Nun lasse ich auch über den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP im Ganzen abstimmen. Sind Sie damit einverstan den? –
Gut. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abgelehnt.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der AfD – Gesetz zur Unvereinbarkeit von Bürgermeister- und Bei geordnetenamt und Kreistagsmandat (Gesetz zur Ände rung der Landkreisordnung für Baden-Württemberg) – Drucksache 16/6725
Das Präsidium hat hierzu für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion als Redezei ten festgelegt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine große Minderheit der Mandate in den Kreista gen unseres Landes wird von Personen ausgeübt, die zugleich Bürgermeister sind und deren Gemeinden im Kreisgebiet lie gen, das sie als Kreisrat vertreten. Beispielsweise sind in mei nem eigenen Wahlkreis ein Drittel der Kreistagsmitglieder zu gleich Bürgermeister im Kreis. In manchen Landkreisen, z. B. in der Ortenau, macht der Bürgermeisteranteil sogar fast die Hälfte der Kreistagsmandate aus.
Einerseits sind die Bürgermeister im Kreistag Interessenver treter ihrer Gemeinde, andererseits sind sie in den Kreistag gewählt worden, um die Interessen des jeweiligen Landkrei ses zu vertreten. Für uns, die AfD-Fraktion, sind diese Verbin dung von Amt und Mandat sowie die damit verbundenen In teressenkonflikte nicht weiter hinnehmbar, insbesondere des halb, weil sich Bürgermeister im Kreistag nach derzeitiger La ge als Kontrolleure der Kreisverwaltung selbst kontrollieren sollen, sodass die Gefahr von Entscheidungskonflikten und daraus resultierenden Verfilzungen entstehen kann.
Daher bringen wir diesen Gesetzentwurf ein, der die Unver einbarkeit von Bürgermeisteramt und Kreistagsmandat fest stellt. Die Landkreisordnung wird durch eine Wählbarkeits beschränkung ergänzt, der zufolge das Amt des hauptamtli chen Bürgermeisters und das Amt des Beigeordneten nicht mit dem Kreistagsmandat vereinbar ist. Den von dieser Unverein barkeit Betroffenen bleibt es demnach überlassen, ob sie sich für das Amt oder für das Mandat entscheiden.
... für den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung ei ne Funktionstrennung zu gewährleisten, um die vielfälti gen Interessenkollisionen, die sich bei den vom Kreistag zu treffenden Entscheidungen ergeben können, zu vermei den. Insbesondere soll verhindert werden, dass Kreisrä te als Kontrolleure der Verwaltung sich selbst kontrollie ren, indem sie zugleich Aufgaben und Verantwortung in nerhalb der Verwaltung als leitende Gemeindebeamte wahrnehmen und dadurch Gefahr laufen, in Entschei dungskonflikte und daraus resultierende Verfilzungen ver wickelt zu werden.
Die von uns vorgebrachte Unvereinbarkeitsvorschrift stützt sich auf nicht weniger als ein Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig, das die Kompetenz des Landesgesetzgebers, die Inkompatibilität vorzuschreiben, folgendermaßen legiti mierte:
Diese genannten Zwecke der Unvereinbarkeitsregelung bewegen sich innerhalb des grundgesetzlich vorgegebe nen Rahmens. Der generelle Sinn und Zweck von Inkom patibilitätsvorschriften liegt darin, das Verfassungsprin zip der Trennung der Gewalten zwischen Legislative und Exekutive zu verwirklichen. Dieser Gedanke gilt auch für den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung, denn auch hier bedarf es einer Funktionstrennung, um Interes senkollisionen zu vermeiden. Insbesondere soll verhindert werden, dass die Kontrolleure der Verwaltung sich selbst kontrollieren, indem sie zugleich Aufgaben und Verant wortung innerhalb der Verwaltung wahrnehmen, sodass die Gefahr von Entscheidungskonflikten und daraus re sultierenden Verfilzungen entsteht... Außerdem kann die Wählbarkeit von Angehörigen des öffentlichen Dienstes auch beschränkt werden, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes als solche zu gewährleisten. Berufs beamte sollen durch fachliche Leistung, Sachwissen und loyale Pflichterfüllung eine stabile Verwaltung sichern und ein Gegengewicht zu politischen Kräften bilden. Die se Aufgaben werden bereits durch das öffentliche Dienst recht sichergestellt, können allerdings auch zusätzlich durch Wählbarkeitsbeschränkungen abgesichert werden, um die Integrität des öffentlichen Dienstes zu schützen...
Schauen wir uns nun die möglichen sich aus dieser Verqui ckung von Amt und Mandat ergebenden Entscheidungskon flikte genauer an.
Als problematisch erscheint uns das Verhältnis zwischen Landrat und den Bürgermeistern im Kreistag. Der Landrat ist Leiter der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde und damit Kommunalaufsicht und Disziplinaraufsicht über die Bürger meister. Der Landrat wiederum ist vom Kreistag zu wählen und zu kontrollieren. Bei einem Landrat, welcher bei seiner Wiederwahl ein Stück weit von den Bürgermeistern abhängig ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass er in der Ausfüh rung der Rechtsaufsicht und der Dienstaufsicht die Aufsichts mittel nicht streng genug einsetzt. In gleichem Maß kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Bürgermeister in ihrer Entscheidung dem Landrat und der Kreistagsverwaltung ge genüber gut positionieren, damit die eigene Gemeinde bei der Erteilung von Zuschüssen nicht benachteiligt wird.
Dadurch eröffnet sich die Gefahr, dass eine umfassende Kon trolle der Landräte durch die Kreistage mit einem erheblichen Bürgermeisteranteil nicht betrieben wird.
Unsere Initiative zur Festschreibung der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat ist nicht der erste dahin gehende Gesetzent wurf, der in diesem Haus eingebracht und diskutiert wurde. In früheren Legislaturperioden wurden von den Grünen, von der SPD und auch von der FDP/DVP entsprechende Entwür fe eingebracht; nur die CDU erweist sich als Garant der Bür germeistermacht in den Kreistagen. Dieser Positionierung ent sprechend müsste sich eine sachorientierte Mehrheit in die sem Haus eigentlich für unseren Gesetzentwurf entscheiden.
Wir bitten darum, dass entsprechende Diskussionen dann auch sachgerecht und fachgerecht in den Ausschüssen geführt wer den.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Wenn in den Parlamenten über Änderungen des Wahl rechts diskutiert wird, kann es schnell hoch hergehen, denn das Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger gehört zu den vor nehmsten Rechten unserer Demokratie. Daher ist es unsere Pflicht in diesem Parlament, das Wahlrecht mit der notwendi gen Sensibilität und mit möglichst breiten Mehrheiten auszu gestalten.
Das, was uns heute vorliegt, ist aber kein konstruktiver Bei trag zur Debatte. Das liegt nicht daran, dass es sich nicht loh nen würde, über dieses Thema zu sprechen. Vielmehr liegt es daran, dass uns hier ein unausgegorener Schnellschuss vor liegt.
Um es vorab zu sagen: Wir Grünen haben große Sympathie dafür, dass man sich mit dieser Frage beschäftigt. Es ist kein Geheimnis, dass ein solcher Ausschluss auch von Teilen un serer Partei gefordert wird. Die Zahl der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Kreistagen ist hoch; in manchen Or ten entwickeln sich die Kreistage immer mehr zu Bürgermeis terrunden.
Dass die Gefahr von Interessenkollisionen besteht, weisen wir auch nicht von der Hand. Mögliche Konfliktbereiche liegen in der Ausgestaltung der Kreisumlage, der Regionalplanung sowie in der Übernahme von Leistungen bzw. dem Kreis ob liegenden Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben.
Aber der überhastete und oberflächliche Gesetzentwurf der AfD bringt uns nicht weiter. Wenige Monate nach der Kom munalwahl ist ein solcher Schnellschuss geradezu unverständ lich.
Ich darf daran erinnern, dass wir noch rechtzeitig vor der letz ten Kommunalwahl eine Änderung der Landkreisordnung vor genommen haben,
als es um das inklusive Wahlrecht ging. Wenn man das Ge setz so dringend hätte ändern wollen, hätte man rechtzeitig zur Wahl initiativ werden können. Nun, sechs Monate nach der Wahl, eine solche Initiative einzubringen, die sich nicht sorgfältig mit vorhandenen Alternativen und Argumenten aus einandersetzt, das ist doch sehr durchschaubar.
Wir, die grüne Fraktion, sind bereit, die Debatte konstruktiv zu führen, und dazu gehört, Argumente pro und kontra zu er heben
Nein. – Bei den Argumenten pro und kontra dürfen auch die aktuelle rechtliche Debatte und die Bedenken in anderen Ländern nicht ignoriert werden. Wir sehen, dass alle Kreisräte und Kreisrätinnen über große Kom petenzen verfügen, dass aber die Bürgermeisterinnen und Bür germeister noch einmal eine spezielle zusätzliche Erfahrung aus ihren Städten und Gemeinden einbringen können.
In die gleiche Richtung gehen auch die Argumente der kom munalen Landesverbände, die zu dem Gesetzentwurf schrift lich angehört wurden. Nach deren Einschätzung profitieren die Diskussionen und Entscheidungsfindungen in den Gremi en der Landkreise vom Sach- und Fachverstand der Bürger meisterinnen und Bürgermeister sowie der Beigeordneten. Die Verbände weisen darauf hin, dass Interessenkollisionen be reits heute in ausreichendem Umfang durch Mitwirkungsver bote und Befangenheitsregeln ausgeschlossen werden. Wir müssen auch sehen, dass sich viele Wählerinnen und Wähler wirklich auch eine Repräsentanz der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Kreistagen wünschen.
Dies alles ist in Einklang damit zu bringen, dass durch die Mitwirkung von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in den Kreistagen eben Interessenkollisionen bestehen können.
Die Verfassung – Artikel 137 des Grundgesetzes – sieht nicht umsonst ausdrücklich vor, dass Einschränkungen möglich sind. Aber das Ganze ist doch etwas komplexer, als die AfD es glauben mag. Es ist gut, dass in neueren Gerichtsurteilen in Brandenburg und Niedersachsen Vorschriften zur Inkom patibilität erlaubt werden. Aber letzten Endes wird die Aus gestaltung der politischen Abwägung überlassen. Es gibt näm lich auch gewichtige Stimmen in der Rechtswissenschaft, die das völlig anders sehen, und eine endgültige Klärung der Fra ge steht tatsächlich noch aus.
Daher müssen wir uns auch mit milderen Lösungen wie Mit wirkungs- und Befangenheitsrechten noch tiefer beschäftigen, hier mehr hinschauen und ausloten, durch welche anderen Maßnahmen Interessenkollisionen weiter minimiert werden können. Diese gesamte Abwägung hat nicht stattgefunden.
Hinzu kommt: Durch fehlende Übergangsvorschriften würde das ganze kommunalpolitische Gefüge ins Ungleichgewicht geraten.
Nach dem Willen der AfD würde ab sofort im Gesetz stehen, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister keine Kreisräte sein dürfen – ein halbes Jahr nach der Wahl. Soll nun schon wieder gewählt werden,