Protocol of the Session on December 12, 2019

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen – Drucksache 16/7208

Berichterstatter: Abg. Dr. Albrecht Schütte

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Beratung des Einzelplans 08 – Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – eine Redezeit von zehn Minuten je Frak tion festgelegt.

Wünscht der Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Allgemeinen Aussprache. Hier ertei le ich das Wort für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Pix.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Haushaltspaket des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz leiten wir die notwendigen Trans formationsprozesse in Landwirtschaft und Ernährung in Ba den-Württemberg ein. Es ist in der Tat ein historischer Wen depunkt, auf den wir Grünen seit vielen Jahren hingearbeitet haben.

Hier und heute gestalten wir eine regionale bäuerliche Land wirtschaft der Zukunft. Wir legen den Grundstein für einen neuen Gesellschaftsvertrag zu Agrarproduktion und Ernäh rung. Hier und heute sorgen wir für einen klimastabilen Wald umbau und eine naturnahe Waldbewirtschaftung. Hier und heute setzen wir auf Innovation, damit der ländliche Raum, die Agrar-, Forst- und Holzbranche zukunftsträchtig werden.

Hier und heute bekommen die Kommunen im ländlichen Raum ein verbessertes Handwerkszeug, um ein lebendiges Gemeinleben zu gestalten. Hier und heute stellen wir den Ver braucherschutz auch im ländlichen Raum besser auf.

Dies alles geschieht mit einem Etat, dessen Umfang von rund 1 Milliarde € pro Jahr nur ca. 2 % des Landeshaushalts aus macht. Dieses Paket steht wie kein anderes für ein Miteinan der von Bienen und Bauern, von Naturschutz und Landwirt schaft, von Verbrauchern und Produzenten, von Politik und Gesellschaft.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Dieser Haushalt, meine Damen und Herren, ist ganz wesent lich grün.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Was?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser eigenes Insektenmo nitoring bestätigt die allerschlimmsten Befürchtungen: 80 % weniger Biomasse bei den Fluginsekten in den letzten drei Jahren.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Reale Zahlen sind immer schwarz, Herr Kollege!)

Weniger Insekten bedeuten weniger Bestäubung und weniger Nahrung für andere Tiere. Das gesamte Ökosystem gerät aus den Fugen. Die ökonomischen und ökologischen Folgen sind dramatisch. Deshalb haben wir beschlossen, zu handeln. In den kommenden zehn Jahren wollen wir 30 bis 40 % der Flä che biologisch bewirtschaften. Wir wollen bis 2030 40 bis 50 % weniger chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel einsetzen. Allen, die sagen, das gehe nicht, sage ich: Das geht sehr wohl. Meine Kollegen Martina Braun, Martin Hahn, Mar tin Grath und ich kommen gemeinsam auf 125 Jahre erfolg reiche biologische Erzeugung und Verarbeitung.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Bravo!)

Weil der Biolandbau – Klasse statt Masse, Tierschutz und Ar tenvielfalt – der Weg ist, der zu Baden-Württemberg passt, beschließen wir Grünen heute gemeinsam mit unserem Koa litionspartner, der CDU –

(Abg. Dr. Patrick Rapp CDU: Wir sind schwarz!)

vielleicht auch noch mit anderen; Sie alle sind herzlich einge laden –, die Neuauflage des Ökoaktionsplans mit 9 Millio nen €, mehr stärkere Bio-Musterregionen, eine Außer-HausVerpflegung, die regionales Bio kann, eine Initiative für Bil dung, Ausbildung und Beratung zu mehr Ökolandbau und mehr Biodiversität, eine Agrarumweltoffensive mit 24 Milli onen € mehr für die Bäuerinnen und Bauern, die Schäferin

nen und Schäfer in unserem Land, die den Artenschutz mit gestalten wollen,

(Beifall bei den Grünen und der Staatssekretärin Fried linde Gurr-Hirsch)

die Fortführung des Sonderprogramms „Biologische Vielfalt“ mit 36 Millionen €, und wir investieren zusätzlich 50 Millio nen € im MLR und im UM für Klimaschutz- und Biodiversi tätsmaßnahmen.

(Beifall bei den Grünen sowie der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch und des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eines klarstellen: Die Landnutzer sind die ersten Betroffenen von Dürre, Starkre gen, Hagel. Deshalb bringen wir in diesem Haushalt auch die Mehrgefahrenversicherung auf den Weg. Die Landnutzer sind vor allem aber auch unsere engsten Verbündeten und unver zichtbare Partner im Naturschutz und in der Landschaftspflege.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf der Staatssekretärin Friedlinde Gurr- Hirsch)

Das Schneller, Mehr und Billiger der Discounter ist nicht nur Gift für die Artenvielfalt, sondern auch für die Landwirte in unserem Land. Geringe Einkommen, Preisdruck oder schwie rige Arbeitsbedingungen haben ein nicht minder dramatisches Höfesterben ausgelöst. Deshalb brauchen wir einen neuen Ge sellschaftsvertrag – einen Gesellschaftsvertrag, in dem die Bäuerinnen und Bauern endlich wieder die Anerkennung und Akzeptanz erhalten, die sie verdienen, durch den sie ihre Le bensmittel zu fairen Preisen absetzen können, in dem gesun de, regionale Lebensmittel auf dem Tisch eine Selbstverständ lichkeit sind.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Martin Grath GRÜNE: Richtig!)

Die ehrgeizigen Eckpunkte zur Umsetzung und Weiterent wicklung des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ sind ein ers ter wichtiger Schritt. In den folgenden Schritten müssen auch der Handel und die Verarbeitung, also die gesamte Wertschöp fungskette, eingebunden werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kein Ökosystem in unserem Land leidet derzeit so sehr unter dem Klimawandel wie unser Wald. Mit diesem Haushalt sorgen wir für anpas sungsfähige Wälder, die sich im Klimawandel behaupten wer den.

(Zuruf von der AfD: So ein Schwachsinn!)

Dafür stellt das Land 80 Millionen € bereit und schafft 120 neue Stellen für den notwendigen Waldumbau.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass wir mancherorts deutlich zu hohe Schalenwildbestände haben. Der Masterplan Wald muss deshalb zwingend auch ganzheitliche Lösungen zum besseren Management des Rehwilds beinhalten.

(Abg. Udo Stein AfD: Alle Rehe abschießen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lese immer wieder, der Bauindustrie gehe weltweit der Sand aus. Wir haben aber ei ne Lösung für dieses Problem: Holz. Bauholz speichert Koh lenstoff und ersetzt als nachwachsender Rohstoff endliche Ressourcen. Holzbau ist eine Klimalösung.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Deshalb stattet das Land die Holzbauoffensive mit mehr als 10 Millionen € jährlich aus.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Klimawandel ist da, und er verändert unsere Wälder. Beim Holzbau werden wir uns deshalb viel mehr auf den Bau mit Laubhölzern fokussieren müssen. Die Antwort lautet: Innovation. Im Technikum Laub holz werden wir mit namhaften Partnern aus Forschung und Wirtschaft innovative und hochwertige Verwendungsmöglich keiten für Laubholz erforschen und diese bis zur Marktreife entwickeln.

Übrigens: Die Weichen für mehr Klimaschutz haben wir schon mit unserer Forstreform im Waldgesetz verankert. Naturnahe Waldwirtschaft, bodenschonende Verfahren und besondere Berücksichtigung von Lebensräumen werden zum Leitmotiv auf immerhin 40 % unserer Landesfläche.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Gleichzeitig setzen wir auf eine gute Ausbildung der Forst wirtinnen und Forstwirte. Mit der Verlängerung der Über gangsfinanzierung haben wir nun genug Zeit, um einen soli den Ausbildungspakt mit den Kommunen auf die Beine zu stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht haben Sie es be reits in der „Stuttgarter Zeitung“ gelesen oder haben es ges tern in der „Tagesschau“ gesehen:

(Der Redner hält einen Ausdruck hoch.)

Jede dritte Lebensmittelkontrolle fällt aus.

Im Zeitalter globalisierter Warenströme und Produktionsket ten werden wir unserer Verantwortung durch einen stetigen Aufwuchspfad gerecht. Allein in diesem Haushalt schaffen wir 80 Stellen im gesundheitlichen Verbraucherschutz.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der Staats sekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch)

Außerdem wird eine neue Zweigstelle der Verbraucherzent rale im ländlichen Raum entstehen. Deren digitale Angebote werden weiterentwickelt und ausgebaut.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die ländlichen Räu me sind ein weiterer Gewinner dieses Haushalts. Mit einem Volumen von nunmehr über 90 Millionen € pro Jahr gelingt uns eine flächendeckende Strukturpolitik, welche das Leben im ländlichen Raum für alle, auch für junge Menschen und für gut ausgebildete Fachkräfte, attraktiv macht. Mit über 600 Millionen € für den Breitbandausbau wird das Wohnen und Wirtschaften dort noch attraktiver.

Mit diesem Haushaltspaket leiten wir bedeutende Transfor mationsprozesse in Landwirtschaft und Ernährung in BadenWürttemberg ein. Es lässt sich in einem Satz zusammenfas sen: eine schwarze Null mit grünen Inhalten.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)