Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 100. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.
Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Herre, Frau Abg. Lindlohr, Frau Abg. Neumann-Martin, Herr Abg. Pfeif fer, Herr Abg. Selcuk sowie Herr Abg. Dr. Weirauch.
Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Ministerin Dr. Eisenmann, Frau Staatsrätin Erler, Frau Staatssekretärin Olschowski sowie Herr Staatssekretär Dr. Baumann.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitglie der der Regierung, schon jetzt darf ich Sie darauf aufmerk sam machen, dass sich der Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg und die Stiftung Entwicklungs-Zusam menarbeit Baden-Württemberg heute bis 14 Uhr am Rande der Plenarsitzung in der Eingangshalle vorstellen und zu ei ner Tasse fair gehandeltem Kaffee einladen. Gern bieten wir dem Dachverband und der Stiftung die Gelegenheit, sich mit uns auszutauschen.
Meine Damen und Herren, auf der Besuchertribüne begrüße ich sehr herzlich die Vorsitzenden der Israelitischen Religi onsgemeinschaften in Baden und in Württemberg, Herrn Ra mi Suliman und Frau Professorin Barbara Traub,
die mit weiteren Vertreterinnen und Vertretern ihrer Religi onsgemeinschaften heute zu uns gekommen sind.
Ich darf hierbei insbesondere Herrn Landesrabbiner Flomen mann und Herrn Rabbiner Pushkin herzlich willkommen hei ßen.
Ein herzlicher Gruß geht auch an die Repräsentantin des Staa tes Israel in Baden-Württemberg, Frau Maren Steege.
Ein besonderer Gruß geht an die Vertreterinnen und Vertreter der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Stellvertretend begrü ße ich Frau Vorsitzende Bärbel Illi.
Herzlich begrüßen möchte ich auch den Beauftragten der Lan desregierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus, Herrn Dr. Michael Blume, der zusammen mit dem Protokoll des Landtags die Gäste betreut.
Sehr geehrte Gäste, ich heiße Sie in der Plenarsitzung des Landtags von Baden-Württemberg sehr herzlich willkommen und wünsche Ihnen und uns einen interessanten und informa tiven Aufenthalt.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung ein treten und ich den Bericht des Beauftragten der Landesregie rung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus unter Tages ordnungspunkt 1 aufrufe, gestatten Sie mir einige einleitende Worte.
Der Landtag debattiert dieses Thema unter dem Eindruck des rechten Terrors in Halle, einer Tat, die jüdische Gemeinden in Angst und Schrecken versetzen und jüdisches Leben unmög lich machen wollte. Eine zentrale Erkenntnis des Berichts des Beauftragten der Landesregierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus ist, dass Antisemitismus uns alle bedroht. Denn Hass und Ausgrenzung greifen die Grundlagen unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung an.
Aus Hass auf Juden und Ausländer griff der Täter erst die Sy nagoge und dann einen Dönerimbiss an. Getötet hat er am En de wahllos.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um einen Moment der Stille im Gedenken an die Opfer Jana L. und Kevin S.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses zu der Mitteilung des Beauftragten der Landes regierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus vom 28. Juni 2019 – 1. Bericht des Beauftragten der Landesre gierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus – Drucksachen 16/6487, 16/6997
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Nach dem schrecklichen Anschlag in Halle sind unsere Gedanken bei den Opfern und bei den Mit gliedern der jüdischen Gemeinde. Nicht auszudenken, was ge wesen wäre, wenn der Attentäter in die Synagoge hätte ein dringen können! Dieser Anschlag hat erneut deutlich gemacht: Rechtsradikalismus ist ein ernst zu nehmendes Problem. Und in diesem Parlament heißt Rechtsradikalismus AfD, liebe Kol leginnen und Kollegen.
(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU – Zuruf von der AfD: Eine Unver schämtheit!)
Für uns ist daher klar: Nie wieder Auschwitz, nie wieder Fa schismus! Antisemitismus und Rassismus werden wir ent schieden bekämpfen und für ein weltoffenes Baden-Württem berg eintreten.
Ja, es gibt leider faschistoides und braunes Gedankengut in Deutschland, leider auch in Baden-Württemberg und leider auch in diesem Parlament. Wir werden alles daransetzen, dem ein Ende zu bereiten.
Das Attentat von Halle ist kein Einzelfall. Es ist nicht nur ein bedauerlicher Ausfall eines gestörten Mannes, der allein ge handelt hat, nein, es ist leider das Ergebnis eines seit Jahren wachsenden Antisemitismus, eines seit Jahren wachsenden Rechtsextremismus. Die sogenannten Einzeltäter mögen al lein gehandelt haben, aber sie haben sich nicht von allein ra dikalisiert. Sie finden oft im Internet und in anderen Foren Re sonanzräume. Dort treffen sie Gleichgesinnte, die sich nach ihren Attentaten aufeinander berufen. Das alles trägt zu einem geschlossenen Weltbild bei, einem Weltbild, in dem Menschen anderer Herkunft, anderer Nationalität, anderer Hautfarbe, an deren Glaubens, in dem oft auch Frauen entmenschlicht wer den. Diese Entmenschlichung ist es, die den Weg für die Scho ah bereitet hat. Es ist wieder diese Entmenschlichung, die den Weg für Attentate bereitet, sei es in Norwegen, in Neuseeland oder jetzt in Halle.
Das Attentat hat nicht erst an der Schwelle zur Synagoge be gonnen. In Wirklichkeit beginnen solche Attentate an den Schreibtischen, in virtuellen Räumen, in Hassreden – oder auch in Plenarsälen dieser Republik. Es werden antisemiti
sche Stereotype bemüht, und es wird ein Nährboden für Hass im Internet und Gewalt auf der Straße geschaffen.
Verantwortung beginnt nicht erst bei der strafrechtlichen Ver antwortung. Es gibt eine moralische, politische, gesellschaft liche Verantwortung. Schon da müssen wir ganz entschieden eintreten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Hier im Landtag hat die AfD-Fraktion einen ständigen Gast, der für seine antisemitischen Buchveröffentlichungen bekannt ist. Er ist ja AfD-Parteimitglied. Vor wenigen Wochen stimm ten neun Abgeordnete der AfD für dessen Wiederaufnahme in die Fraktion. Da zeigt sich das wahre Gesicht der AfD; und mit Ihrem Änderungsantrag zeigen Sie, dass Sie nichts ver standen haben, meine Damen und Herren von der AfD.
Der Zentralrat der Juden und 16 weitere jüdische Organisati onen distanzierten sich in einer gemeinsamen Erklärung von den Verlautbarungen der AfD. Wir stimmen mit ihnen über ein, wenn sie sagen: Die AfD ist keine Partei für Demokraten, die AfD ist eine Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland. Wir stellen uns daher jeglichem Antisemitismus und jeglicher Judenfeindlichkeit entschieden entgegen, egal von wem, egal von wo. Das sichern wir den Jüdinnen und Juden in Deutsch land zu. Dafür stehen wir ein.
(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los]: Reines Geschwätz! Sie tun gar nichts!)
Deutschland hat angesichts der Ermordung von sechs Millio nen europäischen Juden eine besondere Verantwortung beim Eintreten gegen den Antisemitismus. Baden-Württemberg hat hier eine Vorreiterrolle eingenommen. Vier Fraktionen des Landtags haben die Landesregierung im letzten Jahr aufge fordert, einen Antisemitismusbeauftragten zu berufen. Eine Fraktion hat dabei nicht mitgemacht. Diese Entscheidung war aber wichtig. Ich kann heute Herrn Dr. Blume meinen ganz herzlichen Dank für seine wertvolle, seine herausragende, sei ne profunde und weitsichtige Expertise aussprechen. Vielen herzlichen Dank, Herr Dr. Blume.
Wir werden mit den Empfehlungen des Antisemitismusbeauf tragten sehr sorgsam umgehen. Wir werden uns jede einzelne Empfehlung zu Herzen nehmen. Wir werden sie gründlich auswerten, und wir werden gemeinsam besprechen, welche Schlussfolgerungen wir ziehen, welche Maßnahmen wir als Erstes umsetzen.