Es gibt natürlich noch weitere positive Weichenstellungen, die der Justiz gutgetan haben. Die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung von Tarifergebnissen, die rund 1 400 Stellenhe bungen im mittleren Dienst und die über 600 Entfristungen im Unterstützungsbereich zeigen, dass die Verbesserungen al le Bereiche der Justiz umfassen.
Gleichzeitig kümmern wir uns um den Nachwuchs: Zusam mengenommen über 600 Neustellen und k.w.-Verlängerungen für Referendarinnen und Referendare, Rechtspfleger- und Ge richtsvollzieheranwärterinnen und -anwärter; das sind eben so Investitionen in die Zukunft der Justiz wie die Rücknahme der abgesenkten Eingangsbesoldung für neue Kolleginnen und Kollegen. Baden-Württembergs Justiz kann damit auch in Zu kunft im Wettbewerb um die besten und klügsten Köpfe ganz vorn mitspielen. Das ist echte Nachhaltigkeit in Sachen Rechts staat, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Lassen Sie mich einige wenige Sätze ganz konkret zum Dop pelhaushalt 2020/2021 sagen. Er trägt mit nochmals fast 400 Neustellen, davon 101 neue Stellen für Richter und Staatsan wälte, seinen Teil zu der genannten Bilanz bei. Wir sichern durch die Verlängerung von 53 k.w.-Vermerken – der geplan te Wegfall von Stellen wird weiter aufgeschoben – die bereits erfolgte Verstärkung der Verwaltungsgerichte mindestens bis ins Jahr 2023.
Natürlich haben wir ein großes Interesse daran, dass die Fül le von Asylklagen an unseren Verwaltungsgerichten jetzt auch absehbar abgearbeitet werden. Die vielen Neustellen, die wir dort geschaffen haben, sind zwischenzeitlich besetzt. Wir spü ren nach und nach, dass die Erledigungszahlen steigen und wir den großen Berg von dort anhängigen Verfahren sukzes sive abgearbeitet bekommen.
Mit 75 Neustellen für Rechtspflegeranwärterinnen und -an wärter sowie dem Erhalt der bereits geschaffenen Stellen re
agieren wir auf den unverändert großen Bedarf im Bereich der Grundbuchämter in Nachlass- und Betreuungssachen sowie bei der Vermögensabschöpfung. Wo sich Probleme zeigen, dort reagieren wir.
Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist auch insofern ein außergewöhnlicher, als er einen Kostendeckungsgrad von 140 % erbringt. Üblicherweise erbringt die Justiz eine Kos tendeckung von 40 %. In diesem Haushaltsjahr sind es 140 %; das heißt, wir haben 500 Millionen € mehr eingenommen, als wir tatsächlich an Kosten produzieren.
Wir haben 1,5 Milliarden € aus der Ihnen hinreichend bekann ten Vermögensabschöpfung generiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten mich nicht falsch verstehen. Ich wün sche mir vergleichbare Vorgänge für die kommenden Jahre nicht; denn sie sind geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Seriosität der Automobilindustrie zu zerstören.
Deswegen kann es nicht unser Interesse sein, dass wir bei die sem Thema dauerhaft besonders „erfolgreich“ unterwegs sind. Aber wenn es darum geht, Vermögen abzuschöpfen, das un zulässigerweise angehäuft wurde, dann muss der Rechtsstaat handeln. Der Rechtsstaat hat gehandelt, hat entsprechende Maßnahmen getroffen. Das zeigt, er funktioniert. Auch des halb wollen wir unseren Rechtsstaat im Rahmen des aktuel len Haushalts gebührend stärken.
Deswegen bin ich dankbar, dass es uns gelungen ist, auf der Zielgeraden auch noch die Häuser des Jugendrechts durch zu sätzliches Personal, das wir jetzt geschaffen haben, zu erwei tern, dass es gelungen ist, die Personalstellen für einen Opfer schutzbeauftragten im Haushalt auszubringen. Wenn man sich vor Augen führt, dass wir im letzten Nachtragshaushalt die Zuwendungen für die Opferschutzstiftung von 400 000 auf 800 000 € verdoppelt haben, dass wir jetzt die Mittel für die Schaffung eines Opferschutzbeauftragten eingestellt haben, wird deutlich, dass das Justizministerium nicht einseitig den Blick auf die Täter richtet, sondern dass es uns in ganz beson derer Weise auch darum geht, etwas für die Opfer zu tun. Die ser Antrag wurde im Finanzausschuss – zumindest was diese vier Fraktionen angeht – fraktionsübergreifend gestellt; das ist ein wichtiges Signal, dass Opferschutz uns allen ein wert volles Anliegen ist.
Lassen Sie mich einige Sätze zu den weiteren Zuständigkei ten unseres Hauses sagen, zu Europa und Tourismus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Doppel haushalt stärkt nicht nur die Justiz im Land, sondern enthält auch ein kraftvolles Bekenntnis zu Europa und zum Touris musland Baden-Württemberg. Die deutlich gestiegene, hohe Wahlbeteiligung bei den Europawahlen 2019 hat gezeigt, wel chen Effekt eine effektive und intensive Europa-Öffentlich keitsarbeit haben kann. Es tut Europa gut, wenn wir gut über Europa reden.
Wir wollen deswegen die Europaarbeit des Landes und damit das Werben für ein Europa des Friedens, der Freiheit und des Wohlstands gerade bei der jungen Generation weiter aufbau en. Der vorliegende Doppelhaushalt ist damit auch ein Bei trag für Baden-Württembergs Zukunft und gegen populisti sche Kräfte von links wie rechts.
Ein besonderes Augenmerk, lieber Kollege Dr. Schweickert, legen wir im Jahr 2020 natürlich auf die deutsche EU-Rats präsidentschaft. Das wird die europapolitischen Aktivitäten dieser Landesregierung im kommenden Jahr prägen. Wir ha ben bemerkenswerte Veranstaltungen nach Baden-Württem berg gebracht. Der Telekommunikationsrat tagt in Baden-Ba den, wir werden im Oktober ein europäisches Tourismusfo rum am Bodensee durchführen, wir planen Veranstaltungen zur Stärkung und Weiterentwicklung der deutsch-französi schen Partnerschaft.
Es wird einen deutlichen Veranstaltungsschwerpunkt im Rah men dieser deutschen EU-Ratspräsidentschaft geben. Wir, die Landesregierung, wollen hier eine aktive Rolle spielen und damit die europapolitischen Anliegen des Landes voranbrin gen. Es geht uns um den Austausch mit unseren Nachbarn. Ja, in der Tat, in Folge des Aachener Vertrags wird es darum ge hen, auch aus Baden-Württemberg heraus Impulse zur Reak tivierung der deutsch-französischen Zusammenarbeit zu set zen.
Herr Kollege Dr. Schweickert, Sie haben das Projekt „Euro pa in Baden-Württemberg“ im Rahmen der Veranstaltungs reihe „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ angesprochen. An liegen dieser Landesregierung ist es, die jeweiligen Commu nitys, die in diesem Land oftmals ganz still, erfolgreich, aber vielleicht etwas zurückgezogen leben, miteinander ins Ge spräch zu bringen, auch unter Einbindung der jeweiligen Kon sulate, einen Dialog zu initiieren, einen Austausch zu pflegen, Chancen, Plattformen zu bieten, dass über Formen des Zu sammenlebens nicht nur kritisch, sondern eben konstruktiv, hilfreich diskutiert wird. Dies ist das Anliegen dieses Projekts im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Gesellschaftlicher Zu sammenhalt“.
Zu der zweiten Frage: In der Tat, was unseren Auftritt in Brüs sel angeht, wird sich mit dem Weggang Günther Oettingers für uns manches erschweren. Das ist so. Einen Kommissar, der sich derart häufig in Europa insgesamt wie gleichzeitig in Baden-Württemberg aufgehalten hat, wird es so schnell für uns nicht wieder geben. Er hat über alle Fraktionsgrenzen hin weg große Sympathie und Zustimmung erworben.
Deswegen wird es jetzt unsere Aufgabe auch in der Landes vertretung sein, neue Zugänge zur künftigen Kommission zu schaffen. Ich habe mich mit dem Kabinettschef von Ursula von der Leyen bereits getroffen. Unser Ziel wird sein, dass wir aus dem Kabinett von Kommissionspräsidentin von der Leyen einen konkreten Ansprechpartner benannt bekommen, bei dem wir unsere baden-württembergischen Anliegen je weils vortragen. Wir können uns aber auch Zugänge zum ös terreichischen Kommissar Hahn, der jetzt für Fragen der Haus haltspolitik zuständig ist, vorstellen.
Wir sind dabei, dieses künftige Netzwerk unserer Arbeit in Europa zustande zu bringen. Das wird Arbeit und Mühe kos ten. Günther Oettinger wird uns da auf dem Weg auch weiter hin hilfreich zur Seite stehen.
Die laufende Erweiterung unserer Vertretung in Brüssel ist in vollem Gang. Vielleicht sind Sie im Januar beim Neujahrs empfang in Brüssel, dann können Sie selbst erleben, wie der Bau voranschreitet. Wir verdoppeln die Veranstaltungsflächen. Wir wollen unsere Präsenz in Brüssel deutlich erhöhen. Un ser Ziel ist klar: Wir wollen für Europa werben, weil ein star kes Baden-Württemberg nur in einem starken Europa mög lich ist. Europa gehört zu unserer baden-württembergischen DNA.
Lassen Sie mich abschließend zum Tourismus kommen. Man mag viel darüber diskutieren, ob die Zuständigkeit in dieser Form sinnvoll ist. Eines ist klar: So viel wie wir in dieser Le gislaturperiode hat keine Landesregierung zuvor für den Tou rismus getan.
Ich war in dieser Woche bei der Jahresabschlusssitzung der Tourismus Marketing Baden-Württemberg. Es wurde von al len Seiten in dieser Weise positiv bewertet. Das ist auch mal schön. Übrigens gilt in meinem Ressort sowohl für die Ziel gruppe der Justiz als auch für die Zielgruppe des Tourismus: Die Leute kommen zu mir und sagen: Es ist bemerkenswert, was diese Landesregierung für uns getan hat. Dafür sind wir dankbar.
Wir erleben es zum Teil auch anders. Wir tun unheimlich viel, und die Leute sind trotzdem nicht zufrieden. Die Justiz dieses Landes und der Tourismus dieses Landes anerkennen, dass diese Landesregierung viel für sie getan hat.
Das lässt sich auch an Zahlen ablesen. Für die Umsetzung der neu erarbeiteten Tourismuskonzeption, für das Tourismusmar keting werden wir jährlich 4,5 Millionen € draufsatteln, von 5 auf 9,5 Millionen € erhöhen – strukturell, Kollege Schwei ckert, nicht einmalig, ganz abgesehen von Einzelpositionen, die uns die Fraktionen im Tourismus zusätzlich gewährt ha ben. Sie müssen erst einmal zeigen, wo so etwas funktioniert hat. Das ist ein nennenswerter Zuwachs, um die Herausforde rungen des Tourismus zu bewältigen. Wir wollen für unsere Gäste auf der Höhe der Zeit bleiben, damit unser schönes Hei matland auch morgen noch zu den beliebtesten Reisezielen Deutschlands gehört.
Natürlich leben wir im Moment von einer guten Konjunktur. Aber jetzt gilt es, den Tourismus wetterfest zu machen für die Zeit, in der der Konjunkturmotor vielleicht etwas schwächer wird. Genau das ist unsere Intention. Darum wollen wir jetzt investieren.
Dazu gehört der Ausbau der Infrastruktur. Auch diese Zahlen können sich sehen lassen. Wir haben in dieser Legislaturperi ode das Tourismusinfrastrukturprogramm von zunächst 5 Mil lionen € im letzten Doppelhaushalt auf 7 Millionen € und in diesem auf insgesamt 10 Millionen € erhöht – also insgesamt eine Verdopplung –, um die Einrichtungen unserer Kommu
nen in Sachen Tourismus zu unterstützen. Das ist ein starkes Signal für den Zusammenhalt von Land und Kommunen, für die Weiterentwicklung des Tourismuslands Baden-Württem berg.
Was die Unterstützung der Gastronomie angeht – Kollege Hauk wird im Zusammenhang mit dem ELR sicherlich darü ber berichten –, ist dort ein klarer Schwerpunkt gesetzt. Ich hatte diese Woche Gelegenheit, mit Vertretern des DEHOGA zu sprechen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie unzufrie den sind mit dem, was wir getan haben, sondern sie haben an erkannt, dass es gelungen ist, in diesem Haushalt ein deutli ches Signal zur Stärkung von Dorfgastronomie, von Wirts häusern zu setzen. Es geht auch darum, einem Nachfolger die Entscheidung, den Gastronomiebetrieb der Eltern zu überneh men, ohne einen großen Schuldenberg vor sich herschieben zu müssen, zu erleichtern. Das ist ein starkes Signal für die Gastronomie in unserem Land. Tourismus in Baden-Württem berg kann nur funktionieren, wenn wir auch eine starke Gas tronomie und Hotellerie haben.
Weil in der Debatte behauptet wurde, wir würden im Touris mus zu viel Werbung für die Viel-Sterne-Hotels betreiben, will ich sagen: Wir machen Werbung für jedes touristische Ange bot in unserem Land. Beworben wird die Besenwirtschaft ebenso wie das Sternerestaurant – alles gehört dazu. Eine ganzheitliche Werbung zeigt dieses Land in seiner Vielfalt, in seiner Bandbreite. Da hat Baden-Württemberg unendlich viel zu bieten. Unsere Aufgabe ist es, unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, sondern diese Stärken in der ganzen Band breite zu präsentieren, um Menschen für dieses Land zu inte ressieren. Das ist übrigens auch ein Beitrag zum Klimaschutz, weil vielleicht immer mehr Menschen in Baden-Württemberg auf den Gedanken kommen, dass man gar nicht in den Flie ger steigen und weit weg reisen muss, sondern es so viel Wun derbares im eigenen Land gibt. Es ist meine Aufgabe, es ist unsere Aufgabe, für dieses wunderbare Tourismusland BadenWürttemberg allüberall zu werben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und den regen Ge dankenaustausch in den zurückliegenden Monaten möchte ich mich an dieser Stelle nochmals ausdrücklich bedanken. Die Erfolge der letzten Jahre waren nur gemeinsam zu erreichen. Das sage ich nicht nur in dieser Weise, das sehe ich so. Dafür bedanke ich mich bei allen, die daran mitgewirkt haben. Las sen Sie uns auch in Zukunft dafür sorgen, dass unser Rechts staat stark bleibt, unsere Justiz ein Aushängeschild bleibt, dass wir Baden-Württemberger in diesem wunderschönen Touris musland immer auch eine starke Rolle in Europa spielen. Da für steht mein Ministerium.
Wir kommen deshalb zur A b s t i m m u n g über den Ein zelplan 05: Ministerium der Justiz und für Europa. Abstim mungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschus ses für Finanzen, Drucksache 16/7205.
Zunächst rufe ich Abschnitt I der Beschlussempfehlung auf. Die hierzu vorliegenden Änderungsanträge und den Entschlie ßungsantrag werde ich bei den entsprechenden Kapiteln auf rufen und zur Abstimmung stellen.