Protocol of the Session on December 12, 2019

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Das liegt aber am Verkehrsminister, nicht an uns!)

Ich freue mich ja, dass Sie immer dazwischenschreien, aber ich verstehe es praktisch nicht.

Es ist zu unruhig.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wer so anfängt, braucht sich nicht zu wundern!)

Wer sich gegen den Wettbewerb stellt, der in den Neunzigerjahren von der EU einmütig beschlossen worden ist – die Liberalisierung des Schienenverkehrs war ein europäisches Projekt, übrigens auch ein Projekt der Liberalen –,

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Das haben wir auch nicht kritisiert!)

der sollte dann, wenn der Wettbewerb stattfindet, nicht so tun, als wäre alles kein Problem. Vielmehr merkt man dann, dass der Wettbewerb nicht alle Probleme von selbst löst. Man muss hinterhergehen. Nicht jeder Wettbewerber ist so, wie er vor

gibt. Wir übernehmen da Verantwortung. Wir gehen da rein. Da, wo der Markt bestimmte Probleme nicht löst, überneh men wir im Interesse der Kunden Verantwortung. Deswegen tun wir auch etwas bei der Lokführerausbildung, deswegen schaffen wir einen Fahrzeugpool an. Wir wollen kompensie ren, was der Markt allein nicht hinbekommt.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Aber so funkti oniert es halt leider nicht!)

Und Sie werfen mir vor, ich würde hier federführend eingrei fen.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Hat ja nicht funk tioniert!)

Wenn ich nicht eingreifen würde, würden Sie mir vorwerfen, dass ich nichts täte. Das ist doch paradox.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Anton Ba ron AfD)

Meine Damen und Herren, der Kollege Mack hat auf etwas Wichtiges hingewiesen. Wir haben in den nächsten Jahren er heblich mehr GVFG-Mittel vom Bund. Diese werden zu nächst verdoppelt, dann verdreifacht und dann innerhalb von fünf Jahren versechsfacht. Noch nie haben die Kommunen so viel Geld vom Bund bekommen. Es war richtig und gut, uns personell und finanziell so darauf vorzubereiten, dass wir möglichst viele dieser Bundes-GVFG-Mittel nach BadenWürttemberg holen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Eine Jahrhundertchan ce!)

Und nun zu denen, die immer glauben, wir bekämen nichts hin: In den letzten Jahren hat es das Land Baden-Württem berg dank unserer Initiative, dank der Vorbereitung der Kom munen, dank der Kofinanzierung durch das Parlament ge schafft, zwischen einem Drittel und 45 % der Bundesmittel nach Baden-Württemberg zu holen. Ist das kein Erfolg? Lie be Leute!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Martin Rivoir SPD: Das sind aber die Kom munen und nicht Sie! – Abg. Winfried Mack CDU: Jetzt noch das Maßnahmengesetz! Dann passt es!)

Beim Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz haben wir den Kommunen nicht einfach das Geld weggenommen, son dern gemeinsam mit den Kommunen eine Neukonstruktion vereinbart – mit Einverständnis der Kommunen! Tun Sie nicht so, als ob wir die Kommunen beschissen hätten.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ja, freilich! Weggenom men!)

Wir haben das gemeinsam beschlossen. Das Land hat was draufgelegt. Die Kommunen haben zugestimmt, dass Mittel aus dem Vorwegabzug bereitgestellt werden. Das ist auch gut so.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Taschenspielertrick!)

Wir brauchen das Geld. Wir brauchen es zur Förderung von Neufahrzeugen, wir brauchen es zur Förderung von Ersatz

fahrzeugen. Wir wollen neue Fahrzeuge im Schienenperso nennahverkehr.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Es gibt aber keine!)

Wir haben auch einiges getan. Wir haben heute schon ziem lich viele Neufahrzeuge. Das können Sie nicht ignorieren. Sie können noch so lange schlecht über alle möglichen Altzüge reden, aber sichtbar sind zahlreiche neue Fahrzeuge. Am En de werden es 250 Neufahrzeuge im Landesdesign sein. Sie sind tatsächlich sehr komfortabel und haben WLAN, Klima tisierung und mehr Platz für Rollstühle und Fahrräder. Da ist wirklich etwas nach vorn gebracht worden.

Bei aller Kritik will ich Ihnen eines sagen: Wenn dieses Par lament und wenn Sie als Politiker

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Sind Sie keiner? – Abg. Martin Rivoir SPD: Sie sind auch Teil des Par laments!)

ständig nur davon reden, dass alle Züge ausfielen und alle Zü ge verspätet seien,

(Abg. Martin Rivoir SPD: Das ist auch so! Die Leu te kommen doch zu uns!)

dann entsteht der Eindruck, dass gar kein Zug mehr fährt. Das ist die faule Ausrede für alle, die nicht umsteigen wollen. Da für leisten Sie die Vorarbeit. Das ist völlig daneben.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Martin Rivoir SPD: Freitag, 17 Uhr, am Bahnhof! Ich lade Sie auf einen Glühwein hinterher ein! Da können Sie mal sehen, was Sache ist! – Abg. Reinhold Gall SPD: Gehen Sie am Freitagabend mal auf den Bahnhof! Jeden Tag in Heilbronn! – Weitere Zurufe von der SPD – Unruhe)

Ich bekomme ja vieles ab. Ich bin u. a. Fahrradminister, ich bin u. a. ÖPNV-Minister. Gleichzeitig werfen Sie mir vor, ich würde weder mit dem Fahrrad noch mit dem ÖPNV fahren. Das ist doch lächerlich! Ich fahre regelmäßig mit der Bahn, ob das S-Bahn, Stadtbahn, Fernverkehr oder Nahverkehr ist. Ich weiß, wie es da zugeht.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Umso schlimmer!)

Wir bekommen haufenweise Briefe von Leuten, die wie Sie nicht begreifen, wer die Ursache des Problems ist. Das sind nämlich die Betreiber, die Hersteller und die Strukturmängel.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Nur Sie begreifen alles! Alle anderen sind schuld! Junge, Junge, Junge! – Abg. Reinhold Gall SPD: Sie tragen die politische Verantwortung! – Unruhe)

Ich trage gern die Verantwortung, liebe Kollegen, und zwar reichlich. Ich habe auch breite Schultern. Die muss man als Verkehrsminister angesichts der ständigen Beschimpfungen auch haben.

Ich will noch was zum Thema Tarife sagen.

(Abg. Anton Baron AfD: Wir sollten einen Untersu chungsausschuss einrichten! – Zuruf des Abg. Rein hold Gall SPD – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Mir und meinem Haus war es immer wichtig, dass wir faire und gute Preise und Tarife haben. Klar ist: Wir können noch so viele schöne Züge fahren lassen, aber wenn die Tarife nicht stimmen, steigen die Leute nicht ein. Deswegen haben wir die Tarifreform für Baden-Württemberg gemacht. Deshalb gibt es einen Landestarif, einen bwtarif, der die Verbundgrenzen überschreitet. Er ist sehr kostengünstig. Wir geben den Leu ten zur Fahrkarte für die Bahn das Start- und das Anschluss ticket im lokalen ÖPNV sogar kostenlos dazu. Das ist ein deutlicher Beitrag zum Umstieg. Es ist, wie ich finde, eine großartige Leistung, dass wir das hinbekommen haben. Wir haben das übrigens für das ganze Land gemacht, nicht nur für Stuttgart. Das gilt im ganzen Land. Das können alle nutzen, das ist für alle ein Vorteil.

Wir haben aber auch den VVS-Tarif. Das haben wir gemacht, weil wir etwas für die Luftreinhaltung tun wollten. Auch hier haben wir Mittel in besonderer Art und Weise zur Verfügung gestellt. Wir haben das Tarifsystem vereinfacht und auch kos tengünstiger gemacht.

Ich habe mich nie für Nulltarife ausgesprochen, sondern im mer gesagt: Tarife müssen wohlüberlegt sein.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Das haben Sie doch in Stuttgart gemacht!)

Ja, ich habe gesagt: Es ist ein ziemlich schlechtes Signal, wenn man eine Tarifreform macht, sie großartig preist, aber die Tarife trotz der Aussage, dass man sie nicht schon wieder erhöht, ein halbes Jahr später doch erhöht.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Deswegen hat das Land ein großzügiges Angebot mit der kla ren Ansage gemacht, dass die anderen – also die Landeshaupt stadt und die verantwortlichen Landkreise – auch etwas brin gen müssen.

Lieber Martin Rivoir, das Land ist nicht für alle Formen der Kommunalpolitik zuständig.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Aber hier in Stuttgart schon!)

Wir haben einen Beitrag geleistet. Die Landkreise sind nicht gesprungen, sie haben das Geld nicht zur Verfügung gestellt. Die haben es versemmelt, nicht wir!

(Abg. Martin Rivoir SPD: In Ulm hätten wir es ge nommen! Man hat im DING den Preis erhöht! Das Geld hätten wir gern genommen!)

Was die Tarifreform anbelangt, haben wir übrigens allen Re gionen angeboten: Das, was in Stuttgart passiert, machen wir auch im ganzen Land. Voraussetzung ist, dass es ein Konzept zur Vereinfachung der Tarife gibt, dass sie leicht zugänglich sowie kostengünstig und preiswert sind. Das war das Ange bot. Aber bisher ist noch niemand aus den Regionen gekom men. Niemand ist gekommen! Sie können doch mir nicht in die Schuhe schieben, dass die noch nicht in die Puschen ge kommen sind. Das Angebot steht und wird weiterhin beste hen.

(Beifall bei den Grünen)