Protocol of the Session on October 17, 2019

(Abg. Udo Stein AfD meldet sich.)

Wenn es aber eintritt, ist es wichtig, dass wir es geübt haben und unsere Sicherheitsbehörden optimal darauf vorbereitet sind.

(Abg. Winfried Mack CDU: Üben, üben, üben!)

Unsere Polizistinnen und Polizisten sowie unsere Sicherheits behörden lehnen sich, wiewohl Baden-Württemberg eines der sichersten Länder auf diesem Globus ist, keinen Tag entspannt zurück, sondern arbeiten mit großem Engagement, großer Ex pertise und höchstem Einsatz dafür, dass die Menschen in die sem Land ein sicheres Leben führen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Mir liegen noch Wortmel dungen von Herrn Abg. Dr. Fiechtner und Herrn Abg. Dr. Ge deon vor.

(Abg. Anton Baron AfD: Entschuldigung, Frau Prä sidentin!)

Entschuldigung! Ich frage zuerst, ob die anderen Herrschaf ten, die noch Redezeit haben, diese jetzt in Anspruch nehmen wollen.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Ja, Frau Kurtz! Frau Präsi dentin!)

Gut. Dann beginnen wir wieder mit der AfD-Fraktion. Herr Fraktionsvorsitzender Gögel, Sie haben noch 55 Sekunden.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Innenminister, Herr Strobl, hat weit ausgeholt und auch die Maßnahmen nach verübten Anschlägen hervor gehoben. Hinsichtlich der Prävention aber hat er nach wie vor nicht ausreichend Antworten gegeben.

(Beifall des Abg. Udo Stein AfD)

Zum Gefährdergewahrsam analog zu Bayern würden wir schon noch gern Ausführungen hören. Aber wir werden dazu sicher auch über Anträge einiges hören können und im zuständigen Ausschuss vielleicht dann auch vortragen. Denn Gefährder gewahrsam wäre aus unserer Sicht ein wesentliches Mittel.

Herr Sckerl, ich finde Ihre Aussagen wirklich bodenlos. Sie haben die Juden in der AfD angesprochen. Ihren Ausführun gen entnehme ich, dass es in Ihrem Weltbild eine Zweiklas sengesellschaft von jüdischen Bürgern in Deutschland gibt. Das weise ich entschieden zurück, und für diese Ausführun gen schämen Sie sich bitte.

(Beifall bei der AfD)

Das gibt es in diesem Land nicht. Es gibt hier keine Christen, Juden oder Moslems erster und zweiter Klasse. Es gibt hier nur Bürger, die sich in diesem Land ordnungsgemäß bewegen und aufhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Dann darf ich Herrn Kol legen Hagel für die CDU das Wort erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Gestern debattierten wir in die sem Hohen Haus den ersten Antisemitismusbericht in unse rer Republik. Als jüngerer Mensch, als heute 31-Jähriger, be gegnet mir dieses Thema auf drei ganz besondere Arten: ers tens durch die Erlebnisberichte der eigenen Großeltern über die dunkelste Zeit deutscher Geschichte, zweitens durch die Berichte der Eltern über die Erinnerungskultur der Sechziger- bis Achtzigerjahre sowie drittens durch meine ganz eigenen Beobachtungen heute, vor allem in sozialen Netzwerken. Ge rade in diesen erleben wir das Urübel von Antisemitismus in einer ganz neuen Qualität der Enthemmung. Ich sehe eine ganz neue Dimension des Antisemitismus und der Gewalt. Sie will nicht nur ausgrenzen, sie will nicht nur verletzen, sie will vor allem auch gesehen werden.

Eine junge Dame, die Antisemitismus und rechte Hetze im Netz ganz krass erfahren hat, durfte ich in diesem Sommer kennenlernen. Sie hat mich schwer beeindruckt. Ihr Name ist A. P. Sie war bis vor Kurzem Präsidentin des Bundes jüdi scher Studenten Baden. Aufgrund ihres Engagements für jü disches Leben in Deutschland war sie im Internet massivsten Anfeindungen, ja blankem Hass ausgesetzt. Ihren Mut, sich auch öffentlich dagegenzustemmen, finde ich aller Ehren wert.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der SPD und der FDP/DVP)

Ich möchte Ihnen sagen, was Frau P. uns damals erzählt hat: Sie hat sich in dieser sozialen Echokammer allein gefühlt. Ich möchte Frau P. auch heute von hier aus sagen: Liebe Frau P., Sie sind nicht allein. Die große Mehrheit dieses Hauses und die große Mehrheit der Baden-Württembergerinnen und Ba den-Württemberger stehen hinter Ihnen und stehen an Ihrer Seite.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der AfD, der SPD und der FDP/DVP)

Wir erleben derzeit, wie durch ganz bestimmte Kräfte ver sucht wird, den politischen Diskursraum sukzessive immer weiter nach rechts zu verlagern. Gerade im Internet zeigen sich die Auswirkungen am enthemmtesten, am deutlichsten. Stück für Stück werden unter dem Deckmantel eines heimli chen Mottos einer ganz bestimmten Partei – „Das wird man doch noch sagen dürfen“ – Grenzen und Tabus verschoben.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wenn Sie die CDU nach links verschieben, ist das kein Wun der!)

Und vielleicht – Herr Fiechtner, aufs Kommando – finden sich da jetzt einige wieder. Ich meine die Kollegen Gedeon und Fiechtner und jene der AfD.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, verkürzt aus dem Talmud. Der Talmud schrieb schon vor mehreren Tau send Jahren:

Achte auf deine Worte, denn sie werden zu deinen Hand lungen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Dann tun Sie das!)

Achte auf deine Handlungen,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Ja!)

denn sie werden zu deinem Schicksal.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Ja!)

Ich frage deshalb die Kollegen der AfD: Ist genau diese Her angehensweise nur Mittel zum Zweck? Sind Spaltung und Hass nur ein Nebenprodukt eines plumpen Populismus? Ganz ehrlich: So viel Naivität traue ich nicht einmal Ihnen zu, mei ne sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Oder sind Veränderung und Spaltung unserer Gesellschaft tat sächlich Ihr eigentliches Ziel?

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Wie kurz der Weg der Hetze aus den Blasen im Internet hin ein in das echte Leben ist, mussten wir unlängst ganz schmerz lich erfahren. Das, was Frau P. am Herzen liegt, ist eigentlich eine ganz große Selbstverständlichkeit. Sie möchte, wie sie selbst sagt, dass ihre Kinder einmal Deutschland als ihre Hei mat ansehen können. Ihr Wunsch steht dabei beispielhaft für die Wünsche vieler junger Jüdinnen und Juden in unserem Land. Sie wollen Teil dieser Gesellschaft sein. Sie wollen ei nen guten Beruf. Die meisten von ihnen wünschen sich eine eigene Familie. Sie wollen hier einfach ganz normal ihren jü dischen Glauben in Freiheit und Sicherheit leben dürfen.

Erinnerung ist dabei Erinnerung. Aber Deutschland soll heu te vor allem auch Heimat sein. Und Deutschland soll, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch für Jüdinnen und Juden in unserem Land in Zukunft eine sichere Heimat bleiben. Das zu ermöglichen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist un ser aller Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und den Grünen, Abgeordneten der FDP/DVP sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Minister Thomas Strobl hat es ausgeführt: Sicherheit ist da bei Voraussetzung. Ich danke unserem Innenminister Thomas Strobl, dem dieses Thema schon immer ein Herzensanliegen war, dass auf seinen Vorschlag hin das Kabinett zugestimmt hat und 1 Million € zusätzlich für die Sicherheit von jüdischen Einrichtungen in die Hand genommen hat. Sicherheit braucht immer auch ein gesellschaftliches Umfeld. Deshalb, Herr Mi nister, herzlichen Dank auch für dieses Engagement.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Dennoch möchte ich auch sagen: Lassen Sie uns nicht den Fehler machen, das Thema „Jüdisches Leben in Deutschland“ ausschließlich auf den Sicherheitsaspekt zu begrenzen. Denn jüdisches Leben und jüdische Kultur sind für Deutschland sehr viel mehr. Lassen Sie uns vielmehr bei dem ansetzen, was Dr. Blume in seinem Bericht als „Begegnung auf Augenhöhe“ be zeichnet.

Wir, die CDU, haben in diesem Jahr unter der Schirmherr schaft unseres Bundestagspräsidenten ein jüdisches Forum ge gründet.

Lieber Herr Kollege, ich muss Sie jetzt doch auf die Zeit aufmerksam machen.

Ich komme zum Ende. – Wir al le sollten wollen, dass die Geschichte, die Tradition, die Lite ratur und die jüdischen Bräuche einen Platz in der Mitte un serer Gesellschaft haben. Dies ist ein schönes Ziel, auch für diesen Landtag. Lassen Sie uns alle gemeinsam jeden Tag hart dafür arbeiten.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP)