Professor Goll hat richtigerweise darauf hingewiesen: Auch wenn die Bürgermeister nicht mehr im Kreistag vertreten wä ren, hätten sie eine Plattform oder würden eine finden, um ih re Interessen anderweitig kundzutun.
Deswegen sage ich: Die engen Wechselbeziehungen zwischen Gemeinden und Landkreis erfordern eine Kooperation, zu der Bürgermeister im Kreistag einen wichtigen Beitrag leisten können. Dies gilt umso mehr, als es eine förmliche Vertretung der Gemeindeinteressen innerhalb des Landkreises nicht gibt.
Wie die Wahlergebnisse der Kreistagswahlen zeigen – das muss man schon zur Kenntnis nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen –, entspricht die Mitgliedschaft von Bürgermeistern im Kreistag offensichtlich auch den Wünschen und Vorstel lungen vieler Wählerinnen und Wähler. Bürgermeister, die in den Kreistag wollen, müssen wie alle anderen Bewerber kan
didieren und gewählt werden. Für Wähler, die nicht von Bür germeistern vertreten sein möchten, besteht bei Kreistagswah len eine ausreichende Auswahl an weiteren Kandidatinnen und Kandidaten.
Zwischenzeitlich wurde die Anhörung zum vorliegenden Ge setzentwurf durchgeführt. Die Kollegen haben es schon an gesprochen: Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag lehnen die vorgeschlagene Änderung
Da es aus unserer Sicht also keine überzeugenden Gründe gibt, die für die von der Fraktion der AfD vorgeschlagene Rechtsänderung sprechen, lehnen wir auch vonseiten der Lan desregierung diesen Gesetzentwurf ab.
Ich kann dem Kollegen Dr. Goll in einem anderen Punkt eben falls nur beipflichten: Wir haben aus meiner Sicht auch in die sem Haus schon einmal einen Fehler gemacht, indem wir auch hier Bürgermeister und Oberbürgermeister ausgeschlossen ha ben.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP – Abg. Anton Baron AfD: Die CDU hat doch damals die Landräte ausgeschlossen!)
Meine Damen und Her ren, gibt es weitere Wortmeldungen, sofern noch Redezeit vor handen ist? – Das ist nicht der Fall.
Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/6725 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres, Digita lisierung und Migration zu überweisen. – Damit sind Sie ein verstanden. Dann ist es so beschlossen, und wir können Punkt 4 der Tagesordnung abschließen.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜ NE, der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Druck sache 16/6982
Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Faktion festgelegt.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kol legen! Wir möchten heute einen schon mehrere Jahre andau ernden Diskussionsprozess über die künftige Altersversorgung der Landtagsabgeordneten in Baden-Württemberg abschlie ßen, indem wir Ihnen den Beitritt des Landtags zum Versor gungswerk des Landtags Nordrhein-Westfalen, dem auch der Landtag Brandenburg angehört, empfehlen.
Wir sind davon überzeugt, dass wir mit einem Einsatz von Steuermitteln in der gleichen Höhe wie bisher für die Finan zierung der unmittelbaren Vorsorge für Abgeordnete eine deut liche Verbesserung bei den Versorgungsleistungen erreichen werden.
In den letzten Wochen haben viele Gespräche mit Bürgerin nen und Bürgern stattgefunden, die an dieser Thematik inter essiert sind. Es ist sehr gut, dass es solche Bürgerinnen und Bürger gibt. Wir bedanken uns dabei sehr für Vorschläge, An regungen und Kritik. Es ist bemerkenswert, dass sich bedeu tende Teile der Bürgerschaft für dieses Thema interessieren; dies sollte uns nicht unbeeindruckt lassen. Wir jedenfalls fan den das sehr gut.
Wir bitten aber auch um Verständnis dafür, dass eine Debat te, die sich in diesem Landtag nun schon über mehrere Wahl perioden hinzieht, auch einmal zu Ende gehen muss.
Wir haben in den letzten Jahren, auch durch eigene Fehler hier in diesem Haus – von Mehrheiten beschlossen –, die dann auch korrigiert werden mussten, die Erfahrung gemacht, dass die Themen Versorgung und Altersentschädigung der Abge ordneten bei den Bürgern relativ wenig Akzeptanz finden und dass immer wieder unlautere Motive unterstellt werden. Die Gesamtthematik ist schon deshalb nur schwer zu vermitteln, weil wir durch die Verfassung gehalten sind, über diese Din ge selbst zu entscheiden. Wir können das an niemanden – ei ne Tarifkommission oder wen auch immer – delegieren. Das ist ungewöhnlich, aber es ist so. Wir werben um Verständnis dafür.
Wir werben aber auch dafür, dass Abgeordnete einen An spruch auf eine angemessene Altersversorgung haben. Denn das ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein breiter Zugang zu den Parlamenten erhalten bleibt – gerade auch ein Zugang von jungen Leuten, die daneben
auch alle möglichen Berufschancen in der Wirtschaft oder in sonstigen Berufsfeldern haben. Die wollen wir für das Parla ment gewinnen.
Aber diese Tätigkeit muss auch so geartet sein, dass ihre Un abhängigkeit garantiert ist. Hier wird so viel über die Unab hängigkeit des Mandats gesprochen. Bei der Altersversorgung geht es im Kern um die Sicherung der Unabhängigkeit der Ab geordneten, meine Damen und Herren. Das ist ein zentral wichtiger Punkt.
Wir hatten eine Expertenkommission und ein Bürgerforum, die unabhängig voneinander gearbeitet und Vorschläge ge macht haben. Wir haben dieses Verfahren in der Ersten Bera tung ausführlich dargestellt.
Ich will mich noch einmal kurz mit den Empfehlungen dieser beiden Gremien auseinandersetzen und um Verständnis dafür werben, dass von allen Modellen, die in der Diskussion wa ren, letztendlich schon aus Rechtsgründen – wirklich aus Rechtsgründen – nur das Modell des Beitritts zum Versor gungswerk des Landtags Nordrhein-Westfalen in Betracht kommt. Ich weiß, dass das zum Teil kritisiert wird und dass es auch die Erwartungshaltung gibt, dass wir Abgeordneten uns doch bitte schön in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern mögen. Nun, das ist eine wichtige Diskussion, auch eine wichtige Zukunftsdiskussion.
Wir Grünen vertreten schon lange den Standpunkt, dass wir es schaffen müssen – das ist eine Aufgabe des Bundes, des Bundestags –, eine solidarische Bürgerrentenversicherung ein zurichten, in die möglichst alle rentenversicherungspflichti gen Personenkreise einbezogen werden. Das ist unser politi sches Ziel, aber an diesem Ziel sind wir leider noch nicht an gelangt.
Wir haben als Landesgesetzgeber nicht die Kompetenz, z. B. eine Pflichtversicherung für die derzeitige gesetzliche Ren tenversicherung zu beschließen oder zu verordnen, sondern diese würde in jedem Fall eine freiwillige Versicherung blei ben.
Es gibt noch eine Reihe weiterer schwerwiegender rechtlicher Hindernisse, jetzt eine Bürgerversicherung zu organisieren. Ich kann das aus Zeitgründen nicht ausführen.
Jedenfalls ist es Tatsache, dass wir diese Entscheidungsmög lichkeiten als Landesgesetzgeber gar nicht haben, sondern uns in den realen Bedingungen einfinden müssen. Das gilt auch für andere Modelle, die vorgeschlagen worden sind.
Deshalb ist der Beitritt zum Versorgungswerk des Landtags Nordrhein-Westfalen keine Notlösung, sondern er ist auch die Umsetzung weiterer Vorschläge dieser beiden Gremien. Sie sind in beiden Empfehlungen vorhanden. Wir halten ihn un ter den Gesichtspunkten der Kostenneutralität bei der Vorsor ge, der Generationengerechtigkeit, aber auch der Reformfä higkeit dieses Landtags für eine richtige Entscheidung. Ich werbe nochmals ausdrücklich um Ihre Zustimmung.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute abschließend über die Altersversorgung der Abgeordneten beraten, sind wir am Ende eines schwierigen und zum Teil auch eines sehr steini gen Weges angekommen. Ich hoffe darauf, dass wir zu einem guten Ende kommen, aber das wird vor allem die Zeit zeigen.
Ich bin froh, dass wir dieses Kapitel schließen können. Über die ganzen Jahre der schwierigen Diskussion hinweg ging es vor allem um die Frage: Wie machen wir es richtig, nicht nur für uns, die wir jetzt in diesem Parlament sind, sondern vor allem auch für die nachfolgenden Generationen? Über allem standen die Fragen: Welche Altersversorgung ist angemessen und wird dem Mandat gerecht? Welche Altersversorgung schafft Sicherheit für alle in diesem Haus?
Wir haben in den letzten Monaten und Jahren mit uns selbst gerungen, aber vor allem auch mit der öffentlichen Meinung, vor allem auch damit, dass es immer dann schwierig wird, wenn wir über Themen zu entscheiden haben, die uns selbst betreffen, und dabei unter ganz besonderer Beobachtung ste hen. Es ist richtig und wichtig, und es ist vor allem für uns auch nicht überraschend.
Ich gebe aber durchaus zu, dass in der ganzen Debatte mir und vielen von uns manche Kommentierung, manche Unterstel lung – auch durch Unwissenheit – an die Nieren gegangen ist. Mit dem Vorwurf, dem Verdacht der Selbstbedienung müssen wir klarkommen und uns diesem auch selbstkritisch stellen. Dies ist noch am leichtesten zu verkraften.
Aber was mir viel mehr Sorge macht und Sorge gemacht hat, ist etwas ganz anderes, nämlich die geringe Wertschätzung und die schlechte Meinung, die viele Menschen, viele Bürge rinnen und Bürger von uns und von unserer Aufgabe, von un serer Arbeit haben. Auch das ist in der Diskussion zum Aus druck gekommen.