(Beifall bei der FDP/DVP, Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD sowie des Abg. Hans Peter Stauch AfD)
Es gilt – damals und erst recht heute –, gemeinsam unsere de mokratische und rechtsstaatliche Kultur mit aller Entschlos senheit gegen Extremismus und Fremdenhass zu verteidigen.
Insoweit freuen wir uns, der guten Sitte des letzten Untersu chungsausschusses folgend, auf eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit. Denn wir sollten tunlichst vermeiden, die Brisanz dieses Themas zum Spielball parteipolitischen Kal küls werden zu lassen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Ein Nachrichtendienst, insbesondere wenn er zur Gefahrenabwehr im Inneren eingesetzt ist, benötigt das Vertrauen der Bevölkerung. Er bewegt sich notwendigerwei se im Geheimen unter uns. Seine Aufgabe soll es sein, unse re Gesellschaft vor verdeckten Gefahren zu schützen.
Herr Minister Strobl hat uns in der 7. Sitzung des Landtags von seinem Besuch im Landesamt für Verfassungsschutz er zählt. Er berichtete davon – Zitat –,
dass es dort sehr viel Expertise gibt, dass ein sehr hohes Engagement vorhanden ist, dass dort eine erstklassige Arbeit geleistet wird und dass dieses Amt unser aller Un terstützung und auch die Unterstützung dieses Hohen Hauses in der Tat und wirklich verdient.
Das möchten wir Herrn Minister Strobl sehr gern glauben. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass das Vertrauen in den Ver fassungsschutz im Rahmen der NSU-Affären in großen Tei len der Bevölkerung beschädigt wurde. Es wäre daher die Auf gabe der Politik gewesen, das Ansehen des Amtes wiederher zustellen.
Einen Beitrag dazu sollte der NSU-Untersuchungsausschuss in der letzten Legislaturperiode leisten. Der vorgelegte Ab schlussbericht jedoch bietet viel mehr Raum für Spekulatio nen, als dass er Fragen beantwortet. Es ist schon sehr eigen artig, dass die mysteriösen Hintergründe einer Bande von Mördern, die sich über Jahre angeblich unbemerkt in unserem Land bewegen konnte, noch immer nicht aufgedeckt sind. Un möglich ist es aber, wenn die Politik Ergebnisse vorlegt, die zu Teilen vermuten lassen, dass sie nach dem Motto „Das wird schon so gewesen sein“ zustande gekommen zu sein schei nen.
Meine Damen und Herren, wenn wie in diesem Fall eine sol che Reihe von Pannen auftaucht, dann muss es doch Ihr Ziel sein, die Bevölkerung restlos davon zu überzeugen, dass hier kein falsches Spiel gespielt wurde.
Wir sagen Ihnen ganz klar, dass so mancher Punkt im Ab schlussbericht unsere Fragen nicht beantwortet. Der Fall Michèle Kiesewetter ist für uns nicht geklärt. Der Fall Flori an H. ist für uns nicht geklärt.
Der Fall um Aktenvernichtungen beim Verfassungsschutz ist für uns nicht geklärt. Gibt es Zusammenhänge mit dem To desfall Melisa M. und dem neuesten von Sascha W.? Auch diese Fragen sind nicht geklärt.
Bis heute wissen wir nicht, welche Rolle der NSU in BadenWürttemberg gespielt hat und von wem er gefördert wurde. Es ist nicht die Aufgabe eines Untersuchungsausschusses, ein Gefälligkeitsgutachten zu erstellen.
Wenn Sie es ernst meinen mit der Absicht, das Ansehen des Verfassungsschutzes zu stärken, dann müssen Sie auch bereit sein, Fehler der Behörden bei der Aufklärung klar zu benen nen. Wir werden es uns nicht nehmen lassen, nachzufragen, welche Rolle die Politik in der ganzen Angelegenheit gespielt hat.
Es wird daher auch zu prüfen sein, inwieweit die Politik Ein fluss auf gewisse Vorgänge genommen hat oder bewusst ver suchte, solche nicht abschließend aufzuklären.
Nicht zuletzt aufgrund der importierten Gefahren werden wir einen funktionierenden Inlandsgeheimdienst auch künftig noch brauchen. Seiner Aufgabe kann er aber nur dann nach kommen, wenn er vom Volk als legitimer Dienst anerkannt ist und nicht von den herrschenden Politikern dazu missbraucht wird, den politischen Gegner zu denunzieren.
Erfreulicherweise haben Sie ja selbst erkannt, dass der Fall NSU noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann. Wir unterstützen deshalb ebenfalls den Antrag und werden ein kritischer Teil des Ausschusses sein. Und, lieber Herr Drex ler, ich bin überzeugt davon, dass wir sehr gut zusammenar beiten werden.
Für den Zusammenschluss fraktionsloser Abgeordneter erteile ich dem Kollegen Dr. Fiechtner das Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren! Aus gutem Grund hatten wir eigentlich vorher beim Untersu chungsausschussgesetz gefordert, dass man einen Passus streicht, nämlich die Berechtigung, Voraburteile abzugeben. Leider haben Dr. Weirauch und Herr von Eyb hier schon be stimmte Dinge genannt. Eigentlich steht die Täterschaft der jenigen, die den Mord an Frau Kiesewetter und den Mordver such an ihrem Kollegen begangen haben, ja noch gar nicht fest, und das müssen wir hier schlicht und ergreifend auch festhalten.
Rechtsextremismus – was heißt das eigentlich? Rechtsextre mismus wird vom Verfassungsschutz folgendermaßen defi niert:
... die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation oder Rasse entscheide über den Wert eines Menschen. Dieses rechts extremistische Werteverständnis steht in einem fundamen talen Widerspruch zum Grundgesetz, welches die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Aber lassen Sie mich einmal zwei Wörter in der Definition abändern: Die Zugehörigkeit zu einer Partei entscheidet über den Wert eines Menschen. Dieses Werteverständnis steht in einem fundamentalen Widerspruch zum parlamentarischen Gedanken.
Sie können uns bei solchen Anträgen natürlich ausgrenzen, aber dann dürfen Sie sich auch nicht beschweren, wenn sich die Opfermasche der AfD nicht nur als Masche herausstellt, sondern eine simple Tatsache ist.
Herr Meuthen hat es vorhin so schön auf den Punkt gebracht: Wir müssen lernen, in wichtigen Punkten über die Parteizu gehörigkeit hinaus zu handeln. Gerade der Kampf gegen Ex tremismus ist hier ein elementares Thema, bei dem wir ge schlossen zusammenstehen müssen.
Lassen Sie uns unsere Streitigkeiten auf diesem Gebiet ver gessen und für ein sicheres Deutschland gemeinsam – gemein sam! – an einem Strang ziehen.
Mysteriöse Todesfälle, ein Handy, das erst nach der fünften Durchsuchung auftaucht, und später auch noch unbekannte SIM-Karten – der Fall NSU zeigt auf, welch gravierende Män gel es in Deutschland leider immer noch gibt.
(Heiterkeit der Abg. Dr. Christina Baum AfD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das habe ich doch gar nicht gesagt!)
Dennoch spreche ich Ihnen – Sie wurden in der Zeitung so zi tiert, aber sei’s drum; die Zeitungen zitieren ja so allerlei – meinen Respekt aus. Es ist u. a. Ihrer Ermittlungsarbeit zu ver danken, dass wichtige Indizien gefunden wurden.