Protocol of the Session on November 14, 2019

Ich wiederhole noch kurz: Am 1. Januar 2020 wird es keine spezielle Ausbildung mehr für Kranken-, Alten- und Kinder krankenpflege geben, sondern die sogenannte generalistische Ausbildung, weil – das wissen wir, weil wir uns in den letz ten Jahren sehr damit beschäftigt haben – die Differenzierung in die Bereiche Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkran kenpflege gar nicht mehr zeitgemäß ist und auch nicht mehr den Entwicklungen, den Lebensläufen und den Lebenswirk lichkeiten entspricht. Denn die Bedürfnisse der Menschen in Krankenhäusern, in der ambulanten Pflege und, wenn man äl ter ist, auch in der stationären Pflege sind wesentlich komple xer geworden und hängen auch wesentlich mehr von der je weiligen Lebenslage ab.

Sie alle wissen: Wir haben eine rasante Entwicklung in der Medizin, aber auch in der Pflegewissenschaft. Schauen Sie nur einmal, was wir in den letzten Jahren mit der Digitalisie rung, der neuen E-Health-Strategie erreicht haben. Das ist nicht nur ein technisches Mittel. Das ist keine Frage der In formatiker – da wird mir auch der Digitalisierungsminister recht geben –, sondern E-Health, E-Pflege, das ist eine neue Disziplin, eine neue Sensibilität, wie wir mit Menschen kom munizieren und dabei technische Möglichkeiten, assistieren de Instrumente einbringen.

Der Vorteil der Pflegeberufereform für die Zukunft liegt na türlich darin, dass wir das gesamte Spektrum pflegerischer, medizinischer, sozialräumlicher und sozialer Belange der Menschen im Einsatzgebiet der Pflegefachkräfte in der Brei te begreifen. Sie haben es erwähnt: Natürlich ist das eine deut liche Verbesserung für die Pflegekräfte. Sie wissen, wir haben in der Enquete festgestellt, dass in der Pflege die Verweildau er im Beruf 12,7 Jahre beträgt – Kollegin Krebs und ich, wir beide sind ja Krankenschwestern.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Habe ich da was verpasst? – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich begrüße natürlich auch den Kollegen Anne und andere mehr. Wir haben hier eine gute Dichte. Darum können wir hier auch so qualifiziert diskutieren.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Sister Act!)

Eine Verweildauer von 12,7 Jahren in der Pflege ist natürlich ein Zustand, den wir nicht hinnehmen können.

Natürlich gehört dazu auch Folgendes: Jeder, der einmal vier Wochen hintereinander harte Schicht geschoben hat – das sa ge ich jetzt einmal in meinem Migrationsschwäbisch –, weiß, dass das natürlich deutlich die Chancen verbessert, innerhalb des ganzen Genres, in der ganzen Lebens- und Berufsbiogra fie, im ambulanten Bereich, im stationären Bereich, in der Be ratung, direkt mehr in der Pflege eingesetzt werden zu kön nen, bei Kindern wie bei Erwachsenen. Die gesamte Lebens spanne in der Arbeit wird verbreitert.

Wir überschreiten die Sektoren, Frau Wölfle, zwischen ambu lant, stationär, Rehabilitation, Pflege, Behandlung. Die Pfle ge muss da gleichberechtigt mitgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Frau Krebs hat es ganz treffend gesagt: Ein wichtiger Bau stein sind die Selbstbeauftragungsrechte. Die Pflege erhält durch diese Reform jetzt zum ersten Mal die Möglichkeit, über Arbeitsaufträge Bausteine selbst zu entscheiden. Sie ist nicht nur im Delegationsmuster unterwegs.

(Staatssekretärin Bärbl Mielich: Ja!)

Das ist ein ganz wichtiger Hinweis für die jungen Menschen, die diese Arbeit selbstbewusst, eigenverantwortlich überneh men wollen. Wir lehren jetzt auch, wie diese Eigenverantwort lichkeit profund, gut umgesetzt werden kann.

Die Kollegin Kultusministerin ist jetzt gerade gegangen.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Ich muss mich ausdrücklich beim Kultusministerium bedan ken. Wir haben ein System zusammengeführt: die staatlichen Altenhilfeschulen an unseren beruflichen Schulen, die Schu len in freier Trägerschaft in der Altenhilfe bei unseren Part nern, der kirchlichen Träger, aber auch der anderen Wohl fahrtsverbände, und unsere Systemschulen an den Kranken häusern.

Wir haben die Zuständigkeit für die staatlichen Schulen beim Kultusministerium belassen; alle anderen Schulen sind in der Zuständigkeit des Ministeriums für Soziales und Integration. Wir konnten uns aber auf einheitliche Lehrpläne verständi gen. Das war, glaube ich, wirklich ein guter Erfolg.

Ich bedanke mich auch bei euch allen, weil ihr vor Ort mitge arbeitet habt.

Wir haben vier Arbeitsgruppen gebildet. Wir haben es wirk lich „bottom-up“ gemacht. Wir haben mit den Praktikern vor Ort gesprochen. Wir können Ihnen heute auch vorlegen, dass

wir gegenüber dem Bund Ausnahmeregelungen bei der Lehr befähigung machen, dass wir verbreiterte Einsatzgebiete für die Praxisstellen gerade in der Kinderkrankenpflege festlegen können, dass wir vor Ort Koordinierungsstellen mit den Kom munen gemeinsam finanzieren, damit wir genügend prakti sche Ausbildungsstellen und nicht nur schulische Ausbil dungsstellen für das verbreiterte Curriculum haben. Das war eine große Gemeinschaftsaufgabe.

Ministerin Eisenmann und ich hatten gemeinsam die Gele genheit, die Ergebnisse dieser vier Arbeitsgruppen zu doku mentieren. Sie kennen ja die Anhörungsergebnisse. Wir hat ten 60 Anhörungen, und es wurden keine Änderungswünsche ausgesprochen.

Natürlich bin ich stolz darauf, dass wir Ihnen heute 19 Er mächtigungsgrundlagen vorlegen können, dass wir den Fonds gemeinsam geklärt haben, dass die Mittel, die wir in BadenWürttemberg zuweisen können, höher sind als in anderen Bundesländern. Das können wir heute schon sagen.

Es ist auch das Ergebnis dieser guten Arbeit, dass wir die über gangsweisen Abweichungen von den Mindestanforderungen des Bundes an die Lehrkräfte und Schulleitungen regeln konn ten – denn so schnell werden uns die akademisierten Kräfte nicht zur Verfügung stehen, aber auch jetzt leisten die Ausge bildeten eine gute Arbeit –, dass wir auch die Praxisanleiter so einstellen können, wie sie heute sind; auch dafür brauchen wir Übergangsregelungen.

Was uns praktisch auch ganz wichtig war: Der Bund hätte uns eine Zwischenprüfung aufgegeben, aber das wäre overpaced gewesen, das hätten wir beim jetzigen Stand gar nicht hinbe kommen. Da hätten wir alle Institutionen und die Schulen selbst deutlich überfordert. Auch da haben wir einen guten Weg gefunden, das pragmatisch zu handhaben.

Ich glaube, was wirklich wichtig ist: Wir haben die Geeignet heit von Einrichtungen, in denen der praktische Teil der Aus bildung absolviert werden kann, verbreitert, wir sind deutlich mehr auch in die lebensweltliche Breite der Arbeitsgebiete ge gangen.

Erlauben Sie mir im Übrigen noch zu sagen: Auch hier war unsere gute Arbeit in der Pflegeenquete wichtig. Herr Holz ke, der das seinerzeit für den Landtag wissenschaftlich beglei tet hat, konnte als Pflegedirektor abgeordnet werden und hat uns ein Dreivierteljahr begleitet bei den Fragen vor Ort: Wie machen wir das mit den Koordinierungsstellen? Wie bleiben wir im Gespräch zwischen Praxis und Theorie? Da sehen Sie: Wenn man mal gut miteinander arbeitet, resultiert daraus ei ne Freundschaft fürs Leben.

(Lachen bei der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Vorsicht mit Freundschaften!)

Ich glaube, das ist sehr wichtig, liebe Frau Wölfle, weil näm lich tatsächlich das schon eintritt, was Sie prophezeit und auch gefordert haben: Wir werden für das neue Jahr, schon jetzt am Start, mehr Ausbildungsplätze vorweisen können – sie sind bereits angemeldet –, als wir vor der Reform hatten. Meine Damen und Herren, das ist ein ganz großer Erfolg.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Sabine Hart mann-Müller CDU)

Dieser Erfolg ist auch durch das gute partnerschaftliche Ent wickeln möglich geworden. Frau Krebs hat es angesprochen: Erst im Juli kam das letzte Curriculum aus dem Bund. Das hat uns ganz schön unter Druck gesetzt. Wir haben das – das muss ich auch für mein Ministerium sagen – mit einer extrem dün nen Personaldecke auf Hochdruck bearbeitet. Was die Leute alles geschafft haben, wann da immer das Licht gebrannt hat, meine Damen und Herren! Da muss man an dieser Stelle sa gen: ganz herzlichen Dank.

Ein letzter persönlicher Satz: Ich war 1985 der Erste, der da mals nach dem seinerzeit neuen Pflegeberufegesetz die Aus bildung begonnen hat. Jetzt das neue Pflegeberufegesetz als Minister einzubringen ist doch auch eine kleine Ellipse in der Lebensleistung einer Krankenschwester.

In diesem Sinn: Ich glaube, wir haben gemeinsam wirklich et was Gutes hinbekommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Meine Damen und Her ren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir in dieser Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 16/6985.

(Unruhe)

Ich darf um Ihre Aufmerksamkeit bitten. – Abstimmungs grundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales und Integration, Drucksache 16/7144. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustim men.

Sind Sie damit einverstanden, dass ich den Gesetzentwurf ins gesamt zur Abstimmung stelle? – Das ist der Fall. Wer den Artikeln 1 bis 16 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist den Ar tikeln 1 bis 16 einstimmig zugestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 14. November 2019 das folgen de Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Ausführung des Pflegeberufegesetzes (AG- PflBG)“. – Sie stimmen dieser Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke schön. Gegenprobe! – Enthaltungen? – Es gibt keine Enthaltungen.

(Abg. Stephen Brauer FDP/DVP bleibt an seinem Platz stehen und unterhält sich.)

Damit ist dem Gesetz einstimmig – –

(Zurufe)

Das ist, glaube ich, kein Abstimmungsvotum. – Dem Ge setz ist einstimmig zugestimmt.

(Heiterkeit)