns. Die drei ent scheidenden Maßnahmen sind: Isolierung der etwaigen Er krankten, sofortige und umfassende Ermittlung der Kontakt personen und dann natürlich die jeweilige Abschirmung von

identifizierten Kontaktpersonen. Das gelingt derzeit – im bay erischen Fall hat man es bis hin zu einer Berghütte im Gebir ge geschafft – sehr, sehr gut.

Was die Symptomatik und die Krankheitsverläufe anbelangt, ist das aktuelle Bild in der Tat von Berichten über schwere Lungenentzündungen und Todesfälle in China auf der einen Seite und über die derzeit eher milden Verläufe bei den in Deutschland betroffenen Personen auf der anderen Seite ge prägt. Ein Grund für diese Diskrepanz ist vermutlich ein Un terschied im Hinblick auf Vorerkrankungen. Natürlich spielt auch das Alter immer eine wichtige Rolle bei den Personen gruppen.

Sie haben recht: Wegen der immer noch dünnen Faktenlage zum Erreger und zum Krankheitsgeschehen selbst sind wir in unseren Reaktions- und Aktionsmustern auch so aufmerksam.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Daher ist umfassendes, aber zugleich auch besonnenes Han deln wichtig: weder dramatisieren noch bagatellisieren, und dabei Ruhe bewahren. Diese haben ja auch Sie in Ihren Bei trägen gezeigt.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, das Zusammenwirken aller Ge sundheitsbehörden beim Auftreten von Infektionskrankheiten ist im Land sehr gut eingespielt. Wir haben angesichts der ak tuellen Lage den Informationsaustausch deutlich verstärkt und zusätzliche Maßnahmen getroffen:

Erstens: Wir stehen in einem intensiven Austausch mit den Bundesbehörden und den anderen Bundesländern, um ein ein heitliches Vorgehen zu gewährleisten. Es gibt nicht nur wö chentlich eine Telefonkonferenz der zuständigen Ministerin nen und Minister der Länder mit Bundesminister Spahn, son dern auch auf Arbeitsebene – Sie sehen hier Frau Dr. P., die rund um die Uhr im Einsatz ist – finden bisweilen täglich Te lefonkonferenzen statt.

Zweitens: Die Koordination für alle 16 Länder hat das Robert Koch-Institut übernommen, sodass auch alle fachlich-strate gischen Punkte dort aus einer Hand gesteuert werden. Dort bringen wir unsere Ländererfahrungen, unsere Spezifika ein und können entsprechende Nachfragen stellen, sodass wir im mer auf dem neuesten Stand sind.

Bei den Meldewegen und Abläufen merken wir, dass wir ein gutes Infektionsschutzgesetz haben; die Pandemiepläne sind geregelt und können eingehalten werden. Alle relevanten Ak teure im Land sind sensibilisiert und umgehend mit den we sentlichen aktuellen Informationen versorgt worden, und sie werden weiterhin damit versorgt.

Ich möchte an dieser Stelle – der Innenminister ist nicht da, aber ein früherer Innenminister sitzt im Raum – sagen: Hier bei hat das Innenministerium durch die Information der Ret tungsdienste in den Leitstellen ganz schnell unterstützt und eine ganz klare, gute Kommunikationsstruktur gezeigt. Im Üb rigen ist das Innenministerium auch bei der Versorgung der aus Wuhan zurückgeholten Personen in der Südpfalz-Kaser ne in Germersheim materiell und personell dabei. Sie sehen,

Baden-Württemberg unterstützt. Also, Kollege Strobl: herzli chen Dank.

Eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von Infektionsge schehen im Land spielt in der Tat unser Landesgesundheits amt mit dem von Ihnen bereits erwähnten Kompetenzzentrum Gesundheitsschutz. Natürlich zeigt dieser Punkt noch einmal, wie wichtig das Landesgesundheitsamt für uns alle ist. Der Bereitschaftsdienst des Kompetenzzentrums steht den Ge sundheitsämtern rund um die Uhr beratend und unterstützend zur Verfügung.

Ja, Kollege Hinderer, natürlich steht es nicht nur für einen Be such zur Verfügung, sondern es gibt auch einen Austausch und das Bemühen, zusammen mit Frau Professorin F. an der Spit ze – das ist eine absolute Spitzenkraft im Bundeskonzert – schnell eine Testmöglichkeit zu entwickeln. Seit letzter Wo che haben wir im Labor des Landesgesundheitsamts die Mög lichkeit, das Virus zu diagnostizieren – ähnlich wie an den Universitätskliniken Heidelberg und Freiburg. Damit können wir bei begründeten Verdachtsfällen landesweit eine zeitnahe Diagnostik gewährleisten. Und ja, es entfallen natürlich die Transportwege der Probe von der Probenahme zum Konsili arlabor in Berlin.

Im Labor des Landesgesundheitsamts wurden bisher 84 Tests zum Ausschluss einer Coronavirus-Infektion durchgeführt, die, wie gesagt, alle negativ waren. Sollte ein bestätigter Co ronavirus-Fall in Baden-Württemberg auftreten, übernimmt das Kompetenzzentrum die zentrale Koordination im Land und unterstützt die Gesundheitsämter vor Ort als Taskforce.

Vor dem Hintergrund der zahlreichen Anfragen von besorg ten Bürgerinnen und Bürgern wurde eine Hotline beim Lan desgesundheitsamt eingerichtet – ich möchte wissen, was es da zu bespötteln gibt –: 0711 90439555. Sie ist von 9 bis 16 Uhr erreichbar. Es gibt aber auch Hotlines der Kassen; wir stimmen uns ab. Aber diese verbindliche Hotline ist da und kann bei Bedarf und bei Unsicherheit angewählt werden.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Wolfgang Gede on [fraktionslos] meldet sich.)

Nicht alle Länder, die nicht betroffen sind, haben eine Hotline eingerichtet. Wir werden heute Mittag auch mit dem Bundes minister noch einmal reden, wie wir bundeseinheitlich vernet zen und verlinken, damit das gut wird.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Abg. Dr. Gedeon zu?

Nein. – Wir beobachten das weltweite Infektionsgeschehen aufmerksam und werden weiter alle Maßnahmen ergreifen, um eine mögliche Verbreitung des Erregers bei uns zu verhin dern. Wieso machen wir das? Sie haben ja auch die Influenza angesprochen. Wir relativieren keine der beiden Erkrankun gen. Für uns ist die Influenza eine große Herausforderung; Kollege Hinderer hat es erwähnt. In der schweren Influenza saison 2017/2018 gab es sehr viele Todesfälle im Land. Ich möchte auch an dieser Stelle an Sie appellieren: Wenn Sie sich noch nicht haben impfen lassen, dann tun Sie es noch.

(Zuruf von der AfD: Jesses Gott!)

Es rentiert sich, es ist jederzeit noch möglich.

Aber warum tun wir es trotzdem? Der Grund für diesen sehr großen Aufwand ist: Der Schutz der Bevölkerung hat obers te Priorität. Es geht erstens um den individuellen Schutz je des Einzelnen vor einer möglichen Infektion, zweitens um den Schutz der Bevölkerung im Gesamten und drittens natürlich auch darum, rechtzeitig Verseuchungsketten zu unterbrechen.

Herr Minister, Herr Abg. Dr. Fiechtner hat auch eine Zwischenfrage.

Nein, danke.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Sie lesen einfach irgend etwas ab! – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Nein. Meine Herren, Sie suchen sich hier viele Möglichkei ten. Sie nutzen das demokratische Recht, sich zu beteiligen, das Sie anderen gern absprechen würden, so leidlich. Wir wis sen in etwa, was Sie uns dazu sagen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Herr Mi nister, das ist etwas Fachliches!)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch kurz die Gelegen heit wahrnehmen – ich muss schon auf die Uhr schauen –, auf die konkreten Nachfragen der Opposition einzugehen.

Erstens: Der Seuchenplan gilt; er ist im Behördenplan vorhan den. Er wurde überarbeitet, er wird derzeit überarbeitet. Im „Deutschen Ärzteblatt“ ist der notwendige Meldeweg klar kommuniziert und deutlich gemacht worden. Aber es ist klar: Das Ganze wird – jetzt noch einmal in besonderer Weise bei den Behörden intern; es ist kein öffentliches Werk, es ist ein interner Behördenablauf – immer wieder angepasst, jetzt mit Nachdruck.

In Bezug auf das Personal trifft das zu, was Herr Haußmann zu den ÖGD-Ärztinnen und -Ärzten gesagt hat. Das stimmt. Wir haben nicht nur generell einen Ärztemangel, wir haben auch einen Ärztemangel im öffentlichen Gesundheitsdienst. Wir haben erste Schritte gemacht. Wir haben derzeit ca. 40 nicht besetzbare Stellen. Wir schreiben mittlerweile für ganz bestimmte Funktionen nicht nur medizinisch aus, sondern auch natur- und sozialwissenschaftlich – für unterschiedliche Einsatzgebiete. Da werden wir gewisse Erfolge haben. Wir haben die Gehaltsstruktur angehoben, damit sich die Ver dienstmöglichkeiten im ÖGD verbessern. Wir haben die Be soldung der stellvertretenden Leiter auf Besoldungsgruppe A 15 gehoben. Das ist in Konkurrenz mit einer Oberarztstel le in der Klinik natürlich schwierig. Das stimmt.

Lieber Herr Hinderer, ich erinnere mich noch, als wir beide als einsame Indianer in der letzten Legislaturperiode – da hat sich außer uns beiden niemand für das Thema interessiert – gesagt haben, vom Tuberkulosearzt zum Gesundheitsmana ger sei es ein weiter Weg.

Ich möchte an dieser Stelle selbstkritisch sagen: 2005 wurden die Gesundheitsämter in die Landkreise integriert. Bei den ge hobenen Stellen ist ein Teil der sogenannten Effizienzrendite durch den Abbau von Stellen erbracht worden. Auch im Lan desgesundheitsamt sind im Konzert der Regierungspräsidien überproportional viele Stellen, die ursprünglich in der Funk

tion des eigenständigen LGA waren, einer Rationalisierung zum Opfer gefallen.

Ich bin beiden Koalitionsfraktionen dankbar. Wir hätten mehr gewollt; das stimmt. Wir haben auch ein Konzept für einen weiteren Aufbau. Doch Sie haben uns jetzt mit dem Haushalt für die Jahre 2020 und 2021 1,3 Millionen € bzw. 1 Million € mehr für die Umsetzung und die Stärkung des ÖGD, vor al lem bezogen auf den Infektionsschutz, zur Verfügung gestellt. Das ist ein Wort.

Aber ich sage Ihnen ganz offen: 2021 muss im nächsten Ko alitionsvertrag stehen, dass das Landesgesundheitsamt wie der eine eigenständige Abteilung des Ministeriums für Sozi ales und Integration wird, um besser aus einer Hand steuern zu können. Auch das müssen wir heute politisch nominieren.

(Beifall bei den Grünen)

Zu guter Letzt, Herr Kollege Hinderer, bin ich Ihnen dankbar für die Frage nach der Pharmastrategie. Wir waren mit dem Kabinett bei der Europäischen Union in Brüssel. Ich selbst bin mehrfach bei Research- und Gesundheitsmeetings unterwegs, auch beim Bundesgesundheitsminister. Wir werden eine der nächsten Gesundheitsministerkonferenzen nutzen, um über eine eigenständige europäische Pharmaproduktionsstrategie zu sprechen. Es ist auch ein Gebot der Stunde, dort wieder ei gene Kompetenzen bei Medikamenten, bei Impfstoffen und vor allem bei einer Antibiotikastrategie zu schaffen.

Sie sehen: Baden-Württemberg ist außergewöhnlich gut ge rüstet, aber wir sind hellhörig, und wir werden jeden Tag das Virus wachsen hören.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Her ren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Frau Abg. Krebs, bit te.

Meine Damen und Herren! Ich möchte die verbliebene Zeit nutzen, um noch ein paar weni ge Fragen zu beantworten.

Es wurde die Frage aufgeworfen, warum das Thema Gegen stand einer Aktuellen Debatte sein soll. Sie haben selbst schon gesagt: Das ist ein aktuelles Thema. Auch ich glaube das sehr wohl. Jeder, der aktuell die Medien verfolgt, stellt fest: Die Medien sind voll von Meldungen darüber. Alle reden vom Co ronavirus. Es gibt Hamsterkäufe bei Desinfektionsmitteln, es gibt Hamsterkäufe bei Schutzmasken. Ich finde also schon, dass uns dies wert sein sollte, das Thema hier zu diskutieren und aufzuzeigen, was die Regierung tut und was die Gesund heitsämter tun, um die Verbreitung des Virus zu verhindern.

(Abg. Anton Baron AfD: Oje!)

Ja, das ist durchaus politische Information.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Dafür brauchen wir keine Debatte! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [frak tionslos] meldet sich.)