Protocol of the Session on March 26, 2014

Noch einmal, Herr Kollege Hauk: Ich glaube, wir haben mit dem Beispiel der verbindlichen Grundschulempfehlung, die wir abgeschafft haben – es handelt sich jetzt tatsächlich um eine Empfehlung –, gezeigt, dass Ihr Vorwurf nicht stimmt.

Wenn ich überhaupt die Schulpolitik nehme: Unser neues Konzept der Gemeinschaftsschule ist nachfrageorientiert.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Eindimensional!)

Sie wird dort eingeführt, wo dies gewollt wird, und sie wird dort, wo dies nicht gewollt wird, nicht eingeführt. Das ist der Stand der Dinge.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Da von Bevormundung zu reden, das ist völlig absurd, Herr Kollege.

Aber dass wir mit jedem Gesetz der Bürgerschaft auch Vor schriften machen, ist der Sinn von Gesetzen. Andernfalls könnten wir sie nämlich bleiben lassen.

Wollen Sie sich jetzt im Ernst davon verabschieden – – Wol len Sie im Ernst behaupten, Steuern zu erhöhen sei Bevor mundung? Haben Sie in der Geschichte der CDU noch nie Steuern erhöht? Ihre Behauptungen sind doch völlig abwegig. Ob man Steuern erhöht oder nicht, ist eine ganz praktische Frage, über die auch diskutiert wird. Aber die Frage unter dem Thema Bevormundung zu diskutieren, das ist nun ganz abwe gig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Sie haben den Nationalpark Schwarzwald angesprochen. An diesem Nationalpark sehen wir wie in einem Brennglas Pro bleme unserer Gesellschaft. Wir sehen das jetzt bei den Pro blemen, die mein Kollege Seehofer mit der Stromtrasse hat. Ich habe im Fernsehen einige Bilder des Widerstands dage gen gesehen. Dieser Widerstand tritt sehr militant auf.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da gibt es ja genü gend Vorbilder!)

Das müssen wir sehr ernst nehmen.

Das Problem besteht darin, wie wir es in einem dicht besie delten Land, das schon sehr viele Infrastrukturen hat, das aber auch weitere Infrastrukturen braucht, schaffen, den Gemein wohlgedanken gegen lokale Interessen so durchzusetzen, dass das Ganze nicht zu einer völligen Spaltung der Bürgerschaft führt, dass es nicht zu einem Widerstand führt, der sozusagen an die Grenzen dessen geht, was für uns politisch noch han delbar ist. Das ist eine Frage, die mich außerordentlich be sorgt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Uns auch!)

Wir müssen uns, denke ich, alle den Kopf zerbrechen, wie wir dies gut hinbekommen. Das tun wir. Darum haben wir diesen Leitfaden entwickelt, darum strengen wir uns an, die Bürger schaft so einzubeziehen, dass sie wieder mehr Vertrauen in solche Entscheidungen fasst.

Jetzt sehen wir es beim Nationalpark wie in einem Brennglas. Nach unserer Auffassung brauchen wir Nationalparks.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dringend!)

Ihre Einrichtung folgt dem Gemeinwohlinteresse, sie folgt den grundlegenden Entscheidungen, die wir national und interna tional gefällt haben. Die Bundeskanzlerin hat das noch ein mal sehr, sehr deutlich gesagt; wir auch.

Das Gemeinwohlinteresse besagt: Wir müssen auch kleine Parzellen unseres Waldes sich selbst und der Natur überlas sen. Davon müssen wir aber die Bürger, die dies aufgrund ir gendwelcher Interessen nicht wollen, zunächst einmal über zeugen.

Jetzt gibt es zwei Wege. Erstens ist die Grundsatzentschei dung zu treffen: Wollen wir Nationalparks oder nicht? Die Ko alition hat sich für einen Nationalpark entschieden. Jeder weiß, dass wir einen Nationalpark wollen. Das steht in den Wahlprogrammen, das steht im Koalitionsvertrag.

In zweiter Linie kann es darum gehen, dass bei diesem The ma lokale Interessen aufeinanderstoßen. Nimmt man sie ernst, nimmt man sie wahr, hört man auf sie, bezieht man sie ein? Das haben wir, glaube ich, in einem ganz vorbildlichen Pro zess gemacht.

Das Nationalparkgesetz spiegelt den Willen der betreffenden Regionen wider. Beispielsweise setzt sich der Nationalpark beirat zur Hälfte aus regionalen Vertretern zusammen, und er wird auch aus deren Reihen geleitet. Das ist ein klares Ergeb nis, das aus der regionalen Betroffenheit resultiert, sodass die betroffenen Bürger sicher sein können, dass nichts an ihnen vorbei gemacht werden kann. Insofern ist das ein richtiger Ab wägungsprozess geworden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich weiß jetzt gar nicht, was Sie daran kritisieren, was Sie ei gentlich vorschlagen. Wenn Sie der Meinung sind, wir sollten in Zukunft das Recht auf lokale Voten gegen übergeordnete Entscheidungen vorsehen, sollten Sie das hier deutlich sagen. Aber das kann dann nicht nur für ökologische Infrastruktur projekte gelten, sondern das muss natürlich auch für Straßen, Stromtrassen und vieles andere gelten. Da müssen Sie sich klar positionieren und sagen, was Sie eigentlich möchten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Insofern besteht da auf Ihrer Seite Klärungsbedarf. Wir haben dies geklärt.

Wir gehen in Zukunft deutlicher vor. Wir haben gerade einen Suchlauf für eine Justizvollzugsanstalt durchgeführt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Gerade? Schon lan ge!)

Im Wahlkampf haben wir der betroffenen Bürgerschaft in Zepfenhan versprochen, dass wir einen solchen neuen Suchlauf in Gang setzen. Der Vorschlag aus der Bürgerschaft war – das war die Zeit der Auflassung von Bundeswehrstandorten –, Konversionsflächen zu suchen. Das haben wir getan, und wir haben nun eine industrielle Konversionsfläche gefunden.

Wir werden jetzt mit der Bürgerschaft anhand der vorgeschla genen Punkte der Beteiligung zu debattieren haben, wie dort entschieden wird. Aber in diesem Fall entscheidet im Unter schied zum Nationalpark letztlich in der Tat die Kommune, ob sie eine Justizvollzugsanstalt will oder nicht. Das haben wir klar entschieden, und so wird diesmal entschieden, weil die Gesetzeslage es so vorschreibt. Wir halten uns da klar an die Ordnung. Derjenige, der zuständig ist, entscheidet auch. Wenn die Bürgerschaft in Tuningen diese Frage an sich zie hen will, kann sie dies über einen Bürgerentscheid tun.

Wenn die Bürgerschaft in Baden-Württemberg dies auch beim Nationalpark gewollt hätte, hätte sie dies auch tun können. Das wäre schwierig gewesen – deswegen senken wir die ent sprechenden Hürden. Wenn sich die Bürgerschaft in einem landesweiten Volksentscheid gegen einen Nationalpark ent schieden hätte, hätten wir ihn natürlich nicht eingerichtet. Das ist klar.

Von Ihnen ist also Klarheit erforderlich: Wie sollen wir sol che Prozesse nach Ihrer Auffassung eigentlich handhaben?

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Sollen wir sie so freihändig handhaben, wie Sie dies sagen, mit solchen Schlagworten wie „Bevormundung“ oder „Frei heit“, oder welchen Begriff auch immer Sie gebrauchen? Oder sollen wir die Prozesse nach klaren Grundsätzen gestalten? Da sind Sie, Herr Abg. Hauk, gefordert. Sie sind gefordert, Sie haben uns im Unklaren gelassen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wenn sich die Bürger in Tunin gen in einem Bürgerentscheid dagegen aussprechen, geht der Suchlauf von vorn los! – Glocke der Präsi dentin)

Dann müssen wir woanders suchen. Das ist keine Frage.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also doch lokales Veto!)

In diesem Fall ist, weil das über die Bauleitplanung entschie den wird, vorgesehen, dass auch lokal entschieden werden kann. Dann ist dagegen überhaupt nichts einzuwenden. So ist die Gesetzeslage, und an die halten wir uns.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Jetzt komme ich noch einmal zum Bildungsplan. Natürlich gibt es Fragen, die stark weltanschaulich oder religiös imprä gniert sind. Herr Abg. Hauk, davon habe ich gesprochen. Das kann ich Ihnen nicht vorwerfen; denn das stand falsch in der Zeitung. Ich habe natürlich nicht von religiös imprägnierten Menschen gesprochen. Wir haben uns das noch einmal ange schaut. Es ist eindeutig so, dass ich nicht von religiös imprä gnierten Menschen, sondern von religiös imprägnierten The

men gesprochen habe. Das hat ein Journalist falsch gehört. Das haben Sie jetzt so übernommen. Das ist aber falsch. Dass diese Themen religiös imprägniert sind, ist zunächst einmal gar keine Frage. Das kann doch niemand bestreiten.

Bei allen Fragen, in die weltanschauliche oder religiöse Din ge hineinragen, wird es natürlich besonders kritisch. Letztlich können wir uns in einer Demokratie nicht über Glaubensfra gen einigen. Das ist nicht möglich.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Deswegen gestalten wir die Bildungspläne so, dass das be rücksichtigt wird. Herr Abg. Hauk, unsere Verfassung sieht allerdings vor, dass die Erziehung die gemeinsame Aufgabe von Eltern, Schulen, Religionsgemeinschaften und der bün dischen Jugend ist. Man weiß gar nicht mehr, was Letzteres ist. Das steht aber so in unserer Verfassung.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist der Bund Deutscher Pfadfinder!)

Also müssen wir in einer Erziehungspartnerschaft dafür sor gen, dass das so gemacht wird, dass alle einigermaßen damit auskommen können.

(Abg. Peter Hauk CDU: Nicht einigermaßen! Alle müssen!)

Nein, das geht nur einigermaßen.

Wer glaubt, er werde schon schwul, wenn man darüber redet, dem können wir nicht helfen.

(Lebhafter Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Tolle Aussage!)

Das war jetzt natürlich etwas zugespitzt.